Zum Inhalt springen

Psychoanalyse

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. März 2004 um 13:03 Uhr durch Nerd (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Psychoanalyse ist zunächst ein Untersuchungsverfahren seelischer Vorgänge mit dem Ziel, die nicht bewußte Bedeutung von Worten, Handlungen und Vorstellungen zu ergründen. Psychoanalyse ist weiters Therapiemethode psychischer Störungen. Im Rahmen der Therapie, auch Psychoanalyse oder Analyse genannt, wird versucht, die Widerstände, Übertragungen oder geheimen Wünsche des Patienten durch Deutung offenzulegen, klarzumachen und damit aufzulösen. Schließlich ist die Psychoanalyse ein mehrschichtiges System von Theorien über Auswirkungen unbewusster psychischer Abläufe auf das Fühlen, Denken und Handeln von Menschen. Die Bausteine dieser Theorien stammen aus der Untersuchung seelischer Vorgänge und der Therapie psychischer Störungen. Gegenstand psychoanalytischer Untersuchungen sind daneben Phänomene der kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung.

Entstehung der Psychoanalyse

Mit dem 14 Jahre älteren Wiener Familienarzt Josef Breuer wandte Freud in seiner 1886 eröffneten nervenärztlichen Praxis neben Elektrotherapie auch Hypnose an. Das war für ihn eine Brücke zum Unbewussten, die Verdrängtes und Vergessenes als Ursache für spätere Störungen zugänglich machten sollte. Breuer ruft Freud 1892 zu einem Fall, der unter dem Pseudonym Anna O. in die Annalen der Psychoanalyse eingehen sollte, in dem eine Patientin, die bis dahin einen völlig geschlechtslosen Eindruck auf die beiden Ärzte gemacht hatte, alle Symptome einer hysterischen Geburt zeigte, worauf Breuer erschreckt, fluchtartig das Haus verlässt. Freud unter dem Eindruck dieser Behandlung: "So wurde ich dazu geführt, die Neurosen ganz allgemein als Störungen der Sexualfunktion zu erkennen und zwar die sogenannten Aktualneurosen als direkten toxischen Ausdruck, die Psychoneurosen als psychischen Ausdruck dieser Störungen." ... (Freud, S. [1930] 1982, Bd. 9, 220).

Entwicklung der Psychoanalyse aus der Hypnose: a) Hypnose mit Zielsuggestionen (mit hypnotischem Auftrag)(1887 [1950], Briefe an Fließ, Brief Nr. 2. In Aus den Anfängen der Psychoanalyse). b) Hypnose mit dem analytischen Ansatz: Das Wachrufen von Erinnerungen mit Katharsis (1889). c) Hypnose mit Einsicht durch Interpretation (1892). d) Freie Assoziation und Traumdeutung mit Einsicht durch Interpretation und Analyse von Übertragung und Widerstand (1912). (nach Frank & Frank, 1977, S. 63). Die Hypnose als Behandlungsform wurde aber aus folgenden Gründen nach und nach aufgegeben:

  • Nur ein Teil der Menschen ist hypnotisierbar.
  • Heilungserfolge waren begrenzt
  • Traumatisierende Erfahrungen, die unter Hypnose zugänglich waren, konnten von den Patienten außerhalb der Hypnose nicht wiederbelebt werden.

Nicht nur in der Behandlung, auch in der theoretischen Erklärung für psychische Erkrankungen vollzieht Freud nach der Frühphase der Psychoanalyse eine tiefgreifende Änderung. So hat er vor ca. 1897 die sogenannte Traumatheorie verfochten. In seiner Praxis kamen im Laufe der Behandlung eine große Anzahl von sexuellen Missbrauchsgeschichten zum Vorschein. Freud vertrat unter dem Eindruck der überaus zahlreichen Berichte von Patienten, die solche Erfahrungen gemacht hatten, eine Zeitlang die Theorie, dass die psychischen Erkrankungen hauptsächlich auf psychosexuellen Traumatisierungen zurückzuführen seien. In allgemeiner Form nennt man die Erklärung für psychische Erkrankungen aus sogenannten Traumatisierungen ? nicht nur sexueller Art ? die Traumatheorie.

Vielfach werden heute zwei Formen von schädigenden Erfahrungen in der Kindheit angenommen: 1. Traumatischen Erfahrungen, dass heißt einzelne oder wiederholt vorkommende Erfahrungen und Erlebnisse, die durch Inhalt und Schwere für das Kind nicht verarbeitbar sind (z.B. die Erfahrungen schwerer körperlicher Misshandlungen). Das führt zu den sogenannten Traumata-Neurosen. 2. Die eher schleichenden Dauerschädigungen durch das Milieu (z.B. Familien in denen über Gefühle nicht geredet wird, Familien in schwierigen sozialen Verhältnissen, Armut usw.) führen zu sogenannten Milieuneurosen.

Um im puritanischen Wien der Jahrhundertwende nicht zu sehr ins Abseits gedrängt zu werden, um die Psychoanalyse berufspolitisch nicht noch mehr zu isolieren und wohl auch aus persönlichen Gründen (Freud ging eine Zeitlang davon aus von seinem Vater sexuell ?stimuliert' worden zu sein, eine Ansicht die er später wieder aufgab, wohl weil sie für ihn alleine nicht verarbeitbar war) wandte er sich von dieser Auffassung ab (von Einzelfällen abgesehen) und sah mehr die Triebkonflikte in der individuellen psychosexuellen Reifung als krankheitsverursachend. Dies ist die Basis der sogenannten Triebtheorie. Die Triebentwicklung (Libido-Entwicklung) verläuft in drei Schritten: Libido meint bei Freud keine wie bei Jung allgemeine, biologische Lebensenergie, sondern eine psychische Energie des Sexualtriebes.

  • 0 - 1 Jahre Orale Phase;
  • 1 - 3 Jahre Anale Phase;
  • 3 - 6 Jahre infantil-genitale (ödipale, phallische) Phase.

Diese drei Phasen bezeichnen gleichzeitig drei Zentren der Triebentwicklung, der frühkindlichen Aufmerksamkeit und der frühkindlichen Sexualität. Die ersten beiden verschwinden nacheinander, bzw. gehen teilweise in die erwachsene Sexualität ein. Es war eins der großen Verdienste Freuds, zu erkennen, dass der Mensch von Geburt an ein sexuelles Wesen ist.

In der Triebtheorie kommt es zu entwicklungsbedingtem Verhalten und Ansprüchen, die auch unter gesunden Verhältnissen an bestimmten Punkten mit der Realität in Konflikt geraten und weitere Entwicklung bzw. Verzicht einleiten. So beobachtet man z.B. häufiger, dass in der ödipalen Phase Söhne zu ihren Müttern sagen: ?Wenn ich groß bin heirate ich dich?, selbst wenn der Vater daneben steht. Der Vater als Rivale wird anfangs geleugnet, später gefürchtet. Durch die wachsenden Fähigkeiten die Realität korrekt einzuschätzen und durch die Präsenz des Vaters kommt es dann zum Verzicht auf diese Wünsche. (Dasselbe gilt in umgekehrter Weise natürlich auch für Töchter in Bezug auf ihren Vater.) Unter pathologischen Bedingungen z.B. durch einen überaggressiven Vater oder eine latent inzestuöse Mutter kann hier aber auch der Ausgangspunkt einer späteren Störungen mehr oder minder schwerer Art gelegt werden. Es gibt eine Vielzahl möglicher krankmachender Konstellationen und Bedingungen in der Familiensituation und eine genauso große Zahl von Folgen auf die Entwicklung des Kindes.

Die Triebtheorie birgt leider die Gefahr aus dem Kind als Opfer, das Kind als Täter zu machen. Auch wenn natürlich Kinder verführende Verhaltenszüge in bestimmten Phasen haben, so gehört das zur gesunden Entwicklung und es ist Sache der Eltern damit verantwortungsvoll umzugehen und diese Verhaltenszüge nicht für eigene ungestillte Bedürfnisse zu missbrauchen. Dabei kann möglicher Missbrauch oft sehr unterschwellig ablaufen, ohne dass es zu sexuellen Kontakten im direkten Sinne kommt, sehr oft reichen auch von den Eltern erotisch angereicherte Phantasien bzgl. ihrer Kinder, die atmosphärisch in die Eltern-Kind-Interaktion eingehen, um die Kinder schwer in ihrer Entwicklung zu schädigen. Generell kommt es in stark triebtheoretisch ausgerichteten Analysen eher vor, dass das was Patienten in ihrer Kindheit an schlimmen Erfahrungen, Traumatisierungen, alltäglichen Belastungen erlitten haben, zu kurz kommt, gegenüber triebtheoretischen begründeten Konflikten. Wobei der Triebtheorie das Verdienst zukommt, in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen typische und häufig auftretende Konfliktmuster erstmals systematisch erfassbar gemacht zu haben. Man kann diese Theorie auch nutzen um die Auswirkungen von Traumata auf die psychosexuelle Entwicklung besser zu verstehen. Dabei kann man trotzdem das Kind im Patienten als Opfer einer familiären Entgleisung ansehen, dessen Anwalt der Analytiker in der Behandlung sein sollte. Damit kommen wir zum nächsten Punkt.

Psychoanalytische Entwicklungspsychologie - Die Phasenlehre

1 bis 9 Monate: Oral-Inkorporative Phase; 6 bis 12 Monate: Oral- Sadistische Phase; 9 bis 15 Monate: Anal-Sadistische Phase; 12 bis 18 Monate: Anal-Retentive Phase; 17 bis 60 Monate: Phallische (genitale oder ödipale) Phase.

Der Ausgang der oralen Phase prägt die Lebenseinstellung mit, konkret: optimistische-pessimistische Lebenseinstellung, Geselligkeit. Heutzutage wird nicht mehr schematisch die Dauer der Stillzeit als determinierender Faktor angesehen, sondern das ausreichende Maß an Zuwendung, das affektive Klima zwischen Mutter und Kind und der Grad an Nähe und Intimität der zustande kommt, auch die Behutsamkeit des Abstillens spielt eine wichtige Rolle. Der Ausgang der analen Phase ist entscheidend für die Dimension Spontaneität-Impulsivität. So kann eine überrigide, verfrühte Sauberkeitserziehung zur Ausbildung der von Freud so beschrieben analen Triade beitragen: Geiz, Ordnungsliebe und Eigensinn. Orale Phase: Optimismus - Depression/Misstrauen; Anale Phase: Autonomie - Scham/Zwang; Spontaneität - Zwanghaftigkeit; Genitale Phase: Initiative - Kastrations-Angst/Schuld/Psychosexuelle Unsicherheit.

Zu Beginn seines Lebens sei das Kind nach Freud "polymorph-pervers", was nicht abwertend, sondern so gemeint ist, dass die sexuellen Triebkräfte noch völlig unorganisiert und nicht in einer stabilen Geschlechtsidentität integriert sind. Die Libidotheorie postuliert verschiedene Partialtriebe (orale, anale und phallische), die mit der psychosexuellen Reifung allmählich unter das Primat des Genitalen integriert werden. .ns $n1$. Psychoanalytische Triebtheorien Freud revidierte seine Theorie der Triebe mehrfach. Erste Phase, 1905 - 1914: Dualistisches Modell: "Von besonderer Bedeutung für unseren Erklärungsversuch ist der unleugbare Gegensatz zwischen Trieben, welchen der Sexualität, der Gewinnung sexueller Lust dienen, und den anderen, welche die Selbsterhaltung des Individuums zum Ziele haben, den Ich-Trieben." (Freud, [1910], 1982, 209). Ich-Triebe oder Selbsterhaltungstriebe: Triebtypus, dessen Energie das Ich im Abwehrkonflikt verwendet. Die Ich-Triebe funktionieren nach dem Realitätsprinzip. Sexualtriebe (Libido) Die Energie der Sexualtriebe ist die Libido. Die Libido kann gemäß ihres Besetzungsobjektes in Ich-Libido und Objektlibido unterteilt werden. Zweite Phase, 1914 - 1915: Kein dualistisches Triebmodell, stattdessen nimmt Freud in dieser Phase einen libidinösen Trieb an, der in zwei Ausprägungen erscheint, in einer aggressiven und einer im weitesten Sinne sexuellen Form. Dritte Phase, ab 1920: Eros und Todestrieb. Trieb werden durch die Qualitäten "Quelle", "Objekt", "Ziel" und "Drang" beschrieben.

Der ?Trieb' bei Freud

"Unter einem ?Trieb' können wir zunächst nichts anderes verstehen als die psychische Repräsentanz einer kontinuierlich fließenden, innersomatischen Reizquelle, zum Unterschiede vom 'Reiz`, der durch vereinzelte und von außen kommende Erregungen hergestellt wird. Trieb ist so einer der Begriffe der Abgrenzung des Seelischen vom Körperlichen. (...)." (Freud, S. [1905] 1982, Bd. 5, 76). Freud beschreibt hier den Trieb als psychische Größe, jedoch ist sein Triebkonzept äußerst schwankend, uneinheitlich und von ständigen Umformulierungen gekennzeichnet. So steht auch das folgende Zitat im Widerspruch zu diesem, indem es den Trieb auf der somatischen Ebene ansiedelt: "Die ökonomische Betrachtung nimmt an, dass die psychischen Vertretungen der Triebe mit bestimmten Quantitäten Energie besetzt sind (...)." (Freud, S. [1926] 1960, Bd. 14, 302). Wilhelm Reich hat diese zweite Auffassung folgendermaßen umschrieben: "Es ist vollkommen logisch, dass der Trieb selbst nicht bewusst sein kann, denn er ist dasjenige was uns regiert und beherrscht. Wir sind sein Objekt. Denken wir an die Elektrizität. Wir wissen nicht, was und wie sie ist. Wir erkennen sie nur an ihren Äußerungen, am Licht und am elektrischen Schlag. Die elektrische Welle kann man wohl messen, doch auch sie ist nur eine Eigenschaft dessen, was wir Elektrizität nennen und eigentlich nicht kennen. So wie die Elektrizität messbar wird durch ihre Energieäußerungen, so sind die Triebe nur durch Affektäußerungen erkennbar." (Reich, W. 1972, 33). Aber auch schon die Frage, ob sich das Konstrukt Trieb überhaupt einer dieser Ebenen zuschreiben lässt, wird von Freud widersprüchlich behandelt. "Wir können dem 'Trieb` nicht ausweichen als einem Grenzbegriff zwischen psychologischer und biologischer Auffassung." (Freud, S. [1913] 1960, Bd. 8, 410). Diese Äußerung widerspricht den Vorangegangenen, indem hier ausgesagt wird, dass der Trieb, eben nicht der somatischen oder psychischen Ebene zugesprochen werden kann, sondern ein Grenzbegriff ist. Freud beschreibt die zentralen Qualitäten des Triebes wie folgt: "Die Quelle des Triebes ist ein erregender Vorgang in einem Organ und das nächste Ziel des Triebes liegt in der Aufhebung des Organreizes" (Freud, S. [1905] 1982, Bd. 5, 77). "Auf dem Wege von der Quelle zum Ziel wird der Trieb psychisch wirksam. Wir stellen ihn vor als einen gewissen Energiebetrag, der nach einer bestimmten Richtung drängt. (...) Das Ziel kann am eigenen Körper erreicht werden, in der Regel ist ein äußeres Objekt eingeschoben, an dem der Trieb sein äußeres Ziel erreicht; sein inneres bleibt jedes Mal die als Befriedigung empfundene Körperveränderung." (Freud, S. [1933] 1982, Bd. 1, 530).

Auslöser ist also ein interner Reiz der eine gewisse als unangenehm empfundene Triebspannung weckt. Diese Spannung weckt den Wunsch nach Verminderung derselben durch Befriedigung am Triebziel, meist dem Objekt. Für diese Aufgabe stellt der Trieb einen gewissen Energiebetrag zur Verfügung. Hierbei ist wichtig, dass der Mensch dem Triebreiz, als einem inneren Reiz, nicht wie meist einem äußeren Reiz ausweichen kann. Er kann deshalb der Triebspannung nicht entgehen, ohne den Trieb zu befriedigen, wenn er die Triebbefriedigung auch eine zeitlang aufschieben kann. Je länger der Aufschub, je größer wird die aversive Spannung und der Wunsch nach Triebbefriedigung. Die Qualität des Triebes wird durch sein Triebziel bestimmt. In die Haupttriebe dieser Modelle lassen sich alle anderen Triebe als Unter-Triebe integrieren. "Welche Triebe darf man aufstellen und wie viele? Dabei ist offenbar der Willkür ein weiter Spielraum gelassen. Man kann nichts dagegen einwenden, wenn jemand den Begriff eines Spieltriebes, Destruktionstriebes, Geselligkeitstriebes in Anwendung bringt, wo der Gegenstand es erfordert und die Beschränkung der psychologischen Analyse es zulässt. Man sollte aber die Frage nicht außer acht lassen, ob diese einerseits so sehr spezialisierten Triebmotive nicht eine weitere Zerlegung in der Richtung nach den Triebquellen gestatten, so dass nur die weiter nicht zerlegbaren Urtriebe eine Bedeutung beanspruchen können." (Freud, S. [1915] 1982, Bd. 3, 87).

Ein Trieb verlangt die ihm eigene Befriedigung und meist auch ein ihm eigenes Objekt, trotzdem kann eine gewisse Menge der ursprünglichen Triebenergie auf ein anderes Ziel verschoben werden und dadurch befriedigt werden, diesen Vorgang nennt Freud Sublimierung. Das Triebziel ist die Erleichterung der Erregungsspannung.

Libido

Der Libidobegriff bei Freud ist ein widersprüchliches Konzept. Libido meint bei Freud keine wie bei Jung allgemeine, biologische Lebensenergie, sondern eine psychische Energie des Sexualtriebes, sie erfasst bis auf ein Trieb-Modell nie den ganzen Triebbereich. Im letzten Modell - Eros und Todestrieb - ist sie beispielweise nur die Energie des ersten Komplexes. Hier wird die Libido bereits sehr umfassend gesehen, zumal die meisten Analytiker - vor allem in heutiger Zeit - die Existenz eines Todestriebes bezweifeln. "Die Libido als Triebenergie hat ihre Quelle in den verschiedenen erogenen Zonen; das Ich als Gesamtperson hortet diese libidinöse Energie, deren erstes Objekt es ist." (Laplanche, J. & Pontalis, J.-B., 1986, 206). Allerdings können die verschiedensten Dinge des Alltags libidinös besetzt werden, z.B. durch Sublimierung, so dass die Libido auf diesem Weg doch wieder den Charakter eines relativ universalen Antriebes bekommt.

Freuds Topographisches Modell Aufbau I Das Unbewusste II Das Vorbewusste III Das Bewusste

Anregungen zu diesem Modell bekam Freud von Theodor Fechner (Drews, S. & Brecht, K., 1982, 50). Dieses Modell führte zu verschiedenen inhärenten Erklärungsschwierigkeiten, die erst im späteren Dreiinstanzen-Modell gelöst wurden.

Struktur und Inhalt Das Unbewusste (Ubw) "Freud hat die Frage des Inhalts des Systems Ubw nie unmissverständlich geklärt." (Drews, S. & Brecht, K., 1982, 51). Einerseits rechnet Freud phylogenetisch erworbene Inhalte dazu, andererseits nur das was zuvor verdrängt wurde und dann wieder Triebrepräsentanzen. Es bestehen hier also Widersprüche und Unklarheiten. "Die Darstellung der Widersprüche der inhaltlichen Aspekte des Ubw scheint uns an dieser Stelle angebracht, da das Problem der inhaltlichen Bestimmung des Ubw mit der Einführung des Strukturmodell auf das Es übertragen wird. Das Es jedoch wird die ¯Matrix(r) sein, aus der sich das Ich herausdifferenziert, und unter diesem Aspekt wäre es problematisch, als unbewusst nur zu bezeichnen, was verdrängt ist: das Ich hätte keine Entstehungsgrundlage, denn das Verdrängte entsteht ja erst auf seine Veranlassung hin." (Drews, S. & Brecht, K., 1982, 52).

Das System Bewusstsein (Bw) Das Bewusstsein empfängt Informationen aus der Außenwelt, das Bewusstsein hat keine Inhalte auf der Basis von Gedächtnisspuren, sondern ist quasi ein Sinnesorgan zur Wahrnehmung von psychischen Qualitäten (Drews, S. & Brecht, K., 1982, 52).

Das System des Vorbewussten (Vbw) Das Vorbewusste beinhaltet unbewusste, jedoch im Gegensatz zum Unbewussten bewusstseinsfähige Inhalte. Hier findet auch die Umwandlung von primärprozeßhaftem in sekundärprozeßhaftes statt, das heißt hier findet die Zensur statt, aber auch die Anpassung der Triebwünsche an die Realität und deren Befriedigungsmöglichkeiten.

Das Problem dieses Systems ist, dass der Tätigkeit der Zensur kein geeigneter ¯Ort(r) zugewiesen werden kann. Das Problem besteht darin, "dass die Zensur und Abwehr entweder als vorbewusst-bewusste Tätigkeiten zu begreifen sind (dann müssten wir von einer ¯Unterdrückung(r) oder ¯Urteilsverwerfung(r) sprechen, die bekanntlich nicht pathogen und durch eigene Einsicht revidierbar ist) oder als unbewusster Vorgang. im zweiten Fall hat aber das Modell, weil dies in ihm nicht darstellbar ist, seine Funktion verloren. Da die therapeutische Erfahrung den unbewussten Charakter der Abwehr und der Verdrängung zwingend zeigt, lässt Freud auch das Modell der ersten Topik fallen." (Schöpf, A. 1982, 97). .ns $n1$. Freuds Dreiinstanzenmodell Dieses Modell hat Freud 1923 vorgestellt (Freud, 1923). Das Ich als auch das Über-Ich umfassen nun bewusste und unbewusste Inhalte, nur das Es ist völlig unbewusst. Dadurch konnte das Problem der Verortung der zensierenden Instanz elegant gelöst werden.

Das ?Es?: Völlig unorganisiertes, primäres Triebenergiereservoir, die Quelle unbewusster Triebregungen und Triebwünschen, der Ort archaischer Vorstellungen und Verhaltensmuster und der Bereich des Verdrängten. Das Es ist ein von Georg Groddeck geprägter Begriff.

Das ?Ich?: Quasi an der Oberfläche des Es, die Instanz der Selbststeuerung, der Anpassungsfunktionen an die Realität und der Realitätsprüfung. fähig. Das Ich ist aus dem Es entstanden und vertritt dieses in der Realität, es heißt es moduliert die Triebbedürfnisse in eine realitätsgerechte Form.

Das ?Über-Ich?: Der Bereich des Gewissens, der Werte, der verinnerlichten Vorbilder, der Ideale, der Gebote und Verbote und der moralischen Vorstellungen.

Wie arbeitet die Psychoanalyse und wie heilt sie? Die Psychoanalyse fand früher im Liegen statt, wobei der Analytiker außerhalb des Blickfeldes seines Analysanden saß. Heutzutage arbeitet die meisten Analytiker, indem die Patienten ihnen gegenübersitzen oder sie wechseln beide Behandlungsformen ab. Der Grundgedanke der Psychoanalyse ist, dass der Analytiker als Persönlichkeit möglichst im Hintergrund bleibt, quasi eine weiße Wand, auf die der Patient alle seine frühen Beziehungspersonen, wie Vater, Mutter und Geschwister projizieren kann. Das macht der Patient in der Regel nicht absichtlich oder freiwillig, sondern unbewusst und automatisch. So erscheint der Analytiker zum Beispiel einmal unkonzentriert und wird dadurch zum Vater, der einem nie zugehört hat und sowieso kein Interesse an einem hatte. Die ursprüngliche Wut gegen den Vater richtet sich nun gegen den Analytiker(-Vater) und kann so vielleicht zum ersten Mal wirklich erlebt und gefühlt werden, weil die bedrohliche Aggressivität des tatsächlichen Vaters dies früher eventuell unmöglich gemacht hat. Ein anderes Beispiel wäre, dass dadurch, dass der Analytiker auf pünktlichem Stundenende besteht, er als versagende Mutter erlebt wird. Oder der Patient erlebt stürmische Verliebtheit in seinen Analytiker, was eine ödipale Situation wiederbelebt usw. Diesen Vorgang der Verschiebung auf den Analytiker nennt die Psychoanalyse Übertragung, worauf wir gleich näher zu sprechen kommen. Generell geht die Psychoanalyse davon aus, dass schwere, unverarbeitbare Erfahrungen in der Kindheit verdrängt werden müssen, weil die kindliche Persönlichkeit anderenfalls darunter zusammenbrechen würde. Kein Kind kann z.B. längere Zeit ertragen von Elternteilen nicht geliebt oder gar teilweise gehasst zu werden. Die Psychoanalyse verspricht sich Heilung von der Bewusstmachung des Verdrängten oder wie Freud es ausdrückte: "Wo es war, soll ich werden." Verdrängte Erfahrungen sind einer Bearbeitung und Verarbeitung durch das Bewusstsein entzogen und können nicht in die Persönlichkeit integriert werden. Dies soll in der Analyse allmählich und unter gleichzeitigem persönlichen Wachstum und persönlichem Erstarken, unterstützt von der menschlichen Hilfe des Analytikers, nachgeholt werden. Teilweise muss Trauerarbeit nachgeholt werden, alte Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster müssen nachdem sie als Teil der persönlichen Geschichte erkannt wurden, durch neue ersetzt oder ergänzt werden. Teilweise heilt die Psychoanalyse auch dadurch, dass in der Beziehung zum Analytiker neue, korrigierende Erfahrungen gemacht werden, z.B. in dem in der Analyse zum ersten Mal die Erfahrung einer konstanten, unverbrüchlichen und haltgebenden zwischenmenschlichen Beziehung gemacht wird. Oder an der Person des Analytikers wird erlebt, dass verselbständigende und Abgrenzungs-Tendenzen keine negative Reaktionen nachsichziehen. Oder, dass die Person des Psychoanalytikers jemand darstellt, der mit erotischen Anteilen einer Beziehung umgehen kann usw.

Unverarbeitete Anteile einer Lebensgeschichte oder Defizite an Nähe und Wärme schränken die Persönlichkeit ein und/oder führen zu unangemessenen Verhaltensmustern. Oft kommt es auch zu dem sogenannten Wiederholungszwang. Freud erkannte, dass wir manche für uns kritischen und unverarbeitbaren Situationen unbewusst immer wieder herstellen (inszenieren), in der gleichfalls unbewussten Hoffnung dieses Problem doch noch zu lösen. So sucht sich eine Frau, die als Kind unter ihrem kalten, unnahbaren Vater gelitten hat, oft wieder unbewusst eine solchen Ehemann aus und wiederholt mit ihm die alten Kämpfe und Konflikte. Manchmal projiziert sie auch nur diese Merkmale auf ihren Mann und bringt ihn auf unterschwellige Weise dazu, sich so uneinfühlsam wie früher ihr Vater ihr gegenüber zu verhalten. Oft ergänzen sich solche Muster bei Paaren auch auf unheilvolle Weise und führen zu einer Dynamik aus der die Paare alleine nicht mehr herausfinden.

Eine andere Möglichkeit, wie sich solche Erfahrungen niederschlagen können, sind z.B. Depressionen. Im Verständnis der Psychoanalyse sind Depressionen das Ergebnis von Beziehungsverlusten oder Beziehungsabbrüchen in der Kindheit, die aber nicht in der Schwere des Verlusts gefühlt und betrauert werden konnten, d. h. mit anderen Worten partiell geleugnet werden. Das kann z.B. bei der Geburt eines jüngeren Geschwisters passiert sein, wenn sich die Eltern teilweise oder ganz von dem älteren Kind abwendeten und niemand Augen für dessen Trauer und Wut hatte und ihm durch Verständnis und Zuwendung half, diese Situation zu verarbeiten. Manchmal können solche Depressionen auch erst aufbrechen, nachdem in der gegenwärtigen Lebenssituation einen Verlust durchzumachen war, bei dem unbewusst wieder die ?alte Wunde? aufbrach.

Die Übertragung

Den Vorgang des Hineinlegens früher Beziehungspartner und früher Beziehungserfahrungen in den Analytiker nannte Freud die Übertragung. Diese Übertragung ist zentraler Baustein einer jeden Analyse und wichtiger Bestandteil der Beziehung zwischen Analytiker und Analysand. Um an obiges Beispiel anzuknüpfen, können möglicherweise bei einem Analysanden frühe Erfahrungen der Geschwisterrivalität wiedererweckt werden, durch einen weiteren Patient, dem er im Wartezimmer begegnet oder der angesichts eines bevorstehenden Stundenendes gar ungeduldig an die Tür des Behandlungszimmers klopft und so die Stunde des Analysanden stört. Der Mitpatient wird dann vielleicht als verdrängendes Geschwister und der Analytiker als treuloser Beziehungspartner erlebt. Das kann sich zum Beispiel in heftigen Angriffen gegen den Analytiker äußern, der solchem Verhalten von Seiten des Mitpatienten nicht in ausreichendem Maße einen Riegel vorschiebe usw. Solche und generell Alltagssituationen, die in den Stunden besprochen werden, erlauben es oft frühe Erfahrungen in Zusammenarbeit mit dem Analytiker wiederzubeleben und neu zu verarbeiten.

Man unterscheidet positive und negative Übertragung. Bei der positiven Übertragung werden positive Anteile früherer Beziehungen auf den Analytiker projiziert, bei der negativen Übertragung negative Anteile. Die Gefühle und Vorstellungen, die der Analytiker wiederum als Reaktion auf das Verhalten der Patienten bekommt, nennt man die Gegenübertragung des Analytikers. In unseren Beispiel kann sich unser Analytiker vielleicht einen Moment lang völlig unzulänglich, nachlässig und treulos fühlen, so wie der Patient früher seine Eltern erlebt hat. Der Analytiker sollte in seiner eigenen Analyse bzw. Lehranalyse gelernt haben, eigene Gefühle und Vorstellungen von durch Patienten erzeugten Gefühlen und Vorstellungen zu unterscheiden, um angemessen damit umgehen zu können, statt mit dem Patienten unbewusst mitzuaggieren.

Wenn der Patient im Analytiker aktuell vor allem Züge von sich selbst sieht, spricht man von einer Spiegelübertragung. Von komplementärer Gegenübertragung spricht man, wenn der Analytiker sich in der Rolle des früheren Beziehungspartners des Analysanden wahrnimmt z.B. in der Vater- oder Mutterrolle. Von konkordanter Gegenübertragung oder Spiegelgegenübertragung spricht man, wenn in einer Therapiesituation sich der Therapeut mit der Rolle und dem Erleben des Patienten identifiziert, sich in diesen hineinversetzt und das Erleben des Patienten nachempfindet.

Die psychoanalytische Grundregel und das freie Assoziieren: Freud hat eine sogenannte Grundregel aufgestellt, die dem Patienten zu Beginn der Behandlung mitgeteilt werden soll, nämlich, dass er alles was ihm in den Stunden einfällt mitteilen soll, auch wenn er es für bedeutungslos hält oder sich seiner Gedanken schämt. Er solle seine Gedanken nicht hemmen, sondern ihnen seinen freien Lauf in jedwede Richtung lassen, was Freud das freie Assoziieren nennt. Freud nahm an, dass sich in dieser Form verkleidetes, unbewusstes Material äußere und man es so für die Behandlung nutzbar machen könne. Da unbewusste Inhalte zunächst einmal als bedrohlich, peinlich oder schmerzhaft empfunden werden, setzt das Unbewusste des Patienten dem Aufdecken dieser Inhalte einen Widerstand entgegen, ein weiterer wichtiger Begriff in der Psychoanalyse. Der Therapeut geht zu Beginn der Behandlung mit dem Patienten ein sogenanntes Arbeitsbündnis ein, d.h. der Patient stellt seinen Wunsch zur Gesundung, seine gesunden Persönlichkeitsanteile und seine

Kooperationsbereitschaft mit dem Analytiker in den Dienst der gemeinsamen Aufgabe. Überspitzt gesagt wird das Verdrängte als der gemeinsame Feind von Patient und Therapeut angesehen, dem man mit vereinten Kräften zu Leibe rückt. Gerade die gemeinsame Beziehung wird aber durch unbewusste Konflikte immer wieder gefährdet, deshalb ist die Allianz zwischen Patient und Therapeut immer nur teilweise verlässlich und gleichzeitig ist diese Beziehung, der Punkt wo die Werkzeuge der Psychoanalyse wirksam angesetzt werden können und wo exemplarisch die ursprünglichen Konflikte aufgearbeitet werden können. Das Übertragen alter Konflikte auf die therapeutische Beziehung nennt man bezogen auf einzelne Störungen auch die Übertragungsneurosen, d.h. die Lebensneurosen werden in der Behandlung zu Übertragungsneurosen. So können sich manchmal schon durch diesen Prozess Alltagsbefindlichkeiten verbessern, weil der Druck der Störung aus dem Alltag etwas herausgehalten werden kann und stattdessen seinen Raum in der Beziehung zum Therapeuten findet. Das Problem ist mit diesem ersten Schritt aber keinesfalls schon gelöst.

Literatur

Drews, S. & Brecht, K. (1982). Psychoanalytische Ich-Psychologie. (Erste Auflage 1975). Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. Fechner, G. Th. (1889). Elemente der Psychophysik, I. und II. Theil. Leipzig. Frank, R. & Frank, R. (1977). Zur Rolle des Körpers in der bioenergetischen Analyse. In Petzold, H. (Hrsg.), Die neuen Körpertherapien. S. 62-89. Paderborn: Junfermann. Freud, S. (1913). Das Interesse an der Psychoanalyse. Gesammelte Werke Bd. 8. S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 1960. Freud, S. (1926). Psycho-Analysis (Artikel für die Encyclopaedia Britannica.). Gesammelte Werke Bd. 14. S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 1960. Freud, S. (1905). Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. Studienausgabe Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982 Freud, S. (1908). Die 'kulturelle` Sexualmoral und die moderne Nervosität. Studienausgabe Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud (1910). Die psychogene Sehstörung in psychoanalytischer Auffassung. In: Studienausgabe Band 6, S. 205. Frankfurt /M: Fischer Taschenbuch Verlag GmbH. (Original erschienen 1910: ) Freud, S. (1912). Totem und Tabu. Studienausgabe Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1915). Triebe und Triebschicksale. Studienausgabe Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1921). Massenpsychologie und Ich-Analyse. Studienausgabe Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1923). Das Ich und das Es. Studienausgabe Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1924). Das ökonomische Problem des Masochismus Studienaus- gabe Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1927). Die Zukunft einer Illusion. Studienausgabe Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1933). Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Studienausgabe Bd. 1. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Freud, S. (1930). Das Unbehagen in der Kultur. Studienausgabe Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1982. Kutter, P. (1988). Moderne Psychoanalyse. München: Verlag Internationale Psychoanalyse. Laplanche, J. & Pontalis, J.-B. (1986). Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt /M.: Suhrkamp taschenbuch wissenschaft. (Original erschienen 1967: Vocabulaire de la Psychoanylyse.) Mentzos, St.(1984). Neurotische Konfliktverarbeitung. Frankfurt /M: Fischer Taschenbuch Verlag. Schöpf, A. (1982). Sigmund Freud. München: C.H.Beck'sche Verlagsbuchhandlung.

Freud

Die Psychoanalyse wurde von Sigmund Freud zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erste umfassende Theorie des Unbewussten (Begriff bei Mach u.a. verwendet, schon Johann Christian Reil, Carl Gustav Carus, Eduard von Hartmann, Friedrich Wilhelm Hagen; erste dt. Wortverwendung durch Goethes Gedicht An den Mond 1777) entwickelt und geht davon aus, dass die Persönlichkeit aus drei Teilen besteht: dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Freud untersuchte Fehlleistungen und auch Überlieferungen wie Mythen, Märchen, Witze, Bräuche und populäre Glaubensformen für deren Herausbildung er annahm, dass ubiquitäre psychische Funktionsweisen bei allen Menschen wirksam wären. Dazu Jung, Szondi u.a.m. über Theorien der Bildung und Aufteilung des Unbewussten. Die Funktionsweise psychischer Vorgänge leitete er hauptsächlich aus dem Traum ab, den er als imaginäre Wunscherfüllung verdrängter Kindheitsträume auffasste. Als Zugang zum Unterbewussten wird die Traumdeutung und das Studium von Fehlleistungen empfohlen.

Biographisches zu Sigmund Freud 1856: Freud wurde als Sohn jüdischer Eltern in Freiberg in Mähren geboren. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt schon fast vierzig und zum drittem Mal verheiratet. Aus den beiden früheren Ehen hatte er je einen Sohn. In Mähren waren sie Angehörige einer winzigen religiösen Minderheit. Später wurde Sigmund Freud Atheist, obwohl er immer wieder betonte, dass sein Judentum für ihn wichtig sei. Sein Vater war Wollhändler, früher wohlhabend, aber wirtschaftliche Veränderungen und unsolide Kapitalgeschäfte von Freuds älteren Halbbrüdern ruinierten ihn. Genauer gesagt, handelte es sich nach neu aufgefundenen Polizeiprotokollen von damals, um eine Falschgeldaffäre in der die beiden Brüder und der Vater verstrickt waren. Als Freud 11 Monate alt war, wurde ein Bruder geboren, der aber nur 8 Monate lebte, dann kam mit 2 « eine Schwester, der noch 4 weitere Schwestern folgten, und zuletzt ein Bruder. 1859: zog die Familie nach Leipzig und einige Monate später nach Wien. 1873: Freud wollte erst Jura studieren, änderte dann aber seine Absichten und studierte Medizin. 1876: Forschungsstipendium an der Zoologischen Versuchsstation in Triest. 1882: April: Sigmund Freud verliebt sich in Martha Bernays. Juni: Verlobung mit Martha Bernays. 1885: Oktober: Studienreise nach Paris. Aufenthalt an der psychiatrischen Klinik der Salpétière bei J.-M. Charcot. 1886: September: Heirat Sigmund Freuds mit Martha Bernays. Geburt der Kinder: Mathilde (1887), Jean Martin (1889), Oliver (1891), Ernst (1892), Sophie (1893), und zuletzt Anna (1895). 1900: Traditionell setzt man den Beginn der Psychoanalyse beim Erscheinen von Freuds Buch "Die Traumdeutung" im Jahre 1900 an. 1902: März: Ernennung zum außerordentlichen Professor. Oktober: Gründung der "Psychologischen Mittwochs-Vereinigung". 1909: September: Reise mit Ferenczi und Jung in die USA. 1910: Gründung der "Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung" (IPV). 1922: Erkrankung an Gaumenkrebs, der sich bis zu seinem Tod beständig verschlimmert. 1923: April: Erste Krebsoperation am Gaumen. 1933: Verbrennung von Freuds Büchern in Berlin. 1938: Von den Nazis nach England vertrieben 22 Sept. 1939: Freitod durch eine Morphiumgabe im Endstadium seiner Krebserkrankung.

Wichtige Analytiker der ersten Generation: Karl Abraham, Alfred Adler, Siegfried Bernfeld, Helene Deutsch, Paul Federn, Otto Fenichel, Sandor Ferenczi, Ernst Hartmann, Ernst Jones, C.G. Jung, Hermann Nunberg, Sandor Rado, Otto Rank, Wilhelm Reich, Theodor Reik, Herbert Silberer, Wilhelm Stekel, Viktor Tausk. . Geschichte und Wurzeln der Psychoanalyse (s. auch Schöpf, A., 1982) Bedeutende Lehrer Freuds: der Physiologe Brücke, der Pariser Psychiater Charcot und der Mediziner Breuer (Hypnose). Wurzeln der Psychoanalyse in der Naturwissenschaft, Medizin, Philosophie und Kunst. Naturwissenschaft: Fechner, G. Th. (Physiker und Philosoph): Er machte wichtige Aussagen zur Psychophysik: "Unter Psychophysik soll hier eine exacte Lehre von den functionellen oder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher und geistiger, physischer und psychischer Welt verstanden werden. Zum Gebiet des Geistigen, Psychischen, der Seele rechnen wir überhaupt das, was durch innere Wahrnehmung erfaßlich oder daraus abstrahierbar ist, zu dem des Körperlichen, Leiblichen, Physischen, Materiellen das, was durch äußere Wahrnehmung erfaßlich oder abstrahierbar ist." (Fechner, G. Th., 1889, 8). Von ihm stammen Gesetze Über Druckausgleich bei Flüssigkeiten (Hydraulik), über Energiegleichgewichte und Energieaustausch im Körper (Ökonomie, Energieerhaltung, Ladung, Besetzung usw.). Hermann von Helmholtz: Energieerhaltung Philosophie: Schopenhauer und Nietzsche: Beide thematisieren explizit unbewusste Kräfte wie Wille (z.B. Schopenhauers Wille zum Leben) und Triebe (z.B. Libidotrieb). Johann Friedrich Herbarth (1776-1841): Philosoph und Pädagoge. Der Erste der sich ausführlich mit der Bedeutung der Triebe und dem Unbewussten auseinander setzte. Eduard von Hartmann (1842-1906): Philosophie des Unbewussten. Dichtung: Goethe und Shakespeare.

Die Psychoanalyse hat - wie die meisten "weichen" Wissenschaften - mit dem Problem des Subjektiven zu kämpfen: mehrere Schulen vertreten verschiedene Auffassungen auch zu fundamentalen Größen. Und dort, wo allgemeine Erkenntnisse entstanden sind, lassen sie sich nicht ohne weiteres auf das Individuum übertragen; dort, wo das Individuum mehr oder weniger vollständig verstanden ist, lassen sich die Erkenntnisse nicht verallgemeinern.

Freuds Vorgehensweise, aber auch die anderer Psychoanalytiker, wurde von anderen Wissenschaftlern vielfach kritisiert, weil er die Standards positiver Wissenschaft nicht einhält. Der wichtigste nicht eingehaltene Standard ist, dass eine Theorie falsifizierbar sein muss. D.h. sie muss prinzipiell überprüfbar und widerlegbar sein. Falsifizierbarkeitskriterium, vgl. Karl Popper.

Weitere Vertreter der Psychoanalyse

Alfred Adler und Carl Gustav Jung, beide zunächst Mitglieder des Kreises um Sigmund Freud, vertraten bald Meinungen, die zur Bildung eigener Schulen führten. Ersterer begründete die Individualpsychologie, letzterer die analytische Psychologie. Wilhelm Reich, der später in Amerika teilweise großen Einfluss auf Psychotherapeuten wie Ronald D. Laing, Alexander Lowen und Fritz Perls ausübte, wurde 1934 aus der Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft ausgeschlossen.

Gegner

Die Psychoanalyse begegnete von Anfang an zahlreicher Kritik. Heute kommt die Kritik insbesondere aus der wissenschaftlichen Psychologie. Ein Ansatz für die Kritik ist, dass sich die Psychoanalyse nie sonderlich um eine empirische Überprüfung ihrer Ergebnisse bemüht hat. Daneben gab es im Nationalsozialismus wie auch im Kommunismus eine politisch motivierte Ablehnung des psychoanalytischen Lehrgebäudes, in NS-Deutschland bezog man sich hierbei auf Alfred Hoche.



Bedeutung

Die Psychoanalyse hat Kunst wie Wissenschaft massiv beeinflusst, wohl weniger die Psychologie unmittelbar selbst als vielmehr andere Geistes- und Sozialwissenschaften wie Soziologie, Pädagogik, Literaturwissenschaft oder die Theater- und Filmwissenschaft. Weitere Einflüsse: Die Beratungsformen der Supervision hat sich aus der lehranalytischen Praxis entwickelt. Ruth Cohn übertrug die analytische Arbeit auf Gruppen und entwickelte die Themenzentrierte_Interaktion.


Film und Psychoanalyse

Freud als Begründer der Psychoanalyse lehnte es selbst ab, an der Produktion eines Filmes über dieses Thema teilzunehmen. Für ihn war das Medium Film minderwertig in dem Sinne, dass es nur eine Simulation darstellt. Dennoch ist gerade die Verbindung zwischen Traum und Film offensichtlich. Psychanalytiker wie auch Filmtheoretiker weisen darauf hin, dass es große Ähnlichkeiten zwischen dem Traumzustand und dem Zustand des Film-Schauens gibt. Diese manifestieren sich vor allem durch

  • die Flüchtigkeit der Bilder
  • den Dämmerzustand sowohl des Schlafens als auch im Kinosaal
  • die assoziativen Verknüpfungen der Bilder bzw. Szenen
  • die Rolle des Träumenden/Schauenden als Beobachter, der nicht eingreifen kann

Wenn man die Methoden der Psychoanalyse auf den Film anwenden will, so wird der Film gewissermaßen zum Klienten bzw. Patienten; es gilt also, die verschiedenen Ebenen der Bilder, die der Film zeigt, zu durchdringen. Dabei ist es wichtig, nicht den Drehbuchschreiber oder den Regisseur als zu analysierendes Objekt zu sehen, da man nicht davon ausgehen kann, dass die Filmbilder auch dessen Traumbildern entsprechen - egal, wie autobiographisch der Film ist. Vielmehr soll es darum gehen, die Wirkungsweise des Films auf den Zuschauer zu analysieren, die verwendeten Mittel wie Licht, Musik, Bewegung, Großaufnahmen etc. daraufhin zu untersuchen, was sie beim Publikum auslösen und inwiefern sie die Freudschen Urfantasien erfüllen. Dabei spielen Vorgänge wie Identifikation und das unbewusste Verarbeiten ödipaler oder narzisstischer Strukturen eine große Rolle. Vor allem Linda Williams geht davon aus, dass Filme nur dann erfolgreich sind, wenn sie die Urfantasien ansprechen, da der Zuschauer dadurch den Film tatsächlich miterlebt und unbewusst auf sich selbst beziehen kann. Maßgeblich ist bei der psychoanalytischen Filmtheorie, dass scheinbar unwichtige oder nebensächliche Details eine weitaus größere Wirkung auf die Psyche des Zuschauers haben, als dieser bewusst erfassen kann. Wichtige Vertreter dieser Filmtheorie sind Mechthild Zeul, Christian Metz, Teresa de Lauretis und Mary Ann Douane. Gemeinhin stützt sich die psychoanalytische Filmtheorie auf die Theorien von Jacques Lacan, da auch in diesem Gebiet Freud mittlerweile z.T. als überholt gilt.


Literatur

  • Ellenberger, H. F. (dt. 1973). Die Entdeckung des Unbewußten. 2 Bde. Bern: Huber.
  • De Lauretis, Teresa: Alice doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema. Bloomington, Indiana University Press 1984
  • Metz, Christian: Der fiktionale Film und sein Zuschauer. Eine metapsychologische Untersuchung. In: Psyche 11, 48. Jahrgang, November 1994, Stuttgart (Klett-Cota). S. 1004-1046
  • Mitscherlich, Alexander: Versuch, die Welt besser zu bestehen. Fünf Plädoyers in Sachen Psychoanalyse. Frankfurt a. M. , suhrkamp 1970. (Bibliothek Suhrkamp, Band 246)
  • Williams, Linda: Filmkörper. Geschlecht und Genre. In: Feminismus und Medien, Bern 1991. S. 249-278
  • Zeul, Mechthild: Bilder des Unbewussten. Zur Geschichte der psychoanalytischen Filmtheorie. In: Psyche 11, 48. Jahrgang, November 1994, Stuttgart (Klett-Cota). S. 975-1003
  • Zimmer, Dieter: Tiefenschwindel. Die endlose und die beendbare Psychoanalyse. Reinbek bei Hamburg 1995 (1986).
    Ein kritisches Buch zum Thema Psychoanalyse


(erste dt. Verwendung des Wortes 'unbewußt' 1777)