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Kopftuchstreit

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Der Kopftuchstreit wird in Deutschland in erster Linie mit einem Fall in Verbindung gebracht, bei dem eine Lehrerin (Fereshta Ludin) ihre Einstellung als Beamtin auf Probe in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg anstrebte. Diese wurde ihr verweigert, da sie nicht bereit war, während des Unterrichts auf das Tragen eines Kopftuchs zu verzichten. Die Begründung der Schulbehörde lautete: Das Kopftuch sei Ausdruck kultureller Abgrenzung und damit nicht nur religiöses, sondern auch politisches Symbol. Die mit dem Kopftuch verbundene objektive Wirkung kultureller Desintegration lasse sich mit dem Gebot der staatlichen Neutralität nicht vereinbaren.

Das bundesdeutsche Bundesverfassungsgericht hat dazu am 24. September 2003 entschieden (siehe Urteil, oder Pressemitteilung), dass ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg derzeit keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage finde. Eine entsprechende Regelung könne nicht durch eine Behördenentscheidung getroffen werden, sondern müsse, wenn sie politisch gewollt sei, durch Landesgesetz geschaffen werden - ein Weg, den das Verfassungsgericht den Landesparlamenten ausdrücklich freistellte.

Die ersten Bundesländer haben bereits mit entsprechenden Gesetzesvorlagen begonnen, Hessen will noch bis zur Sommerpause 2004 ein solches Gesetz beschließen das in der derzeitigen Vorlage aber nur das Tragen des Kopftuches verbieten soll (also eine Lex Kopftuch) und somit verfassungswidrig wäre. Offenbar herrscht jedoch Uneinheitlichkeit in den Ländern, ob es Lehrerinnen verboten werden soll, ein Kopftuch zu tragen.

Als Zeichen einer Weltanschauung, die der Neutralität des Lehrers widerspricht, wird auch debattiert, ob auch Symbole anderer Weltanschauungen, etwa das bei vielen Christen übliche Kreuz um den Hals, verboten werden sollen, um die islamische Religion nicht einseitig zu benachteiligen (zum Kreuzsymbol siehe auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 1997).

In Frankreich gibt es derartige rechtliche Auseinandersetzungen nicht mehr. Dort ist es den Lehrern an staatlichen Schulen bereits seit dem Gesetz über die Trennung von Staat und Kirche aus dem Jahr 1906 untersagt, im öffentlichen Schulunterricht religiöse Symbole zur Schau zu stellen. Gegenwärtig wird in Frankreich darüber diskutiert, ob es auch Schülerinnen und Studentinnen verboten werden soll, das Kopftuch während des Unterrichts zu tragen, da man der Auffassung ist, dass der von fundamentalistischen Sekten ausgeübte Druck auf junge Musliminnen, in der Öffentlichkeit das Kopftuch zu tragen, die laizistische Grundordnung der Französischen Republik gefährde (s. a. telepolis:Der Untergang des christlichen Abendlandes im Zeichen des Kopftuchs).

In Frankreich ist die öffentliche Diskussion durch den ernsten Umstand geprägt, dass in den stark von islamischer Bevölkerung geprägten Stadtteilen junge Männer Mädchen und Frauen, die kein Kopftuch tragen, wie Freiwild behandeln. Erschütternde Berichte über tagelange Vergewaltigungen solcher Mädchen und Frauen waren der Auslöser für die Gesetzesinitiativen.

In der Bundesrepublik Deutschland wird die Diskussion derweil mehr von der Furcht der politisch Konservativen geprägt, es drohe vor dem Hintergrund der Debatte um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union der "Untergang des christlichen Abendlandes". Dabei werden Vorfälle vernachlässigt, dass Mädchen z.B. in Schulen von islamisch geprägten männlichen Jugendlichen als "Huren" angepöbelt werden, wenn sie kein Kopftuch tragen. Es geht letztlich um die Frage, ob für Frauen islamischen Glaubens und/oder Abstammung aus islamischen Familien die gleichen Menschenrechte gelten wie für alle anderen Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

Grundlage für die Muslime ergibt sich aus dem Koran, Sure 24:31 und Sunna, wo der Prophet Muhammad die islamische Frau dazu anhält, dass nichts außer Gesicht und Händen zu sehen sein soll. In Frankreich gab es am 16. März 2004 Drohbriefe an Zeitungsredaktionen wegen des Kopftuchverbots an französischen Schulen.