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Raja Yoga

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Der Raja Yoga (Sanskrit, m., राजयोग, rājayoga, [ɽɑːʤʌjoːgʌ], raja = König) ist eine spezielle Form des Yoga. Er umfasst Techniken des mentalen Trainings und der Meditation.

Raja Yoga ist auch unter der Bezeichnung Ashtanga Yoga (Sanskrit, m., अष्टाङग योग, aṣṭāṅga yoga) bekannt. Wörtlich übersetzt heißt dies "acht-gliedriger Yoga". Dieses System aus Philosophie und praktischen Übungen wurde von Patanjali um 200 v. Chr. entwickelt und besteht aus acht Teilen:

  1. Yama - die 5 Enthaltungen (nicht töten, Wahrhaftigkeit, nicht stehlen, Enthaltsamkeit, kein Annehmen von Geschenken)
  2. Niyama - die 5 Verhaltensregeln (Reinlichkeit (Läuterung), Zufriedenheit, geistige Disziplin, Studium, Hingabe an Gott)
  3. Asana - Zusammenführung von Körper und Geist durch Yoga-Asanas, die rechte Meditationshaltung
  4. Pranayama - Zusammenführung von Körper und Geist durch die Atmung
  5. Pratyahara - das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt
  6. Dharana - das Konzentrieren auf nur einen Gedanken
  7. Dhyana - Meditation
  8. Samadhi - die völlige Ruhe des Geistes

Die anderen drei Yogawege sind: Jnana Yoga (Weg der Erkenntnis), Karma Yoga, (Erlösung durch gute Taten) und Bhakti Yoga, (Yoga der Hingabe).

Im Folgenden werden die beiden ersten Teile, Yama und Niyama näher erläutert:

Yama und Niyama

Unter Yama und Niyama versteht man so etwas wie "die 10 Gebote der Yogis" - ein Verhaltenskodex

YAMA

1. Ahimsa

Himsa bedeutet im Sanskrit Gewalt oder Grausamkeit. Ahimsa meint aber mehr als nur die Abwesenheit von Gewalt. Unter Ahimsa versteht man auch Freundlichkeit, Zugewandtheit und Rücksichtnahme - einen wohlüberlegten Umgang mit allen Lebewesen und mit sich selbst - es bedeutet allerdings nicht, dass wir uns nicht verteidigen dürfen, wenn wir angegriffen werden.

2. Satya

Satya bedeutet im Sanskrit Wahrhaftigkeit, Wahrheit. Gemeint ist, in Worten, Taten und Gedanken wahrhaftig zu sein, die Wahrheit zu sprechen - je wahrhaftiger ein Mensch spricht, desto mächtiger werden seine Worte - wahrhaftig sein bedeutet auch, sich nicht selbst zu belügen - doch nicht immer ist es erstrebenswert, die Wahrheit zu sagen, denn sie könnte andere verletzen - satya bedeutet, zu bedenken, WAS wir sagen, WIE wir es sagen und auf welche Weise es jemanden treffen kann - ein bewusster Umgang mit Worten, und das bedeutet auch, dass es manchmal besser ist, zu schweigen.

3. Asteya

Steya bedeutet im Sanskrit Diebstahl, asteya ist das Gegenteil und bedeutet, nichts zu nehmen, was einem nicht gehört - das bezieht sich nicht nur auf materielle Dinge, sondern z.B. auch auf geistiges Eigentum - man soll sich nicht mit "fremden Federn schmücken" - es bedeutet auch, wenn einem jemand etwas anvertraut (Dinge oder Gedanken), diesen Menschen nicht zu enttäuschen.

4. Brahmacarya

Brahma bedeutet im Sanskrit das Wesentliche, das Eine Wahre - car bedeutet bewegen - brahmacarya ist also die Bewegung auf das Wesentliche hin - manchmal wird brahmacarya als Enthaltsamkeit (auch sexuelle Enthaltsamkeit) interpretiert, ist jedoch so nicht ganz richtig - gemeint ist, dass wir unser Leben und unsere Beziehungen zu Menschen und Dingen so gestalten, dass sie unserem Streben nach Weisheit und unserem Verständnis der höchsten Weisheiten förderlich sind - sinnliches Vergnügen wird hier nicht untersagt, wir sollten nur darauf achten, dass wir uns nicht in ihnen verlieren, uns nicht durch sie beherrschen lassen und dabei die Richtung verlieren.

5. Aparigraha

Aparigraha bedeutet im Sanskrit Nicht-Zugreifen, gemeint ist, immer nur das anzunehmen, was angemesssen ist - keine vermeintlich "günstigen" Gelegenheiten auszunutzen (Mitnahme-Mentalität) - keine anderen Menschen auszunutzen - Vorsicht bei Belohnungen und Geschenken, denn sie tendieren dazu, dem Beschenkten Verpflichtungen und Bindungen zu schaffen.

NIYAMA

1. Shauca

Shauca bedeutet im Sanskrit Sauberkeit, Reinheit, das "Geklärte" - gemeint sind ein innerer und ein äußerer Aspekt - äußerlich ist schlicht körperliche Hygiene gemeint - innerlich geht es einerseits um die gesunde und von keinen Unreinheiten blockierte Funktion des Körpers, andererseits um die Klarheit des Geistes - asana (Yogahaltungen) und pranayama (Atemübung) sind wesentliche Mittel zur Erlangung der inneren Reinheit.

2. Samtosha

Samtosha bedeutet im Sanskrit Genügsamkeit, Bescheidenheit, Zufriedenheit. Oft ist es ja so, dass wir bestimmte Erwartungen haben, gewünschte Ergebnisse uns schon vor Augen stehen, und dann sind wir enttäuscht, wenn es doch ganz anders kommt - samtosha meint, anzunehmen, was sich ergeben hat - die Dinge so zu nehmen, wie sie eben sind - anstatt über Misserfolge zu jammern, können wir sie auch annehmen und aus ihnen lernen - samtosha meint auch, sich nicht mit anderen zu vergleichen.

3. Tapas

Tapas bedeutet im Sanskrit etwa den Körper "erhitzen" - gemeint ist, den Körper gesund und fit zu halten - Disziplin und Ausdauer beim regelmäßigen Üben der Asanas - sich des "Abfalls" in unserem Körper durch "Verbrennung" (Anfachung des inneren Feuers / Agni) zu entledigen - dazu gehört auch Achtsamkeit gegenüber unseren Essgewohnheiten - aufmerksames Üben des Körpers, Achtsamkeit beim Essen und bewusstes Atmen sind Hilfen gegen die Ablagerung von "Schlacken", worunter nicht nur z.B. Giftstoffe der Nahrung zu verstehen sind, sondern auch der ganze "Psychomüll" der verdrängt wird und sich ansammelt.

4. Svadhyaya

Sva bedeutet im Sanskrit selbst, zu mir gehörig - adhyaya bedeutet im Sanskrit Untersuchung, Erforschung, "an etwas nahe herangehen" - svadhyaya ist also Selbsterforschung, Reflexion - sich selbst näher kommen - das eigene Denken und Handeln zu beobachten und kritisch zu hinterfragen und so insgesamt bewusster werden - ein weiterer Aspekt von svadhyaya ist das "Studium der alten Texte", denn gemäß der Lehre sollte man sich nicht immer um sich selbst drehen, sondern braucht Bezugspunkte: Das kann die Bibel sein, das Yoga-Sutra, die Bhagavad-Gita, die Veden oder andere Überlieferungen.

5. Ishvarapranidhana

Ishvarapranidhana bedeutet im Sanskrit die Hinwendung zu Gott, Gottvertrauen - Es genügt, zu wissen, dass wir unser Bestes getan haben: Den Rest können wir dann getrost in Gottes Hände legen - oft zweifeln wir, haben Ängste, fürchten uns vor der Zukunft - ishvarapranidhana bedeutet, sich von Ängsten und Zweifeln zu befreien und einfach zu wissen, dass Gott es gut mit uns meint und den richtigen Weg weiß - Wunschlosigkeit, weil Gott viel besser weiß, was wir wirklich brauchen.

Siehe auch:

Literatur

T.K.V. Desikachar "Yoga - Tradition und Erfahrung" - Verlag Via Nova