Weinbrand

Weinbrand (nach mittelhochdeutsch: gebranter wīn, seit dem 16. Jahrhundert in Formen, wie brandtenwīn, brentenwein, brantewein, etc.) ist ein Gattungsbegriff für Spirituosen aus einem Weindestillat. Als Handelsbezeichnung ist der Begriff „Weinbrand“ EU-rechtlich definiert und insbesondere vom Branntwein und anderen Spirituosen abgegrenzt[1].
Geschichte
Destillate aus Wein gehören zu den ältesten Spirituosen der Welt. Vermutlich wurden bereits seit 1000 n. Chr. im Gebiet der heutigen Türkei hochprozentige alkoholische Getränke aus Wein gebrannt.[2] In Europa verbreiteten sich Weindestillate im Hochmittelalter und wurden zunächst vor allem zu medizinischen Zwecken genutzt. Über das mittelniederdeutsche brandewīn entstand der englische Begriff brandy wine. Dieser zu „Brandy“ verkürzte Name wird in vielen europäischen Ländern, wie England, Italien und Spanien, aber auch international benutzt.[3] Bis zur Durchsetzung der Champagnerparagraphen nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in Deutschland die französische Bezeichnung Cognac vor. Die auf Hugo Asbach zurückgehende Wortschöpfung „Deutscher Weinbrand“ wird seit 1923 im deutschen Weingesetz verwendet. Die einschlägige EU-Verordnung setzt heute Brandy und Weinbrand gleich.
Nicht verwechselt werden sollte der Begriff Weinbrand mit den Begriff Branntwein. Im deutschen Sprachraum stellt Branntwein spätestens seit dem 19. Jahrhundert eher den (vor allem steuerrechtlichen) Überbegriff für alle Spirituosen sowie Mischungen aus Spirituosen ab 15 Volumenprozent Alkoholgehalt dar.[4] Beim steuerrrechlichen Branntwein handelt es sich daher oft nicht um ein Destillat aus Wein, sondern aus einer Vielzahl zucker- und stärkehaltiger Ausgangsprodukte. Hierzu gehören Obst, Getreide oder Kartoffeln (Siehe auch: Agraralkohol). Andererseits definiert das neuere EU-Recht Branntwein sehr wohl wieder als Weindestillat.[1]
Definition
Nach den Begriffsbestimmungen für Spirituosen sind Brandy und Weinbrand Spirituosen,
- deren Alkohol mindestens zur Hälfte aus Branntwein stammt und zum anderen aus einem Weindestillat stammen darf, das zu weniger als 94,8 Volumenprozent destilliert wurde,
- einen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen von mindestens 125 Gramm/100 Liter reinen Alkohols und
- einen Methanolgehalt von höchstens 200 Gramm/100 Liter reinen Alkohols aufweist,
- die Eichenholzfässern gereift sind (mindestens sechs Monate, wenn das Fassungsvermögen der Fässer unter 1000 Litern liegt, mindestens zwölf Monate bei Verwendung größerer Fässer),
- die einen Mindestalkoholgehalt im allgemeinen von 36 Volumenprozent haben (für deutschen Weinbrand: 38 Volumenprozent)
- denen in keinerlei Form weiterer Ethanol landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt wurde.[5][1]
Es gilt weiterhin ein Verbot von Aromazusätzen, sofern diese nicht nach traditionellen Verfahren in den jeweiligen Herstellungsländern erlaubt sind. So können teilweise Auszüge aus Vanilleschoten zur Abrundung des Geschmacks beigegeben werden.
Spirituosen, die nicht unter den EU-rechtlichen Begriff von Brandy oder Weinbrand fallen sind beispielsweise der weiße Weinbrand, der nicht in Holzfässern gelagert wird und deshalb keine Farbe annimmt. Frucht-Brandys (nicht identisch mit Obstbränden) müssen die Bezeichnung der verwendeten Frucht tragen und zählen zu den Likören, zum Beispiel Cherry Brandy. Bei der Herstellung von portugiesischem Portwein vermischt man den angegorenen Traubenmost vor der Lagerung mit Weinbrand. Selbst beim spanischen Sherry wird vor der Abfüllung in Fässer der Alkoholgehalt durch Weinbrand erhöht, um längere Lagerzeiten zu ermöglichen.
Erzeugerländer und Produkte
Deutschland
Weinbrand ist EU-weit ein geschützter Begriff für eine Spirituose, deren Alkoholgehalt vollständig aus Wein entstammt. Der Alkoholgehalt des ursprünglichen Weindestillats beträgt 52 bis 86 % Vol. Alkohol. Der Mindestalkoholgehalt muss 36 % Vol. betragen. Wenn Weinbrand die Bezeichnung „Deutscher Weinbrand“ trägt, ist ein Mindestalkoholgehalt von 38 % Vol. vorgeschrieben. Zudem muss „Deutscher Weinbrand“ eine amtliche Prüfungsnummer auf dem Etikett aufweisen.[6]
Einer der bekanntesten Weinbrände deutscher Provenienz ist der seit 1892 in Rüdesheim am Rhein hergestellte „Deutsche Weinbrand“ Asbach Uralt. Hugo Asbach war es auch, der den Begriff Weinbrand zunächst als Warenzeichen einführte, dann aber zur allgemeinen Nutzung freigab. Das hing vor allem damit zusammen, dass sich Deutschland mit Ende des Ersten Weltkrieges im Friedensvertrag von Versailles verpflichtetet hatte, sämtliche französischen geschützten Ursprungsbezeichnungen zu respektieren (Champagnerparagraph). Asbach hatte den Begriff Weinbrand schon vorher parallel benutzt.
Ein anderer sehr bekannter Weinbrand aus Deutschland ist „Chantré“ aus Eltville am Rhein. Das nach dem Geburtsnamen der Frau des Familienunternehmers Ludwig Eckes benannte Getränk, das seit 1953 vertrieben wird, steht mit rund 13 Millionen Flaschen (2007) auf Rang 2 der meistverkauften Spirituosen in Deutschland (Quelle: IRI, Handelspanel). Die Marke gehört den Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien. Da „Chantré“ nur einen Alkoholgehalt von 36 % aufweist und er keine amtliche Prüfnummer besitzt, handelt es sich nicht um "Deutschen Weinbrand".
Wilthener Goldkrone aus Wilthen in der Oberlausitz in Sachsen ist mit 28 % Vol. kein Weinbrand, sondern, so auch auf dem Etikett deklariert, eine Spirituosenspezialität, die bereits in der DDR gebrannt wurde, hierzu gehörte ebenfalls der Urahn. Die heute zur Hardenberg-Wilthen AG gehörende Marke Wilthener Goldkrone stammt allerdings aus einem Haus mit einer Weinbrandtradition seit Mitte des 19. Jahrhunderts. So bietet Hardenberg-Wilthen ebenfalls Weinbrände in VSOP- und XO-Qualität an ("WILTHENER Nr. 1").
Frankreich
Aufgrund der wechselvollen deutsch-französischen Begriffsgeschichte von Cognac und „Weinbrand“ weicht die augenblicklich noch verbreitete deutsche Bezeichnung vieler Sprituosen aus französischen Weindestillaten als "Weinbrand" vom geltenden EU-Recht ab. So sind die als Eau-de-vie de vin geografisch geschützten Spirituosen wie der Eau-de-vie de vin de Cognac (Cognac) als Branntweine geschützt.[1]
Branntweine aus Weinen der Charente und der Charente-Maritime können als Cognac bezeichnet werden. Der Brennvorgang erfolgt in zwiebelförmigen Brennblasen. Die Mindestlagerung beträgt 30 Monate in Holzfässern aus Limousin-Eiche. Cognac muss einen Alkoholgehalt von mindestens 40 Volumenprozent aufweisen.
Branntweine aus dem Gebiet Gascogne heißen Armagnac. Dieser wird, im Gegensatz zu Cognac, in einem einmaligen, kontinuierlichen Brennvorgang erzeugt. Auch Armagnac ist eine geschützte geografische Herkunftsbezeichnungen für französische Branntweine.
Spanien
Spanien ist das Land mit der wahrscheinlich längsten Brandy-Tradition Europas und der größte Brandy-Produzent der Welt. 90 Prozent der spanischen Brandys kommen aus der Region um Jerez de la Frontera an der Atlantikküste. Dieses Erzeugnis ist seit 1987 unter der Bezeichnung Brandy de Jerez geschützt und seine Herstellung wird von einem Kontrollorgan – dem Consejo Regulador – nach strengen Kriterien überwacht. Es handelt sich um den einzigen Brandy weltweit mit einer von der EU zugelassenen Herkunftsbezeichnung. Bei spanischen Brandys kommt ein besonderes Destillationsverfahren zur Anwendung, dabei werden zwei völlig verschiedene Destillate verwendet (Holandas und Destilados). Die Holandas bestehen zu 60 bis 65 Prozent aus Alkohol und können als der eigentliche Träger des Brandy-Aromas bezeichnet werden. Die Destilados haben einen Alkoholgehalt von 84 bis 86 Prozent, sind aromatisch eher neutral und sorgen in Kombination mit den eigentlichen Aromaträgern für einen leichteren und feineren Geschmack. Von ganz besonderer Bedeutung ist beim spanischen Brandy das Verfahren der Lagerung und Alterung (Solera-Verfahren), welches man bei der Herstellung von Cognac oder Weinbrand nicht kennt. Zumeist erfolgt die Lagerung in Fässern aus amerikanischer weißer Steineiche, die in aller Regel zuvor bereits zur Sherry-Lagerung dienten. Dem Solera-Verfahren ist eine jahrgangsweise Lagerung unbekannt. Vielmehr haben die jeweiligen Destillate im Laufe ihrer Reifeperiode eine bestimmte Anzahl von Fass-Reihen zu „durchwandern“. Nach dem ersten Jahr wird hierbei nur ein Teil des jungen Destillats entnommen und in ein Fass der zweiten Reihe gefüllt, aus dem man wiederum einen Teil in ein Fass der dritten Reihe gepumpt hat. Die Fässer der ersten Reihe werden mit frischem, völlig ungealtertem Destillat aufgefüllt. Nur das Destillat aus der letzten Reihe dient zur Herstellung des endgültigen Brandys. Je nach Produkt kann die Anzahl der Solera-Stufen unterschiedlich sein, vom hochwertigen Brandy „Gran Duque d'Alba Oro“ aus der Bodega „Williams & Humbert“ ist zum Beispiel ein 12-stufiges Solera-Verfahren bekannt. Ergebnis dieses aufwändigen Systems ist es, dass über sehr lange Zeiträume eine gleich bleibende Qualität gewährleistet ist. Das Solera-Verfahren findet seinen Abschluss mit der Mischung der Holandas und Destilados und der erneuten, zum Teil mehrere Monate (oder auch Jahre) andauernden, Lagerung. So vereinigen sich die einzelnen Bestandteile zur vollendeten Harmonie. Der Trinkstärke-Alkoholgehalt (beim Brandy de Jerez ist ein Alkoholgehalt von 36 bis 45 Volumenprozent üblich) wird durch Zusatz von Wasser erreicht.
Der spanische Brandy kennt drei unterschiedliche Qualitätsstufen:
- Solera: Bevor ein Brandy Solera genannt werden darf, muss er mindestens sechs Monate fassgelagert sein, in der Regel reift er sogar 18 Monate. Er hat noch eine helle Farbe, ist leicht und besitzt einen frischen Weingeschmack.
- Solera Reserva: Für diesen Brandy ist Reifung im Fass von zwölf Monaten festgelegt. Auch er reift meistens wesentlich länger (bis zu fünf Jahre). Das Durchschnittsalter dieses edlen Brandys beträgt 3 Jahre. Er ist dunkler und aromatischer als der Brandy Solera.
- Solera Gran Reserva: Für diese höchste Güteklasse sind 36 Monate Lagerzeit in Fässern vorgeschrieben, diese Mindestvorgabe wird jedoch oft um ein Vielfaches überschritten. Der Brandy dieser Premium-Kategorie hat eine enorme Aromakonzentration und eine geschmackliche Komplexität mit Nuancen von Kaffee, Schokolade, Karamell mit feinen Vanillenoten, manchmal auch von Rosinen oder Pflaumen. Durchschnittlich reifen Brandys der Qualitätsstufe Solera Gran Reserva heute mindestens acht bis 15 Jahre, viele auch 25 Jahre und mehr. Gerade in letzter Zeit kommen sehr alte Brandys mit einem Alter von 50, 60 und teilweise sogar 70 und 100 Jahren auf den Markt.
Armenien
Der Armenische Brandy, meist als Armenian Brandy bezeichnet, ist ein reines Weindestillat. Der gesetzlich geschützte Begriff Armenischer Weinbrand bezeichnet hochwertigen Weinbrand aus Armenien, dessen Grundwein nur aus einheimischer Produktion stammen darf. Außerhalb der EU wird auch der Begriff „Armianskij Konjak“ genutzt.
Chile und Peru
In Chile und Peru existiert eine lange Tradition der Weinbrandherstellung. Diese werden dort unter der Bezeichnung Pisco vertrieben.
Norwegen
Der norwegische Brandy besteht in aller Regel aus gebranntem Wein unter Zusatz von einheimischem Alkohol, der zumeist aus Kartoffeln gewonnen wird. EU-rechtlich handelt es sich wegen der Zugabe des landwirtschaftlichen Alkohols weder um einen Branntwein noch um einen Brandy/Weinbrand.
USA
In den Vereinigten Staaten versteht man unter Brandy in- und ausländische Alkoholika, die aus reinem Weinalkohol hergestellt werden, zum Beispiel Cognac oder Weinbrand.
Ungarn
In Ungarn wird ein aus Traubenweindestillat (unter Zusatz von Aromastoffen) hergestelltes Erzeugnis als Brandy bezeichnet.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008, Anhang II Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „europa“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Westermeyer J.: Cross-cultural studies on alcoholism. In: Goedde HW: Alcoholism: Biomedical and genetic aspects. Pergamon Press, New York, S. 305–311.
- ↑ Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 8. Auflage, Deutscher Taschenbuchverlag, 2005. ISBN 3-423-32511-9
- ↑ Webseite der Zollverwaltung
- ↑ Mindestalkoholgehalt von Spirituosen – Die Bundesbehörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft
- ↑ Webseite des Landwirtschaftsministeriums Baden-Württemberg