Neuapostolische Kirche
Die Neuapostolische Kirche (NAK) ist eine christliche Religionsgemeinschaft.
Andere Bezeichnungen
Die offizielle Abkürzung ist NAK. Im Internet hat sich inzwischen das Präfix "nak-" für Bezirks- und Gemeindeseiten, Gruppen und Organisationen innerhalb der NAK eingebürgert. Die internationale Kirche wird mit NAKI abgekürzt.
Logo
Das Logo der Neuapostolischen Kirche ist in weiß auf blauem Grund gehalten. Ein Kreuz schwebt über stilisierten Wellen; am Horizont formen das Kreuz, die Wellen und zehn Strahlen eine untergehende Sonne. (siehe www.nak.de) Das Logo symbolisiert das Werk Gottes in der letzten Zeit vor der Wiederkunft Jesu Christi, den in der Bibel verheißenen Spätregen. Die sinkende Sonne steht für die letzte Zeit, das Wasser für das Leben und das Kreuz für den christlichen Glauben. Das Logo wurde in den 90er Jahren neu gezeichnet und ist im Vergleich zur früheren Gestaltung schlichter gehalten.
Verbreitung
Die Neuapostolische Kirche hat weltweit rund 10,6 Millionen Anhänger (Stand: 31.12.2003) und ist in Deutschland mit etwa 382.800 Mitgliedern (2002) die drittstärkste Einzelkirche und (nach der Orthodoxen Kirche) die viertstärkste christliche Konfession.
Die Zahl der Gemeinden wächst aufgrund der engagierten Missionstätigkeit vor allem in Afrika und stetig an, wo die NAK heute über 150 % ihrer Mitglieder hat. Weltweit gibt es über 300 Bezirksapostel und Apostel.
Neben dem deutschsprachigen Raum ist sie besonders in Zentralafrika (speziell Angola und Dem. Rep. Kongo), Nordamerika, Australien sowie in einigen asiatischen Ländern verbreitet.
Geschichte
In den 1830ern glaubte man in der katholisch- apostolischen Kirche, mit der Berufung von zwölf neuen Aposteln auf die erwartete Wiederkunft Christi vorbereitet zu sein. Die Gruppe geriet aber 1855 nach dem Tod dreier Apostel in eine Krise, aus der 1863 in Hamburg zunächst die "Allgemeine christlich apostolische Mission" und später die "Neuapostolische Gemeinde" hervorging (seit 1907 offizielle Bezeichnung, seit 1930 "Neuapostolische Kirche"). Es kam zu wiederholten Abspaltungen. Beispiele sind (in Deutschland) der "reformiert-apostolische Gemeindebund", die "Apostolische Gemeinschaft" und die "Apostolische Gemeinde des Saarlandes".
Die Liturgie der Neuapostolischen Gemeinde enthielt (bis etwa 1885) starke Elemente der katholischen und anglikanischen Kirchen.
Lehre
Die neuapostolische Kirche ist auf die nahe Wiederkunft Christi ausgerichtet.
Nach dem Verständnis der neuapostolischen Kirche ist für die Vorbereitung der Seelen auf dieses Ereignis das Apostelamt notwendig. Ebenso ist die richtige Auslegung der Bibel und das Erkennen neuer göttlicher Wahrheiten nur durch das Stammapostelamt und Apostelamt möglich.
Als Grundlage der Lehre wird die Bibel angegeben (im deutschsprachigen Raum die Übersetzung von Martin Luther, im englischen Sprachraum die King James Version). Theologie, Exegese oder individuelles Bibelstudium spielen jeoch in der neuapostolischen Kirche eine untergeordnete Rolle.
Die neuapostolische Kirche kennt drei Sakramente: Taufe, Abendmahl und Versiegelung
Das Sakrament der Versiegelung wird an jedem Mitglied einmal vollzogen. Die Taufe bedeutet im neuapostolischen Verständnis Befreiung von der "Erbsünde", die Versiegelung wird als erneute Ausgießung des heiligen Geistes verstanden und kann nur von einem Apostel durchgeführt werden.
Das Abendmahlsverständnis entspricht etwa dem der evangelischen Kirchen.
Es gibt auch einige Parallelen zu den Mormonen, etwa die Totentaufe.
Praxis
Die Gottesdienste der Neuapostolischen Kirche sind diszipliniert, geregelt und formell. Die Liturgie ähnelt heute der der protestantischen Kirchen.
Die Neuapostolische Kirche erwartet von den Mitgliedern rege Beteiligung am Gemeindeleben, zeichnet sich aber auch durch ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl aus.
Mit der beginnenden Öffnung der Kirche hat sich auch das kulturelle Leben in der NAK entwickelt. Mittlerweile gibt es neben traditionellen Kirchenchören, die für ihre besondere Qualität bekannt sind, progressivere Musikgruppen und Ensembles, die auch zunehmend im außerkirchlichen Bereich auftreten. Teile der umfangreichen neuapostolischen Musikliteratur werden derzeit überarbeitet. Für 2005 ist ein neues Gesangbuch angekündigt, dass das derzeit verwendete von 1928 ersetzen soll.
Heute gibt es auch zahlreiche Linklisten, Chaträumen, und Kleinanzeigenseiten aus dem Umfeld der Neuapostolischen Kirche oder von Mitgliedern.
Organisation
Hierarchie
Die Organisation der Neuapostolischen Kirche ist strikt hierarchisch. Oberster Leiter und oberste geistliche Autorität der Kirche ist der Stammapostel, der in der Regel von seinem Vorgänger berufen wird. Der Stammapostel ist das Petrusamt der Neuapostolischen Kirche. Gegenwärtiger Stammapostel ist der Schweizer Richard Fehr.
Der Stammapostel kann Apostel ernennen und abberufen. Die Apostel müssen geloben, den Stammapostel als obersten Geistlichen anzuerkennen und ihn voll zu unterstützen.
Die Ämterhierarchie umfasst in absteigender Reihenfolge
- Apostel: Stammapostel, Bezirksapostel, Apostel,
- Priester: Bischof, Bezirksältester, Bezirksevangelist, Hirte, (Gemeinde-)Evangelist, Priester,
- Diakone: Diakon (früher auch noch Unterdiakon).
Alle Amtsträger sind Laien und arbeiten bis zur Stufe des Bischofs in der Regel ehrenamtlich. Die Amtsträger werden von den Aposteln ernannt, Zustimmung des Stammapostels ist erforderlich.
Struktur
Der Hauptsitz der Dachvereinigung NAKI (Neuapostolische Kirche International) befindet sich in Zürich, wo auch der derzeitige Stammapostel lebt.
Die Neuapostolische Kirche ist in Gebietskirchen aufgeteilt, die rechtlich selbständig, in der Lehre aber strikt dem Stammapostel untergeordnet sind. Gebietskirchen werden von Bezirksaposteln geleitet. In Deutschland gibt es sechs Gebietskirchen, in der Schweiz eine. Österreich gehört zur Gebietskirche Schweiz. Rechtlich sind die Gebietskirchen in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts, in der Schweiz ein eigenständiger Verein.
In den Gebietskirchen gibt es rechtlich unselbständige Bezirke, die ihrerseits wieder ebenfalls rechtlich unselbständige Gemeinden aufgeteilt sind. Zehn bis dreissig Gemeiden bilden einen Bezirk. Ein Apostel und ein Bischof betreuen in der Regel drei bis sechs Bezirke.
Finanzen
Die Neuapostolische Kirche finanziert sich aus den Spenden ("Opfern") der Mitglieder, wobei sie sich am biblischen Zehnten orientiert. Die internationale Kirche wird durch Umlagen der Gebietskirchen finanziert, sie organisiert auch die Unterstützung finanzschwächerer Gebietskirchen durch finanzstärkere.
Weitere kirchliche Einrichtungen
Der kircheneigene Verlag Friedrich Bischoff hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. In Bielefeld befindet sich die zentrale Hostienbäckerei für Europa.
Ökumene
Die Neuapostolische Kirche sieht sich traditionell als die einzig wahre Kirche und ist von daher weder im Ökumenischen Rat der Kirchen, noch im ACK vertreten und arbeitet auch nicht in der Evangelischen Allianz mit. Es besteht weder die Möglichkeit des gemeinsamen Abendmahls noch der ökumenischen Trauung zwischen den Gemeinschaften im Ökumenischen Rat der Kirchen und der NAK.
Die neuapostolische Taufe wird von der katholischen und evangelischen Kirche anerkannt. Umgekehrt erkennt die neuapostolische Kirche ebenfalls jede trinitarisch vollzogene Taufhandlung an.
In letzter Zeit gab es Zeichen einer vorsichtigen Öffnung, z.B. im süddeutschen Raum Sondierungsgespräche zwischen der NAK Süddeutschland und dem ACK Baden-Württemberg. ackergebnis.htm - Gesprächskommuniqué NAK-ACK. Außerdem werden Gespräche mit einigen kleineren Religionsgemeinschaften geführt, die sich aus Abspaltungen der NAK entwickelt haben.
Kontroversen
Die Neuapostolische Kirche wird von Religionswissenschaftlern als Sondergemeinschaft oder Sekte eingestuft. Als Gründe werden dafür aufgeführt:
- der langjährige Anspruch, die einzige christliche Kirche zu sein
- die streng hierarchische und autoritäre Struktur in der Meinungsvielfalt und Kritik keinen Platz haben
- die Sonderlehren bezüglich Apostelamt und Versiegelung
Von Ehemaligen wird der Neuapostolischen Kirche vorgeworfen, dass sie mit dem Stammapostel Personenkult betreibe und dass sie bei Mitgliedern innere Abhängigkeit und Ängste erzeuge.
Weblinks
- www.nak.org - Die Neuapostolische Kirche International, Selbstdarstellung
- www.nak.de - Die Neuapostolische Kirche in Deutschland, Selbstdarstellung
- www.nak-info.de Kritische Betrachtung der Neuapostolischen Kirche
- relinfo.ch/nak/index.html Relinfo - Neuapostolische Kirche
Siehe auch: Freikirche, Sekte