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Très Riches Heures

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Das Blatt "Mariä Heimsuchung" im Stundenbuch des Herzogs von Berry

Das Stundenbuch des Herzogs von Berry, (Très Riches Heures du Duc de Berry bzw. Très Riches Heures) ist eines der berühmtesten illustrierten Manuskripte des 15. Jahrhunderts. Es ist ein ausgesprochen reichhaltig verziertes Stundenbuch, das über 200 Blätter enthält, von denen etwa die Hälfte ganzseitig illuminiert sind.

Es wurde in der Zeit zwischen 1412 und 1416 von den Brüdern von Limburg für ihren Dienstherren Johann von Berry gemalt, jedoch nicht fertiggestellt, da sowohl ihr Dienstherr als auch die drei Brüder Jan, Paul und Hermann im Laufe des Jahres 1416 verstarben. Herzog Karl I. aus dem Haus Savoyen beauftragte Jean Colombe, die Malereien zu vervollständigen. Das Manuskript wurde in den Jahren 1485 bis 1489 fertiggestellt. Das überaus reich ausgestattete Werk enthält zahlreiche sehr humorvolle Anspielungen in den Randzeichnungen. So ist beispielsweise in der linken unteren Ecke des Blattes "Mariae Heimsuchung" ein auf einer Schubkarre sitzender Bär zu sehen, der Dudelsack spielt, und ein Pfarrer versucht mit der Leiter Vögel zu fangen.

Der Auftraggeber Herzog von Berry

Jean Duc de Berry war der dritte Sohne von Johannes dem Guten, König von Frankreich. Er war einer der größten Kunstmäzene der Geschichte. In seinem Herrschaftsgebiet wurden zahlreiche Kirchen und Schlösser restauriert oder neu errichtet. Zu seinen Sammelleidenschaften zählten zahlreiche Preziosen, darunter auch eine Sammlung von Stundenbüchern.

Bedeutung des Stundenbuches

Das Stundenbuch zählt aufgrund seiner prächtigen Ausstattung und der kunstvollen Ausgestaltung zu den Meisterwerken der Buchmalerei. Durch die Kalenderblätter dieses Werkes erfahren wir sehr viel über die Lebensformen der damaligen Zeit. Die Kalenderblätter sind in dieser Handschrift zur Hauptsache geworden. Während die "normalen" Stundenbücher eher zeichenhaft Jahreszeiten und Monatsarbeiten wiedergeben, sind den einzelnen Monaten in dieser Handschrift ganzseitige Bilder gewidmet, die die für den Monat typischen Tätigkeiten vor einer von der jeweiligen Jahreszeit geprägten Landschaft zeigt. Dabei ist im Hintergrund jeweils eines der Schlösser des Herzogs oder des französischen Königs zu sehen. Im oberen Bereich des Bildes ist in einem Boden jeweils die herrschenden Planetengottheit und das jeweilige Sternzeichen des Mondes dargestellt.

Die einzelnen Kalenderblätter

Der Januar

Der Monat Januar

Zu Lebenszeiten der Brüder Limburg wurde der Monat Januar angedeutet, indem man in einem Medaillon den doppelköpfigen Gott Janus darstellte. Die Brüder Limburg haben dieses Motiv in ihrem Kalenderblatt für den Monat Januar aufgegriffen und leicht abgewandelt.

Die Rolle des Janus hat hier der Duc de Berry, der Herzog von Berry eingenommen, der dem Bildbetrachter sein Profil zuwendet. Gehüllt ist er in ein leuchtend blaues Gewand, das mit kostbarem Lapislazuli gemalt wurde. Blau ist auch die Bank, auf der der Herzog Platz genommen hat. Neben ihm sitzt nur eine einzige weitere Person - allerdings in gebührendem Abstand. Dargestellt ist vermutlich der Bischof von Chartres, der zu den bevorzugten Gesprächspartner des Herzogs zählte.

Die besondere Rolle, die der Herzog auf diesem Kalenderblatt innehat, ist auch durch den Wandschirm betont, der ihn vor der Hitze des Feuers schützen soll. Der Wandschirm wirkt wie ein Nimbus, vor dessen gelblicher Farbe sich das blaue Gewand und die Pelzmütze des Herzogs abheben. Direkt über dem Wandschirm befindet sich ein Baldachin, auf dessen rotem Untergrund sich das blaue Lilienwappen und die beiden Wappentiere des Herzogs, der Schwan und der Bär, abheben.

Detail aus dem Kalenderblatt Januar

Am rechten Bildrand ist ein typisches mittelalterliches Tafelgerät zu sehen, ein sogenanntes Salzschiff. Das Tafelgerät ist in den Inventarverzeichnissen des Herzogs ausführlich beschrieben und ist ebenfalls von Bär und Schwan gekrönt. Das Pendant zu dem Salzschiff befindet sich an der linken Bildseite. Dort zeigt das Schaubord weitere Gerätschaften aus der Gold- und Silberkammer des Herzogs und darunter zwei Höflinge, die mit einzelnen Gerätschaften hantieren.