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Traitté de l’origine des romans

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Titelblatt der Zayde Marie de LaFayettes, Erstausgabe 1670

Das Traitté de l'origine des romans, deutsch Traktat über den Ursprung der Romane, verfaßt von Pierre Daniel Huet, Bischof von Avranches, erschien erstmals 1670 als Vorrede der Zayde Marie-Madeleine de La Fayettes, und wurde die erste größer angelegte Geschichte des Romans.

Huets Traktat kann heute als erste Literaturgeschichte im modernen Wortsinn angesehen werden - wenn auch das Wort Literatur hier noch genauso fehlt wie die Eingrenzung auf die Überlieferung einer einzelnen Nation. Romangeschichte wird hier zu einer Geschichte der Fiktionen. Huets Fragen entwickeln große Dimensionen: Wie definiert man den Roman? Wie entwickelte er sich im weltweiten Fluß der Traditionen zwischen dem antiken Mittelmeerraum und dem Norden der nach der Sintflut in Barbarei verfiel? Warum ersinnt der Mensch Fiktionen? Welche Rolle spielen sie in der Kultur?


Publikationsgeschichte

Der Text erschien erstmals 1670, einem Roman vorgeschaltet. Bald nach 1670 konnte man ihn bereits in eigenständigen Ausgaben auf französisch, lateinisch wie englisch erwerben. Die ersche englische eigenständige Ausgabe erschien 1672 unter dem Titel A Treatise of Romances and their Original. By Monsieur Huet. Translated out of French (London: Heyrick, 1672). Die Karriere des Tractats in der Gelehrsamkeit begann mit den lateinischen Ausgaben. Eine deutsche Übersetzung erschien mit Eberhard Werner Happels Insularischem Mandorell (Hamburg: Th. Roos, 1682). Daneben blieb der Text den Neuausageben der Zayde beigegeben, die vor allem in den Niederlanden auf den Markt kamen.

Inhalt

Eröffnung: Was ist ein Roman?

Huets Tractat trägt deutlich die Handschrift des Theologen, der ein ganz fachliches Interesse an der Interpretation von Fiktionen entwickelt. Tatsächlich schreckt der Bischof von Avranches nicht davor zurück, die Gleichnisse seiner eigenen Religion in den Kontext seiner Romangeschichte zu stellen. Selbst vor der Möglichkeit, daß Priesterkasten mit Fiktionen, die nur mehr Eingeweihte enträtseln konnten, die Geschichte unter ihre Kontrolle brachten, macht Huet nicht halt. Das Fiktionale durchdringt in seiner Darstellung Gattungen und Einzeltexte und wird unversehens zum eigentlichen bestimmenden Kriterium aller Poesie. Große Linien von Einflüssen verlaufen durch die Epochen und Kulturräume. In Detailanalysen kommt Huet auf Individuen und Kontakte zwischen Völkern zu sprechen. Im großen folgt sein Bericht den großen Strömen, in denen Traditionen sich im Lauf der Zeiten über den Globus verbreiteten. Übermittlungslinien bestimmen das Bild.

Eine Grußadresse an den Monsieur de Segrais eröffnen - er zeichnet offiziell als Autor der Zayde. Huet dankt ihm für sein Interesse und macht sich unverzüglich an sein Thema. Der Roman habe bereits Historiker beschäftigt, Huet nennt sie. Er will jedoch eigenständig und aus der Gegenwart heraus arbeiten. Er beginnt mit einer Definition:

Autrefois sous le nom de Romans on comprenoit, non seulement ceux qui étoient écrits en Prose, mais plus souvent encore ceux qui étoient écrits en Vers. Le Giraldi & le Pigna son Disciple, dans leurs Traitez de Romanzi, n'en reconnoissent presque point d'autres, & donnent le Boiardo, & l'Arioste pour modeles. Mais aujourd'hui l'usage contraire a prévalu, & ce que l'on appelle proprement Romans sont des fictions d'avantures amoureuses, écrites en Prose avec art, pour le plaisir & l'instruction des Lecteurs. (Zayde (1715), p.vi)

Fiktionalität zeichne den Roman aus, Liebes-Geschichten, eine kunstvolle Prosa, dargeboten (ganz wie Horaz es der Poesie empfahl), um zu erfreuen und zu nützen. Die Definition wird in einem zweiten Durchgang in alle Richtungen ausgedehnt:

Man müsse die fiktionalen Historien von den wahren unterscheiden - eine problematische Aussage angesichts der fabulösen Historien, die das Mittelalter für wahr hielt. Die Liebe solle die wichtigste Materie des Romans sein - eine Materie, die nicht immer mit der Moral vereinbar sein wird, zudem eine Materie, an die der Romanautor nicht gebunden ist. Die Prosa sei Vorliebe des gegenwärtigen Zeitalters - die Gattungsgeschichte ist damit den Versromanzen geöffnet. "Kunst" und "gewisse" Regeln seien in der Ausgestaltung zu beachten, auf daß niemand eine "konfuse Ansammlung ohne Ordnung und Schönheit" - "un amas confus, sans ordre & sans beauté" - als Roman verkaufe. Über den Tugendbegriff kommt Huet auf die Frage nach der "instruction". Es bleibt offen, welche Instruktion wir erwarten sollen. Unterschiedliche Zeiten und Völker könnten da unterschiedliche Ansprüche gestellt haben.

In all diesen Ausweitungen gibt Huet gezielt Eindeutigkeit auf. Sein Tractat gewinnt gleichzeitig seine wichtigsten Fragen. Wenn wir die Ausgangslage, die Huet herstellt, genauer ansehen, so sind mit ihr nahezu alle Diskussionen umrissen, innerhalb derer die Literaturwissenschaft nach wie vor festlegt, was sie an Literatur betrachtet.

Traditionslinien: Fiktionen des Luxus aus dem antiken Mittelmeerraum gegen Fiktionen des barbarischen Nordens

Die einzelnen Fäden der Definition lassen sich durch den gesamten Tractat verfolgen. Die Abgrenzung gegenüber dem heroischen Gedicht macht den Anfang. Huet läßt sich auf ein Sprechen von "Poesie in Prosa" nicht ein. Aristoteles habe in der Fiktionalität das Wesentliche der Poesie gesehen. Der Roman gerät, wo ihn primär Fiktionalität auszeichnet, unversehens in das Zentrum der Poesie. Petron habe behauptet, daß eine große Maschinerie von Göttern und gewaltigen Ausdrücken im epischen Gedicht bewege. "Fureur" bestimme das Epos, nicht "une narration exacte & fidele". Romane bewahrten dagegen Einfachheit: "les Romans sont plus simples." "Vrai-semblances", Wahrscheinlichkeit wahrend, tendierten sie nicht ins Wunderbare. Epen handelten von militärischen Aktionen und Politik, von Liebe aber nur am Rande - anders Romane. Die Aussage wird sofort eingeschränkt. Die älteren französischen, spanischen und italienischen Romane voller Kriegszüge hätten es mit anderen Konventionen gehalten. Huet grenzt den Roman von den Fabeln wie von den Historien ab. Wohl gibt es in den Historien fiktionale Gefilde - überall dort, wo fehlerhafte, irrtümliche Überlieferungen zustande kommen. Im Roman ist die Fiktion jedoch intendiert - darin steht der Roman eher der Fabel nahe. Fabeln versuchen indes nicht, wahren Historien zu gleichen. Mit den Fabeln teilt der Roman die Intentionalität seiner Fiktionen, mit den Historien die Gegenstände und die Schreibart. Zwischen Epos, Historie und Fabel entfaltet sich seine Geschichte im Spektrum der Gattungen. Historisch ist jedoch zwischen Traditionen des Südens und des Nordens zu teilen.

Daß das Fiktionale die Völker Asiens beschäftigte, ist offensichtlich. Sie mystifizierten ihre eigenen Historien ins Fabulöse. Priesterkasten bestimmten, wer in sie eingeweiht werden sollte. Die Hieroglyphen zeugten von der Kunst der Verschlüsselung, die die Essenz aller Fiktion ist. Die Reisen, die Pythagoras und Plato nach Ägypten führten, belegten den Kulturkontakt, in dem Griechenland das Verschleiern und Mystifizieren kennenlernte. Die Tradition berührte Nordeuropa weit später über die Araber, die ihren Glauben mit Fiktionen propagierten. Doch auch die Heilige Schrift ist von Fiktionen angefüllt, von Allegorien wie von Gleichnissen. Jesus sprach in solchen zu den Juden.

Huet führt von einfachen Bewertungen fort. Man könne nicht das Hohe Lied nach dem französischen eleganten Stil bewerten. Geschmack und die Art, wie man lebte, seien zu bedenken. Die erste Blüte von Liebes-Geschichten muß vor dem Hintergrund der Verfeinerungen des Lebensstils gesehen werden, der im antiken Kleinasien zustande kam. Kostbare Parfums, wollüstige Tänze, Luxus im Essen und im Wohnen korrespondierten hier mit der Produktion wollüstiger, das Leben versüßender Fiktionen:

Les Ioniens, Peuple de l'Asie Mineure, s'étant élevez à une grande puissance, & ayant aquis beaucoup de richesses, s'étoient plongez dans le luxe, & dans les voluptez compagnes inséparables de l'abondance. [...] Ils raffinérent sur les plaisirs de la table, ils y ajoûtérent les Fleurs & les Parfums; ils trouvérent de nouveaux Ornements pour les Bâtimens; les Laines les plus fines, & les plus belles Tapisseries du monde venoient de chez eux; ils surent Auteurs d'une Dance lascive, que l'on nomme Ionique; & ils se signalérent si bien par leur molesse, qu'elle passa en Proverbe. Mais entre eux les Milesiens l'emportérent en la science des Plaisirs, & en délicatesse ingénieuse. Ce furent eux qui les premiers apprirent des Perses l'art de faire les Romans, & y travaillérent si heureusement que les Fables Milesiennes, c'est à dire, leurs Romans, pleines d'Histoires amoureuses & de recits dissolus, furent en réputation. Il y a assez d'apparence que les Romans avoient éte innocens jusqu'à eux, & ne contenoient que des Avantures singuliéres & mémorables, qu'ils les corrompirent les premiers, & les remplirent de narrations lascives, & d'événemens amoureux. (Zayde (1715), p.XXV-XXVI.)

Den Historiker beschäftigt, wie sich sein Gegenstand verbreitete, wie Fiktionalität nach Griechenland gelangte und von dort nach Italien, von wo sie den Norden erreichte - falls dieser nicht eigene Formen von Fiktionalität entwickelt hatte. Es ist Huets Sprache und nicht die Sprache der "Historia Literaria", an die die Literaturhistorik anknüpfen konnte: Huet spricht von "Quellen" und "Wegen der Verbreitung". Die Fiktionen verbreiten sich in "Strömen". Der englische Übersetzer: "we must see by what Streams they have spread and convey'd themselves":

Mais il ne suffit pas d'avoir découvert la source des Romans: il faut voir par quels chemins ils se sont répandus dans la Grece, & s'ils ont passé de là jusqu'à nous, ou si nous les tenons d'ailleurs. (Zayde (1715), p.XXIV-XXV)

Huet berichtet von den Runen-Inschriften, die er in Dänemark sah - Überlieferungen dunkelster Historie, verfaßt von Völkern, denen das Licht der wahren Geschichte nach der Sintflut abhanden gekommen war. Von den Sagen des Nordens verlief die Entwicklung in die Artusepik und die Versromanzen des Mittelalters, was es nahelegt, neben der Genese des Fiktionalen aus dem Luxus das Gegenteil für möglich zu erachten - daß Fiktionen dort zustande kommen, wo Mangel auch einen Mangel an wahrer Geschichte bedingt:

En effet, comme dans la nécessité, pour conserver nôtre vie nous nourissons nos corps d'herbes & de racines, lors que le pain nous manque; de même lors que la connoissance de la vérité, qui est la nourriture propre & naturelle de l'esprit humain vient à nous manquer nous le nourissons du mensonge, qui est l'imitation de la vérité. Et comme dans l'abondance, pour satisfaire à nôtre plaisir, nous quittons souvent le pain & les viandes ordinaires, & nous cherchons des ragoûts: de même lors que nos esprits connoissent la vérité, ils en quittent souvent l'étude & la spéculation, pour se divertir dans l'image de la vérité, qui est le mensonge: car l'image & l'imitation, selon Aristote, sont souvent plus agréables que la vérité même. De sorte que deux chemins tout à fait opposez, qui sont l'ignorance, & l'érudition; la rudesse, & la politesse ménent souvent les hommes à une même fin, qui est l'etude des Fictions, des Fables, & des Romans. (Zayde (1715), p.LXXIII-LXXIV)

Huet hat sich an selber Stelle nicht von der Akribie losgesagt, mit der er seine Skizze der Einflußlinien führte. Frankreichs und Deutschlands Universitäten seien im 13. und 14. Jahrhundert die führenden Europas gewesen. Dante und Boccaccio hätten in Paris studiert und hier die Fiktionalität des Nordens kennengelernt. Die Neigung zu Fiktionen gelte es jedoch - hier schlägt die Untersuchung in Erkenntnistheorie um - als "natürliche" zu begreifen. Es habe mit dem Verstand des Menschen zu tun, daß er Erfindungen produziere. Die der Erkenntnis gegenwärtigen Objekte könnten dem Vermögen des Verstandes niemals genügen. Schon wenn man sich angesichts der Gegenwart frage, was eben passiert sei oder gleich passieren werde, schaffe man fiktionale Welten:

Cette inclination aux Fables, qui est commune à tous les hommes, ne leur vient pas par raisonnement, par imitation, ou par coûtume: elle leur est naturelle, & a son amorce dans la disposition même de leur esprit, & de leur ame; [...]. Cela vient, selon mon sens, de ce que les facultez de nôtre ame étant d'une trop grande étenduë & d'une capacité trop vaste pour être remplies par les objets présens, l'ame cherche dans le passé & dans l'avenir, dans la vérité & dans le mensonge, dans les espaces imaginaires, dans l'impossible même, de quoi les occuper & les exercer. (Zayde (1715), p.LXXIV-LXXV)

Erkenntnistheorie und Kulturthese: Warum der Mensch ein Fiktionen entwickelt

Die nüchterne, allen Fiktionen entsagende Erkenntnis sei gegenüber der fiktionalen schmerzvoll. Mühen gezielter Erkenntnissuche blieben oft unbelohnt. Der Roman hingegen biete der Imagination überschaubare Welten. Man sehne sich mit seinen Helden nach der Erfüllung ihrer Wünsche - ein glückliches Spiel, das man mit den eigenen Emotionen geschehen lasse, liefert man sich als Leser des Romans doch nur einer kalkulierten, überschaubaren Produktion von Ungewissheit aus:

Ils n'émeuvent nos passions, que pour les appaiser; ils n'excitent nôtre crainte ou nôtre compassion, que pour nous faire voir hors du péril ou de la misére, ceux pour qui nous craignons; ou que nous plaignons; ils ne touchent nôtre tendresse; que pour nous faire voir heureux ceux que nous aimons, ils ne nous donnent de la haine que pour nous faire voir misérables ceux que nous haïssons; enfin toutes nos passions s'y trouvent agréablement excitées & calmées. (Zayde (1715), p.LXXVII)

Es ist damit geklärt, woran es liegt, daß der Roman gerade mit all seinen langen verzweifelten Suchen beglückt. Dem, der nach wirklicher Wahrheit sucht, mag er als Blendwerk erscheinen. Wenn aber klar ist, wieso der Roman erfreut, kann man Romane dem Publikum, das sie liebt, zum Nutzen präsentieren. Huet kommt auf die Gegenwart, und so flüssig er die kleinasiatischen Liebes-Geschichten, aus denen Petron, Heliodor und Longus noch schöpften, aus den Bedingungen des reichen Kulturraums erklärte, die Artusepik hingegen als Zuflucht des Geistes in den Irrtum, da Wahrheit ihm abhanden kam -, so selbstverständlich nimmt er nun abermals Lebensumstände und Sitten in den Blick, um den Roman in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung zu begreifen. In wenigen Sätzen durchmißt Huet das Areal der letzten anderthalb Jahrhunderte. Miserabelstes wurde hier produziert, Fiktionen wie Till Eulenspiegel und der berühmte Amadis de Gaul, deren gewaltige Erfindungen vom Mangel an Erkenntnis gezeichnet sind. Dann aber entstanden die großen französischen Romane, denen der Schluß gehört. Huet liest sie im Blick auf die Sitten Frankreichs. Abermals kommt er zu keiner Abbildtheorie, sondern zu einem Raisonnement über den Gebrauch, den der Roman in einer Kultur erfüllt. Die neuen Romane zeichneten sich durch Komplexität im Umgang der Geschlechter aus. Das habe mit der Komplexität zu tun, die man in Frankreich einrichtete, um ein freieres Zusammenleben der Geschlechter zu ermöglichen. Italiener und Spanier hielten ihre Frauen verschlossen. Habe in Italien oder Spanien ein Mann erst einmal Zutritt bei einer Frau erlangt, so komme er ohne größere Formalitäten zur Sache. Frankreichs Frauen seien zwar weniger behütet, sie trügen dafür aber selbst die Verantwortung für ihre Tugend. Belagerung, kunstvoller Angriff und stete Verteidigung bestimmten in Frankreich die Conversation zwischen den Geschlechtern. Dies sei die Materie, von der die neuen Romane lebten. Zuerst hätten Frauen diese Romane von den Belagerungen ihres Geschlechts gelesen, um sich aus ihnen zu wappnen. Bald hätten sie alles Verständnis für die Historien und Fabeln verloren, die ihnen so lange Instruktion geboten hatten. Die Männer seien der neuen Sucht gefolgt und nannten rasch das Verhalten Pedanterie, das kurz zuvor noch Sitte war. An dieser Stelle ist der gesamte Siegeszug der galanten Conduite rekapituliert:

Les hommes ont donc été obligez d'assiéger ce rampart par les formes, & ont employé tant de soin & d'adresse pour le réduire, qu'ils s'en sont fait un Art presque inconu aux autres Peuples. C'est cet Art qui distingue les Romans François des autres Romans, qui en a rendu la lecture si délicieuse, qu'elle a fait négliger des lectures plus utiles. Les Dames ont été les premiéres prises à cet apas: elles ont fait toute leur étude des Romans, & ont tellement méprisé celle de l'ancienne Fable & de l'Histoire, qu'elles n'ont plus entendu des Ouvrages qui tiroient de là autrefois leur plus grand ornement. [...] Les hommes les ont imitées pour leur plaire; ils ont condamné ce qu'elles condamnoient, & ont apellé pédanterie, ce qui faisoit une partie essencielle de la Politesse, encore du temps de Malherbe. (Zayde (1715), p.p.LXXXIII-LXXXIV)

Die Autoren hätten sich auf das Publikum eingestellt und dabei an Bildung verloren. Damit ist der letzte der Fäden aufgetaucht, die Huet in seiner Definition des Romans ausgelegt hatte: die Frage nach dem Nutzen und dem Schaden der Romane. Huet hakt alle Invektiven gegen die sündhafte Gattung ab. Die Romane könnten schaden, da sie Anleitungen im Spiel zwischen den Geschlechtern geben. Sie könnten ebenso nützen, wenn sie auf die Anschläge vorbereiteten, denen man sich ausgesetzt finden wird. Der Schluß des Tractats ist ambivalent gehalten. Huet nutzt diese Offenheit, um auf den Roman zu kommen, dem er die Ehre hat, die Vorrede zu geben. Der Zayde sei der Nutzen - anders als anderen Romanen - sicherlich nicht abzusprechen.

Huets Tractat endet ohne große Schlußthese. Eine stille Bescheidenheit bestimmt den Schluß, von dem aus der Leser in den folgenden Roman tritt.

Literatur

  • Olaf Simons, Marteaus Europa oder der Roman, bevor er Literatur wurde (Amsterdam, 2001), S.165-72. - Der obige Text ist von dort mit Genehmigung des Autors übernommen und darf beliebig verändert werden (Übersetzungen der französischen Passagen schließt das ein).