Zum Inhalt springen

Christliche Wissenschaft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. August 2005 um 08:23 Uhr durch ErikDunsing (Diskussion | Beiträge) (typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Christian Science (Christliche Wissenschaft) ist der Name der von Mary Baker Eddy (1821-1910) nach 1866 entwickelten Lehre, die sie in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift formulierte und 1875 erstmals veröffentlichte.

Namen

Kirche Christi, Wissenschaftler ist der Name für die von Mary Baker Eddy begründete weltweite Kirche, die sich als Sprachrohr für Christian Science sieht. Die Mutterkirche ist The First Church of Christ, Scientist in Boston. Häufig wird auch allgemein von der Christian Science Kirche gesprochen.

Verbreitung

Weltweit zählt die Christian Science 1.433 offiziell eingetragene Christian Science Praktiker, davon in Deutschland 55, in der Schweiz 10 und in Österreich 4. (Nach Georg Schmid, Kirchen, Sekten, Religionen (2003) insgesamt 10'000, D: 200, A: 1, CH: knapp 40)

Die Kirche wird von der Mutterkirche, The First Church of Christ, Scientist in Boston, USA, und deren ca. 2000 Zweiggemeinden in 80 Ländern gebildet (nach Georg Schmid 3000 Zweiggemeinden und Hochschulvereinigungen in 50 Ländern). In Deutschland gibt es 72 Zweigkirchen, Vereinigungen und Hochschulvereine mit etwa 2000 Mitgliedern (Stand: Juli 2005), in der Schweiz 22 und in Österreich 2.

Sie können die Zweigkirchen und Praktiker (Heiler) in der Zeitschrift Christian Science Journal und für den deutschen Sprachraum auch in der Zeitschrift Christian Science Herold zählen. Die Zeitschriften sind in den Leseräumen der Kirchen erhältlich. Die Zahl 10.503 Praktiker weltweit wurde von der Mutterkirche 1951 veröffentlicht.

Lehre

Nach Eddy ist Christian Science das Gesetz des Guten, die Wissenschaft des Christus, das auf die Lehren der Bibel zurückgehende christliche System geistigen Heilens.

Grundlegende Ideen sind

  • Gott ist göttliche Liebe, höchster Vater-Mutter
  • Die wahre Natur jedes Individuums als Kind Gottes ist geistig.
  • Gottes unendliche Güte, verwirklicht im Gebet, heilt.

Als Ausgangspunkt für die, wie Eddy es nennt, Entdeckung von Christian Science wird ihre spontane Heilung von den schweren Folgen eines Unfalles im Jahr 1866 angesehen. Eddy führte ihre unerwartete Gesundung auf eine Inspiration beim Lesen der in der Bibel dargestellten Heilung des Gelähmten (Matthäus 9) zurück. Kirchenvertreter erklären, dass der Gedanke, dass die Kraft hinter dem biblischen Heilungsgeschehen und dem Wirken Jesu Christi nicht auf biblische Zeiten beschränkt sei, der Antrieb für Eddys mehrjähriges Studium der Bibel gewesen sei, das zu der Publikation von Eddys Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift führte. Der 1879 definierte Zweck der Christian Science Kirche besteht laut einer zentralen Leitungsschrift darin, "die Worte und Werke Jesu Christi in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiedereinzuführen" (Kirchenhandbuch, S. 17).

Mary Eddy beschrieb die Überlegenheit der geistigen Kraft über die physische Kraft als die zentrale Tatsache der Bibel und ebenso als den Kernpunkt von Christian Science. Aus ihrer Sicht müsse diese "große Tatsache" durch das Heilen der Kranken bewiesen werden.

Christian Science sieht Gott, Geist und Gemüt, als einzige Ursache und Prinzip des Universums an. Der Mensch gilt ihr entsprechend des 1. Schöpfungsberichtes der Genesis als Bild und Gleichnis Gottes, folglich sei er geistig. Materie und das Böse gelten als - vor Gott, Geist - unwirklich und zeitlich.

Gott wird in der Christlichen Wissenschaft mit sieben Synonymen erklärt: Gemüt, Geist, Seele, Prinzip, Leben, Wahrheit und Liebe. "Gott ist Liebe", ein Zitat aus den Johannesbriefen, steht an der Stirnwand vieler Christian Science Kirchen.

Eddy war bereits vor der Niederlegung ihrer Gedanken beeinflusst durch eine Auseinandersetzung mit dem Mesmerismus des Phineas Parkhurst Quimby und die Beobachtung der Homöopathie, der Auffassung, dass Krankheit mentalen Ursprungs sei. Eddys Auffassung unterschied sich allerdings deutlich von der Suggestionstherapie Quimbys durch ihre christliche Einstellung, die Gott im Zentrum sieht und nicht eine manipulative Kraft des Menschen. Eddy folgerte, dass der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis geistig vollkommen sein müsse und daher Sünde, Krankheit und Tod allein durch die Zuwendung zu dem göttlichen Ursprung wirklich überwunden (geheilt) werden könnten und müssten.

Den Begriff "Wissenschaft" legt Baker-Eddy für sich neu aus. Philosophisch steht Mary Baker Eddy in der idealistischen Tradition von Plato und Hegel.

Gottesdienst und Praxis

Die Kirche hat keine ordinierten Geistlichen; die Bibel, zusammen mit "Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift" bilden den Pastor der Christian Science Kirche.

Die Gottesdienste am Sonntag bestehen aus Zitaten dieser beiden Bücher, die von zwei Lesern vorgetragen werden. Es gibt keine Predigt. Die Anhänger studieren die Woche über die Lesungen des Sonntags. Auch auf den Mittwochabendversammlungen gibt es eine kurze Lesung aus beiden Büchern, während der andere Teil der Versammlung durch Beiträge und Zeugnisse von Heilungen eingenommen wird. Zweimal jährlich wird in den Zweigkirchen ein Sakramentsgottesdienst abgehalten, bei dem die Gemeinde kniend "die geistige Kommunion" feiert. Eine Taufe mit Wasser oder Abendmahl mit Wein und Brot findet nicht statt.

Christian Science Praktiker

Die Idee eines praktischen Christentums findet eine ihrer Formen auch in der Tätigkeit der Christian Science Praktiker, die anderen durch Gebet, im Sinne des Heilungsauftrages Jesu, helfen, Heilung zu finden.

Diese sich auf den Heilungsauftrag Jesu berufende meist vollzeitliche religiöse Ausübung findet normalerweise ihre Form in dem, was in der Christian Science Theologie Christian Science Behandlung genannt wird und eine systematisierte Form des Gebetes umfasst. Dazu gehört die Affirmation der geistigen Tatsachen des Seins, der Vollkommenheit Gottes und des Menschen, der in Christian Science und in Anlehnung an den ersten Schöpfungsbericht der Bibel, als Widerspiegelung der Gottheit verstanden wird.

Die ideelle Basis für diese Form der religiösen Praxis findet sich für den Christlichen Wissenschaftler in der Bibel und dem Christian Science Lehrbuch, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy.

Der Christian Science Praktiker ist kein Kirchenamtstitel und ist kein Geistlicher. Christian Science Praktiker sind aber in der Regel in dem offziellen Organ der Christian Science Mutterkirche, dem Christian Science Journal, sowie für Deutschland in dem Der Christian Science Herold, offiziell gelistet und bekunden damit ihre Verfügbarkeit für Hilfesuchende. Eine der Voraussetzungen für diese Eintragung ist der Abschluss eines Klassenunterricht genannten 12-tägigen Kursus bei einem Christian Science Lehrer.

Organisation

Die Verfassung der Kirche ist das Kirchenhandbuch von Mary Baker Eddy. Die Kirche wird von einem fünfköpfigen Vorstand geleitet, der Vorstand wählt die Nachfolger bei freiwerdenden Plätzen im Vorstand. Die Kirche wird von einem jährlich vom Vorstand gewählten Präsidenten der Mutterkirche nach außen vertreten, faktisch liegt aber alle Macht beim fünfköpfigen Vorstand.

Die Zweigkirchen regeln ihre Angelegenheiten unabhängig und demokratisch selbst. Sie kennen auch unterschiedliche Bedingungen für die Aufnahme von Mitgliedern in den einzelnen Zweigkirchen.

Die Mitgliedschaft kann man sowohl in einer Zweigkirche als auch in der Mutterkirche erwerben. Bestimmte Funktionen in den Zweigkirchen, wie das Leseramt, dürfen nur von Mitgliedern ausgeübt werden, die auch der Mutterkirche angehören. Um der Mutterkirche beizutreten, müssen sämtliche Verbindungen zu andern Konfessionen gelöst werden.

Geschichte

Die erste Gemeinde wurde 1879 in Boston, USA gegründet. 1881 ließ sich Mary Baker Eddy zur Pastorin ihrer Kirche ordinieren. 1892 entstand aus der zwischenzeitlich aufgelösten Gemeinde die Mutterkirche in Boston (The First Church of Christ, Scientist).

Datei:ChristianScienceChurch20040307.jpg
Erweiterungsgebäude Der Ersten Kirche Christi, Wissenschaftler in Boston

1895 wurde das Originalgebäude der Mutterkirche geweiht. 1906 wurde das Erweiterungsgebäude (siehe Bild rechts) eröffnet.

In Deutschland

  • 1896 Einführung der Christlichen Wissenschaft in Dresden und 1899 in Berlin
  • 1903 Der Herold der Christlichen Wissenschaft (heute Der Christian Science Herold) erscheint, die erste nicht-englische Christian Science Zeitschrift überhaupt
  • 1912 gab es in Deutschland anerkannte Kirchen in Berlin, Dresden-Neustadt, Frankfurt/Main, Hannover und Stuttgart
  • 1937 begann das nationalsozialistische Regime die freie Betätigung der Christlichen Wissenschaft zu behindern. Seit Ende Mai strenge Durchführung dieses Verbotes durch die Gestapo mit teilweise gerichtlichen Strafverfahren, Verhören und schließlich Verbot. Zahlreiche Mitglieder und Ausüber der Christlichen Wissenschaft werden verhaftet und auch in Konzentrationslager verschleppt.
  • Nach dem Krieg reger kirchlicher Wiederaufbau
  • 1951 wurde die Christliche Wissenschaft in der damaligen sowjetischen Besatzungszone verboten
  • 1989 (am 3. November), sechs Tage vor dem Fall der Mauer, wurde die Christliche Wissenschaft von der DDR-Regierung wieder zugelassen
  • 2003 Berlin ist Veranstaltungsort der Jahresversammlung der Mutterkirche (die normalerweise jährlich im Juni in Boston, USA, abgehalten wird).

In zahlreichen Bundesländern hat die Christian Science den Status der Körperschaft des Öffentlichen Rechts.

Heutige Situation

Nach anfangs starken Zuwächsen kämpfte die Bewegung seit ca. 1955 mit stetigem Mitgliederschwund. Mit der Eröffnung der "Mary Baker Eddy Library for the Betterment of Humanity" hat die Kirche ihre Archive der Öffentlichkeit geöffnet, sowie mit anderen Aktivitäten versucht, Bedeutung zurückzuerlangen. Neue Kirchen entstehen vor allem in Schwarzafrika und im Jahr 2004 öffnete die erste Christian Science Gemeinde in der Ukraine ihre Pforten.

Publikationen

Publikationen sind die nichtreligiöse, in den USA auch außerhalb der Kirche verbreitete Tageszeitung The Christian Science Monitor und die religiösen Publikationen Der Christian Science Herold, The Christian Science Journal, The Christian Science Sentinel, Vierteljahresheft (Bibellektionsheft).

Der Christian Science Herold

Der Christian Science Herold (frühere Bezeichnung: Der Herold der Christlichen Wissenschaft) erscheint seit 1903 und ist die erste nicht-englischsprachige Christian Science Abonnements-Zeitschrift überhaupt. Er soll entsprechend der Vorstellung von Mary Baker Eddy seinen Lesern praktische Beispiele für die Verfügbarkeit und Anwendbarkeit der Gesetze Gottes bringen und enthält Artikel und Heilungsberichte, sowie ein Verzeichnis von Christian Science Kirchen, Christian Science Praktikern und andere Informationen. Neben dem deutschsprachigen Christian Science Herold (monatlich), werden von der herausgebenden Christian Science Verlagsgesellschaft 12 weitere Sprachen mit Zeitschriften versorgt, außerdem wird ein Radioprogramm in fünf Sprachen produziert.

Ökumene und Dialog

Christian Science ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen und Religionsgesellschaften (AKR) in Berlin sowie in Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein–Westfalen und damit am interreligiösen Dialog beteiligt. Ebenso gibt es Gespräche auf persönlicher Ebene.

Kontroversen

Da viele Christian Science Eltern auch im Fall von ernster Krankheit ihrer Kinder auf ärztliche Hilfe verzichten, ist es schon zu Todesfällen gekommen. (Quelle: The Humanist, November/December 2000)

Christian Science definiert Ausdrücke wie Sünde, Christus, Schöpfer, oder Geist anders, als sie in traditionellen christlichen Kirchen definiert werden, was zu Missverständnisssen Anlass geben kann. Mary Baker-Eddys Interpretation der Bibel wird von traditionellen christlichen Kirchen abgelehnt.

Literatur

  • John DeWitt: The Christian Science Way of Life. Christian Science Publishing Society, Boston 1974, ISBN 0875100686 (Dtsch. Die Lebenseinstellung des Christlichen Wissenschafters)