Karl Heinz Neumayer
Karl Heinz Neumayer (* 10. Dezember 1920 in Freiburg im Breisgau; † 24. Januar 2009 in Lausanne (Schweiz)) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer.
Familie
Neumayer wurde als Sohn des nordbadischen Landrates Karl Neumayer in Freiburg im Breisgau geboren, dessen Vater und Vorfahren die Apotheke in Eberbach führten. Seine Mutter Elsi geb. Matter stammte aus dem schweizerischen Aargau.
Leben
Bis zum Abitur an einem humanistischen Gymnasium 1939 lebte er in Mannheim. Anschließend studierte er von 1939 bis 1941 Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Karls-Universität Prag. 1941 bestand er in Leitmeritz in Böhmen das erste juristische Staatsexamen mit der Note »gut«. Von 1941 bis 1945 leistete er Militärdienst. Von 1945 bis 1949 war Neymayer Referendar im nordbadischen Staatsdienst. Währenddessen verfasste er seine Dissertationsarbeit unter dem Titel „Die Interessen des Kindes im Ehescheidungsprozess der Eltern - Eine Untersuchung auf rechtsvergleichender und soziologischer Grundlage“ und wurde 1947 an der Universität Heidelberg zum Dr. iuris promoviert. 1949 absolvierte er das zweite juristische Staatsexamen, wiederum mit der Note »gut«, als bester der Kandidaten seines Jahrgangs. 1951 erfolte die Zulassung zur Advokatur.
Nach seinem Studium arbeitete Neumayer von 1949 bis 1957 als wissenschaftlicher Referent am vormaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches und Internationales Privatrecht in Tübingen, später in Hamburg, mit Zuständigkeit für italienisches, spanisches, portugiesisches und ibero-amerikanisches Recht. Seit 1953 bekleidete er das Amt des geschäftsführenden Sekretärs der Gesellschaft für Rechtsvergleichung, dessen Gründungsmitglied er war. Von 1956 bis 1963 war er Generalsekretär der Gesellschaft und bis 1985 Mitglied des Vorstandes.
1957 folgte er einem Ruf an die Université de Lausanne, wo er zunächst außerordentlicher und ab 1963 ordentlicher Professor für deutsches Zivil- und Handelsrecht gewesen ist. Von 1962 bis 1965 war er zugleich Dekan der juristischen Fakultät und Direktor des Institut de droit comparé in Lausanne. Außerdem lehrte er gleichzeitig an der Université du Luxembourg und war dort ebenfalls Dekan der juristischen Fakultät. Zudem war er von 1965 bis 1974 Gastprofessor an der Universität Fribourg in der Schweiz.
1966 wurde er als Ordinarius an die Julius-Maximilians-Universität Würzburg berufen und war dort Professor für Rechtsvergleichung, internationales Privatrecht, ausländisches Zivil- und Handelsrecht, deutsches bürgerliches Recht und Handelsrecht. Von 1966 bis 1989 war er zudem alleiniger Vorstand des Instituts für Rechtsvergleichung sowie ausländisches Zivil- und Handelsrechts und Dekan der juristischen Fakultät in Würzburg. Seine Lehrtätigkeit in Lausanne setzte Neumayer auch nach seiner Ernennung zum ordentlichen Professor in Würzburg nebenberuflich für die deutschen Rechtsstudierenden als professeur associé fort.
Nach seiner Emeritierung im Jahr 1991 lebte er in Lausanne, wo er am 24. Januar 2009 gestorben ist. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Bois-de-Vaux nahe der Universität in Lausanne.
Wirken
Neumayers Publikationen zeigen die Spannweite seiner Interessen- und Forschungsgebiete auf.[1] Neumayer verfasste zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Aufsätze zum internationalen Zivil-, Handels- und Familienrecht, sowie zur Rechtsvergleichung des deutschen, ausländischen und staatsvertraglichen materiellen Handelsrechts, zum Staatsrecht und zur Rechtsgeschichte.
Während seiner Amtszeit an der Universität Würzburg wurde er in eine größere Anzahl von Universitätskommissionen gewählt, u. a. versah er über zehn Jahre lang den Vorsitz im Ausschuss für die Partnerschaftsbeziehungen zur Universität Padua in Italien und hat sich durch seinen wiederholten persönlichen Einsatz zur Verfestigung der engen freundschaftlichen Beziehungen zur Juristischen Fakultät der Universität Caen in Frankreich verdient gemacht.
Zudem war Neumayer Gastprofessor an mehreren ausländischen Universitäten und hielt zahlreiche Vorträge an mehreren Universitäten Europas, Amerikas und Afrikas.
In den 50er Jahren entwickelte Neumayer eine staats- und verfassungsrechtliche Argumentation, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1956 über den Anspruch der Bevölkerung Badens auf ein Volksbegehren auf Wiederherstellung des alten Landes Baden nach Art. 29 Abs. 2 GG a.F. bekräftigte. Diese ist im gleichen Jahr in dem unter dem Titel: «Die Neugliederung des Bundesgebiets und das Land Baden» erschienen. Nachdem das Volksbegehren erfolgreich durchgeführt worden war, berief ihn 1959 der Bundesminister des Inneren Dr. Gerhard Schröder in die sogenannte „Baden-Kommission“, welche ein verfassungrechtliches Gutachten zu der Frage ausarbeitete, wie der verfassungsrechtlichen Lage, wie sie im Gebietsteil Baden nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1956 und nach dem Volksbegehren von 1956 entstanden ist, Rechnung getragen werden könnte. Die Kommission, der auch die Professoren Herbert Krüger, Hamburg und Hans Schneider, Heidelberg angehörten, kam zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung verpflichtet sei, einen Gesamtplan für die Neugliederung des Bundesgebiets in Form eines Gesetzentwurfs dem Bundestag und dem Bundesrat vorzulegen.[2] Darüber hinaus hatte Sie den Verbleib des badischen Gebietsteils im Bundesland Baden-Württemberg empfohlen.[3]
Auszeichnungen und Ehrungen
Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. 1960 erhielt er den Ehrendoktor der Universität Caen und 1967 den Titel doyen honoraire der Universität Luxemburg. Im Jahre 1961 wurden ihm das deutsche Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Großherzogin von Luxemburg hat ihn ebenfalls 1961 in den Rang eines Commandeur de l’ordre de la Couronne de Chêne erhoben. Der König von Griechenland verlieh ihm 1963 das Offizierskreuz des Ordens Georgs I. 1983 wurde er vom Präsident der Französichen Republik für seine Verdienste um die Pflege der Beziehungen zur französischen Kultur zum Offizier des von Napoleon I. gestifteten Ordre des Palmes Académiques ernannt und schließlich im Jahre 1993 die Auszeichnung dell Ordine Al Merito della Republica Italiana verliehen.
Er war Mitglied der Société d’Étudiants Germania Lausanne. Diese verlieh ihm im Jahre 1977 die Ehrenmitgliedschaft.
Publikationen
- Neumayer, Karl H. (Hrsg.):International encyclopedia of comparative law / Vol. 5. Succession / Ch. 8/9. Liability for obligations of the inheritance, Tübingen 2002
- Les contrats d'adhesion dans les pays industrialisés. Librairie Droz, Genf 1999
- Neumayer, Karl H. (Mitverfasser): Formation of Contracts - A Study of the Common Core of Legal Systems. 2 Bände, London 1968
- Zur positiven Funktion der kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel (Ein Beitrag z. Geltung zwingender Rechtssätze u. überpositiver Grundnormen im internationalen Privatrecht), Tübingen 1963
- Herbert Krüger, Karl Heinz Neumayer, Hans Schneider: Baden-Württemberg oder Baden und Württemberg. Hamburger öffentlich-rechtliche Nebenstunden, Band 4, Hamburg 1960
- Rechtsgutachten erstattet im Auftrage des Herrn Bundesministers des Innern über die Frage "Wie ist verfassungsrechtlich die Lage zu beurteilen, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1956 und durch das Volksbegehren im Gebietsteil Baden des Bundeslandes Baden-Württemberg entstanden ist?", Hamburg 1960
- Die Neugliederung des Bundesgebiets und das Land Baden. Mohr, Tübingen 1955
- Die Kombination von Vermögenstrennung und Vermögensteilhabe im ehelichen Güterrecht : Ein rechtsvergleichender Beitr. zu d. Problemen familienrechtl. Gleichstellung von Mann u. Frau in Zeitschrift f. ausländisches u. internationales Privatrecht, Berlin 1954
- Die Interessen des Kindes im Ehescheidungsprozeß der Eltern, Dissertation, Heidelberg 1948
Literatur
- Festschrift für Karl H. Neumayer zum 65. Geburtstag (Hrsg.: v. Barfuß, Werner; Dutoit, Bernard; Forkel, Hans; Immenga, Ulrich; Majoros, Ferenc) Baden-Baden, Nomos-Verlagsgesellschaft, 1985, ISBN 3-7890-1203-3
- Festschrift für Karl Heinz Neumayer - Emptio – Venditio inter Nationes. In Anerkennung für 40 Jahre Lehrtätigkeit. Wiener Übereinkommen betreffend Verträge über den internationalen Warenkauf - Convention de Vienne sur les contrats de vente internationale de marchandises - The Vienna Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG). Verlag. f. Recht u. Gesellschaft, Basel 1997 (Darin: Bibliographie Karl Heinz Neumayers, S. 585-595)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Publikationsverzeichnis in Festschrift für Karl H. Neumayer zum 65. Geburtstag. Baden-Baden, Nomos-Verlagsgesellschaft, 1985, S. 557 ff.
- ↑ Vorschläge der Sachverständigenkommission für die Baden-Frage, 72. Sitzung der Bundesregierung am 2. Juli 1959 TOP C (Kabinettsprotokolle 1959, S. 246).
- ↑ siehe ebenda
Personendaten | |
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NAME | Neumayer, Karl Heinz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rechtswissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 10. Dezember 1920 |
GEBURTSORT | Freiburg im Breisgau |
STERBEDATUM | 24. Januar 2009 |
STERBEORT | Lausanne |