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Barrierefreies Internet

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Barrierefreies Internet bezeichnet Internet-Angebote, die sowohl von Menschen mit Behinderungen, aber auch von Benutzern ohne Behinderung oder mit altersbedingten Einschränkungen (z.B. Sehschwächen) oder automatischen Suchprogrammen uneingeschränkt genutzt werden können. Da dies aufgrund der unzähligen weichen, individuell geprägten Barrieren nicht vollständig erreicht werden kann, spricht man auch von barrierearm oder zugänglich. Fachbegriff: Accessibility. Neben der Zugänglichkeit geht es beim Thema Accessibility auch um die Plattformunabhängigkeit - ein Internetangebot soll sowohl mit Bildschirm als auch mit PDA, Handy, etc. nutzbar bleiben.

Statistisch gesehen sind Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich häufig im Internet. Es ist zu wenig bekannt, ob sich blinde und sehbehinderte Nutzer Webseiten per Software vorlesen oder in Braille-Schrift ausgeben lassen. Sie alle benötigen aber Internet-Angebote, die ihren besonderen Bedürfnissen gerecht werden.

Internet-Techniken, die Barrieren darstellen

Mittels verschiedener Geräte ist es auch körperlich Schwerbehinderten möglich, Computer zu benutzen.
  • Blinde Menschen können gut strukturierten Text über eine Braillezeile mit entsprechender Software (Screenreader) lesen. Bilder oder Text, der in Bildern enthalten ist, sind für Blinde unzugänglich und sollten daher mit einem alternativen Text ergänzt werden. Frames sind kein Hindernis, wenn sie die Struktur unterstützen, beispielsweise Navigation und Inhalt trennen.
  • Sehschwache, insbesondere ältere Menschen, benötigen Skalierbarkeit der Schrift im Browser, um die Schriftgröße an ihre Sehleistung anpassen zu können.
  • Personen mit einer Farbfehlsichtigkeit, z.B. einer Rot/Grün-Sehschwäche brauchen starke Kontraste und klare Schriften sowie Kontrolle über die Farbe von Schrift und Hintergrund. Blinkende oder animierten Texte stellen eine Barriere dar.
  • Sehbehinderte sind bei einer Navigation, die aus Bildern, Java-Applets oder Flash-Objekten besteht, benachteiligt.
  • Personen mit Spastiken oder anderen motorischen Störungen, die keine Maus bedienen können, müssen mit der Tastatur navigieren. Schaltflächen und gewisse Navigationselemente sind für diese Menschen kaum zu erreichen.
  • Gehörlose Menschen und Menschen mit kognitiven Behinderungen haben teilweise Probleme, lange und umständlich formulierte Texte mit schwierigen Schachtelsätzen und Fremdwörtern sowie komplexe Navigationen zu verstehen.
  • Akustische Inhalte können von gehörlosen Menschen nicht aufgenommen werden. Sie sollten möglichst durch textuelle Inhalte ersetzt oder begleitet werden, z.B. in Form von Transkripten. Idealerweise sollte der Inhalt in Gebärdensprache verfügbar sein.
  • Viele der derzeit üblichen CMS-Systeme erzeugen Seiten, die für behinderte Menschen schlecht zugänglich sind. Nur sehr wenige Systeme oder Verfahren unterstützen die Autoren mit barrierefreien Eingabemöglichkeiten.

Internet-Suchmaschinen indizieren das WWW mit Hilfe von automatisierten Programmen, sogenannten Webcrawlern oder auch Robots. Diese Programme nehmen eine Seite ähnlich wie sehbehinderte Surfer wahr. Sie können in der Regel nur Text auswerten. Bilder, Animationen und Ähnliches bleiben ihnen in den meisten Fällen verborgen. Als Faustregel gilt: Alles, was Sehbehinderten Probleme bereitet, ist auch für Robots ein Hindernis.

Eine Verallgemeinerung der Faustregel ist jedoch nicht möglich. Ein blinder Mensch wird möglicherweise noch eine Ausgabe über eine optionale Sprachausgabe erhalten. Ein Robot jedoch, der Töne nicht analysieren kann, wird dann keine Informationen indizieren können. Andersrum gibt es auch Beispiele, wo menschliche Blinde keine Informationen mehr bekommen, Robots aber doch noch etwas analysieren können (so zum Beispiel Strukturen oder Wasserzeichen innerhalb von Bildern).

Standards zur Barrierefreiheit

Um das Web barrierefreier zu machen wurde vom W3C die Web Accessibility Initiative (WAI) gegründet. Diese Initiative verabschiedet Standards wie zum Beispiel 1999 die "Web Content Accessibility Guidelines 1.0" (WCAG). Momentan wird an der Version 2.0 der Richtlinien gearbeitet.

Europäische Union

In der EU gibt es 37 Millionen Menschen mit verschieden schweren Behinderungen, von leichten Behinderungen (Sehschwächen) bis hin zu schweren Behinderungen (wie Blindheit oder schweren Mehrfachbehinderungen). Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung nimmt stetig zu. Derzeit sind zirka 20 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt. Die e-Europe-Initiative (Dezember 1999) zur Informationsgesellschaft benennt als eines von zehn Zielen die Teilhabe aller, ungeachtet von Alter und Behinderung. Der Aktionsplan zu e-Europe gibt hierfür u. a. die folgenden Vorhaben an: Einführung der Richtlinien der Web Accessibility Initiative bis 2002 in der öffentlichen Verwaltung und Design-for-All-Standards bis 2003.

Deutschland

In Deutschland nutzen vier von fünf Menschen mit Behinderungen das World Wide Web. Zum 1. Mai 2002 ist das "Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze" (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) vom 27. April 2002 in Kraft getreten. In diesem Gesetz hat der Bund Regeln zur Herstellung von Barrierefreiheit in der Informationstechnik für seine Verwaltung gesetzt. Dabei verpflichtet sich die Bundesverwaltung u.a., ihre Internet- und Intranet-Angebote (die öffentlich zugänglich sind) grundsätzlich barrierefrei zu gestalten.

Eine entsprechende Rechtsverordnung (Barrierefreie Informationstechnik Verordnung - BITV) von Bundesinnenministerium und Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung regelt die Maßgaben hierfür. Die Anlage 1 der Rechtsverordnung enthält keine Vorgaben zur grundlegenden Technik (Server, Router, Protokolle), sondern listet Anforderungen auf, die sich an den Richtlinien der WAI orientieren. Der Bund führt zwei Prioritäts-Stufen mit insgesamt 14 Anforderungen und über 60 zu erfüllende Bedingungen auf. Für die Anpassung bestehender Angebote ist eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2005 vorgesehen; neue Angebote haben die Regelungen sofort zu berücksichtigen.

Grundsätzlich richtet die BITV sich nur an Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die dem Bund untergeordnet sind. Einrichtungen und Körperschaften der Länder werden über eigene Landes-Gleichstellungsgesetze erfasst. Den Stand der Gesetzgebung der Länder listet eine Artikel zur Übersicht der Gleichstellungsgesetze auf. In der Regel orientieren sich die Ländergesetze an der BITV, zum Beispiel die BITV Nordrhein-Westfalen.

Im "Aktionsbündnis für barrierefreie Informationstechnik" AbI haben sich Behindertenverbände, Forschungseinrichtungen, und andere zusammengeschlossen, um die Umsetzung der Barrierefreieheit im Internet zu fördern. AbI bietet auf dem Informationsportal WOB11 Informationen zum Thema barrierefreies Internet. Die Aktion Mensch und die Stiftung Digitale Chancen zeichnen jedes Jahr die besten deutschsprachigen, barrierefreien Websites mit dem BIENE-Award aus.

USA

Nach vorsichtigen Schätzungen gelten 39,1 Millionen US-Amerikaner (15 Prozent der Bevölkerung) als behindert. Die USA sind bezüglich der Einführung der Barrierefreiheit in der öffentlichen Verwaltung auf Bundes- und Einzelstaats-Ebene Vorreiter: Bereits 1990 wurde mit dem Americans with Disabilities Act (ADA) ein Behindertengleichstellungsgesetz erlassen, dessen Umsetzung vom Bundes-Justizministerium überwacht wird. Der 1998 erweiterte Abschnitt 508 (Section 508) des Rehabilitation Act bindet alle Bundesbehörden bezüglich ihrer Informationsangebote. Die hier durch eine unabhängige Bundeseinrichtung erarbeiteten Regelwerke wurden sogar in die Beschaffungsvorgaben aufgenommen und müssen von allen Firmen erfüllt werden, die an die Regierung Waren oder Dienstleistungen verkaufen.

Die meisten Einzelstaaten bieten ihre Internet-Angebote alternativ auch in einer "nur Text"-Version an oder erfüllen, wie beispielsweise Delaware, bereits vollständig alle Priorität-1-Anforderungen der WAI. Die eGovernment-Leitstelle von Delaware ist u.a. damit befasst, die Umsetzung der WAI-Richtlinien bei allen Verwaltungs-Angeboten des Staates zu befördern. Auch im kommunalen Bereich gibt es Beispiele. So erfüllt der Internet-Auftritt der Stadt Orlando (Florida) ebenfalls die WAI-Vorgaben der Priorität 1.

Siehe auch

International

Deutschland

Österreich

Schweiz

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