Strukturtyp
Als Strukturtyp fasst man Kristallstrukturen zusammen, die die gleiche Symmetrie, d.h. die gleiche Raumgruppe haben, und in denen jeweils die gleichen Punktlagen besetzt sind. Kristalline Substanzen, die zum gleichen Strukturtyp gehören, nennt man isotyp. Die Stöchiometrie isotyper Substanzen muss übereinstimmen; die Art der Atome, der Bindungscharakter und die Atomabstände spielen dagegen für die Klassifizierung keine Rolle. Der Strukturtyp ist im Prinzip eine rein geometrische Angabe.
Zu den wichtigsten Strukturtypen zählen Elementstrukturen wie die kubisch dichteste Kugelpackung, die hexagonal dichteste Kugelpackung und das kubisch raumzentrierte Gitter. Noch häufiger ist der Natriumchlorid-Typ. Dazu gehören neben Natriumchlorid, Magnesiumoxid und Bleisulfid noch rund 200 meist ionische, aber auch Verbindungen mit stark kovalentem Bindungsanteil.
Nomenklatur
Die Strukturtypen werden üblicherweise nach einer Substanz (Element, Verbindung oder Mineral) benannt. Eine andere Nomenklatur wird seit 1923 in den Strukturberichten verwendet. Diese Nomenklatur ist international unter dem deutschen Namen gebräuchlich (frz. notation Strukturbericht, engl. Strukturbericht designation).
Die Nomenklatur der Strukturberichte teilt die Strukturtypen nach der Stöchiometrie in Gruppen ein, die durch Großbuchstaben bezeichnet sind. Innerhalb der Gruppen wurden die Strukturtypen nach der Reihenfolge der Entdeckung durchnummeriert.
- A: Elemente
- B: AB-Verbindungen
- C: AB2-Verbindungen
- D: AmBn-Verbindungen
- E: >2 Elemente ohne ausgesprochene Komplexbildung
- F: mit zwei- oder dreiatomigen Komplexen
- G: mit vieratomigen Komplexen
- H: mit fünfatomigen Komplexen
- L: Legierungen
- M: Mischkristalle
- O: organische Verbindung
- S: Silikate
Eine andere Methode der Beschreibung von Strukturtypen sind die Pearson-Symbole. Sie geben Kristallsystem, Bravais-Gitter und die Anzahl der Atome je Elementarzelle an. Da die Atome aber an verschiedenen Positionen sitzen können, sind die Pearson-Symbole nicht eindeutig.
Liste der Strukturtypen
Bezeichnung in den Strukturberichten |
Strukturtyp (Hauptvertreter) |
Raumgruppe | weitere Beispiele |
---|---|---|---|
A | |||
A1 | Kupfer-Typ kubisch flächenzentriertes Gitter kubisch dichteste Kugelpackung |
γ-Eisen, Gold | |
A2 | Wolfram-Typ kubisch raumzentriertes Gitter |
Vanadium, α-Eisen | |
A3 | Magnesium-Typ hexagonal dichteste Kugelpackung |
P63/mmc | Cobalt |
A4 | Diamantstruktur | Silizium | |
A5 | β-Zinn | ||
A7 | Arsen | ||
A8 | Selen | ||
A9 | Graphit | ||
A14 | Iod | ||
B | |||
B1 | Natriumchlorid-Struktur | FeO, PbS | |
B2 | Caesiumchlorid (CsCl) | FeAl, NiAl | |
B3 | Sphalerit-Typ (ZnS) | ||
B4 | Wurtzit-Typ (ZnS) | ||
B8 | Nickelin (NiAs) | ||
C | |||
C1 | Fluorit-Typ (CaF2) | ||
C2 | Pyrit (FeS2) | ||
C3 | Cuprit (Cu2O) | ||
C4 | Rutil (TiO2) | ||
C5 | Anatas (TiO2) | ||
C6 | Cadmiumiodid (CdI2) | ||
C7 | Molybdänit (MoS2) | ||
C8 | Quarz (SiO2) | ||
C9 | Cristobalit (SiO2) | ||
C10 | Tridymit (SiO2) | ||
C19 | Cadmiumchlorid (CdCl2) | ||
D | |||
D02 | Skutterudit (CoAs3) | ||
D51 | Korund (Al2O3) | ||
D58 | Antimonit (Sb2S3) | ||
E | |||
E11 | Chalcopyrit (CuFeS2) | Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle I\bar 4 2d} | |
E21 | Perowskit (CaTiO3) | Pbnm | |
E22 | Ilmenit (FeTiO3) | ||
G | |||
G01 | Calcit (CaCO3) | ||
G02 | Aragonit (CaCO3) | ||
H | |||
H11 | Spinell (MgAl2O4) | ||
L | |||
L11 | CuAu | ||
L12 | Cu3Au |
Zugehörige Begriife
Isotypie
Als isotyp (von Vorlage:ELSalt isos "gleich", und Vorlage:ELSalt typos "Wesen, Charakter") werden Substanzen bezeichnet, die zum selben Strukturtyp gehören.
Anisotypie
Neben der Isotypie existiert noch eine Anisotypie. Hierbei sind die Plätze von Kationen und Anionen vertauscht, als Beispiel seien Thoriumdioxid (ThO2) und Lithiumoxid (Li2O) genannt.
Homöotypie
Im strengen Sinne sind zwei Kristallstrukturen nur bei analoger chemischer Summenformel, gleicher Symmetrie (Raumgruppe) und weitgehender Ähnlichkeit in der Atomanordnung isotyp. Für Kristalle, die dem zwar nicht voll entsprechen, aber trotzdem in ihren Strukturen sehr ähnlich sind, wurde der Begriff Homöotypie geprägt. So sind z. Bsp. die Kohlenstoffmodifikation Diamant und Zinkblende ZnS (Sphalerit), Calcit CaCO3 (Kalkspat) und Dolomit CaMg(CO3)2 sowie Quarz SiO2 und Berlinit AlPO4 homöotyp.
Weblinks
Literatur
- Hans-Joachim Bautsch, Will Kleber, Joachim Bohm: Einführung in die Kristallographie. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1998.