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Wilhelm Bode (Forstmann)

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Wilhelm Bode (* 1947 in Westfalen) ist ein deutscher Forstwissenschaftler und Naturschützer. Von 1987 bis 1993 leitete er die Saarländische Landesforstverwaltung in der Funktion eines Leitenden Ministerialrats.

Leben

Wilhelm Bode stammt nach eigenen Angaben aus einer alten Jägerfamilie und ist selbst seit frühester Kindheit Jäger. Er studierte Jura sowie Forstwissenschaft und schloss beide Studiengänge als Jurist und Diplom-Forstwirt erfolgreich ab. Von 1987 bis 1993 leitete er die saarländische Landesforstverwaltung als Leiter der Abteilung Jagd, Forst- und Holzwirtschaft im saarländischen Wirtschaftsministerium. Danach war er zunächst Landesbauftragter für Klimaschutz und ökologische Wirtschaftspolitik und schließlich Leiter der Abteilung „Mensch und Natur“ im saarländischen Umweltministerium.

Ursprünglich war Bode Mitglied der SPD, trat dann aber zu Bündnis 90/Die Grünen über, deren stellvertretender Landessprecher und umwelt- und wirtschaftspolitischer Sprecher er Ende 1993 wurde (bis 1997). Weiterhin ist er Vorsitzender des Ökologischen Jagdverbandes (ÖJV) Saarland.

In der Affäre um die Äußerungen des saarländischen Umwelt-Staatssekretärs Klaus Borger („Waldrodung ist Massenmord“) verteidigte er diesen und den slowenischen Forstwissenschaftler Dusan Mlinsek. Mlinsek hatte den Fahrer einer Forstmaschine mit einem Bomberpiloten verglichen. Bode wies in einem Leserbrief an die taz auf dessen Verdienste für die naturnahe Waldwirtschaft in Slowenien und Europa hin.[1]

Als Buchautor

Insbesondere ist Wilhelm Bode bekannt durch seine Bücher: u.a. ein kommentierter Reprint des forstlichen Klassikers von Alfred Möller "Der Dauerwaldgedanke - sein Sinn und seine Bedeutung" (1992), "Waldwende. Vom Försterwald zum Naturwald" (1994, 4 Auflagen), das er zusammen mit Martin von Hohnhorst verfasste,"Jagdwende. Vom Edelhobby zum ökologischen Handwerk", (1998, 3 Auflagen), "Naturnahe Waldwirtschaft. Prozesschschutz oder Biologische Nachhaltigkeit" (1997),sowie "Schutz der Biologischen Vielfalt und integriertes Management der Kaspischen Wälder (Iran)" (2005). In der "Jagdwende" fordert er eine Abkehr von der Jagd als Edelhobby (in der Tradition ehemals feudaler Jagdmethoden) und eine Professionalisierung der Jagd als Nutzungshandwerk (~ Jagen zu einem "vernünftigen Zweck", d.h. zu einem vernünftigen Grund). Die historisch zutreffende Verknüpfung des heutigen Jagdsystems mit dem Reichsjagdgesetz von 1934, die Bode (und Koautorin Emmert) darin erstmals schonungslos aufdeckten, wurde von Vertretern der konventionellen Jagd, insbesondere des Deutschen Jagdschutzverbandes, als unsachlich und polemisch empfunden.[2] Bode hat seit den 70er Jahren insgesamt ca. 120 Fachveröffentlichungen zur Jagd-, Forst-, Naturschutz- und Agrarpolitik verfasst. Der Spiegel widmete 1994 erstmals einem Waldbuch, nämlich Bodes Buch "Waldwende" seine Titelgeschichte "Der Öko-Wald. Rezept gegen das Waldsterben" (Spiegel Nr. 48/1994)und verhalf damit der naturnahen Waldbewirtschaftung in Deutschland maßgeblich zum politischen Durchbruch.

Als Naturschützer

Bekannt wurde Bode auch als agrar- und forstpolitischer Sprecher des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) auf Bundesebene (1993-2001). In seiner Funktion als Sprecher des NABU-Arbeitskreises Landnutzung und des Bundesarbeitskreises Wald+Wild des NABU bestimmte er maßgeblich die forst-, jagd- und agrarpolitische Positionierung des NABU in den 1990er Jahren (NABU-Waldprogramm, Aktion Lebendiger Wald, NABU-Waldgemeinde, Waldgroßschutzgebiete, Agrarpolitisches Programm etc.; siehe auch unten 3. Tiret unter Schriften). Bode initiierte die NABU-Strategie für Waldgrosschutzgebiete und damit Ende der 90er Jahre das erste deutsche Waldgroßchutzgebiet im Saarkohlenwald, den sog. "Urwald vor den Toren der Stadt" (ca. 1000 ha, inzwischen unter Naturschutz gestellt). 1993 entwarf und initiierte er als NABU-Waldsprecher den bis heute führenden deutschen Negativpreis für umweltpolitisch rückwärtsgewandte Leistungen, den sog. NABU-Dinosaurier, der seither alljährlich zwischen den Jahren unter großer medialer Beachtung vom NABU-Bundesverband an prominente Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik verliehen wird. Im Rahmen des von ihm (zusammen mit Christoph Heinrich) entworfenen NABU-Waldkonzeptes (1996) forderte der NABU gegen den entschiedenen Widerstand von namentlich BUND und Greenpeace eine Waldwirtschaft nach dem Dauermischwaldprinzip und ca. 5 % aller Wälder aus der Nutzung zu nehmen (siehe unten NABU-Waldkonzept) - im Gegensatz zum sog. Prozessschutzkonzept des BUND und Greenpeace mit 10 % nutzungsfreier Waldfläche. Diese verbandspolitische Forderung des NABU wurde inzwischen in die offizielle Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung übernommen (vgl.: Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt, beschlossen vom Bundeskabinett am 7. Nov. 2007). Auf Bodes Entwurf 2004 für eine Novellierung des saarländischen Naturschutzgesetzes (in Kraft gesetzt am 5. April 2006 (SNG) vgl. Saarl. Amtsbl. S. 726) gehen auch maßgeblich dessen innovativen Inhalte zurück (jeweils erstmalige Verankerung eines Landesbeirates für Landschaft vgl. § 42 SNG und eines (Landes-)Nachhaltigrates vgl. § 44 SNG, sowie eines Biosphärenreservates auf Grundlage eines kommunalen Zweckverbandes vgl. § 10 Abs.5 SNG). 2001 installierte er als Leiter der Obersten Tierschutzbehörde die erste deutsche Landesstiftung für Tierschutz, die sog. Tierschutzstiftung Saar. Durch seine Vermittlung zum damaligen grünen Staatssekretär Berninger (BML) stimmte die CDU-Regierung Saarland 2001 dem vorzeitigen und endgültigen Verbot der Legehennenkäfighaltung zu und verschaffte so der Rot/Grünen Bundesregierung und ihrer Ministerin Künast mit den Stimmen des Saarlandes zu einem entscheidenden umweltpolitischen Mehrheitsserfolg gegen eine CDU-Mehrheit im Bundesrat. Das 2001 von ihm in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz initiierte "Parrotia-Projekt" zum Schutz der kaspischen Wälder im Nordiran und zur Ausweisung als UNESCO-Weltnaturerbe hat zwischenzeitlich dazu geführt, dass Kahlschläge im Iran vollständig eingestellt wurden und repräsentative Teile der Kaspischen Wälder ganz aus der Nutzung genommen wurden. Inzwischen erarbeitet der Iran einen Antrag zur Ausweisung der Kaspischen Wälder als Weltnaturerbe der UNESCO (siehe unten 7. Tiret unter "Schriften").

Tätigkeiten in der Forstwirtschaft

Wilhelm Bode entwickelte für das Saarland das Konzept einer naturnahen Waldwirtschaft und verwirklichte damit erstmals in einem Bundesland auf der öffentlichen Waldfläche (Staats- und Kommunalwälder) die Überführung des Altersklassenwaldes in einen kahlschlagfreien Dauerwald. Das in Deutschland viel beachtete, in seiner Vollständigkeit bis heute einmalige, Konzept basierte auf:

  1. konsequenter Kahlschlagfreiheit,
  2. sanften Betriebstechniken (Mensch und Pferd, Verbot des Befahrens der Waldböden, erstmals in Deutschland),
  3. Naturverjüngungsvorrang (mit heimischem Laubholz),
  4. Chemiefreiheit (landesweiter Verzicht auf Biozide und andere chemische Mittelausbringung, erstmals in Deutschland),
  5. Totholzstrategie im bewirtschafteten Wald (erstmals in Deutschland), sowie
  6. Konzept für aktiven Waldnaturschutz im Zuge der Forstbewirtschaftung.

Eine Reihe dieser Strategien setzten sich später in den öffentlichen Wäldern Deutschlands durch. Auch das Jagdwesen im Saarland reformierte Bode erheblich. In Fachkreisen besonders bekannt wurde er durch sein Engagement für sanfte Betriebstechniken (Pferd und motormanuelle Handarbeit im Wald) und für neue Wege im Naturschutz (Totholzstrategie). Sein 1987 erstmals formulierter Ansatz „Naturschutz durch Nutzung“ im Rahmen des Modellprojektes „Waldbiotope Steinbachtal“ hat die deutsche Forst- und Naturschutzdiskussion belebt und begrifflich nachhaltig geprägt. Im Spiegel Spezial Nr. 2/1995 zur Ökobilanz `95 aus Anlass der 25jährigen Wiederkehr des Europäischen Naturschutzjahres 1970 porträtierte ihn Der Spiegel als einen der 30 grünen Pioniere, die die umweltpolitische Entwicklung seit 1970 in Deutschland maßgeblich geprägt haben.[3]

Auf Bodes Initiative geht auch die Gründung von „Spohns Haus“, dem ersten saarländischen ökologischen Schullandheim in Gersheim, im Jahr 2001 zurück, sowie die ersten konkreten Initiativen zur Gründung der Biosphärenregion Bliesgau. 2004 beantragte Bode als Vertreter des Saarlandes in der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) die deutschen Buchenwälder als Teilcluster eines europäischen Buchenwalderbes zum Weltnaturerbe vorzuschlagen. Dieser Antrag wurde zwischenzeitlich vom Bundesamt für Naturschutz fachlich geprüft und liegt seit Dez. 2009 der Unesco in Paris als offizieller deutscher Regierungsvorschlag zur Entscheidung vor.

Das Bürgerwald-Konzept

Im Auftrag des nordrhein-westfälischen Naturschutzbundes (NABU) entwickelte Bode in einem Gutachten das Konzept einer Bürgerwald-AG. Der im Mai 2010 vorgestellte Plan sieht vor, den NRW-Landeswald gemeinwirtschaftlich zu privatisieren, indem die Bürger Anteile in Form von Aktien kaufen und so in den Wald investieren sollen. [4] Insgesamt sollen 80 Prozent der Waldaktien an der Börse gehandelt werden. Laut Nabu-Gutachten lässt sich durch diese Art von Privatisierung des rund 120.000 Hektar großen Landeswaldes mindestens eine Milliarde Euro erzielen. Außerdem müsse das Land dann nicht mehr die sehr hohen Defizite der verbeamteten Staatsforstwirtschaft tragen – rund 500 Stellen würden so aus dem öffentlichen Dienst mit einem Schritt ausscheiden. Die Arbeitsplätze blieben zwar – laut Bode – erhalten, belasteten aber nicht mehr den öffentlichen Haushalt. Die als Bürgerwald organisierte Aktiengesellschaft soll durch eine 20%ige Sperrminorität des Naturschutzes garantieren, dass die Wälder ausschließlich im Dauermischwald-Modell bewirtschaftet werden. Außerdem sollen 20 % der Staatswälder als Waldgroßschutzgebiete ganz aus der Nutzung ausscheiden. [5]

Politische „Affairen“

„Affaire Lafontaine“

Im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeiten weigerte sich Bode 1991, das Forsthaus Neuhaus (ehemaliges Jagdschloss Phillipsbrunn) an den seinerzeitigen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine, der es wohl privat erwerben wollte, zu verkaufen. Wie die Presse es kommentierte, ließ der damalige Umweltminister Reinhold Kopp Bode daraufhin 1992 auf eine neu geschaffene Stabsstelle („Klimaschutzbeauftragter“) versetzen, auf der er „nichts zu tun hatte“.[6] Bode klagte gegen diese „Kaltstellung“, verlor jedoch vor Gericht. Im November 1994 wurde Bode aus „zwingenden dienstlichen Gründen“ (Umweltministerium) im Zusammenhang mit der ZDF-Berichterstattung in der Sendung "Frontal" über die Hintergründe seiner Ablösung suspendiert, sein Gehalt wurde jedoch weiter gezahlt. Zeitgleich erhielt er vom gleichzeitig aus dem Amt scheidenden Wirtschaftsminister Reinhold Kopp, der die Maßnahmen gegen Bode als Dienstherr zu verantworten hatte, Hausverbot im Ministerium für Umwelt.[7] Dagegen klagte der Beamte auf amtsangemessene Beschäftigung als Leit. Ministerialrat und erhielt Recht.[8]

„Affäre Mörsdorf“

Vor diesem Hintergrund und nach dem Gewinn der Landtagswahlen 1999 durch die CDU wurde Wilhelm Bode vom neuen Umweltminister Stefan Mörsdorf als Leiter der Abteilung „Mensch und Natur“ (Hochwasser-, Tier-, Naturschutz, Fischerei und Umweltbildung) eingesetzt. Am 10. November 2004 suspendierte er Bode jedoch vom Dienst, weil dieser im Zusammenhang mit der deutlichen Verkleinerung seiner Abteilung "Mensch und Natur" gegen die Loyalitätspflicht und gegen das Mäßigungsgebot verstoßen haben soll.[9] Bode erhob dagegen Klage. Im Zuge eines außergerichtlichen Vergleichs, in dem sich Bode zur Verschwiegenheit über dessen Inhalt verpflichtete, wurde er im August 2005 vom Umweltministerium wieder eingesetzt und als „Projektkoordinator für den Schutz der kaspischen Wälder im Iran“ bei vollem Gehalt von seiner dienstlichen Tätigkeit im saarländischen Umweltministerium freigestellt.[10]

Schriften

  • Als Herausgeber: Alfred Möller: Der Dauerwaldgedanke – Sein Sinn und seine Bedeutung, kommentierter Reprint des Originals von 1923 (Oberteuringen 1992)
  • zusammen mit Martin von Hohnhorst: Waldwende. Vom Försterwald zum Naturwald, München 1994 (4. Auflage München 2000,ISBN 3-406-45984-6)
  • zusammen mit Klaus Nagorni (Ev. Akademie Bad Herrenalb) als Herausgeber: "Land nutzen - Natur schützen. Von der Konfrontation zur Kooperation" Herrenalber Forum Band 15, Karlsruhe 1995 (ISBN 3-87210-113-7)
  • zusammen mit Christoph Heinrich: "Das NABU Waldkonzept", herausgegeben vom NABU, Bonn-Beuel, 1996 (Eigenverlag)
  • als Herausgeber: Naturnahe Waldwirtschaft. Prozeßschutz oder biologische Nachhaltigkeit?, (Holm 1997, ISBN 3-930720-31-0)
  • zusammen mit Elisabeth Emmert: Jagdwende. Vom Edelhobby zum ökologischen Handwerk, München 1998 (3., durchgesehene Auflage, München 2000, ISBN 3-406-45993-5)
  • als Herausgeber mit H.D. Knapp: " Schutz der Biologischen Vielfalt und Integriertes Management der Kaspischen Wälder (Nordiran)", (Bonn -Bad Godesberg 2005, ISBN 3-7843-3912-3)
  • Das NRW-Bürgerwald-Konzept (Düsseldorf 2010,http://nrw.nabu.de)

Einzelnachweise

  1. http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/kommentarseite/1/waldrodung-gleich-massenmord/kommentare/1/1/ taz-online], 20. Dezember 2009
  2. Ist die Jagd noch zeitgemäß? Teil III
  3. C.H. Beck-Verlag
  4. Rafaela von Bredow: Verkauf der Seelenheimat. In: Der Spiegel 20/2010 (Fassung bei Spiegel Online); abgerufen am 26. Juli 2010
  5. Nabu will Staatsforst privatisieren, wz-newsline.de vom 17. Mai 2010
  6. Focus 16/1997
  7. Saarbrücker Zeitung, 29. November 1994
  8. Saarbrücker Zeitung, 15. Februar 1995
  9. Saarbrücker Zeitung, 11. November 2004
  10. Saarbrücker Zeitung, 18. August 2005