Die zwölf Geschworenen (1957)
Die 12 Geschworenen ist der Debütfilm des US-amerikanischen Regisseurs Sidney Lumet. Das kammerspielartige Justizdrama ist eine Kinoadaption des gleichnamigen Fernsehspiels von Reginald Rose, dass am 20. September 1954 ebenfalls unter der Regie Lumets im Rahmen der TV-Serie Studio One ausgestrahlt wurde. 1997 wurde ein remake gedreht.
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Handlung (mit Spoiler)
Sechs Tage nach Beginn eines Mordprozesses in dem ein 18-jähriger Puertoricaner aus den Slums des kaltblütigen Mordes an seinen Vater beschuldigt wird, ziehen sich die zwölf Geschworenen in ein Hinterzimmer des Gerichtssaals zurück, um über das Urteil zu beraten. Der Prozess, scheint durch zwei Zeugenaussagen eindeutig zu Ungunsten des Beklagten entschieden zu werden, doch im ersten Wahlgang votiert der Geschworene Nr. 8 (Henry Fonda) als einziger der zwölf Geschworenen für die Unschuld des Jungen, während die anderen elf für schuldig plädieren. Geschworener Nr. 8, im wahren Leben Architekt und Vater dreier Kinder, kann nicht sagen, ob der Angeklagte unschuldig ist, kann aber auch nicht eine eindeutige Schuld bei dem vermeintlichen Mörder erkennen, der seinen Tod auf dem elektrischen Stuhl finden wird, sollte es zu einem einstimmigen Schuldspruch kommen. Im Verlauf des Films rekonstruiert Geschworener Nr. 8 den angeblichen Tathergang und deckt Ungereimtheiten in der Beweisführung der Staatsanwaltschaft auf. Es gelingt ihm in hitzigen Auseinandersetzungen nach und nach die Argumente und Vorurteile der Mitgeschworenen zu widerlegen und sie vom Schuldspruch abzubringen. Als Geschworener Nr. 8 auch die zwei belastenden Zeugenaussagen widerlegt hat, steht das Votum elf zu eins und nur der aufbrausende und befangene Geschworene Nr. 3 (Lee J. Cobb), der unter der Trennung zu seinem eigenen 18-jährigen Sohnes leidet und seinen Hass auf den gleichaltrigen Angeklagten projiziert, ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Er bricht jedoch in der finalen Sequenz unter dem Druck der anderen elf Geschworenen zusammen und schließt sich dem Freispruch für den Angeklagten an.
Entstehungsgeschichte
Die 12 Geschworenen basiert auf dem gleichnamigen Fernsehspiel von Reginald Rose, dass am 20. September 1954 im Rahmen der TV-Serie Studio One ausgestrahlt wurde. Von der ursprünglichen Besetzung die aus Norman Fell, John Beal, Franchot Tone, Walter Abel, Lee Philips, Bart Burns, Paul Hartman, Robert Cummings, Joseph Sweeney, Edward Arnold, George Voskovec und Will West bestand, gehörten nur Joseph Sweeney (Geschworener Nr. 9) als zerbrechlich wirkender alter Mann und George Voskovec (Geschworener Nr. 11) als ausländischer Uhrmacher zur Besetzung der Kinoadaption. Um eine klaustrophobische Stimmung zu erzeugen, verwendete Regisseur Sidney Lumet für die Filmkameras Linsen mit einer längeren fokalen Brennweite, so dass aus der Sicht des Zuschauers die Darsteller scheinbar mit dem Bildhintergrund verschmelzen. Weil die intensiven Proben für den Film ganze zwei Wochen verschlangen, wurde Die 12 Geschworenen in nur 21 Tagen abgedreht.
Rezeption
Das von Hauptdarsteller Henry Fonda und Drehbuchautor Reginald Rose produzierte Justizdrama gewann zwar die Gunst der Kritiker und zahlreiche Filmpreise, doch an den Kinokassen war Sidney Lumets Debütfilm kein Erfolg beschieden. Der auf 340.000 US-Dollar geschätzte Film spielte noch nicht einmal die Produktionskosten wieder ein. Die 12 Geschworenen gilt heute als Filmklassiker und begründete Sidney Lumets erfolgreiche Regiekarriere, die er mit Werken wie der Krimiadaption Mord im Orientexpress (1974) oder der Mediensatire Network (1976) untermauerte. 1997 entstand unter Regisseur William Friedkin ein TV-Remake von Die 12 Geschworenen, bei dem Jack Lemmon in die Rolle des Geschworenen Nr. 8 schlüpfte. Ihm zur Seite standen u. a. Armin Mueller-Stahl, George C. Scott, James Gandolfini und Tony Danza.
Anekdoten
- Über viele Jahre war nur der Verbleib der Filmrollen über die erste Hälfte des Fernsehspiels bekannt, das als Vorlage für den Spielfilm diente und im Rahmen der Serie Studio One ausgestrahlt wurde. Sie befanden sich seit 1976 im Besitz des Museum of Television and Radio. Im Jahre 2003 wurde eine komplette 16mm-Filmfassung des Fernsehspiels entdeckt, die sich im Besitz von Samuel Liebowitz, einem ehemaligen Staatsanwalt und Richter befand. Heute befinden sich diese komplette Fassung ebenfalls im Besitz des Museum of Televison and Radio.
- Nicht eine Frau fand sich in der Schauspielbesetzung von Die 12 Geschworenen wieder und nur eine, die spätere Kurzfilm-Regisseurin Faith Hubley, wirkte als Script Supervisor bei der Produktion mit.
- Henry Fonda wurde vom Filmstudio United Artists gefragt, ob er Interesse an dem Film hätte. Im nachhinein übernahm Henry Fonda neben der Rolle als Schauspieler auch den Produzentenposten, eine Position die ihn sehr frustrierte und er schlüpfte, abgesehen bei der zwei Jahre später entstandenen TV-Serie The Deputy, nie wieder in die Produzentenrolle.
- Henry Fonda mochte es nicht einen Film anzusehen bei dem er mitwirkte. So sah er sich im Schnittraum nicht den gesamten Film an, entgegnete aber Sidney Lumet als er den Raum verließt: "Sidney, er ist großartig" ("Sidney, it's magnificent.").
- Im Geschworenenzimmer werden die Charaktere nur durch ihre Nummern identifiziert in deren Reihenfolge sie um den Tisch sitzen. Nur zwei Charaktere geben ihren Familiennamen preis. In einem Epilog treffen sich Henry Fonda (Geschworener Nr. 8) und Joseph Sweeney (Geschworener Nr. 9) an den Stufen des Gerichtsgebäudes und verlieren ihre Anonymität, indem sich Sweeney als McCardle und Fonda als Davis vorstellen.
Auszeichnungen
Die 12 Geschworenen wurde bei der Academy Award-Verleihung 1958 für drei Oscars nominiert, darunter für den besten Film und die beste Regie, konnte sich aber seinerzeit nicht gegen David Leans Kriegsdrama Die Brücke am Kwai durchsetzen, das in sieben Kategorien ausgezeichnet wurde, u. a. auch als bester Film des Jahres und David Lean als bester Regisseur. Henry Fonda wurde mit dem britischen Filmpreis BAFTA im gleichen Jahr als bester ausländischer Darsteller geehrt. Sidney Lumet gewann 1957 auf der Berlinale u. a. den Goldenen Bären für den besten Film.
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film
- Beste Regie
- Bestes adaptiertes Drehbuch
- Bester ausländischer Darsteller (Henry Fonda)
- nominiert als bester Film
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film - Drama
- Beste Regie
- Bester Hauptdarsteller - Drama (Henry Fonda)
- Bester Nebendarsteller (Lee J. Cobb)
Weitere
- Goldener Bär als bester Film
- OCIC-Preis
- Bester ausländischer Film
- Bester amerikanischer Film
Directors Guild of America 1958
- nominiert für die beste Regie
- Bester Film
Italian National Syndicate of Film Journalists 1995
- Bester Regisseur für einen ausländischen Film
- Beste ausländischer Darsteller (Henry Fonda)
- Bester ausländischer Film
Locarno International Film Festival 1957
- Spezialpreis
- PGA Hall of Fame - Motion Pictures
- Bestes geschriebenes amerikanisches Drama