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Benutzer:3mnaPashkan/Jozef Tiso

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Jozef Tiso (* 13. Oktober 1887 in Nagybiccse, Ungarn, Österreich-Ungarn, heute Veľká Bytča, Slowakei; † 18. April 1947 in Bratislava) war ein katholischer Priester, tschechoslowakischer und slowakischer Politiker. Ab 1925 war er Abgeordneter der Slowakischen Volkspartei im Tschechoslowakischen Parlament, von 1927 bis 1929 fungierte er als tschechoslowakischer Gesundheits- und Sportminister. 1938 wurde er Regierungschef des autonomen slowakischen Landesregierung und von 1939 bis 1945 war er erster und einziger Staatspräsident der vom Dritten Reich abhängigend (ersten) Slowakischen Republik.

Er wurde 1947 als Kriegsverbrecher[1] hingerichtet.

Jozef Tiso (1936)
50 Slowakische Kronen. Silbermünze anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Ersten Slowakischen Republik mit dem Bildnis des Staatspräsidenten Josef Tiso.

Leben, Ausbildung und Politik bis 1938

Tiso entspammte einfachen Verhältnissen und studierte Theologie in Budapest und Wien. In Wien vermittelte der katholische Moraltheologe Franz Martin Schindler, sowohl der Lehrer Tisos als auch Ignaz Seipels, dem jungen Priester eine christliche Nationalstaatsdoktrin und Ständestaatslehre, die Tiso vor allem während der Zeit der slowakischen "Selbstständigkeit" vertrat.[2] 1910 wurde er zum katholischen Priester geweiht und mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Tiso Feldgeistlicher in der k.u.k. Armee. 1915 wurde Tiso Leiter des theologischen Seminars in Nitra.

Seit 1925 war er oppositioneller Abgeordneter der klerikal-nationalistischen Slowakischen Volkspartei im tschechoslowakischen Parlament. Während der vorübergehenden Regierungsbeteiligung seiner Partei in den Jahren 1927 bis 1929 war er Gesundheits- und Sportminister der Tschechoslowakei. 1930 wurde er stellvertretender Vorsitzender und Chefideologe der Slowakischen Volkspartei.

Als Regierungschef der autonomen Slowakei

1938 folgte er dem verstorbenen Andrej Hlinka als Vorsitzender der Partei nach. Im selben Jahr wurde er Ministerpräsident der indirekt aufgrund des Münchner Abkommens zustande gekommenen, autonomen (noch nicht selbständigen) Slowakei innerhalb der Tschecho-Slowakei. Nach der Besetzung der autonomen Slowakei am 9. März 1939 durch tschechische Truppen wurde er von der Prager Zentralregierung abgesetzt. Am 13. März wurde Tiso von Hitler nach Berlin zitiert. Hitler verlangte von Tiso, "blitzschnell" die sofortige Unabhängigkeit der Slowakei von der Tschecho-Slowakischen Republik auszurufen, andernfalls würde das slowakische Gebiet zwischen Ungarn und Polen aufgeteilt werden. Tiso lehnte das mit dem Argument ab, keine Vollmacht zur Ausrufung der Unabhängigkeit zu haben, dies könne nur der slowakische Landtag.[3] Mit der Entstehung der unabhängigen Slowakischen Republik am 14. März 1939 wurde er zuerst Ministerpräsident und ab 26. Oktober 1939 stattdessen Präsident des formell unabhängigen deutschen Vasallenstaates. Auch als Präsident war er weiterhin aktiv als katholischer Pfarrer tätig (Pfarrer der Stadt Bánovce nad Bebravou 1924–1945).

Staatspräsident und Kollaboration mit den Nazis

Obwohl Tiso dem konserativ-gemäßigten Flügel der Slowakischen Volkspartei angehörte, wurde er von den Nazis als "ruhige und überlegte Persönlichkeit", die durch ihren geistlichen Status eine hohe Autorität in der Bevölkerung besaß, dem radikalen Vojtech Tuka vorgezogen.[4] Die politische Unabhängigkeit der Slowakei war allerdings von Anfang an, vorallem aufgrund des am 18. März 1939 zwischen der Slowakei und dem Deutschen Reich geschlossenen "Schutzvertrags", der den slowakischen Staat wirtschaftlich, militärisch und außenpolitisch eng an das Deutsche Reich band, stark eingeschränkt. Außerdem wurde in der Westslowakei entlang der ehemaligen slowakisch-mährischen Grenze ein Gebietsstreifen, die sogenannte "Schutzzone", von deutschen Soldaten besetzt. Hierbei leistete die slowakische Regierung hartnäckigen Widerstand, sodass das "Schutzzonenstatut" - nachdem Hitler Tiso im Hinblick auf die militärische Stärke der slowakischen Armee große Zugeständnisse gemacht hatte - erst im August 1939 unterzeichnet wurde.[5] Tiso trat, was die Staatsorganisation betraf, für ein autoritäres und ständestaatliches Regime nach dem Vorbild Österreichs und Portugals ein[6]. 1943 äußerte sich Tiso so über sein politisches Regime:

"Die Partei ist die Nation und die Nation ist die Partei. Die Nation redet durch die Partei. Die Partei denkt für die Nation. [...] Was der Nation schadet, dass verbietet und brandmarkt die Partei. [...] Die Partei wird sich nie irren, wenn sie stehts das Interesse der Nation vor Augen hat."[7]

Sein beharren auf einen klerikal-ständestaatlich regierten Staat brachte Tiso das Unwollen der slowakischen Nationalsozialisten mit Premierminister Vojtech Tuka und dem Komandanten der Hlinka-Garde Šaňo Mach an der Spitze ein, die einen "Slowakischen Nationalsozialismus" propagierten. Dies führte zu immer größeren innerparteilichen Auseinandersetzungen des klerikal-ständestaatlich orientierten (gemäßigten) Flügels des Präsidenten mit dem vor allem von der Hlinka-Garde unterstützten slowakischen Faschisten. Der Konflikt gipfelte 1940 im sogennanten Salzburger Diktat, Tiso entfernte daraufhin seinen langjährigen Parteikollegen Ferdinand Ďurčanský aus der Regierung, dessen zwei Ministerien, dass Außen- und das Innenministerium, wurden an Tuka bzw. an Mach übergeben. Der nun von den Hitler gestärkte radikal-faschistische Flügel der Slowakischen Volkspartei begann bald, in rasantem Tempo die bereits bestehenden antisemitischen Gesetzte zu verschärfen bzw. neue, härtere Gesetze zu verabschieden. Am 9. September 1941 erließ dann die slowakische Regierung mit Billigung Tisos nach dem Vorbild der Nürnberger Gesetze den sogenannten Jüdischen Kodex, einen der härtesten und jüdenfeindlichsten Gesetze überhaupt.

Nach der Besetzung der Slowakei durch sowjetische Truppen im April 1945 floh er über Österreich nach Altötting in Bayern, wo er im Kapuzinerkloster St. Anna lebte. Von dort wurde er von den Alliierten an die tschechoslowakische Regierung ausgeliefert, am 15. April 1947 in einem Gerichtsverfahren zum Tode durch den Strang verurteilt und am 18. April 1947 hingerichtet. Er wird daher heute noch von Teilen der slowakischen Bevölkerung - vor allem in Kreisen der rechtsradikalen Slowakischen Nationalpartei - als Märtyrer verehrt, wobei auch seine Selig- und Heiligsprechung angestrebt wird. [8]

Judenfrage, Antisemitismus und Holocaust

Unter der Präsidentschaft Tisos wurden 70.000 slowakische Juden und eine unbekannte Zahl Roma und anderer Verfolgter des Regimes (z.B. Homosexuelle, Freimaurer, politisch Andersdenkende) in die Vernichtungslager der Nazis deportiert[9]. Tiso äußerte hierzu in seinem Prozess kein Bedauern. Auch die Niederschlagung des Slowakischen Nationalaufstandes hat er nie bereut.

Es wird gefragt, ob es christlich sei, was mit den Juden gemacht wird, ob das menschlich sei, ob es keine Plünderei sei... Ich frage: Ist es christlich, wenn eine Nation ihren ewigen Feind loswerden will? ... Dass das jüdische Element das Leben der Slowaken bedroht hat, davon müssen wir niemanden überzeugen. Es würde noch schlimmer aussehen, wenn wir uns von ihm nicht rechtzeitig gereinigt hätten. Und wir haben es auf Gottes Anweisung getan: Slowake, wirf weg, entledige dich deines Schädlings... (Jozef Tiso, Holíč, 16. August 1942, bei der Deportation von Juden nach Auschwitz)

Kontroverse in der heutigen Slowakei

Internationale Sicht

Außerhalb der Slowakei wird von den meisten Historiker (Ivan Kamenec, Tatjana Tönsmeyer,...) Tiso eine bestimmtes oder sogar das Hauptmaß an der Judenverfolgung in der Slowakei zugeschrieben. Tönsmeyer beispielsweise widerspricht dabei durch Verwendung deutscher Quellen (exil)slowakischen Historikern, wie Milan Ďurica, die Tiso vom Antisemitismusbeschuldigungen befreien wollen, in dem sie behaupten Tiso habe von der Judenvernichtung nichts gewußt, selbst in seinem Prozess beharrte Tiso noch darauf, dass die Konsolidierung des slowakischen Staates unter Umgehung der Judenproblematik nicht möglich gewesen wäre[10].

Belege

  1. http://books.google.at/books?id=Bb4KtfhyG_kC&pg=PA18&dq=Jozef+Tiso+Kriegsverbrecher&hl=de&ei=4FNyTCqWkowHyO3tkgw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CDQQ6AEwAg#v=onepage&q=Jozef%20Tiso%20Kriegsverbrecher&f=false
  2. Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 178-179 http://books.google.at/books?id=3q59nMrzTAUC&pg=PA178&dq=Jozef+Tiso+studierte+in+Wien&hl=de&ei=ew4mTdS5IJDysgb259ytAg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0CD0Q6AEwBA#v=onepage&q&f=false
  3. Edmund Veesenmayer - von Igor-Philip Matic von Oldenbourg, Seite 76 http://books.google.de/books?id=km3UtkVSlfUC&pg=PA68&dq=Jozef+Tiso&hl=de&ei=VwUmTefeDJKC4Qa15vyUCg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9&ved=0CE8Q6AEwCA#v=onepage&q=Jozef%20Tiso&f=false
  4. http://books.google.de/books?id=km3UtkVSlfUC&pg=PA68&dq=Jozef+Tiso&hl=de&ei=VwUmTefeDJKC4Qa15vyUCg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9&ved=0CE8Q6AEwCA#v=onepage&q=Jozef%20Tiso&f=false
  5. Kooperation und Verbrechen: Formen der "Kollaboration" im östlichen Europa (1939-1945), von Christoph Dieckmann, Seite 35 http://books.google.de/books?id=AOE3SHxbsWAC&pg=PA35&dq=Slowakei+Schutzvertrag+Schutzzone&hl=de&ei=jS0mTafSK5XV4ga3lqWECg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CDIQ6AEwAw#v=onepage&q=Slowakei%20Schutzvertrag%20Schutzzone&f=false
  6. derStandart 15. Dezember 2001 http://derstandard.at/809154
  7. Kooperation und Verbrechen: Formen der Kollaboration im östlichen Europa 1939-1945, von Christoph Dieckmann, Seite 31 http://books.google.de/books?id=AOE3SHxbsWAC&pg=PA31&dq=Jozef+Tiso+die+nation+ist+die+partei&hl=de&ei=-iImTcbWBZeX4ga0xpG6CQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCcQ6AEwAA#v=onepage&q=Jozef%20Tiso%20die%20nation%20ist%20die%20partei&f=false
  8. http://www.zeit.de/2007/40/A-Tiso Referenzfehler: Ungültiger Parameter „märytier“ in <ref>. Die unterstützten Parameter sind: details, dir, follow, group, name.
  9. Süddeutsche Zeitung, Klaus Brill: Verstrickt in braunen Terror. War der Volkstribun Hlinka ein Held oder ein Wegbereiter der Nazis? Die Slowaken streiten über die Vergangenheit., gedruckte Ausgabe 30. Oktober 2007, Buch Politik, S. 7, 3.Spalte
  10. http://books.google.at/books?id=yA94EwgfbwUC&pg=PA44&dq=Jozef+Tiso%2BJuden&hl=de&ei=XuUuTaDhHcjxsgaGhpnaBw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCkQ6AEwAA#v=onepage&q=Jozef%20Tiso%2BJuden&f=false