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Einkommensteuer (Deutschland)

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Die Einkommensteuer ist eine Steuer, die auf das Einkommen natürlicher Personen erhoben wird. Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen. Die Rechtsgrundlage befindet sich im Einkommensteuergesetz (Abkürzung: EStG).

Erhebungsformen der Einkommensteuer sind die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer, der Zinsabschlag, die Bauabzugsteuer, die Aufsichtsratsteuer. Sie werden auch als "Quellensteuern" bezeichnet, da sie direkt an der Quelle abgezogen werden.

Eine Sonderform - die es in Deutschland nicht gibt - ist die negative Einkommensteuer. Dabei werden bei mittlerem oder hohem Verdienst normal Steuern gezahlt, bei keinem oder nur sehr geringem Einkommen erhält der Bürger Geld vom Staat. Somit ist die negative Einkommensteuer keine Steuer im engeren Sinn des Wortes, sondern eine Sozialleistung beziehungsweise ein Kombilohn.

Einkommensteuer in Deutschland

Geschichte

Die kirchlichen Personalzehnten (decimae personales) des Mittelalters waren erste Ansätze zur Personalbesteuerung. Im 17. Jahrhundert kam der preußische Kopfschoß. Die erste deutsche Einkommensteuer moderner Art wurde 1811 bis 1813 in Ostpreußen erhoben. Sie war schon 1808 von Freiherr vom Stein in Anlehnung an die englische income tax von 1799 ursprünglich als Kriegsabgabe empfohlen worden. 1820 führte Preußen unter Karl August Fürst von Hardenberg eine Klassensteuer ein. Die Steuerstaffelung orientierte sich dabei nach der Gruppierung der Stände. Diese Steuer wurde 1851 für die höheren Einkommen von einer klassifizierten Einkommensteuer abgelöst und 1891 unter Finanzminister Miquel durch eine Einheits-Einkommensteuer mit Erklärungspflicht und Progression ersetzt. Diesem Vorbild folgten bis zum Ersten Weltkrieg alle deutschen Bundesstaaten, nachdem Hessen bereits im Jahr 1869 und Sachsen schon 1874 zu einer allgemeinen Einkommensteuer übergegangen waren. Im Zuge der Finanzreform von Matthias Erzberger zu Beginn der Weimarer Republik entstand 1920 eine einheitliche Reichseinkommensteuer.

Aktuelle Rechtslage

Das zu versteuernde Einkommen wird wie folgt ermittelt:

Ermittlung der Einkünfte für das Jahr 2005 aus den Einkunftsarten (§ 2 I EStG)
1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft	 [§13 EStG]
2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb              [§15 EStG]
3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit        [§18 EStG]	
4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit   [§19 EStG]
5. Einkünfte aus Kapitalvermögen             [§20 EStG]
6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung  [§21 EStG]	
7. Sonstige Einkünfte                        [§22 EStG]
= Zwischensumme
+ Hinzurechnungsbetrag
./. ausgleichsfähige negative Summe der Einkünfte
= Zwischensumme 	 

= Summe der Einkünfte

./.  Altersentlastungsbetrag für vor dem 2. Januar 1941 Geborene (§ 24a EStG)
./.  Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, 1.308 €	
./.  Freibetrag für Land- und Forstwirte, 670 € / 1.340 €

= Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE)

./.  Verlustabzug (Höchstbetrag beachten!)
./.  Sonderausgaben, die nicht Vorsorgeaufwendungen sind
./.  Vorsorgeaufwendungen, einschließl. Altersvorsorge
./.  Freiwillige zusätzliche Altersvorsorge
./.  Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art
./.  zumutbare Belastung von ...... % des GdE	./.
./.  Unterhalt an bedürftige Personen
./.  Ausbildungsfreibetrag
./.  Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt
./.  Behindertenpauschbetrag
./.  Hinterbliebenen-Pauschbetrag
./.  Pflege-Pauschbetrag
./.  Kinderbetreuungskosten
./.  Abzugsbetrag für Förderung des Wohneigentums
+ hinzuzurechnende Einkünfte nach Außensteuergesetz

= Einkommen

./.  Freibeträge für ..... Kinder, je Kind 3.648 + 2.160 €
./.  Härteausgleich

= Zu versteuerndes Einkommen 2005

Jahressteuer nach Grund-/Splittingtabelle
+ Jahressteuer nach Sonderberechnung
./.  Steuerermäßigungen
+   Hinzurechnungen

= Festzusetzende Jahressteuer 2005

./.  geleistete Vorauszahlungen
./.  anzurechnende Kapitalertragsteuer
./.  anzurechnende Lohnsteuer

= Einkommensteuernachzahlung/-erstattung für 2005

Einkommensteuertarif

Einkommensteuer-Veranlagung

Der breiten Öffentlichkeit bleibt das Prinzip des Einkommensteuertarifs oft verborgen. Dies führt häufig zu Missverständnissen. So wird der Spitzensteuersatz leicht so interpretiert, dass das gesamte Einkommen mit diesem Spitzensteuersatz versteuert würde.

Der Einkommensteuertarif ist in seinem wesentlichen Bereich – bezogen auf das zu versteuernde Einkommen – gleichmäßig ansteigend. Diese Zonen des Tarifs werden als linear-progressiv bezeichnet.

Das zu versteuernde Einkommen eines jeden Einkommensteuerpflichtigen wird in vier verschiedene Stufen gegliedert (Stand: 2005).

  • 1. Stufe: Freistellung des Einkommens von der Einkommensteuer bis zu 7.664 Euro pro Jahr (sog. Grundfreibetrag). Den Grundfreibetrag erhält also jeder Bürger, auch bei hohem Einkommen!
  • 2. Stufe:
    • 7.665 bis 12.739 Euro.
      • Steuersatz für die 2. Stufe: 15% bis 23,97%
  • 3. Stufe
    • 12.740 bis 52.151 Euro.
      • Steuersatz für die 3. Stufe: 23,97% bis 42%
  • 4. Stufe
    • Höchststeuersatz für die 4. Stufe. (42% mit Abzugsbetrag von 7.914 Euro.)


Ein Einkommensteuerpflichtiger mit einem zu versteuernden Einkommen von über 52.151 Euro zahlt also nur auf jenen Betrag 42% Einkommensteuer, der die 52.151 Euro-Grenze überschreitet. So zahlt ein Alleinstehender mit einem zu versteuernden Einkommen von 52.000 Euro eine Einkommensteuer von 13.928 Euro, das heißt 26,7%. Ein Alleinstehender mit einem zu versteuernden Einkommen von 104.000 Euro zahlt 35.767 Euro Einkommensteuer, das heißt 34,4%. Einen Steuersatz von 40% erreicht man erst bei einem jährlich zu versteuernden Einkommen von 394.750 Euro. Fast 42%, nämlich 41,99% beträgt der Steuersatz erst bei einem jährlich zu versteuernden Einkommen von mehr als 52 Millionen Euro.

Zum Vergleich: in wirtschaftlich besseren Zeiten betrug der Spitzensteuersatz noch 56%. Im Vergleich zum Jahr 1998 zahlt ein Einkommensteurpflichtiger mit einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 Euro im Jahre 2005 etwa 4.000 Euro weniger, ein Steuerpflichtiger mit 100.000 Euro etwa 7.000 Euro weniger und jemand mit einem zu versteuernden Einkommen von 200.000 Euro etwa 18.000 Euro weniger.


Kassenmäßiges Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer 1991-2004 Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen
Jahr Veranlagte ESt in Mrd. € in % vom Gesamtsteueraufkommen
1991 21,2 6,3%
1995 7,2 1,7%
2000 12,2 2,6%
2001 8,8 2,0%
2002 7,5 1,7%
2003 4,6 1,0%
2004 5,4 1,2%

Kritik

Das deutsche Einkommensteuerrecht steht seit Jahren in der Kritik: zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen führen zu Intransparenz. Ein wichtiger Eckpunkt aller Einkommensteuerreform-Konzepte ist die Steuervereinfachung. Ausnahmen und Sonderregelungen sollen eingeschränkt und abgeschafft werden, um mit den dadurch freiwerdenden Mitteln die Steuersätze zu senken, was allerdings nicht ohne Weiteres bedeutet, dass die Einkommensteuer dadurch allgemein sinken muss.

Zitate

  • Am schwierigsten zu verstehen ist in der Welt die Einkommensteuer. (Albert Einstein)

Siehe auch

Negative Einkommensteuer, Schwarzarbeit, Leistungsfähigkeitsprinzip, Steuerhinterziehung