Biene Maja
Die Biene Maja ist die Hauptfigur in zwei Anfang des 20. Jahrhunderts erschienenen Romanen des deutschen Schriftstellers Waldemar Bonsels (1880–1952) und in einer ab 1975 produzierten japanischen Zeichentrickserie.
Bücher
Waldemar Bonsels war in den 1920er-Jahren einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. In seinen Büchern Die Biene Maja und ihre Abenteuer (Erstveröffentlichung 1912) und Himmelsvolk (Erstveröffentlichung 1915) verarbeitete er seine Kindheitserlebnisse in der freien Natur rund um den Bredenbeker Teich in Ahrensburg. Mittlerweile wurden diese beiden Werke in über 40 Sprachen übersetzt.
Figuren
In den Büchern kommen neben vielen namenlosen Insekten und Tieren folgende namentlich genannte Figuren vor:
- Maja, Honigbiene
- Helene die Achte, regierende Bienenkönigin
- Fräulein Kassandra, Honigbiene
- Turka, Gehilfin
- Peppi, Rosenkäfer
- Schnuck, Libelle
- Hans Christoph, Brummer
- Kurt, Mistkäfer (gibt sich als Rosenkäfer aus)
- Iffi, Grille
- Puck, Stubenfliege
- Thekla, Kreuzspinne
- Fritz, Schmetterling
- Fridolin, Borkenkäfer
- Hannibal, Weberknecht
- Alois Siebenpunkt, Marienkäfer
- Hieronymus, Tausendfüßer
Andere allgemein bekannte „Biene Maja“-Figuren wie z. B. der Grashüpfer Flip und der Bienenjunge Willi stammen nicht von Waldemar Bonsels, sondern wurden erst für die Zeichentrickfilmserie entwickelt (siehe den Abschnitt „Trickfilmserie“).
Theater
Es gibt diverse Theaterbearbeitungen von Bonsels' Romanen, beispielsweise das Kinderstück „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ von Rainer Lenz und das Musical „Maja und Co.“ von Peter Lund (Text) und Wolfgang Böhmer (Musik), das 2006 in der Neuköllner Oper in Berlin uraufgeführt wurde.
Trickfilmserie
Die Trickfilmumsetzung der literarischen Vorlage geht auf die Initiative von Josef Göhlen zurück, den damaligen Leiter des Kinder- und Jugendprogramms des ZDF, der zuvor schon den Anstoß für die Umsetzung der Serie Wickie und die starken Männer gegeben hatte.
Zusammen mit dem US-Zeichner Marty Murphy, einem Mitarbeiter der Hanna-Barbera-Studios, entwarf Göhlen bereits beim ersten gemeinsamen Treffen in den USA[1] die Figuren und Drehbücher für die erste japanisch-deutsch-österreichische Koproduktion. Die auf deutsch Die Biene Maja genannte Serie wurde ab 1975 vom japanischen Trickstudio Zuiyo Enterprise (später in Nippon Animation umbenannt) als Anime „Die Abenteuer der Honigbiene Maja“ (jap. みつばちマーヤの冒険, mitsubachi māya no bōken) in zwei Staffeln mit je 52 Episoden produziert. Regisseur war Hiroshi Saitō, der zuvor bei Wickie und die starken Männer und danach bei Pinocchio Regie führte.
Die Sende- und Verwertungsrechte der Serie liegen derzeit bei Studio 100 Media.[2]
Neue Figuren
In der Verfilmung wurden u. a. folgende Figuren bzw. deren Namen neu hinzugefügt:
- Flip, Grashüpfer
- Willi, „Bienenjunge“
- Max, Regenwurm
- Toff & Zürpel, Drohnen
- Bienenoberst
- Hedda und Hopper, Arbeiterinnen im Bienenstock
- Paul Emsig, Ameise
- Ameisenoberst
- Schimmy, Silberfischchen
- Bommbus, Hummelkind
- Alexander, Zwergmaus (ab der zweiten Staffel)
Zeichentechnik
Als Zeichentechnik kam eine zweidimensionale Vollflächentechnik ohne aufwändige Schattierungen und Tiefendarstellungen zur Anwendung. Bei der so genannten „limitierten“ Animation wurden vor dem Hintergrund unbewegter Elemente nur die bewegten Bildelemente animiert. Das sonore Fluggeräusch der Bienen stammte von der Tonaufzeichnung eines kleinen Elektromotors.
Für die zeichnerische Darstellung sind die Figuren meist menschenähnlich, mit Nasen, Ohren, nach vorne gerichtete Augen sowie Armen und Beinen. Insbesondere die Bienen sind insektenuntypisch ausgeführt: Sie gehen aufrecht auf zwei Beinen und haben nur zwei Arme sowie Kopfhaare. Weiterhin entspricht ihre schwarz-gelbe Färbung eher der von Wespen, da Bienen eigentlich eine hellbraune Grundfarbe mit dunkleren Streifen haben. Die erwachsenen Bienen tragen zusätzlich eine Art Kragen um den Hals, die Bienenkönigin des Stocks trägt eine Krone und sitzt auf einem Thron. Ferner sammeln die Bienen den Nektar (oft auch als „Honig“ bezeichnet) in kleinen bunten Töpfen, mit denen sie von Blüte zu Blüte fliegen.
Für seine Zeichnungen verwendete Marty Murphy ein ausgeprägtes Kindchenschema: Vor allem die Figuren Maja und Willi haben einen großen Kopf, einen kompakten Rumpf, große, runde Augen, kurze Extremitäten und kleine Flügel. Dadurch wurden sie zu Sympathieträgern der Serie.
Erfolg der Ausstrahlung
Die Erstausstrahlung der ersten Staffel fand in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1976 bis September 1977 jeweils donnerstags im ZDF statt, Österreich folgte zehn Tage später.
Biene Maja entwickelte sich rasch zur bis dahin erfolgreichsten Zeichentrickserie im ZDF, bei der Erstausstrahlung sahen im Schnitt drei bis vier Millionen Kinder zwischen drei und 13 Jahren zu. Das von Karel Gott gesungene Titellied erreichte Anfang Mai 1977 Platz eins der NDR-Schlagerparade.[3] Im Jahr nach der Beendigung der ersten Ausstrahlung wurden fast 40.000 Briefe mit Bitte um Wiederholung an das ZDF geschickt, so dass die Serie ab dem 15. Oktober 1978 jeweils sonntags wiederholt wurde und eine zweite Staffel mit 52 Folgen produziert wurde.[4]
Zum 25. Fernsehjubiläum sendete das ZDF am 2. September 2001 die Biene Maja Show live aus der Ferienanlage Land Fleesensee, moderiert von Aleks Bechtel und Gregor Steinbrenner.
Deutsche Fassung
Das deutsche Titellied, das von Karel Gott gesungen wird, schrieben der Komponist Karel Svoboda und der Texter Florian Cusano.
Auf Deutsch wurden Maja von der damals elfjährigen Scarlet Lubowski und Willi vom Synchronautor Eberhard Storeck gesprochen. Die meisten der Sprecher übernahmen im Lauf der Serie mehrere Rollen:[5]
Rolle | Synchronsprecher |
---|---|
Maja | Scarlet Lubowski |
Willi | Eberhard Storeck |
Flip, Flap (Flips Bruder) | Manfred Lichtenfeld |
Ameisenoberst, Tausendfüßer, Termitenhauptmann | Berno von Cramm |
Kassandra, Fräulein Nelly (Grille) | Lorley Katz |
Thekla | Tilli Breidenbach |
Puck (1. Staffel) | Bruno W. Pantel |
Libelle Schnuck, Schmetterlinge | Fee von Reichlin |
Schneckenmutter, Hornissenkönigin, u. a. | Alice Franz |
Hummel, Marienkäferfrau | Gusti Kreissel |
Harald | Helga Anders |
Kleine Ameise, Steinfliege, Anton (Ameise), u. a. | Christa Häussler |
Kurt, Max, Wanze, Wieland (Borkenkäfer), u. a. | Michael Rüth |
Maulwurfsgrille, Seidenraupe | Monika John |
Käferfrau, Iffi, u. a. | Inge Schulz |
Ameisenoberst, Ameisenlöwe, Fangheuschrecke | Horst Sommer |
Alexander | Kurt Zips |
Jimmy (Glühwürmchen), Alter Mann | Willy Friedrichs |
Johann (Pferdefliege) | Mogens von Gadow |
Bienenkönigin | Charlotte Kerr |
Mutter Marienkäfer, Libelle Schnuck, Moskitoweibchen | Margit Weinert |
Alois (Marienkäferpoet), Vater Rotnase | Leo Bardischewski |
Gustav, Hummelgeneral | Wolfgang Hess |
Puck (2. Staffel), Grille | Harald Baerow |
Käferfrau, Raupe, Larve | Doris Jensen |
Weberknecht | Ingo Baerow |
Schnipp (Ohrwurm) | Werner Abrolat |
Dr. Heinrich (Schnecke) | Walter Reichelt |
Pädagogische Aspekte der Zeichentrickserie
Bereits in der ersten Folge ("Maja wird geboren") der Zeichentrickserie wird deutlich, welches pädagogische Menschenbild in Gestalt Majas verkörpert wird: Schon während ihrer Geburt, bei der sie von ihrer Erziehrin "Fräulein Cassandra" mit dem Namen "Maja" gerufen wird, fragt sie: "Warum habt ihr mich denn Maja genannt?" Woraufhin es der Erzieherin die Sprache verschlägt. Die Pädagogin ist es - das wird im Fortlauf der Folge immer deutlicher - nicht gewohnt, von einem Zögling mit Fragen gelöchert zu werden. Auch kann Fräulein Cassandra die Warum-Fragen Majas nicht begründet beantworten, sondern nur mit hohlen Behauptungen abweisen: "Einfach weil jeder einen Namen haben muß." Fräulein Cassandra verkörpert mit diesem traditionell-affirmativen Erziehungsverständnis, das keinerlei Interesse am Subjekt ("Maja") beinhaltet einen autoritären Erziehungsstil der Demütigung und Schuldzuweisung. Etwa wenn sie Maja ein Schuldgefühl einreden will, weil diese in ihrer Geburtswabe geträumt hat. Weitere Zitate aus Folge 1: "Mit der Träumerei ist jetzt Schluß.", "Jetzt fängt der Ernst des Lebens an." "Dein Kopf ist noch zu klein für solche Sachen." usw. Kritik, die die freche, schlaue Maja unverhohlen äußert wird von Fräulein Cassandra sarkastisch überlacht.
Maja stellt in Form des frechen und schlauen Kindes eine moderne Form von Erziehungskultur. Hierbei wird im Kind Maja verdeutlicht, dass sämtliche Ziele einer solchen Erziehungskultur bereits im Zögling angelegt bzw. ausgeprägt sind. Insofern steht die "Biene Maja" für eine reflexive kritisch-selbstkritische pädagogische Haltung.
Entgegen der Behütung im Bienenstock und der warnenden Stimme ihrer Erzieherin Fräulein Cassandra (Cassandra die Unheilsverkünderin im griechischen Mythos) macht Maja ihre Erfahrungen mit den Risiken und Herausforderungen des Lebens selbst. Sie will die Zusammenhänge ihrer Wirklichkeit selbst herausfinden, weshalb sie natürlich auch das ein oder andere Mal Leib und Leben aufs Spiel setzt. Pädagogische Ziele, also Werte, wie etwa ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur, werden als gerade Kindern eigentümliche Verhaltensweisen gezeigt. In "Maja und der Waldbrand" bspw. läßt ein deutlich durch seinen Hut als Erwachsener gekennzeichneter Mensch ein Streichholz fallen und verursacht eine Waldbrandkatastrophe. Maja hingegen - das Kind, das vorher noch nie einen Walbrand erlebt hatte - hat die rettende Idee, einen Staudamm zu zerstören, um so das Feuer zu löschen. In "Maja und die Libelle Schnuck" werden "die Menschen" insgesamt (also auch die Kinder der Menschen) als "böse" charakterisiert, da sie etwa Libellen quälen, indem sie ihnen Beine und Flügel ausreissen. Maja rettet die Libelle aus der Gewalt, so wie es die Libelle vorher mit ihr tat.
Zusammenfassend läßt sich also sagen, dass die Zeichentrickserie "Biene Maja" eine grundlegende Zivilisationskritik ist, deren pädagogische Implikationen nicht nur an Kinder sondern insbesondere wohl auch an ältere Betrachter gerichtet sind und die Folgendes beinhalten: - Überwindung autoritärer, affirmativer, unkritischer und bevormundender kultureller Strukturen,
Denk- und Handungsweisen
- Überwindung der damit verbundenen Gewalt gegenüber Schwäche und Kindlichkeit - Emanzipation aus bestehenden Herrschaftsverhältnissen (die Biene Maja als Symbol für die
unterdrückten Drei: Kinder, Frauen, Arbeiterschaft)
- Kultivierung eines beziehungsvollen und dialogischen Interesses an Welt, Leben, Natur und
Gegenüber, Kooperation und Solidarität mit Schwachen, Armen und Benachteiligten (vgl. "Maja und der Blumenelf")
Comics
Auf der Grundlage der Fernsehserie erschienen beim Bastei Verlag unter dem Titel Die Biene Maja von 1976 bis 1981 eine 163-bändige Comicserie (Zweitauflage ab 1977) sowie von 1977 bis 1979 insgesamt 17 Taschenbücher. Neuauflagen mit reduzierter Folgenzahl erschienen bis 1992. Die Zeichnungen stammten vom Münchner Atelier Roche (aushilfsweise vom spanischen Studio Ortega), wo neue Geschichten und Figuren kreiert und jahrelang Illustrationen für Biene-Maja-Merchandising produziert wurden.
Der Verlag DeVision brachte später von September 1998 bis August 1999 weitere Biene-Maja-Hefte heraus.
Quellen
- ↑ Nich' so schnell, kleine Biene, taz vom 1. September 2001, S. 16
- ↑ Studio 100 erwirbt umfangreiche "Biene Maja"-Rechte, mediabiz.de, 27. Juli 2009
- ↑ Harald R. Fabian: Summ, summ, summ – wie aus der kleinen Biene Maja ein großer Star wurde. Funk Uhr 25/1977, S. 14-15
- ↑ Warum Biene Maja wieder summt. Funk Uhr 41/1978, S. 7
- ↑ Liste der deutschen Sprecher bei poltermuehle.de, abgerufen am 12. September 2008
Literatur
- Christian Adam: Biene Maja, Heidi, Lederstrumpf. Kleiner Ausflug zum Kinder- und Jugendbuch, In: Lesen unter Hitler, Galiani, Berlin 2010, ISBN 978-3869710273, S. 216-222
Weblinks
Bücher:
- Die Biene Maja und ihre Abenteuer im Project Gutenberg
- Waldemar Bonsels Stiftung
- Waldemar Bonsels: Himmelsvolk
Zeichentrickserie:
- Vorlage:IMDb Titel
- Inhaltsbeschreibungen aller Folgen auf kika.de
- Episodenführer von tomodachi.de
Allgemein: