Oxymorphon
Strukturformel | |||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||
Freiname | Oxymorphon | ||||||||||||
Andere Namen |
IUPAC: 4,5-epoxy-3,14-dihydroxy- 17-methylmorphinan-6-on | ||||||||||||
Summenformel | C17H19NO4 | ||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißliches, geruchloses Pulver (Hydrochlorid)[1] | ||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||
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Arzneistoffangaben | |||||||||||||
ATC-Code | |||||||||||||
Wirkstoffklasse | |||||||||||||
Wirkmechanismus |
Supraspinale Analgesie durch Bindung an µ-Opioidrezeptoren | ||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||
Molare Masse | 301,34 g·mol−1 | ||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||
pKS-Wert |
8,17 [2] | ||||||||||||
Löslichkeit |
löslich in siedendem Aceton, Chloroform; schnell löslich in wässrigen Alkalien; mäßig löslich in siedendem Ethanol | ||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Oxymorphon (Handelsname: Opana® (USA)) ist ein stark zentral wirkendes Analgetikum und gehört zur Gruppe der Opioide. Oxymorphon zählt zu den halbsynthetischen Opioiden wie z. B. das Oxycodon und wird aus dem Edukt Thebain hergestellt. Es besitzt eine therapeutische Potenz von 10, d. h. es ist etwa zehnmal so potent wie Morphin.
Oxymorphon wird in der Akut- und Langzeit-Schmerztherapie bei starken bis sehr starken Schmerzen eingesetzt. Wie auch alle anderen Opioide besitzt Oxymorphon ein primäres Abhängigkeitspotential. Neben seiner starken analgetischen Wirkung besitzt es auch eine starke euphorisierende und beruhigende Wirkung. Oxymorphon wurde von M.J. Lewenstein und U. Weiss erfunden und am 10. September 1957 unter der Nummer US 2806033 in den Vereinigten Staaten patentiert[3] und 1995 von der Arzneimittelzulassungsbehörde FDA zugelassen.
Darreichungsformen
Das Handelspräparat, das allerdings nur in den USA als Analgetika zugelassen ist, wird in Form von Tabletten und als Injektionslösung angeboten. Opana® gibt es in den Dosierungen von 5 mg und 10 mg. OpanaER® ist ein Retardpräparat, welches den Wirkstoff über einen Zeitraum von etwa zwölf Stunden gleichmäßig abgibt. Es ist als Tablette in den Dosierungen von 5 mg, 10 mg, 20 mg und 40 mg erhältlich. Es ist nur als Hydrochlorid-Salz erhältlich und hat ein Gleichgewichtsverhältnis zu seiner Base von 0,89.
In Deutschland fällt der Arzneistoff unter die Anlage II des BtMG, ist also verkehrs- aber nicht verschreibungsfähig.
Medizinischer Einsatz
Oxymorphon wird zur Behandlung von starken bis stärksten Schmerzen in der Akut- und Langzeit-Schmerztherapie verwendet. Außerdem wird es bei operativen Eingriffen als Anästhetikum intravenös appliziert.
Retardierte (wirkungsverzögerte) Tabletten werden bei der Behandlung von chronischen Schmerzen verwendet, da der Wirkstoff ca. 12 Stunden lang gleichmäßig abgegeben wird. Dadurch muss der Patient nur zweimal pro Tag eine definierte Dosis einnehmen. Oxymorphon eignet sich sowohl zur Therapie von Tumorschmerzen als auch Nicht-Tumorschmerzen, wie etwa chronische Rückenschmerzen.
Nichtretardiertes Oxymorphon wird als schnellwirkendes Medikament zur Behandlung sog. Durchbruchsschmerzen bei Patienten verwendet, welche mit der Retardform behandelt werden. Oxymorphon sollte wie auch andere Opioide erst verwendet werden, wenn andere nicht-Opioid-Analgetika oder schwächere Opioide nicht mehr wirken. Zudem wird es auch wie Morphin, Levomethadon und Hydromorphon in der Veterinärmedizin zur Behandlung von Schmerzen bei Katzen, Hunden, Ratten, Frettchen und anderen Haustieren eingesetzt.
Intravenöse Applikation verursacht innerhalb von 10 Sek.-1 Min. Schmerzlinderung. Nach einer subkutanen oder intramuskulären Applikation tritt nach etwa 5-8 Min. Analgesie ein. Die nichtretardierte Tablettenform bewirkt nach etwa 30 Min. Schmerzfreiheit und die Retardform nach etwa 60 Min. Die Analgesiedauer beträgt etwa 3-4 Stunden bei den nichtretardierten Formen und etwa 12 Stunden bei der Retardform. Oxymorphon besitzt eine analgetische Potenz von 10: 1-1,5 mg Oxymorphon sind 10 mg Morphin äquipotent.
Physikalische Eigenschaften
Oxymorphon-HCl ist ein geruchloses, kristallines weißes Pulver. Ist es direkter Lichteinstrahlung länger ausgesetzt, so wird seine weiße Farbe dunkel. Dieser Effekt hat aber keine Auswirkung auf die analgetische Potenz. Ein Gramm Oxymorphon-HCl lösen sich in 4 ml Wasser. Es ist wenig löslich in Ethanol und Diethylether. Die Injektionslösung hat einen pH-Wert von 2,7-4,5.
Struktur
Oxymorphon ist ein Morphin-Derivat, d. h. es leitet sich von dem Referenz-Opioid Morphin ab. Das Oxymorphon-Molekül besitzt wie Morphin, fünf Ringe.

Nomenklatur der Ringe:
- Ring A, aromatischer Ring
- Ring B, Cyclohexan-Ring
- Ring C, Cyclohexen-Ring
- Ring D, Piperidin-Ring
- Ring E, Tetrahydrofuran-Ring
Oxymorphon ist chemisch gesehen wie auch sein Analogon Hydromorphon ein Morphin-Keton. Es besitzt wie Morphin am 3er C-Atom eine Hydroxylgruppe. Der Unterschied in der Molekül-Struktur besteht darin, dass Oxymorphon am 14er C-Atom eine zusätzliche OH-Gruppe und am 6er C-Atom eine Keto-Gruppe besitzt. Des Weiteren ist im Vergleich zu Morphin die Doppelbindung zwischen dem 7. und 8. C-Atom reduziert. Diese Modifikationen am Morphin-Grundgerüst führen zu einem Anstieg der analgetischen Potenz von 1 für Morphin zu 10 für das entstandene Oxymorphon. Wie auch bei Morphin und Hydromorphon hängt am Stickstoff des Piperidin-Ringes eine Methylgruppe.
Herstellung
Oxymorphon wird großtechnisch aus dem Opiat Thebain hergestellt. Da dieses im schwarzen Schlafmohn (Papaver somniferum) zu nur etwa 0,2-0,5 % vorkommt, wird Thebain aus dem orientalischen Schlafmohn (Papaver orientale) extrahiert, weil es hier zu etwa 3 % vorkommt.
Oxymorphon kann auch aus Morphin und Oxycodon synthetisiert werden. Es ist ein aktiver Metabolit bei der Metabolisierung des Opioids Oxycodon. Hierbei wird der Sauerstoff am 3er C-Atom des Oxycodon demethyliert. Allerding ist Oxymorphon nur in geringer Konzentration nach Einnahme von Oxycodon im Blut vorhanden. Ein wichtiges Derivat von Oxymorphon ist der Opioid-Antagonist Naltrexon.
Pharmakodynamik
Analgetische Wirkung
Oxymorphon wirkt, wie auch endogene Opioidpeptide (Endorphine und Enkephaline) im zentralen Nervensystem. Die Wirkung beruht auf einer Bindung an spezifische Rezeptoren, den Opioid-Rezeptoren, die sowohl spinal (im Rückenmark) als auch supraspinal (im Gehirn) vorkommen. Der Unterschied zu den endogenen Opioiden besteht darin, dass die Wirkungen exogener Opioide, wie z. B. Morphin und Oxymorphon, um ein Vielfaches stärker sind.
Verantwortlich für eine Analgesie sind vor allem die µ-Opioidrezeptoren, aber auch die κ-Opioidrezeptoren. Oxymorphon weist eine hohe Rezeptoraffinität (hohe Passform zum Rezeptor) als auch eine hohe intrinsische Aktivität am µ-Opioidrezeptor auf, was die hohe analgetische Potenz bedingt. Durch die Bindung an die Opioidrezeptoren bewirkt Oxymorphon, wie andere Opioide auch, eine Konformationsänderung des Rezeptors einschließlich der daran gekoppelten G-Proteine. Daraus resultiert eine Öffnung postsynaptischer Kalium-Kanäle (Hyperpolarisation der Zellmembran) und eine Schließung der präsynaptischen Calcium-Kanäle (geringere Ausschüttung erregender Transmitter wie Substanz P und Glutamat) mit Inhibition der synaptischen Erregungsüberleitung.
Weitere Wirkungen/Nebenwirkungen
Oxymorphon verursacht wie auch Morphin Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Sedierung, Euphorie und/oder Dysphorie, Atemdepression, Muskelrigidität, Hemmung des Hustenzentrums, Miosis, Hypotonie, Bradykardie, Hautjucken sowie physische und psychische Abhängigkeit. Eine Überdosis kann durch intravenöse Gabe des Antidots Naloxon antagonisiert werden.
Pharmakokinetik
Absorption
Oxymorphon wird sowohl subkutan als auch intrmuskulär sehr gut absorbiert. Intravenös beträgt die Bioverfügbarkeit 100%. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt nur etwa 10%, da Oxymorphon nach oraler Gabe einem relativ hohem First-Pass-Effekt unterliegt. Die schlechte orale Bioverfügbarkeit erfordert trotz hoher therapeutischer Potenz entsprechend hohe Dosen.
Metabolismus

Oxymorphon wird, obwohl es ein Morphinanalogon ist, anders als dieses überwiegend durch die Uridindiphosphat-Glucuronosyl-Transferase (UGT), ein Enzym der Leber, metabolisiert. Es bildet wie auch seine Analoga Oxycodon und Hydromorphon, im Vergleich zu Morphin, keine aktiven Metaboliten. Der Hauptmetabolit ist dabei konjugiertes Oxymorphon, d. h., dass durch Ankopplung von Glucuronid an der phenolischen OH-Gruppe des dritten Kohlenstoffatoms, der Metabolit Oxymorphon-3-Glucuronid zu etwa 45 % gebildet wird, gefolgt von 6-alpha-Oxymorphol (<5 %), welches durch die Reduktion der Keto-Gruppe am 6er C-Atom verursacht wird. Diese Metaboliten werden über die Nieren ausgeschieden. Des Weiteren werden etwa 10 % freies Oxymorphon über den Urin ausgeschieden.
Wechselwirkungen
Oxymorphon verstärkt die Wirkung von Stoffen, die auf das zentrale Nervensystem wirken. Dazu zählen Alkohol, Barbiturate, Sedativa, Anxiolytika und Neuroleptika.
Literatur
- ACS Division of Medicinal Chemistry: Chemistry of Opioid Analgesics
- Mellar Davis, Paul Glare, Janet Hardy: Opioids in cancer Pain. Oxford University Press, 2005, ISBN 0-19-852943-0
- Freye: Opioide in der Medizin. Springer, 6. Auflage, ISBN 3-540-40812-6
- Kurzweil, Pittrow: Vom Schlafmohn zu den synthetischen Opiaten. Verlag Shaker, 1995, ISBN 3-8265-5080-3
Einzelnachweise
- ↑ Opana Oxymorhone Hydrochloride Injection
- ↑ a b c Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar )
- ↑ US-Patent Nr. 2806033