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Wirtschaftsinformatik

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Die Wirtschaftsinformatik (eng. Information Systems) ist eine "Schnittstellen-Disziplin" zwischen der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften, besonders der Betriebswirtschaftslehre. Weitere Teildisziplinen sind die Ingenieurwissenschaft, die Kommunikationswissenschaft, das Operations Research und die Psychologie. Ferner besteht auch ein enger Bezug zum Wirtschaftsingenieurwesen, vor allem im Bereich der Materialwirtschaft, der Produktionsplanung und -steuerung und der Logistik. Obwohl die Wirtschaftsinformatik eine "Schnittstellen-Disziplin" ist hat sie einen eigenen Aussagebereich: Sie befasst sich mit Theorien, Methoden, Werkzeugen und intersubjektiv nachprüfbaren Erkenntnissen über Informations- und Kommunikationssysteme.

Die Wirtschaftsinformatik befasst sich mit Planung, Entwicklung, Implementierung, dem Betrieb und der Weiterentwicklung von IV-Systemen, die zur formalisierten Unterstützung der ablaufenden Geschäftsprozesse und zur strukturierten strategischen Entscheidungsfindung in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden. Anwendungen, die insbesondere entweder wegen ihrer Spezialisierung (zum Beispiel finite-Element-Systeme zur Berechnung von auftretenden Spannungen im KFZ-Bereich) oder aufgrund ihrer Generalisierung (z. B. Textverarbeitungssoftware) nicht in einem gleichbleibenden formalen Rahmen eingesetzt werden können, zählen nicht zum klassischen Arbeitsgebiet der Wirtschaftsinformatik.

Arbeitsgebiete

Die Wirtschaftsinformatik kann in folgende Teilbereiche zerlegt werden


Betriebswirtschaftlich lässt sich die Wirtschaftsinformatik zunächst in die großen Teilbereiche der operativen Funktionsunterstützung und der strategischen Entscheidungsunterstützung aufteilen. Aufgabe der Wirtschaftsinformatik ist es, beide Bereiche so abzudecken, dass die operativen Prozesse bestmöglich unterstützt werden, dabei aber gleichzeitig möglichst viele Daten als Ausgangsbasis für strategische Entscheidungen abfallen. Von der Anwendungsseite deckt die Wirtschaftsinformatik daher konkret folgende Funktionen ab:


Für den Teilbereich Informatik sind insbesondere folgende Teilgebiete relevant


Wichtige Mathematische Komponenten (Quantitative Methoden) der Wirtschaftsinformatik sind

Im Verlauf der Entwicklung der Informatik im Allgemeinen und der Wirtschaftsinformatik im Besonderen haben sich eine ganze Reihe an technologischen Bausteinen herausgebildet, die im Rahmen der Wirtschaftsinformatik eingesetzt werden. Vorwiegend handelt es sich dabei um Software-Komponenten; die Hardware wird im Rahmen der Wirtschaftsinformatik eher am Rande betrachtet, spielt jedoch natürlich bei Verfügbarkeits- und Kapazitätsüberlegungen eine gewichtige Rolle.

Bezüglich der Betrachtung verwendeter Softwarekomponenten unterscheidet die Wirtschaftsinformatik zunächst zwischen Standardsoftware und Individualsoftware. In der Regel wird die IV-Unterstützung einer Organisation durch eine Kombination von Softwarekomponenten aus beiden Bereichen abgebildet, wobei der Hang zur Individualsoftware umso größer ist, je spezieller die abzubildende Funktion ist.

An Grundkomponenten für die Realisierung der Anforderungen stehen im Rahmen der Wirtschaftsinformatik eine Reihe von Softwarekomponenten zur Verfügung, die relativ standardisiert bestimmte Teilfunktionen des zu erstellenden Softwaresystems übernehmen. Im wesentlichen ist dies die Datenbanktechnik, die sich mit der dauerhaften und sicheren Speicherung organisierter Daten beschäftigt, die betrieblichen Transaktionssysteme, die auch bei einer großen Anzahl gleichzeitiger Benutzer das Arbeiten auf gemeinsamen Datenbeständen ermöglichen, die so genannte Enterprise Application Integration (EAI), unter die all jene Komponenten fallen, die die Zusammenarbeit verschiedener eigenständiger Teilsysteme sicherstellen, sowie Reporting-Systeme im weitesten Sinne, die Abfragen auf den Datenbeständen erlauben (Reporting-Software im engeren Sinne, Data Warehouses und OLAP-Werkzeuge).

Geschichte

Wirtschaftsinformatik im deutschsprachigen Bereich

Historisch geht die Wirtschaftsinformatik auf die Begriffe "Betriebliche Datenverarbeitung", "Betriebsinformatik" ("Betriebliche Informatik") und "Informationswirtschaft" zurück.

1955 werden erste EDV-Lehrveranstaltungen in das Betriebswirtschaftliche Studium eingebaut.

1963 wurde das betriebswirtschaftliche Institut für Organisation und Automation an der Universität zu Köln gegründet.

1966 wird die erste Habilitationsschrift im deutschsprachigen Raum zu diesem Themenkreis verfasst (Peter Mertens "Die zwischenbetrieblichen Kooperation und Integration bei der automatisierten Datenverarbeitung").

1968 wird der erste betriebswirtschaftliche Lehrstuhl mit der speziellen Ausrichtung auf Datenverarbeitung an der Johannes-Kepler-Universität Linz eingerichtet

In den 70er wurden erste eigenständige Studiengänge der Wirtschaftsinformatik an den Hochschulen TH Darmstadt, FH Furtwangen, Johannes-Kepler-Universität Linz, TU Wien eingerichtet und die Wissenschaftliche Komission Betriebsinformatik (später Wissenschaftliche Kommission Wirtschaftsinformatik genannt) gegründet

1983 wurde der Fachbereich Wirtschaftsinformatik innerhalb der Gesellschaft für Informatik gegründet

In den 80er und 90er entstanden die Teildisziplinen Information Management und Information Engineering, sowie Computer Supported Cooperative Work

1991 gaben die Wissenschaftliche Kommission Wirtschaftsinformatik und die Gesellschaft für Informatik Rahmenempfehlungen für Diplom-Studiengänge der Wirtschaftsinformatik ab

1997 fand die erste Tagung zu den wissenschaftlichen Grundlagen der Wirtschaftsinformatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster statt.

Seit 1999 kann man erstmals im deutschsprachigen Bereich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Bachelor of Science/Master of Science-Abschlüsse in Wirtschaftsinformatik innerhalb des Diplomstudiums Wirtschaftsinformatik erlangen.

2001 wurde die erste Fakultät für Wirtschaftsinformatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg errichtet

2004 wurde das erste weltweit agierende Forschungszentrum für Wirtschaftsinformatik/Information Systems, dass European Research Center for Information Systems (ERCIS) an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster gegründet. Es beherbergt nationale und internationale wissenschaftliche Einrichtungen, Universitäten und Firmen aus der Praxis.

2005 gibt die Gesellschaft für Informatik Rahmenempfehlungen für Bachelor/Master-Studiengänge der Wirtschaftsinformatik ab

Wirtschaftsinformatik im internationalen Bereich

Im Englischen wird 'Wirtschaftsinformatik' meist enger gefasst als Information Systems (IS), auch Management Information Systems (MIS), Business Information Systems (BIS) oder Information Systems (&) Management (ISM), bezeichnet.

Wenig oder nicht etablierte Übersetzungen sind Business Informatics (ein Versuch die im deutschsprachigen Raum inhaltlich weiter gefasste Disziplin international bekannt zu machen), sowie Computer Science for Business Applications, Business Information Technology, Business Data Processing & Management, Information Management und Business Computing.

Ausbildung und Studium

In Deutschland, Österreich und der Schweiz kann man Wirtschaftsinformatik als eigenen Studiengang an zahlreichen Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien oder Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien studieren. Eine Übersicht dazu zeigt der "Studienführer Wirtschaftsinformatik", Verlag Vieweg, im Abstand weniger Jahre aktualisiert.

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, Wirtschaftsinformatik als Fachrichtung oder Schwerpunktfach innerhalb eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre, Informatik, der Informationswissenschaft, der Volkswirtschaftslehre oder des Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren, was aber nur Allgemeine Grundkenntnisse der Wirtschaftsinformatik umfasst.

Im Rahmen der betrieblichen Lehrberufe gibt es die Ausbildung zum Fachinformatiker (IHK) und an Fachschulen den staatlich geprüfter Wirtschaftsinformatiker. Berufsfachschulen/Berufskollege bieten die (meist 2-jährige) schulische Ausbildung zum staatlich geprüfter Informatiker Fachrichtung Wirtschaft an.

International, insbesondere in den USA erkundigt man sich am besten am "Department of Information Systems" einer Universität nach den angebotenen Studiengängen. Mehr hierzu unter Auslandsstudium.

Organisationen, Verbände und Vereine

Siehe auch

Literatur

  • Alpar, Paul; Grob, Heinz L.; Weimann, Peter; Anwendungsorientierte Wirtschaftsinformatik, 4. Aufl., Vieweg, Wiesbaden 2005. ISBN 3-528-35656-1
  • Bensberg, Frank; Grob, Heinz L.; Reepmeyer, Jan-Arnim; Einführung in die Wirtschaftsinformatik, 5. Aufl., Vahlen, München 2004. ISBN 3-800-63074-5
  • Ferstl, Otto K.; Sinz, Elmar J.; Grundlagen der Wirtschaftsinformatik, 4. Aufl.; Oldenbourg, München/Wien 2001. ISBN 3-486-25587-8
  • Hansen, Hans R.; Neumann Gustaf; Wirtschaftsinformatik 1, 9. Aufl., Utb, 2005. ISBN 3-825-22669-7
  • Heinrich, Lutz J.: Wirtschaftsinformatik - Einführung und Grundlegung, 2. Aufl., Oldenbourg, München/Wien 2001. ISBN 3-486-25752-8
  • Mertens, P. u.a.: Grundzüge der Wirtschaftsinformatik, 9. Aufl., Springer, Berlin 2004. ISBN 3-540-23411-X
  • Mertens, P. et al. (Hrsg.): Studienführer Wirtschaftsinformatik. 3. Auflage, Vieweg, Wiesbaden 2002. ISBN 3-528-25539-0
  • Schwarzer, Bettina; Krcmar, Helmut: Wirtschaftsinformatik, 3. Aufl., Schäffel Poeschel, Stuttgart 2004. ISBN 3-791-02171-0
  • Stahlknecht, Peter; Hasenkamp, Ulrich; Einführung in die Wirtschaftsinformatik, 11. Aufl., Springer, Berlin 2004. ISBN 3-540-01183-8

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