Société d’Étudiants de Belles-Lettres


Die Société d’Étudiants suisse de Belles-Lettres ist die älteste Studentenverbindung der Schweiz. Die farbentragende Studentenverbindung besteht an mehreren Universitätstädten der Schweiz und wurde 1806 in Lausanne gegründet. Die Mitglieder werden als „Bellettriens“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den deutschen Studentverbindungen, ist Belles-Lettres nicht an einem einzigen Studienort ansässig, sondern stellt vielmehr eine Gesamtschweizerische Studentverbindung dar, die in sogenannte „sections“ (Sektionen) an mehreren Studienorten der Schweiz aufgeteilt ist. Namentlich sind die Sektionen in Genf, Lausanne und Neuchâtel hervorzuheben. Die beiden letzteren bestehen noch heute.
Die Verbindung steht in den studentischen Traditionen der schweizerischen als auch der deutschen Studentenverbindungen, hat allerdings eine starke romanische Ausprägung. Darüber hinaus gibt es im Gegensatz zu anderen Verbindungen keine Unterscheidung zwischen Burschen und Füchsen. Die Sektion Lausanne zählt anders als die Sektion Neuchâtel heute auch Studentinnen zu ihren Mitgliedern.
Eine weitere Besonderheit der Verbindung ist die Aufführung von Theaterstücken, den sogenannten „théâtrales“, die dort eine lange Tradition haben und auf die großen Wert gelegt wird. Die Mitglieder der Belles-Lettres de Lausanne führen ihre „théâtrales“ regelmäßig in ihrem eigenen Theater, dem Théâtre de Belles-Lettres, auch bekannt unter dem Namen Théâtre du Lapin-Vert, nahe der alten Académie de Lausanne oberhalb des Palais de Rumine auf.
Das Lokal der Belles-Lettres de Neuchâtel, befindet sich in der Rue St-Honoré 3 nahe des Hafens der Stadt am Lac de Neuchâtel.
Die Studentenverbindung Belles-Lettres ist darüber hinaus im französischsprachigen Gebiet für die Veröffentlichung der literarischen Zeitschrift „Revue de Belles-Lettres“ (RBL) bekannt, welche Poesie aus der Romandie, aus Frankreich und aus anderen Ländern enthält. Die Verbindung ist französischsprachig und legt Wert auf die Kultur der Romandie. Zu den Veranstaltungen wird kein Bier sondern ausschließlich Wein aus der Region Lavaux im Kanton Waadt und des Lac de Neuchâtel gereicht.
Wappen und Farben
Die Farben der Belles-Lettres sind grün, rot, grün. Die Mützenfarbe ist grün. Das Wappen stellt von links nach rechts schrägliegend die genannten Farben dar und zeigt in der Mitte den Zirkel der Verbindung, welcher den Buchstaben „B“ darstellt. Die Farben gehen vermutlich auf die Farben der ersten Helvetischen Republik (1798–1803) zurück, sollen aber auch eine Anlehnung an die französchen akademischen Farben und die Farben der Poeten darstellen. Der Wahlspruch lautet: „Union, Étude et Persévérance“ (Einheit, Studium und Ausdauer).
Geschichte

Die erste Société académique de Belles-Lettres wurde 1806 von einigen Gymnasiasten in Lausanne gegründet, die später Studenten der Geisteswissenschaften an der Université de Lausanne waren und die Verbindung als Studentverbindung forführten. Damit ist sie die älteste Studentenverbindung in der Schweiz. Zu den Gründern gehörte auch der damalige Student und spätere Schriftsteller Charles Monnard (1790–1865). Zunächst war die Belles-Lettres Lausanne ein reiner Literaturzirkel, deren Mitglieder sich aber zunehmend an politischen Debatten beteiligten.
1924 entstand in Genf die Société de littérature, welche später in Société académique de Belles-Lettres umbenannt worden ist. In Neuchâtel wurde aus der 1832 ins Leben gerufenen Société des étudiants neuchâtelois 1839 die Société littéraire des étudiants neuchâtelois und durch Umbenennung am 5. Spetember 1848 die Société académique de Belles-Lettres. Diese drei literararischen Gesellschaften hatten die gleichen Farben und Zirkel und standen miteinander in regelmäßigem Kontakt, bewahrten sich jedoch ihre Eigenständigkeit.
Eine weitere Sektionen der Belles-Lettres entstand 1899 in Fribourg und 1920 wurde von welschschweizerischen Studenten eine Sektion an der Eidgenössischen Technische Hochschule Zürich (ETH) gegründet.
Die Mitgliedschaft in der Belles-Lettres besteht auf Lebenszeit und darüber hinaus. Bis 1900 zählte sie bereits insgesamt 1528 die sich ihr seit ihrem Bestehen angeschlossen hatten. Bis 2010 hatten sich 2660 „Bellettriens“ in das „Livre d’Or“ (goldenes Buch), dem Mitgliederverzeichnis der Belles-Lettres eingetragen.
1933 erregte die Aufführung der Belles-Lettres in Lausanne von einer dramatisierten Fassung des Theaterstücks „Les Caves du Vatican“ („Die Verliese des Vatikans“) des eng mit ihr befreundeten Schriftstellers und Nobelpreisträgers für Literatur André Gide Aufsehen. Die damaligen Westschweizer Kritiker - Pierre Beausire, Alfred Wild, Daniel Simond - waren tief beeindruckt von Gides Werk, für das sie leidenschaftlich eintraten.
Bekannte Mitglieder
- Charles Monnard (1790-1865), Schweizer Historiker, Politiker, Schriftsteller und Hochschullehrer. Mitbegründer der Belles-Lettres
- Gustave Jaccard (1809-1881), liberaler Abgeordneter im Waadtländer Großrat, Mitglied des Verfassungsrats, Abgeordneter des Ständerats
- Auguste Rogivue (1812-1869), Professor und Rektor der Université de Lausanne, radikaler Waadtländer Großrat, Stadtrat in Lausanne und Abgeordneter im Ständerat
- Frédéric Monneron (1813-1837), französischsprachiger schweizer Dichter, außerdem Mitglied der Zofingia
- Louis Bonjour (1823-1875), Abgeordneter im Waadtländer Großrat, Abgeordneter im Ständerat (FDP), Freimaurer
- Henri Edouard Dubied (1823-1878), Erfinder und Industrieller
- Victor Ruffy (1823-1869), Richter und Präsident des Waadtländer Kantonsgericht, Waadtländer Abgeordneter und Präsident des Nationalrats, Abgeordneter im Waadtländer Großrat, Richter und Präsident des Bundesgerichts, später außerdem Mitglied der Zofingia und der Helvetia
- Louis Ruchonnet (1834-1893), Abgeordneter des Großrats des Kantons Waadt und des Nationalrats, Mitglied des Bundesrats, außerdem Mitglied der Helvetia, Freimaurer
- Paul André (1837-1896), Professor an der Université de Lausanne, freisinniger Abgeordneter im Großrat des Kantons Waadt, Mitglied im Gemeinderat von Lausanne und Nationalrat, später außerdem Mitglied der Zofingia Lausanne und Ehrenmitglied der Helvetia
- Charles Boiceau (1841-1907), Rechtsberater der britischen Gesandtschaft in der Schweiz, liberales Mitglied des Lausanner Stadtparlaments, Abgeordneter im Waadtländer Großrat, Abgeordneter des Nationalrats, Oberst der Kavallerie, später außerdem Mitglied des Corps Hansea Bonn
- Henri Édouard Naville (1844-1926), Schweizer Ägyptologe
- Adrien Lachenal (1849-1918), Schweizer Rechtsanwalt und Politiker (FDP). Abgeordneter des Parlaments des Kantons Genf, Abgeordneter des Ständerats, Nationalrat und zweimaliger Nationalratspräsident, Abgeordneter und Präsident des Bundesrats, Freimaurer
- Berthold van Muyden (1852-1912), liberaler Gemeinderat (Legislative) in Lausanne, danach Stadtrat, Historiker der Stadtgeschichte Lausannes
- Philippe Monnier (1864-1911), welschschweizerischer Journalist und Schriftsteller
- Arthur Freymond (1879-1970), Mitglied im Gemeinderat und im Stadtrat der Stadt Lausanne, Stadtpräsident Lausannes, Abgeordneter im Großrat des Kantons Waadt (FDP)
- Maurice Paschoud (1882-1955), Schweizer Politiker (FDP), Professor und Rektor an der Université de Lausanne
- Georges Rigassi (1885-1967), schweizer Journalist
- Henry-Louis Mermod (1891-1962), Mäzen, Bücherfreund und Verleger
- Léon Savary (1895-1968) Schweizer Schriftsteller und Journalist
- Frédéric Fauquex (1898-1976), Gemeindepräsident von Riex, liberaler Waadtländer Abgeordneter im Nationalrat, Abgeordneter und Präsident des Ständerats, Präsident der Liberalen Partei (LPS) des Kantons Waadt
- Pierre Béguin (1903–1978), schweizer Journalist
- Georges Jaccottet (1909-2001), Journalist, Mitglied des Gemeinderats (Legislative) Stadtrat (Exekutive) von Lausanne (LPS), Abgeordneter im Waadtländer Großrat und im Nationalrat
- Jean-Georges Lossier (1911-2004), schweizer Schriftsteller, Literaturkritiker und Soziologe
- Henri Monfrini (1913-1977), Botschafter der Schweiz an der Elfenbeinküste, in Obervolta (heute Burkina Faso), Dahomey (heute Benin), Niger, Belgien, Luxemburg, Italien und Malta
- André Chavanne (1916-1990), schweizer Schriftsteller und Politiker
- Jean-Claude Piguet, (1924-2000), Professor für Philosophie an der Université de Lausanne
- Franck Jotterand (1923-2000), französischsprachiger Schweizer Journalist und Schriftsteller
- François Jeanneret (* 1932), liberaler Abgeordneter im Neuenburger Großrat und des Nationalrats, Präsident der Liberalen Partei der Schweiz (LPS)
Literatur
- Historisches Lexikon der Schweiz, Band 2: Basel (Kanton) - Bümpliz. Schwabe AG, Basel 2003, ISBN 978-3-7965-1902-4.
- Deux siècles en rouge et vert, Lausanne: Éditions du Revenandray, 2006
- Olivier Meuwly: Histoire des sociétés d'etudiants à Lausanne. Université de Lausanne, Lausanne 1987.
- Belles-Lettres (Genève), Livre d'or, 2 vol., 1939-1950 (Biographisches Mitgliederverzeichnis)
- Belles-Lettres (Neuchâtel), Livre d'or, 1832-1960, 2 vol., 1962-1984 (Biographisches Mitgliederverzeichnis)
- Belles-Lettres (Lausanne), Livre d'or du 175e anniversaire, 1806-1981, 1981 (Biographisches Mitgliederverzeichnis)
- Belles-Lettres (Lausanne), Livre d'or du 200e anniversaire, 1806-2006 (Biographisches Mitgliederverzeichnis)
Siehe auch
Weblinks
- Marie-Jeanne Ducommun Cernuschi: Belles-Lettres auf den Seiten des Historischen Lexikons der Schweiz
- Offizielle Webseite der Belles-Lettres - Lausanne (französisch)
- Offizielle Webseite der Belles-Lettres - Neuchâtel (französisch)
- Belles-Lettres - Neuchâtel auf den Seiten von Tradition mit Zukunft
- Belles-Lettres - Lausanne auf den Seiten der Kantons- und Universitätsbibliothek Lausanne (französisch)
- Belles-Lettres - Lausanne auf den Seiten der Université de Lausanne (französisch)
- Roger Francillon: Revue de Belles-Lettres auf den Seiten des Historischen Lexikons der Schweiz
- Offizielle Webseite der Revue de Belles-Lettres (französisch)