Stefan Mappus



Stefan Mappus (* 4. April 1966 in Pforzheim) ist ein deutscher Politiker der CDU, deren Mitglied er seit 1985 ist. Seit dem 10. Februar 2010 ist er Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg; zudem ist er seit dem 20. November 2009 Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Am 10. Dezember 2010 hat die Bundeskanzlerin und Bundesvorsitzende der CDU, Angela Merkel, seine Ernennung zum Bevollmächtigten für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 bekannt gegeben.[1]
Leben
Ausbildung und Beruf
Von 1972 bis 1976 besuchte er die Grundschule in Mühlacker-Enzberg und danach bis zum Abitur 1985 das Theodor-Heuss-Gymnasium in Mühlacker. Nach der Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Standard Elektrik Lorenz in Pforzheim leistete er ab 1987 seinen Grundwehrdienst beim Raketenartilleriebataillon 122 in Philippsburg, das damals der 12. Panzerdivision unterstellt war.
Von 1988 bis 1993 studierte Mappus Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hohenheim und erlangte den Abschluss Diplom-Ökonom. Von 1993 bis 1995 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Wissenschaften an der Universität Hohenheim. Von 1995 bis 1997 arbeitete er teilzeit im Bereich Vertrieb von Telekommunikationsanlagen bei der Siemens AG in Stuttgart. Seither ist er mit einem Rückkehrrecht bei Siemens freigestellt. Im August 2010 verkündete Mappus, er wolle die Beurlaubung zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2011 wohl auslaufen lassen.[2]
Politische Tätigkeit
Stefan Mappus trat 1983 in die Junge Union und 1985 in die CDU ein. Von 1988 bis 1990 war er Kreisvorsitzender der Jungen Union Enzkreis/Pforzheim und von 1989 bis 2002 Mitglied im Landesvorstand der Jungen Union Baden-Württemberg. Von 1994 bis 2010 war er Kreisvorsitzender der CDU Enzkreis/Pforzheim. Von 2005 bis 2009 war er stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Seit dem 20. November 2009 ist Stefan Mappus Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg.
Von 1989 bis 1995 war er Mitglied des Gemeinderates der Stadt Mühlacker und von 1994 bis 1995 Kreisrat im Enzkreis. Seit 1996 ist Stefan Mappus als Inhaber des Direktmandats des Landtagswahlkreises Pforzheim Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg. Bei der Landtagswahl 2001 trat die Bundestagsabgeordnete, Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin der SPD Baden-Württemberg für das Amt des Ministerpräsidenten Ute Vogt im selben Wahlkreis an. Die SPD legte zwar in dieser Wahl landesweit um 8,2 Prozentpunkte zu, und Ute Vogt erreichte im Wahlkreis sogar einen Stimmenzuwachs um 13,5 Prozentpunkte, dies reichte aber nicht aus, das Direktmandat oder ein Zweitmandat zu erringen.[3] Vogt, die bei der Bundestagswahl 1998 im Bundestagswahlkreis Pforzheim das Direktmandat erlangt hatte, zog deshalb 2001 nicht in den Landtag ein und blieb bis 2005 Mitglied des Bundestags.
Von 1998 bis 2004 war Mappus politischer Staatssekretär im baden-württembergischen Ministerium für Umwelt und Verkehr und von 2004 bis 2005 Umwelt- und Verkehrsminister; 2000 wurde der damalige Staatssekretär von Ministerpräsident Erwin Teufel zum Interregio-Beauftragten ernannt, um die Deutsche Bahn dazu zu bewegen, einen eigenwirtschaftlichen Regionalverkehr als Ersatz für die entfallenden IR-Züge zu schaffen[4]. Er wurde am 21. April 2005 als Nachfolger von Günther Oettinger, der Ministerpräsident des Landes wurde, in einer Kampfabstimmung gegen Peter Hauk zum Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion gewählt. Nach der Landtagswahl am 26. März 2006 wurde er mit großer Mehrheit in diesem Amt bestätigt.
Wahl zum Ministerpräsidenten
Am 24. Oktober 2009 erklärte Mappus seine Bereitschaft Nachfolger des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger zu werden, der im Zuge der Bildung der neuen schwarz-gelben Regierungskoalition in Berlin als neuer EU-Kommissar nominiert wurde.[5] Zwei Tage später votierten das Landespräsidium und der Landesvorstand der CDU geschlossen für die Nominierung von Stefan Mappus für das Ministerpräsidentenamt.[6] Zudem wurde Mappus als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2011 nominiert[7] und am 20. November 2009 zum neuen Landesvorsitzenden der CDU Baden-Württemberg gewählt. Am 10. Februar 2010 wurde er im baden-württembergischen Landtag mit 83 von 137 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt.[8] Insgesamt verfügt die Koalition aus CDU und FDP über 84 Sitze.
Privates
Mappus ist evangelisch und stammt aus einer Schuhmacherfamilie in Mühlacker-Enzberg.[9] Er ist seit 2001 mit der in Kleve geborenen ehemaligen Landesgeschäftsführerin der CDU Baden-Württemberg, Susanne Verweyen-Mappus, verheiratet. Sie haben zwei Söhne und wohnen in Pforzheim.[10][11] Stefan Mappus ist - wie seinerzeit Franz Josef Strauß - Hobbypilot einer Cessna.[12]
Kontroversen
Rechtstreit mit Thomas Knapp
Im Zuge der umstrittenen Trauerrede, die der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger 2007 anlässlich des Todes von Hans Filbinger hielt, machte der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Knapp auf einem Kreisparteitag auch Mappus schwere Vorwürfe, wonach dieser unter anderem am rechten Rand fische. Da Knapp eine Unterlassungserklärung ablehnte, stellte Mappus einen Antrag auf einstweilige Verfügung, die allerdings vom Landgericht Karlsruhe am 31. Mai 2007 abgelehnt wurde.[13][14]
Homosexualität
Stefan Mappus hat in der Vergangenheit den Christopher Street Day Stuttgart als „abstoßend“ bezeichnet. 2005 äußerte Mappus, er und 90 Prozent der Fraktion hätten ein Problem „mit dem frivolen, karnevalesken Zurschaustellen von sexuellen Neigungen, wie es bei dieser Veranstaltung geschieht.“[15] So steuerte Mappus auch kein Grußwort zur Veranstaltung bei.[16] Die Schirmherrschaft übernahm Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie sicherte in einem Grußwort zu, dass die Bundesregierung entschlossen sei, „zahlreiche Benachteiligungen von Schwulen, Lesben und Transsexuellen aus der Welt zu schaffen“.[17] Die Absage Mappus' zur Verfassung eines Grußwortes wurde von seinen politischen Gegnern als „beschämend“ und als „Signal der Intoleranz“ zum Teil heftig kritisiert.[18] In der Vergangenheit fiel Mappus wegen homophober Äußerungen gegen eigene Parteifreunde auf. So griff er Sozialminister Andreas Renner offen an, weil der die Schirmherrschaft für den CSD übernommen hatte.[19]
Als im Sommer 2009 die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ein Adoptionsrecht für Homo-Paare gefordert hatte, kritisierte Mappus dies, weil Kinder seiner Ansicht nach denkbar ungeeignet für „Experimente“ im Bereich der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften seien. Stefan Mappus sprach sich dagegen aus, Lebenspartnerschaften in den Trauzimmern der Standesämter zu schließen.[20]
Steuerbetrugsdaten
Im Februar 2010 traf Mappus auf Drängen der FDP in seiner Funktion als Ministerpräsident die Entscheidung, dass die angebotenen Daten zu Steuerhinterziehungen weder vom Land Baden-Württemberg gekauft, noch an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet würden. Mappus wurde dafür sowohl aus eigenen Reihen,[21] als auch von der Opposition heftig kritisiert.[22]
Stuttgart 21
Mappus befürwortet das Projekt Stuttgart 21. Als es am 30. September 2010 bei einer Großdemonstration gegen das Projekt zur Eskalation mit der Polizei kam, bei der mehr als 100 Demonstranten von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken verletzt wurden,[23] (andere Quellen sprechen hingegen von über 400 verletzen Demonstranten [24] [25]) und ein Demonstrant frontal von einem Wasserwerferstrahl getroffen wurde und fast vollständig erblindete, wurden Mappus und seiner Landesregierung Schuld an den Vorfällen gegeben. Hinweise, dass die Stuttgarter Polizei vor allem auf Druck von politischer Seite einen solch harten Einsatz vollzog,[26] wurden im Untersuchungsausschuss des Landtags nicht bestätigt.[27][28] Mappus wurde einen Tag vor dem Polizeieinsatz über die Einsatzpläne informiert und genehmigte diese. Laut Aussagen des Landespolizeipräsidenten Hammann vor dem Untersuchungsausschuss war weiterhin die für den 7. Oktober geplante Regierungserklärung Mappus’ der Grund, den Polizeieinsatz bereits auf den 30. September zu legen.[23]
EnBW-Übernahme
Anfang Dezember 2010 gab Mappus die geplante Übernahme eines Aktienanteils von 45,01 % an EnBW durch das Land Baden-Württemberg für 4,67 Milliarden Euro bekannt.[29] Die Übernahme des Aktienpakets von der Électricité de France (EdF) läuft über die Deutschland-Tochter der Investmentbank Morgan Stanley, deren Vorstandschef Dirk Notheis Mitglied des CDU-Landesvorstandes von Baden-Württemberg ist[30], und als Trauzeuge Mappus' auch als dessen enger Freund gilt.[31][32] Besonders in Frankreich war man darüber verwundert, dass der EdF-Chef Henri Proglio beim Verkauf des 45-prozentigen EnBW-Anteils keine offizielle Beraterbank einsetzte. Eine Erklärung wurde darin gesehen, dass Proglios Zwillingsbruder René[33][34] schließlich seit 2009 Chef von Morgan Stanley Frankreich ist[35]. Diese Bank hatte 2004 bereits die Privatisierung und den Börsengang der EdF betreut. Dies, und das „besondere Vertrauen der Verkäuferseite“ in diese Bank nannte Mappus als Grund für die Beauftragung von Morgan Stanley Deutschland.[36].
Kritiker werfen Mappus mangelnde Transparenz und Machtmissbrauch bei der Übernahme vor. Laut Staatsministerium erfolgte die Vergabe an Morgan Stanley ohne Ausschreibung. Der Übernahmepreis sei mit einem Aufschlag von 18 Prozent auf den aktuellen Börsenwert zu hoch.[37] Die an Morgan-Stanley gezahlten Transaktionskosten werden von der Stuttgarter Landesregierung geheim gehalten. Der Betrag soll allerdings „weit“ unter den branchenüblichen 0,8 % der Transaktionsumme, liegen (d.h. unter 37 Millionen Euro).[38] Weiterhin wurde die Zustimmung des Landtages zu einer Kapitalgarantie des Landes in Höhe von 5,9 Milliarden Euro erst nach Unterzeichnung der Verträge eingeholt. Mappus begründet dieses Vorgehen mit dem Eintreten eines „(…) unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses (…)“ laut Artikel 81 der Landesverfassung.[39]
Siehe auch
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Neuer Bevollmächtigte für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit: Stefan Mappus. Abgerufen am 15. Dezember 2010.
- ↑ Stefan Mappus: Ein Jobangebot von Siemens. Stuttgarter Zeitung online vom 25. August 2010
- ↑ Die Landtagswahlen 2001 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und die Kommunalwahlen in Hessen. cosmopolis.ch Nr. 25/2001 vom 3. April 2001
- ↑ Meldung IR-Ersatzkonzept im Südwesten. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 3/2001, ISSN 1421-2811, S. 100.
- ↑ Mappus will Oettingers Nachfolger werden. Spiegel Online vom 24. Oktober 2009
- ↑ Klares Votum für Mappus. Focus Online vom 26. Oktober 2009
- ↑ CDU nominiert Mappus als Oettinger-Nachfolger. stern.de vom 26. Oktober 2009
- ↑ http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2382711_0_9223_-abstimmung-im-landtag-mappus-ist-neuer-ministerpraesident.html
- ↑ Nadine Schmid, Viola Kraus: Enzberger zu Stefan Mappus. „Immer noch einer von uns“. In: Pforzheimer Zeitung vom 8. Februar 2010. Abgerufen am 10. Februar 2010
- ↑ Andreas Müller: Haudrauf muss Harmonie stiften. In: Stuttgarter Zeitung vom 27. Oktober 2009. Abgerufen am 10. Februar 2010.
- ↑ Stefan Mappus – das rechte CDU-Schwergewicht, Stern vom 10. Februar 2010. Abgerufen am 10. Februar 2010
- ↑ Margarete van Ackeren, Hartmut Kistenfeger, Beate Schindler, Fritz Schwab: Der Kantige. Baden-Württembergs künftiger Ministerpräsident Stefan Mappus liebt klare Ansagen und steht deswegen unter Beobachtung. In: Focus Magazin 45/2009. Abgerufen am 2. Oktober 2010
- ↑ Braune-Soße Streit. KA-news vom 30. Juni 2007 [pdf]
- ↑ Mappus muss heftige Attacken hinnehmen - Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen Badische Neueste Nachrichten vom 1. Juni 2007
- ↑ Schwule befürchten Intoleranz Stuttgarter Zeitung vom 12. Dezember 2009
- ↑ http://www.csd-stuttgart.de/2010/?option=com_content&view=article&id=12
- ↑ http://www.pride1radio.com/index.php/pride1aktuell/1498-scharfe-kritik-gegen-ministerpraesident-stefan-mappus-cdu-beim-csd-in-stuttgart
- ↑ http://www.csd-stuttgart.de/2010/?option=com_content&view=article&id=12
- ↑ http://www.queer.de/detail.php?article_id=3139
- ↑ http://www.queer.de/detail.php?article_id=11269
- ↑ Steuerhinterziehung: Mappus will Steuer-CD nicht kaufen. manager magazin, 28. Februar 2010, abgerufen am 3. Oktober 2010.
- ↑ Steuerbetrug: Heftige Kritik an Mappus. Stuttgarter Zeitung, 28. Februar 2010, abgerufen am 3. Oktober 2010.
- ↑ a b Stuttgart 21: Mappus soll harten Polizei-Einsatz gebilligt haben. Der Spiegel, 17. Dezember 2010, abgerufen am 18. Dezember 2010.
- ↑ Hunderte Verletzte nach Polizeieinsatz Focus vom 30. September 2010
- ↑ Zahl der Verletzten vom 30.09. viel höher als offiziell angegeben Bei-Abriss-Aufstand.de vom 22.12.2010
- ↑ Monitor: Stuttgart 21 – Warum die Polizei wirklich so hart zuschlug, 21. Oktober 2010
- ↑ Stuttgart 21: "Wir lassen uns nicht reinreden". Badische Zeitung, 17. Dezember 2010, abgerufen am 18. Dezember 2010.
- ↑ Untersuchungsausschuss Stuttgart 21:Wasserwerfer war "mildestes Mittel". die tageszeitungdatum= 29. November 2010, abgerufen am 18. Dezember 2010.
- ↑ Mappus zu EnBW: Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Stuttgarter Zeitung, 7. Dezember 2010, abgerufen am 12. Dezember 2010.
- ↑ CDU Baden-Württemberg: Landesvorstand
- ↑ Der Mann hinter dem EnBW-Rückkauf: Großes Geschäft für Mappus’ „Zwilling“. Stuttgarter Zeitung, 10. Dezember 2010, abgerufen am 12. Dezember 2010.
- ↑ EnBW-Deal: Spätzle mit Geschmäckle. Frankfurter Rundschau, 15. Dezember 2010, abgerufen am 15. Dezember 2010.
- ↑ Henri und René Proglio im „Munzinger-Archiv“. Abgerufen am 7. Januar 2011.
- ↑ Foto Von Henri und René Proglio bei Agence photografique MYOP. Abgerufen am 7. Januar 2011.
- ↑ Électricité de France: EnBW-Ausstieg sorgt für Wirbel. Stuttgarter Zeitung, 20. Dezember 2010, abgerufen am 7. Januar 2011.
- ↑ Regierungserklärung von Ministerpräsident Stefan Mappus am 15. Dezember 2010. Landesregierung Baden-Württemberg, 15. Dezember 2010, abgerufen am 7. Januar 2011.
- ↑ EnBW-Verlauf: Mappus und die Maultaschen-Connection. Handelsblatt, 10. Dezember 2010, abgerufen am 12. Dezember 2010.
- ↑ Mappus wickelte EnBW-Deal mit CDU-Freund ab. Der Spiegel, 10. Dezember 2010, abgerufen am 12. Dezember 2010.
- ↑ Opposition zum EnBW-Rückkauf: Machtmissbrauch von Mappus? Stuttgarter Zeitung, 15. Dezember 2010, abgerufen am 15. Dezember 2010.
Weblinks
- Offizielle Website
- Stefan Mappus auf den Seiten des Landtags von Baden-Württemberg
Personendaten | |
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NAME | Mappus, Stefan |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU) |
GEBURTSDATUM | 4. April 1966 |
GEBURTSORT | Pforzheim |