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Keeling-Kurve

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Die Keeling-Kurve mit den Messwerten des atmosphärischen Gehalts an Kohlendioxid in der Atmosphäre.

Die Keeling-Kurve ist ein Graph, der die Entwicklung des Anteils von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre seit 1958 darstellt. Benannt ist sie nach Charles David Keeling von der Scripps Institution of Oceanography, der damit als erster belegen konnte, dass die Konzentration des Spurengases aufgrund menschlicher Aktivitäten ansteigt.

Vorgeschichte

Charles Keeling trat 1953 eine Stelle als Post-Doktorand an, im Rahmen derer er eine Messanordnung entwickelte und perfektionierte mit deren Hilfe er die CO2 Gleichgewichtskonzentrationen zwischen Atmosphäre, Kalkstein und Oberflächengewässern untersuchen wollte. Teil der Messanordnung war ein Präzisions-Gas-Manometer.

Bei Messungen in Pasadena fielen ihm die regional stark schwankenden Gaskonzentrationen auf. Andere Messungen in einem Waldgebiet von Big Sur wiesen im Tagesverlauf starke Schwankungen der atmosphärischen CO2-Konzentration auf. Die Luft enthielt nachts immer mehr CO2 als tagsüber, nachmittags jedoch stets ca. 310 ppm.

Keeling führte an verschiedenen Orten weitere Messungen durch und postulierte aufgrund der gewonnenen Daten, dass die atmosphärische CO2-Konzentration weit abseits natürlicher Quellen weitgehend konstant sein müsse. Bis dato war man davon ausgegangen, dass die CO2-Konzentrationen von Ort zu Ort stark variierten, eine "Hintergrundkonzentration" nicht existierte und alle vom Menschen durch Verbrennung emittierten Gasmengen von den Welt-Meeren absorbiert würden.

Die Messungen

Keeling begann zunächst mit Hilfe von Wetterballons und Schiffen mit seinen Messungen. Im Jahre 1956 schlug er Harry Wexler vom US Weather Bureau (heute: National Weather Service) und Roger Revelle vom Scripps Institution of Oceanography ein globales Messprogramm vor. Mit der zusätzlichen Unterstützung durch Mittel des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58 konnte er 4 Gasanalysatoren beschaffen und so errichtete er im Jahr 1958 auf dem auf Hawaii gelegenen Vulkan Mauna Loa die erste Messstation. Dort begann er im März 1958 mit systematischen Messungen des Treibhausgases Kohlendioxid; der erste aufgezeichnete Messwert lag bei 313ppm. Die übrigen drei Gasanalysatoren platzierte er in der Antarktis, Kalifornien und in seinem Labor; mit diesem Gerät wertete er an unterschiedlich Orten gesammelte Proben aus, die z.B. mit Hilfe von Flugzeugen gewonnen wurden.[1]

Charakteristisch an der Kurve ist ihr sägezahnartiges Muster. In den ersten Monaten seiner Messungen zweifelte Keeling, ob seine Theorie einer Hintergrundkonzentration korrekt sein könne, da die Werte für einige Monate anstiegen, um dann zu fallen. Da er jedoch nicht aufgab und die Messung über mehrere Jahre laufen ließ, konnte er zeigen, dass die Schwankungen eine jährliche Periode aufwiesen und aus der jahreszeitlich wechselnden Wachstumsperiode der Vegetation resultierten. Da sich auf der Nordhalbkugel mit ihrer größeren Landfläche erheblich mehr Pflanzen befinden, wird während des nördlichen Frühlings mehr CO2 aus der Atmosphäre gebunden als während des nördlichen Herbstes, wenn südlich des Äquators das stärkste Wachstum auftritt. Nach wenigen Jahren war erkennbar, dass die Messwerte von Jahr zu Jahr auch ansteigen.

Im Jahre 1948 von Buch veröffentlichte Konzentrationsangaben nannten Wertebereiche zwischen 150–230 ppm (Arktis) und 319–349 ppm (Tropen). Die von Keeling im Jahr 1962 publizierten Werte liegen bei 313–325 ppm (Arktis) und 317–321 ppm (äquatorialer Pazifik) und wiesen eine erheblich größere Genauigkeit auf. Bisherige Messungen basierten auf nasschemischen Verfahren, während Keeling mit Hilfe des verwendeten nichtdispersiven Infrarotsensors den störenden Einfluss wechselnder Feuchte eliminieren konnte. Die Messunsicherheit seines Messverfahrens gab Keeling im Jahr 1960 mit +/- 0,3 ppm an, die er durch eine später mögliche Nachkalibration auf +/- 0,1 ppm steigern konnte.

Störungen der Messergebnisse

Von Beginn an wurden an allen Messorte die gemessenen Kohlendioxid-Konzentrationen durch Verunreinigungen zeiteise verfälscht. Am Südpol war beispielsweise einmal ein Verbrennungsmotor, der in Nähe der Messtation lief ursächlich, am Mouna Loa waren dies Ausgasungen des Vulkans, die in seltenen Fällen bis zur Messtation gelangen konnten. Die Störungen waren in den Aufzeichnungen jedoch stets deutlich erkennbar, denn sie waren nur von kurzer Dauer und hoher Amplitude, so dass diese Messwerte auf einfache Weise erkennbar waren und verworfen werden konnten.[1]

Ergebnisse und Auswirkungen

Da Keeling messtechnisch belegen konnte, dass die atmosphärische Kohlendioxid-Konzentration von Jahr zu Jahr zunimmt, konnte er damit erstmals die Theorie einer möglichen menschengemachten globalen Klimaerwärmung von Svante Arrhenius stützen.

Keelings Messreihen beinhalteten auch die Bestimmung der Isotopenverhältnisse 13C/12C. Mit ihrer Hilfe konnte er den Einfluss der Landpflanzen auf die Kohlendioxidkonzentrationsverläufe belegen, denn das Verhältnis war nachts niedriger als tagsüber und zeigte im Jahresverlauf ein ähnliches Muster. Beide Ergebnisse publizierte er bereits im Jahre 1960 in der Zeitschrift Tellus.[1]

Abhängig von der Meeresoberflächentemperatur schwankt die CO2-Aufnahmefähigkeit von Meerwasser; El Niño bzw. Na Niña beeinflussen die Oberflächentemperatur des Pazifiks großflächig. Schwankende jährliche Amplituden der CO2-Konzentration konnten mit El-Niño-Ereignissen korreliert werden.

Durch exakte Bestimmung der Anstiegs- und Abfallpunkte der Kurven konnte belegt werden, dass der Frühling - bedingt durch die globale Erwärmung - heute auf der Nordhalbkugel um ca. eine Woche früher beginnt als zu Beginn der Messreihe.[2]

Mitte der 1970er Jahre war die Genauigkeit der Messreihe schließlich groß genug, um daraus den Anteil der antropogenen CO2-Emissionen zu bestimmen, der in der Atmosphäre verbleibt und nicht von den Weltmeeren absorbiert wird: der Wert lag damals bei 55 % (heute: 58 %).

Keelings Messungen legten den Grundstein für weitere Messreihen anderer atmosphärischer Gase; Wissenschaftler wurden durch Keelings Erfolge angeregt, die Konzentrationsverläufe der Treibhausgase Methan und N2O zu bestimmen und Messungen der Ozon-Konzentration wurden initiiert.

Stand heute

Die Messdaten liegen bis zum heutigen Tag in einer ununterbrochenen Reihe vor. Lag der CO2-Anteil in der Erdatmosphäre zu Beginn der Messungen im Jahre 1956 noch bei etwa 310 ppm, ist er auf nun 390 ppm (2011) gestiegen. Betrug die Anstiegsrate zwischen den Jahren 1959 und 1969 im Mittel 0,86 ppm pro Jahr, so stieg sie in der Zeit zwischen 2000 und 2010 auf durchschnittlich 2,01 ppm jährlich.[3]

Messungen des atmosphärischen Kohlendioxids werden heute von vielen Wissenschaftsorganisationen an unzähligen, global verteilten Orten durchgeführt; das Scripps-Institut alleine betreibt neben der bis heute aktiven Messtation auf Hawaii weitere Stationen u.a. in Alert (Nunavut), Barrow (Alaska), am Trinidad Head Observatory, auf Tutuila und am Südpol.[4] Die NOAA nimmt gar an ca. 60 Messtationen zweimal pro Woche Proben.[5]

Die Überwachung der Messreihe auf Hawaii, die der im Jahr 2005 verstorbene Charles Keeling begann, wurden von seinem Sohn Ralph F. Keeling übernommen, der ebenfalls Ozeanograph ist und die Messreihe um die des atmosphärischen Sauerstoffgehalts erweiterte.

Einzelnachweise

  1. a b c Ausgabe der Zeitschrift Tellus, Vol. 13 Nr. 2 vom Juni 1960 pdf, Online
  2. Increased activity of northern vegetation inferred from atmospheric CO2 measurements Nature 382, 146 - 149 (11 July 1996); doi:10.1038/382146a0
  3. Trends in Carbon Dioxide Online bei der NOAA
  4. Messstationen des Scripps-Instituts
  5. Sciencedaly.com