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Nara-Zeit

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Die Nara-Zeit (jap.: 奈良時代 nara jidai) in der Geschichte Japans umfasst die Jahre 710 bis 794. Kaiserin Gemmei verlegte die Hauptstadt nach Nara (damals Heijō-kyō). Nara blieb die Hauptstadt bis Kaiser Kammu sie nach Nagaoka verlegte – und ein Jahrzehnt später nach Heian-kyō (Kyōto).

Der Großteil der japanischen Gesellschaft während dieser Zeit war landwirtschaftlich um Dörfer herum geprägt. Die meisten Dorfbewohner folgten religiös dem Shintō, welcher auf der Verehrung der Geister der Natur und der Vorfahren beruht (Kami).

Die Hauptstadt war nach Chang'an (Xi'an) gebaut, der Hauptstadt des Tang-China. Auch in anderen Belangen eiferten die oberen Klassen den Chinesen nach, wie in der Übernahme der chinesischen Schrift (Kanji) und dem Buddhismus als Religion.

Literatur

Die Bemühungen des Kaiserhofes seine Geschichte aufzuzeichnen und zu dokumentieren, brachte die ersten Werke der japanischen Literatur hervor. Werke wie das Kojiki (古事記) und das Nihonshoki (日本書紀) waren politischer Natur und wurden benutzt um die Herrschaft der Kaiser über Japan aufzuzeichnen und gegenüber China und Korea als unbestritten zu rechtfertigen und darzustellen.

Mit der Verbreitung der geschriebenen Sprache wurde angefangen die japanische Dichtkunst (Waka) aufzuschreiben. Im Laufe der Zeit wurden persönliche Sammlungen zusammengefasst um 759 die erste große Sammlung von japanischer Dichtkunst Man'yōshū (万葉集) zu erstellen. Chinesische Zeichen wurden benutzt um den Klang des Japanischen auszudrücken bevor die Kana entwickelt wurde. Diese chinesichen Zeichen waren als Man'yōgana bekannt.

Wirtschaftliche, soziale und staatliche Entwicklungen

Bevor der Taihō-Kodex eingführt wurde, war es üblich die Hauptstadt nach dem Tode eines Kaisers, wegen dem abergläubischen Glauben, dass ein Ort des Todes beschmutzt sei, zu verlegen. Reformen und die Bürokratisierung der Verwaltung führten 710 zur Errichtung der ständigen kaiserlichen Hauptstadt Heijō-kyō bzw. Nara. Diese Hauptstadt gab dem neuen Zeitabschnitt seinen Namen. Nara war nach der großen Hauptstadt Chang'an der chinesischen Tang-Dynastie (618907) gebaut, und das erste wirkliche städtische Zentrum in Japan. Sie hatte bald eine Bevölkerung von 200.000 Einwohner, fast 4 % der Gesamtbevölkerung des Landes. Einige 10.000 Einwohner hatten Arbeitsplätze in der Verwaltung.

Die wirtschaftlichen und staatlichen Aktivitäten nahmen während der Nara-Zeit zu. Straßen verbanden Nara mit den Provinzhauptstädten und Steuern wurden effizienter und regelmäßiger eingetrieben. Münzen wurden geprägt, wenn nicht weithin genutzt. Außerhalb des Nara-Gebietes gab es wenig Handel und in den Provinzen verblasste das alte System der Landreform des Prinzen Shōtoku. Mitte des 8. Jahrhunderts stieg der Shōen (Grundbesitz), einer der wichtigsten wirtschaftlichen Einrichtungen im mittelalterlichen Japan an. Dies war das Ergebnis einer Suche nach einer handhabbareren Form des Landbesitzes. Die örtliche Verwaltung wurde allmählich autarker während dem Zusammenbruch des alten Landverteilungssystems. Durch den Anstieg der Steuern waren viele Menschen gezwungen ihre Gegend zu verlassen. Sie wurden zu „Wellenmenschen“ (Rōnin). Einige von diesen vorherigen „öffentlichen Menschen“ , wurden von privaten großen Landbesitzern angestellt. Dadurch wurden immer mehr „öffentliche“ Ländereien in die Shōen rückgeführt.

Die Flügelkämpfe am Kaiserhof setzten sich während der gesamten Nara-Zeit fort. Kaiserliche Familienmitglieder, führende Hoffamilien wie die Fujiwara und buddhistische Priester stritten weiter um Einfluss. In der ausgehenden Nara-Zeit erhöhten sich die finanziellen Belastungen auf den Staat und der Hof begann nicht notwendinge Beamte zu entlassen. 792 wurde die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und den Bezirksvorstehern wurde erlaubt private Milizkräfte für örtliche polizeiliche Aufgaben zu unterhalten. Die Dezentralisierung der Obrigkeit wurde die Regel, trotz der Reformen der Nara-Zeit. Schließlich, um die Kontrolle in kaiserliche Hände zurück zu erlangen, wurde 784 die Hauptstadt nach Nagaoka und 794 nach Heian-kyō (Hauptstadt des Friedens und der Ruhe), ungefähr 26 km nördlich von Nara, verlegt. Im ausgehenden 11. Jahrhundert wurde diese Stadt allgemeinhin Kyōto (Hauptstadt) genannt.

Kulturelle Entwicklungen und die Einführung des Buddhismus

Einige von Japans literarischen Meilensteinen wurden während der Nara-Zeit geschrieben:

  • das Kojiki und das Nihonshoki, die ersten nationalen Geschichtsschreibungen, die 712 bzw. 720 zusammengestellt wurden;
  • das Man'yōshū (Sammlung der Zehntausend Blätter), eine Gedichtsammlung und
  • das Kaifūsō (懐風藻), eine in Chinesisch geschriebene Gedichtsammlung von japanischen Kaisern und Prinzen.

Eine andere bedeutende kulturelle Entwicklung zu jener Zeit war die Etablierung des Buddhismus in Japan. Der Buddhismus wurde zwar schon im 6. Jahrhundert eingeführt, stieß aber auf geteilten Zuspruch. Dies änderte sich erst in der Nara-Zeit als er von Kaiser Shōmu beigeistert angenommen wurde. Kaiser Shōmu und seine Fujiwara-Freunde war glühende Buddhisten. Sie trugen aktiv zu dessen Verbreitung bei, machten ihn zum „Wächter des Staates“ und stärkten japanische Einrichtungen durch weitergehende Anpassung an die chinesische Kultur.

Tōdaiji in Nara

Während Shōmus Herrschaft wurde der Tōdaiji (Großer östlicher Tempel) gebaut mit dessen Buddha Dainichi (Großer Sonnenbuddha), einer 16 m hohen vergoldeten Bronzestatue. Dieser Buddha wurde mit der Sönnengöttin identifiziert. Von diesem Punkt an ergab sich ein allmählicher Synkretismus zwischen Buddhismus und Shintō. Shōmu selbst erklärte sich zum „Diener der drei Schätze“ des Buddhismus: dem Buddha, den Lehren des Buddhismus und der buddhistischen Gemeinschaft.

Die Zentralregierung errichtete ebenfalls Tempel, genannt Kokubunji, in den Provinzen. Der Tōdaiji war der Kokubunji der Provinz Yamato.

Obwohl diese Anstrengungen, den Buddhismus zur Staatsreligion zu erheben, plötzlich aufhörten, erhöhte der Nara-Buddhismus den Status der kaiserlichen Familie. Der buddhistische Einfluss am Hof erhöhte sich unter den zwei Herrschaften von Shōmus Tochter. Als Kaiserin Kōken (Herrschaft von 749-758) brachte sie viele buddhistische Priester an den Hof. Kōken dankte 758 auf Anraten ihres Cousins Fujiwara Nakamaro ab. Als die abgedankte Kaiserin einen buddhistischen Glaubensheiler namens Dōkyō vorzog, erhob Nakamaro 764 die Waffen. Er wurde jedoch schnell niedergeworfen. Kōken beschuldigte den herrschenden Kaiser Junnin der Verschwörung mit Nakamaro und setzte ihn ab. Kōken bestieg wiederum den Thron als Kaiserin Shōtoku (Herrscahft von 764770). Die Kaiserin ordnete den Druck von 1 Million Gebetstalismanen an – den Hyakumanto dharani – von denen viele Examplare erhalten blieben. Diese kleinen Schriftrollen von 770 zählen zu den am frühesten gedruckten Werken in der Welt. Kaiserin Shōtoku lies diese Talismane drucken um den buddhistischen Klerus zu besänftigen. Sie könnte selbst gewollt haben Dōkyō zum Kaiser zu erheben, starb aber bevor sie dieses durchsetzen konnte. Ihre Taten schockten die Nara-Gesellschaft und führten zum Ausschluss von Frauen auf das Thronerbe und dem Entfernen von buddhistischen Priestern aus politischen Ämtern.

Internationale Beziehungen

Der Narahof führte aggressiv die chinesische Zivilisation ein in dem er alle 20 Jahre diplomatische Abgesandte an den Tanghof schickte. Viele japanische Gelehrte, sowohl Laien als auch buddhistische Priester, studierten in Chang'an und Luoyang. Ein Gelehrter namens Abe no Nakamaro bestand die staatliche Aufnahmeprüfung und bekam einen Regierungsposten in China. Er diente als Generalgouverneur in Annam bzw. Chinesisch-Vietnam von 761 bis 767. Viele Gelehrte die in die Heimat zurückkehrten wurden hohe Regierungsämter angeboten, wie Kibi no Mabi.

Tang-China selbst schickte niemals offizielle Gesandte nach Japan, da die japanischen Könige oder Kaiser, wie sich sich selbst hochstilisierten, nie eine Amtseinsetzung durch den chinesischen Kaiser erbaten. Eine örtliche chinesische Regierung im unteren Yangzi-Tal schickte eine Gesandschaft nach Japan um japanische Abgesandte zurückzuführen die China durch das mandschurische Königreich von Bohai (kor. Parhae) betraten. Diese chinesische örtliche Gesandtschaft konnte wegen des Aufstandes von An Lushan nicht in die Heimat zurückkehren und wurde schliesslich in Japan eingebürgert.

Die Beziehungen zum benachbarten Königreich Silla waren eingangs friedlich. Japan und Silla tauschten regelmässig diplomatische Gesandtschaften aus. Aber der Aufstieg des Königreiches Bohai in Nordostasien destablisierte die Japan-Silla-Beziehungen. Bohai schickte 728 seine erste Gesandschaft über das Japanische Meer nach Nara. Japan hieß die Bohai-Gesandschaft willkommen, da das Königreich eine Art von Wiederherstellung des alten Königreiches Koguryo war, mit dem Japan verbündet war, bis es von Tang-China und Silla 668 erobert wurde. Der freundliche, diplomatische und gewerbliche Verkehr mit Bohai setzte sich fort bis das mandschurische Königreich im 10. Jahrhundert durch die Kitan erobert wurde. Auf der anderen Seite verschlechterten sich die Beziehungen mit Silla Jahr für Jahr, da der Narahof die Oberhoheit über Silla beanspruchte.