Stumm (Orgelbauerfamilie)
Die Familie Stumm gehört mit ihrem Hauptvertreter Johann Michael Stumm zu den berühmtesten Orgelbauerdynastien Deutschlands. In sieben Generationen sind über 370 Orgeln (davon 140 erhalten bzw restauriert) durch sie errichtet worden. Die Familie entstammte dem Hunsrück, wo auch die meisten Werke zu finden sind. Ähnlich der bedeutenden Montanunternehmerfamilie Stumm liegen die Ursprünge der Familie in dem Ort Rhaunensulzbach. Der Urururgroßvater des Industriellen Carl Ferdinand von Stumm-Halberg, Johann Christian Stumm, Schmied in Sulzbach, war der Vater von Johann Michael Stumm, dem ersten Orgelbauer.
Berühmte Vertreter
Erste Generation: Johann Michael Stumm
Leben
Johann Michael Stumm (* 10. April 1683 in Sulzbach/Hunsrück; † 22. April 1747 in Sulzbach/Hunsrück). Zunächst Lehre als Goldschmied, dann nach Gewinn einer Orgel in einer Lotterie Hinwendung zum Orgelbau. Nach seinen Lehrjahren beim Orgelbauer Jakob Irrlach errichtete er 1714 als Meister seine eigene Werkstatt.
Stilistik
Das Orgelbauwerk Johann Michaels zeigt in der Disposition (Registeranordnung) vor allem französische Einflüsse. Kennzeichnend hierfür ist vor allem die Einteilung in Hauptwerk und Rückpositiv.
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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1722 | Münstermaifeld | erste Stumm Orgel | ||||
1723 | Rhaunen | |||||
um 1723 | Weiler bei Monzingen | |||||
1728 | Karden | St. Castor | ![]() |
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1735 | Leutesdorf | |||||
1737 | Hottenbach im Hunsrück | |||||
1737 | Spabrücken | |||||
1738 | Mühlheim/Eis | |||||
1739 | Bad Sobernheim | |||||
1744 | Abtei Rommersdorf | heute Heimbach-Weis | ||||
um 1743 | Wolf | Nur das Gehäuse ist noch erhalten. Das jetzige Werk stammt von Gustav Cartellieri (1980er Jahre), da das originale Werk durch "Renovierungen" faktisch zerstört war. | ||||
um 1743 | Starkenburg | |||||
um 1743 | Lötzbeuren | |||||
um 1743 | Finkenbach-Gersweiler | Wehrkirche | ![]() |
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1743/45 | Kirchheimbolanden | |||||
1746 | Sulzbach |
Zweite Generation
Die zweite Generation hatte ihren Sitz in Kastellaun, ihre Blütezeit ist die Mitte des 18. Jahrhunderts Vertreter sind vor allem:
- Johann Philipp Stumm (1705–1776)
- Johann Heinrich Stumm (1715?–1788)
Stilistik
Kennzeichnend für die Orgelbauten der zweiten Generation sind vor allem die Verschiebung des Spieltisches an die Seite und die Verwendung des Rückpositivs als Echowerk.
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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um 1743 | Bornheim (Rheinhessen) | |||||
1744 | Lahnstein, Oberlahnstein | St. Martin | [1] | |||
1753 | Simmern/Hunsrück | St. Josef | ||||
1756 | Bechtolsheim | Simultankirche St. Maria und St. Christophorus | ||||
1757 | Trier | Welschnonnenkirche | ||||
1759 | Durlach | evang. Stadtkirche | ||||
1759 | Wörrstadt | Laurentiuskirche | ||||
1761 | Enkirch | Evangelische Kirche | ||||
1761 | Mannheim | reformierte Kirche | 1795 beim Brand der Kirche zerstört | |||
1767 | Simmern/Hunsrück | Stephanskirche | ||||
1767/68 | Meisenheim | Schlosskirche | ||||
1769 | Roth (Rhein-Hunsrück-Kreis | Evangelische Kirche | Zunächst Aufbau auf der Empore; 1783 größere Instandsetzung durch Friedrich Carl Stumm; nach ständig notwendigen Reparaturen (die Orgel war durch die Schalllöcher im Kirchturm teilweise der Witterung ausgesetzt) wurde sie 1852 bei der Kirchenrenovierung im erweiterten Chor untergebracht; mit der großen Kirchenrenovierung 1964 Rückversetzung auf die Empore. | |||
um 1770 | Raversbeuren | Evangelische Kirche | ||||
1771 | Bärstadt | |||||
1772 | Hillesheim | Pfarrkirche St. Martin | ||||
1773 | Mainz | Augustinerkirche | ![]() |
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1774-1782 | Amorbach | Abtei | ||||
ca. 1775 | Framersheim | |||||
1776 | Irmenach | Evangelische Kirche | ![]() |
I (geteilt: Bass C-h, Diskant c'-c’’’) | Manual: Gedackt 8' (Bass und Diskant), Salicional 8' (Bass und Diskant), Traversflöte 8' (Diskant), Kleingedackt 4', Prinzipal 4', Oktav 2', Quint 2 2/3', Terz 1 3/5', Mixtur 3fach, Trompete 8' (Bass und Diskant), Vox humana 8' (Bass und Diskant); Pedal: Subbass 16', Oktavbass 8' | In den 1960er Jahren Veränderung durch Oberlinger (Zungenregister durch Prinzipal 8' und Äoline 8' ersetzt, außerdem Pedalumfang auf C-d' erweitert); 1996 Restaurierung durch Gustav Cartellieri (neue Vox humana und Trompete, Pedalumfang blieb unverändert). |
1778 | Bendorf-Sayn | Abtei | ||||
1780 | Schauren |
Dritte Generation
Die dritte Generation der Familie entscheidet sich in Form und Stilistik nicht wesentlich von der Arbeit der Vorgängergeneration. Ihre Vertreter sind:
- Philipp Stumm (1734–1814)
- Franz Stumm (1748–1826)
- Friedrich-Carl Stumm (1744–1823)
- Johann Michael (II.) Stumm (1732–unbekannt)
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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1791 | Dreieich-Dreieichenhain | Burgkirche | ||||
1772 | Herrstein | Schlosskirche | ||||
1774/1779 | Gensingen | Simultankirche St.Martin ( heute Ev.Kirche ) | Philipp und Franz Stumm, 2000 restauriert | |||
Simmern/Hunsrück | Ev. Stefanskirche | |||||
1782 | Hochstetten-Dhaun | Stiftskirche St. Johannisberg | ||||
1791 | Hennweiler | |||||
Kronberg | Johanniskirche | Siehe Bösken S. 76, 1897 ersetzt durch Walcker, Ludwigsburg, 1966 ersetzt durch Neubau im alten Gehäuse durch Hillebrand, Hannover (32/III), 1845 Mendelssohn spielte auf der Kronberger Orgel. | ||||
1809 | Kleinich | |||||
um 1780 | Hasselbach (Taunus) | St. Margaretha | teilweise erhalten |
Vierte Generation
Vertreter der vierten Generation waren:
- Carl Stumm (1783–1845)
- Franz-Heinrich Stumm (1788–1859)
Stilistik
Die Gehäuse (Prospekte) der Orgeln bleiben im wesentlichen in der Epoche des Spätbarock angesiedelt. Lediglich einige klassizistische Gehäuse sind bekannt (z.B. in Treis). Klanglich gehen die Orgeln in Richtung der Romantik.
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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1820 | Sankt Goar | Stiftskirche | II | 12 | 1995 generalüberholt | |
1820 | Meckenbach (bei Kirn) | |||||
1828 | Bischofsdhron | St. Paulin | ||||
1831 | Niederhorbach | |||||
1832 | Allenbach | |||||
1833 | Alsenborn | Protestantische Kirche | ![]() |
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1833 | Bruchweiler | |||||
1834 | Wolfersweiler | |||||
1836 | Treis | St. Johannes der Täufer | ||||
1838 | Ommersheim | |||||
1840 | Trittenheim | |||||
1842 | Geisenheim | Dom |
Fünfte Generation
Vertreter:
- Friedrich Carl Stumm (1819−1891)
- Georg Karl Ernst Stumm (1824−1869)
Stilistik
Die Klangfarben der 5. Generation sind allgemein grundtöniger gehalten, die Gehäuse sind im Stil der Zeit meist neuromanisch oder neugotisch.
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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1852 | Bubach | |||||
1853 | Beulich | |||||
1857 | Ludweiler | Hugenottenkirche | ||||
1861 | Stipshausen | |||||
1863 | Grumbach | |||||
1866 | Oberheimbach | |||||
1876 | Thalfang | |||||
1882 | Miesau, heute zu Bruchmühlbach-Miesau |
Sechste Generation
Die 6. Generation ist von den Umbrüchen der Zeit geprägt. 1920 wurde die Firma geschlossen. Stilistische Akzente konnten nicht mehr gesetzt werden.
Vertreter:
- Friedrich Stumm (1846–1921)
- Karl Stumm (1847−1926)
Werkliste
Jahr | Ort | Gebäude | Bild | Manuale | Register | Bemerkungen |
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1886 | Niederlinxweiler | |||||
1886 | Sargenroth | Ev. Kirche | ||||
1888 | Veldenz | |||||
1890 | Mülheim (Mosel) | |||||
1891 | Ober Kostenz | |||||
1895 | Norheim | |||||
1896 | Niederhosenbach |
Siebte Generation
Schon 1890 hatten sich diese Vertreter der Orgelbauerfamilie von der ursprünglichen Werkstatt getrennt. In Kirn wurde eine neue Werkstatt gegründet. Gebaut wurden vor allem Orgeln mit mechanischer und möglicherweise auch pneumatischer Traktur. 1906 wurde die Firma geschlossen. Teile der Werkstatt wurden von der benachbarten Orgelbauerfamilie Gebrüder Oberlinger in Windesheim den Erben abgekauft. Die Firma Oberlinger setzt die Tradition der Hunsrücker Orgelbauer fort. Von den Orgeln der siebten Stumm-Generation sind noch etwa 20 Werke erhalten.
Vertreter:
- Gustav Stumm (1855–1906)
- Julius Stumm (1858–1885)
Neunte Generation
1970 wurden die Nachfahren des Orgelbauers Gustav Stumm bekannt. Sie betreiben dieses Handwerk weiter und führen so die Familientradition fort.
Vertreter: Fabian Stumm
Literatur
- Franz Bösken: Die Orgelbauerfamilie Stumm aus Rhaunen-Sulzbach und ihr Werk. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaus am Mittelrhein, Mainzer Altertumsverein, Mainz 1981 (Sonderdruck aus Mainzer Zeitschrift Jg. 55 (1960)
Weblinks
- Informationen zur Orgelbauer-Dynastie Stumm und ihren Instrumenten im Mosel-Hunsrück-Raum www.stummorgel.de
- Stumm-Orgelverein Rhaunen-Sulzbach e.V. www.stumm-orgelverein.de
- Familie Stumm im Portal Rheinische Geschichte
Einzelne Stummorgeln:
- Stumm-Orgeln (Trierer Orgelpunkt)
- Stumm-Orgel in Bendorf-Sayn
- Stumm-Orgel in Karlsruhe-Durlach
- Stummorgel Wolfersweiler von 1834. Die älteste Orgel im Saarland
- [1] Stumm-Orgel in Treis-Karden St.Johannes d.T.
Einzelnachweise
- ↑ Stadtarchiv Lahnstein OL139/5 Seite 50-54