Fusion (Wirtschaft)
Eine Fusion ist ein Zusammenschluss von bislang selbständigen Unternehmen und zwar in der Weise, dass ein oder mehrere Unternehmen die Kontrolle über ein oder mehrere andere Unternehmen erwerben.
Die Kontrolle über ein anderes Unternehmen erlangt der Erwerber vor allem dadurch, dass er das Eigentum an den Immobilien, Betriebsmitteln, Rechten und sonstigen Vermögenswerten der Zielgesellschaft erwirbt (üblicherweise als "Vermögenserwerb" oder "asset deal" bezeichnet), oder dadurch, dass er Geschäftsanteile der Zielgesellschaft in einem Umfang erwirbt, die ihm die Kontrolle der Gesellschaft ermöglicht, (auch "Anteilserwerb" oder "share deal" genannt) oder auch dadurch, dass ihm Kontroll- und Mitentscheidungsrechte eingeräumt oder schlicht personelle Verflechtungen hergestellt werden. Dass der Kontrollerwerb auf beiden Seiten freiwillig vonstatten geht, ist nicht notwendig. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist auch, zu welchem Zweck die Kontrolle erworben wird.
Wettbewerbsrecht
Fusionen oder Zusammenschlüsse - so der rechtliche Terminus - unterliegen in den meisten Staaten einer (meist präventiven) staatlichen Zusammenschlusskontrolle, sofern der Zusammenschluss eine bestimmte Mindestbedeutung erreicht. Diese Mindestbedeutung wird in den gesetzlichen Bestimmungen über die Zusammenschlusskontrolle in der Regel durch Mindestanforderungen in Bezug auf Umsatz oder Marktanteil der beteiligten Unternehmen definiert. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft tritt an die Stelle der nationalstaatlichen Zusammenschlusskontrolle unter bestimmten Voraussetzungen die europäische Zusammenschlusskontrolle.
Zusammenschlusskontrolle in Deutschland
Die Zusammenschlusskontrolle in Deutschland richtet sich nach §§ 35 ff des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Danach muss
- der Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens (einschliesslich Verschmelzungen),
- der Erwerb der Kontrolle über ein anderes Unternehmen,
- der Erwerb von mindestens 25% an einem anderen Unternehmen (einschliesslich der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens) sowie
- der Erwerb sonstigen wettbewerblich erheblichen Einflusses auf ein anderes Unternehmen
dem Bundeskartellamt förmlich angemeldet werden, wenn
- die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro erzielt haben und außerdem
- mindestens eines der beteiligten Unternehmen innerhalb Deutschlands Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro erzielt hat.
Von der Anmeldepflicht sind solche Zusammenschlüsse ausgenommen, bei denen auf der einen Seite ein mittelständisches Unternehmen (im Sinne eines selbständigen Unternehmens, das weltweit nicht mehr als 10 Millionen Euro Umsatz erzielt) beteiligt ist, sowie Zusammenschlüsse, die einen Bagatellmarkt betreffen (d.h. einen Markt, der bereits seit mindestens fünf Jahren besteht, auf dem aber im Jahr nicht mehr als 15 Millionen Euro umgesetzt werden). Die Tatsache dagegen, dass eines oder mehrere der beteiligten Unternehmen ihren Sitz im Ausland haben, macht eine deutsche Fusionskontrolle nicht ohne weiteres überflüssig.
Solange ein Zusammenschluss vom Bundeskartellamt nicht freigegeben worden ist, dürfen die beteiligten Unternehmen den Zusammenschluss nicht vollziehen. Es dürfen mit anderen Worten grundsätzlich weder Geschäftsanteile erworben noch Betriebsgrundstücke, Mobiliar, Patente oder sonstige Vermögenswerte übertragen werden. Vollziehen die Unternehmen den Zusammenschluss dennoch, so sind die Vereinbarungen, die den Zusammenschluss ausmachen, unwirksam. Außerdem kann das Bundeskartellamt empfindliche Bußgelder verhängen und die Trennung des Zusammenschlusses anordnen.
Das Bundeskartellamt untersagt einen Zusammenschluss, wenn durch den Zusammenschluss auf einem der Märkte, die der Zusammenschluss betrifft, eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Trotz marktbeherrschender Stellung wird ein Zusammenschluss ausnahmsweise dann nicht untersagt, wenn der Zusammenschluss auch zu Verbesserungen der Marktstrukturen führt (z.B. dadurch, dass ein insolvenzbedrohter Wettbewerber am Leben erhalten oder ein neuer Markt erschlossen wird) und diese Verbesserungen so bedeutend sind, dass sie die Nachteile, die mit der marktbeherrschenden Stellung verbunden sind, aufwiegen. Zur Feststellung der Untersagungsvoraussetzungen ist das Bundeskartellamt mit umfangreichen Ermittlungsbefugnissen ausgestattet.
Ist das Zusammenschlussvorhaben sachlich unproblematisch, so wird es in der Regel innerhalb von deutlich weniger als vier Wochen vom Bundeskartellamt freigegeben. Hält die Behörde das Vorhaben dagegen für problematisch, so eröffnet sie das Hauptprüfverfahren. Im Hauptprüfverfahren hat das Bundeskartellamt maximal vier Monate seit Eingang der Anmeldung Zeit, um über die Freigabe oder Untersagung des Vorhabens zu entscheiden.
Zur Zeit wird das GWB umfassend überarbeitet. Die 7. GWB-Novelle, die auch das Fusionskontrollrecht betreffen wird und vor allem durch die Modernisierung des EU-Wettbewerbsrechts veranlasst ist, wird im Laufe des Jahres 2004 in Kraft treten.
Europäische Zusammenschlusskontrolle
Auf europäischer Ebene ist die Zusammenschlusskontrolle durch die sogenannte Fusionskontrollverordnung (VO 4064/89/EWG) geregelt. Der europäischen Zusammenschlusskontrolle durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Generaldirektion Wettbewerb) unterliegen Zusammenschlüsse dann, wenn
- die beteiligten Unternehmen weltweit einen Umsatz von zusammen mehr als 5 Mrd. Euro und
- mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen gemeinschaftsweiten Umsatz von mehr als 250 Millionen Euro erzielt haben.
Werden diese Umsatzschwellen nicht erreicht, so findet die europäische Zusammenschlusskontrolle dennoch statt, wenn der weltweite Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen mehr als 2,5 Mrd. Euro beträgt und weitere, in der Verordnung im einzelnen benannte Umsatzschwellen erreicht sind.
Wie für die deutsche Fusionskontrolle so gilt auch für die europäische Kontrolle, dass der Zusammenschluss nicht vollzogen worden werden darf, solange er von der Kommission nicht freigegeben worden ist. Die Freigabe wird auch nach europäischem Recht nicht erteilt, wenn durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Für einen Zusammenschluss, der der europäischen Fusionskontrolle unterliegt, findet eine mitgliedstaatliche Fusionskontrolle grundsätzlich nicht mehr statt.
Das europäische Wettbewerbsrecht - einschließlich der Zusammenschlusskontrolle - wird im Hinblick auf die bevorstehende Osterweiterung der Gemeinschaft derzeit umfassend modernisiert. Im Zuge dieser Modernisierung wird die bislang geltende Fusionskontrollverordnung mit Wirkung vom 1. Mai 2004 durch die Verordnung 139/2004/EG ersetzt, die vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht grundlegende Neuerungen mit sich bringt.
Wichtige Fusionen der letzten Jahre
Autokonzerne
- 1998: Daimler-Benz und Chrysler zu DaimlerChrysler
Pharmafirmen
- Sandoz und Ciba zu Novartis
- Glaxo und Wellcome zu Glaxo/Wellcome
- Dezember 1999: Rhône-Poulenc SA und Hoechst AG zu Aventis
Versandhäuser
- Karstadt und Quelle zur Karstadt Quelle AG
Energieversorger
Stahlerzeuger/Maschinenbauer
- Krupp und Hoesch zu Krupp
- Thyssen und Krupp zu ThyssenKrupp AG
- 1998 - Preussag AG schluckt TUI und Hapag-Lloyd und wird zur TUI AG
Banken
- Die Bayerische Hypotheken und Wechselbank und die Bayerische Vereinsbank zur Hypovereinsbank
- 1998, Die Schweizerische Bankgesellschaft und der Schweizerische Bankverein zur UBS AG