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Neo (Tastaturbelegung)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Hauptebene; die Farben bezeichnen die Finger, die im Zehnfingersystem benutzt werden, um diese Tasten anzuschlagen. Die toten Tasten sind dargestellt durch einen gestrichelten Kreis mit Diakritikum.
Die Sonderzeichenebene enthält verschiedene Arten von Klammern und für die Programmierung verwendete Sonderzeichen. ♫ bezeichnet die Compose-Taste

Neo ist eine unter ergonomischen Gesichtspunkten optimierte, freie Tastaturbelegung für die deutsche Standardtastatur. Sie verfolgt das Ziel, ein angenehmes und entspanntes Zehnfingertippen sowie eine große Zeichenvielfalt zu ermöglichen. Mit Neo lassen sich alle auf dem lateinischen Alphabet basierenden Sprachen, inklusive des internationalen phonetischen Alphabets direkt eingeben.

Konzept

Erleichtern des Tastschreibens

Ausgehend von statistischen Erkenntnissen zur Verteilung von Buchstaben bzw. Zeichen in der deutschen Sprache sowie auf Grund jüngerer Untersuchungen hinsichtlich Ergonomie soll die Neo-Tastaturbelegung die Fingerbewegungen beim Schreiben verkürzen. Die statistisch häufigsten Buchstaben liegen auf der Grundlinie und den schnellen Zeige- und Mittelfingern. Dadurch können im Vergleich zu anderen Tastaturbelegungen mehr Wörter geschrieben werden, ohne die Grundlinie zu verlassen.

Berücksichtigt wurden Erfahrungen der Dvorak-Tastaturbelegung (um 1932), der ergonomischen Belegung von Meier (1967) und einige spätere Untersuchungen sowie Versuche, eine ideale Belegung allein über Algorithmen berechnen zu lassen. Statt jedoch wie bei bisherigen ergonomischen Belegungen üblich nur einen rein mathematischen oder rein experimentellen Weg zu beschreiten, greift Neo Erkenntnisse beider auf und kombiniert diese unter Berücksichtigung der Ergonomie und der schnell einprägsamen Anordnung der Tasten. Somit beruht Neo einerseits auf statistischen Erhebungen, insbesondere der Buchstabenverteilung im Deutschen und anderen Sprachen, andererseits auf Untersuchungen zur Ergonomie durch Walter Rohmert[1], das MARSAN-Institut (1979) oder Malt (1977).

Die Auswirkungen der Buchstabenverteilung zeigen sich darin, dass sich aus der Grundhaltung beim Tippen bereits 63 % aller Buchstaben eines durchschnittlichen deutschen Textes schreiben lassen[2]. Was das für die Tipppraxis bedeutet, wird zum Beispiel daran sichtbar, dass sich schon mit den ersten Zeichen, die ein Tastschreiber lernt, Gedichte schreiben lassen[3]. Eins davon ist in die KTouch-Lektion für Neo eingeflossen[4].

Ebenen

Die Ebene fünf enthält alle griechischen Kleinbuchstaben, inklusive mathematischer Varianten.
Auf Ebene sechs findet man alle möglichen Zeichen die für mathematische und naturwissenschaftliche Formeln verwendet werden.

Die aus Qwertz bekannten 3–4 Ebenen wurden auf 6 Ebenen erweitert. Die ersten beiden entsprechen in weiten Teilen Qwertz; auf der ersten Ebene befinden sich Klein- und auf der zweiten (erreichbar mit Shift) die entsprechenden Großbuchstaben. Auf der dritten Ebene, erreichbar mit Mod3, liegen die am häufigsten benutzten Satz-, Programmier- und Sonderzeichen. Diese Ebene berücksichtigt die üblichen Bi- und Trigramme, die häufig beim Programmieren, in Wikis, in Foren, beim Chatten oder in der Kommandozeile der gängigen Betriebssysteme gebraucht werden. Ebene 4 (Mod4) stellt eine Spiegelung der Navigationstasten und des Ziffernblocks rechts des Hauptfeldes dar, so dass man die Hände nicht vom Hauptfeld nehmen muss. Ebene 5 (Shift + Mod3) und 6 (Mod3 + Mod4) enthalten schließlich griechische Klein- und Großbuchstaben sowie weitere für den Formelsatz benötigte Zeichen.

Zeichenvielfalt und Typografie

Neo ermöglicht das Schreiben praktisch aller Sprachen mit latein-basiertem Alphabet[5], insbesondere über die toten Tasten und zusätzliche Compose-Kombinationen. Die toten Tasten liegen bei Neo oben rechts und links und erlauben beim Anschlagen der Taste das darauf folgende Zeichen mit dem entsprechenden Diakritikum zu versehen. Beispielsweise liefert die tote Kroužek-Taste ˚ gefolgt von a das Zeichen å. Neo unterstützt außerdem das Breve, den Makron, den Cédille und noch vierzehn weitere Diakritika. Zwei besondere Tasten sind dabei die tote Taste „Drehen“ , die zum Beispiel das für das internationale phonetische Alphabet verwendete gedrehte ɐ erzeugt, und eine spezielle Hakentaste ˞, die ebenfalls für Lautschrift und afrikanische Sprachen relevante Zeichen, wie z.B. ɗ erzeugt. Damit lassen sich alle Zeichen des internationalen Lautschriftalphabets[6], sowie die für die meisten lateinisch-basierten afrikanischen Sprachen benötigten Zeichen direkt eingeben. Auch die vietnamesische Sprache mit ihren vielen Tonzeichen ist vollständig abgedeckt[7].

Erzeugbare Diakritika mit den toten Tasten eins bis drei, bezeichnet als T1 – T3.
Taste Ebene Zeichen Diakritikum (Beispiele)
T1 1 ˆ Zirkumflex (Ââ, Ĉĉ, Ĝĝ)
2 ˇ Hatschek, Apostroph (Ǎǎ, Ďď, Ľľ, Řř)
3 Drehung (ɐ, Ɔɔ, Ʌʌ)
4 ˙ Punkt, Mittelpunkt (Ȧȧ, Ḋḋ, İı, Ŀŀ)
5 ˞ Haken, Horn (Ɓɓ, Ɗɗ, Ƒƒ, Ɠɠ, Ɱɱ)
6 . Punkt darunter (Ạạ, Ḅḅ, Ṭṭ)
T2 1 ` Gravis (Àà, Èè, Ỳỳ)
2 ¸ Cédille, Cédille, übergesetzte,Ogonek (Ąą, Çç, Ęę, Ģģ)
3 ˚ Kroužek (Åå, ɕ, Ůů, ʑ)
4 ¨ Trema (Ää, Ëë, Ïï)
5 Spiritus asper (Ἁἁ, Ἱἱ, ῥ)
6 ¯ Makron, Unterstrich (Āā, Ḇḇ, Ḏḏ, Ēē)
T3 1 ´ Akut (Áá, Ćć, Óó)
2 ˜ Tilde (Ãã, Ẽẽ, Ññ)
3 / Schrägstrich (Đđ, Ħħ, Łł, Øø)
4 ˝ Doppelakut (Őő, Űű), Doppelgravis zusammen mit Drehen
5 ᾿ Spiritus lenis, Haken, (Ἀἀ, Ὠὠ, Ảả, Ẻẻ, Ỉỉ)
6 ˘ Breve, Breve darunter (Ăă, Ĕĕ, Ğğ, Ḫḫ)

Zum Anderen wurden sinnvolle Unicode-Zeichen auf die Tastatur gelegt, für die sonst eine Zeichentabelle bemüht werden müsste, oder die sonst nicht so einfach zu erreichen sind. Unter diesen Zeichen sind unter anderem die in gängigen Typografien üblichen Gänsefüßchen („…“), der Gedankenstrich (–), der echte Apostroph (’) und die in Büchern und Zeitungen häufig verwendeten Guillemets (»…«). Außerdem ist das im Juni 2008 standardisierte große ß verfügbar.

Mathematik und Spezialzeichen

Über die Ebenen fünf und sechs erreicht man die griechischen Groß- und Kleinbuchstaben, sowie zahlreiche, für den Formelsatz benötigte Zeichen, so zum Beispiel Mengensymbole (, , , , ), Logiksymbole (¬, , , ), Ableitungen (, ), und viele weitere. Über die Compose-Taste, lässt sich über die Folge Compose Taste einfach ein Teilmengensymbol ⊆ erzeugen, das auch die Gleichheit enthält.

Zusätzliche auf der Tastaturbelegung zur Verfügung stehende Zeichen sind biologische Zeichen (, , ), Pfeile (↦, ←), physikalsiche Konstanten () und grafische Symbole (✔, ✘, ☺). Außerdem gibt es auch einen inoffiziellen Griechisch-[8] und Kyrillisch-Modus[9]. Bei diesem liegen die griechischen, bzw. kyrillschen Zeichen jeweils auf dem naheliegensten lateinischen Zeichen, sodass dies leicht erlernbar ist. Damit lassen sich alle Amtsprachen der Europäischen Union eingeben.

Entstehungsgeschichte

Die initiale Version 1 wurde 2004 von Hanno Behrens auf der Mailingliste der De-ergo-Tastatur vorgestellt.[10] Der Name Neo ist ein rekursives Akronym und stand ursprünglich für NEO Ergonomic Oops, also „NEO“, später wurde die Deutung auf Neo ergonomisch optimiert festgelegt.

2005 begann man mit Neo 1.1 über eine bessere Positionierung von Zeichen nachzudenken, die häufig beim Programmieren gebraucht werden, was bei der Entwicklung bisheriger Belegungen nicht berücksichtigt worden war. Darin sind Klammern und Sonderzeichen nicht nur an den üblichen Positionen, sondern auch auf dem Grundfeld mit Hilfe der Taste Alt Gr zu erreichen. Zusätzlich wurde eine zweite Alt Gr-Taste auf der linken Tastaturhälfte eingeführt, die den Platz der bisherigen Feststelltaste einnahm.

Die am 29. März 2010 veröffentlichte Version 2 stellt einen wichtigen Meilenstein dar und führt zahlreiche grundlegende Änderungen ein:

  • Die Hauptebene wurde mit dem zyklischen Tausch der Tasten X, J und Q geringfügig angepasst.[Anmerkung 1]
  • Die Sonderzeichenebene wurde komplett überarbeitet, da die zugehörigen Umschalttasten viel besser erreichbar waren.
  • Die höheren Ebenen 4–6 wurden eingeführt.

Ausblick

Anschließend an die Fertigstellung von Neo 2 experimentiert ein Teil der Gemeinschaft mit unterschiedlichen Konzepten zur Weiterentwicklung von Neo unter dem Arbeitstitel Neo 3. Dazu gehören bessere Optimierungen von Bigrammen (z.B. die Vermeidung wiederholter Benutzung desselben Fingers für verschiedene Buchstaben)[11], verstärkte computergestützte Entwicklung und Experimente mit eigener Hardware.

Plattformen

In GNU/Linux ist Neo seit Ende 2006 für das X Window System X.Org bei allen aktuellen Distributionen schon als Variante des deutschen Tastaturlayouts enthalten.[12]

Treiber sind für alle gängigen Plattformen, insbesondere GNU/Linux, Windows, Mac OS, BSD und Solaris auf der Projektseite herunterladbar. Zusätzlich steht freie Lernsoftware für Linux und Windows zur Verfügung; die Neo-Lernsoftware ist offizieller Bestandteil des KTouch-Projektes.

Kritik

Früher wurde behauptet, man könne mit Neo schneller schreiben. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, dass mit beliebigen Tastaturbelegungen (Qwertz, Neo, Dvorak, Ristome, usw.) vergleichbare Schreibgeschwindigkeiten erreicht werden.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Zusammenfassung und Kopie der Studie Walter Rohmerts über Tastaturergonomie
  2. http://wiki.neo-layout.org/wiki/VorteileVonNeo
  3. http://draketo.de/licht/gedichte/ae-nr
  4. http://wiki.neo-layout.org/browser/ktouch/lectures/german.neo2.layout.ktouch.xml
  5. https://wiki.neo-layout.org/wiki/Tote%20Tasten%20und%20Compose
  6. https://wiki.neo-layout.org/wiki/IPA%20mit%20Neo
  7. https://wiki.neo-layout.org/wiki/Sprachen%20mit%20Neo
  8. https://wiki.neo-layout.org/wiki/GriechischSchreiben
  9. https://wiki.neo-layout.org/wiki/Sprachen%20mit%20Neo
  10. http://lists.goebel-consult.de/pipermail/de-ergo/
  11. http://lists.neo-layout.org/pipermail/diskussion/2009-August/013947.html
  12. Versionsverwaltung bei freedesktop.org enthält Neo-Tastaturbelegung seit dem 5. Mai 2006 mit dem Kommentar added de(neo), closing b.fd.o#6837: xkeyboard-config/symbols/de
  13. http://wiki.neo-layout.org/wiki/Erfahrungsberichte

Anmerkungen

  1. Das X wurde auf die linke Hand gelegt, damit die häufig benötigten Tastenkombinationen Strg + X, Strg + C und Strg + V auf einer Hand liegen und das (im Vergleich zu X und Q viel häufigere) J eine bessere Position erhält, da der kleine Finger wesentlich kürzer als die anderen ist und daher besser an die untere Reihe kommt.

Literatur

Frank Stähr: Neo – Ein ergonomisches Tastaturlayout, in: freiesMagazin, 05/2010, S. 29 ff. (online)