Mandatssteuer
Eine Mandatssteuer ist eine Steuer zu Gunsten von Religionsgemeinschaften oder sozialen, kulturellen und humanitären Zwecken. Dabei kann der Steuerpflichtige selbst wählen, welcher Institution die Abgabe zugute kommen soll: beispielsweise dem Staat, einer Kirche oder einer Non-Profit-Organisation wie z. B. Greenpeace oder amnesty international. Gelegentlich wird diese Steuerart auch als Kultussteuer bezeichnet, diese Bezeichnung ist jedoch missverständlich: in Deutschland ist Kultussteuer die übliche Bezeichnung für die Kirchensteuer der jüdischen Gemeinden (§ 16 HKiStG); der Begriff Kirchensteuer wird hier vermieden, da er nur für christliche Religionsgemeinschaften passt.
Im Gegensatz zur Kirchensteuer kann man sich der Mandatssteuer nicht durch einen Kirchenaustritt entziehen. Sie wird von allen Steuerzahlern gezahlt; der Steuerzahler hat lediglich die freie Wahl, welcher Institution sein Beitrag zugute kommt.
Die Mandatssteuer wurde in 1979 in Spanien und 1984 in Italien und als Modell zur Kirchenfinanzierung eingeführt. Sie beträgt in Spanien 0,52 % und in Italien 0,8 % der Lohn- bzw. Einkommenssteuer. Auch in Ungarn wurde 1998 eine ähnliche Mandatssteuer in Höhe von 1 % der Einkommenssteuer eingeführt. Die Einführung dieses Finanzierungsmodells geschah mit offizieller Zustimmung des Vatikans in Form von Konkordaten (d.h. Verträgen zwischen der Kirche und einem einem weltlichen Staat), da diese Ländern einen sehr hohen römisch-katholischen Bevölkerungsanteil aufweisen und somit erfahrungsgemäß ein großer Teil der Mandatssteuer der römisch-katholischen Kirche zufließt.
In Deutschland wird das Modell der Mandatssteuer dagegen seit Jahrzehnten von kirchlicher Seite abgelehnt, da finanzielle Einbußen gegenüber dem aktuellen Modell der Kirchensteuer befürchtet werden. In Deutschland beträgt die Kirchensteuer derzeit je nach Bundesland 8 % oder 9% der Lohn- bzw. Einkommenssteuer; sie wird jedoch nur von denjenigen Steuerzahlern gezahlt, die einer der teilnehmenden religiösen Körperschaften des öffentlichen Rechts angehören.
Zur Zeit wird die Mandatssteuer in weiteren europäischen Ländern (z.B. der Schweiz und Österreich) diskutiert und kann grundsätzlich auch als Modell für eine moderne Parteienfinanzierung dienen.
Bereits im Jahr 1972 hatte sich der Kirchenkritiker Horst Herrmann für einen Ersatz der Kirchensteuer durch eine von ihm so genannte Mandatssteuer ausgesprochen.
Literatur
- Herrmann, Horst: Die Kirche und unser Geld (Hamburg 1990). ISBN 3-89136-301-X
- Herrmann, Horst: Kirche, Klerus, Kapital. Hintergründe einer deutschen Allianz (Münster 2003). ISBN 3-8258-6862-1
- Herrmann, Horst: Kirchensteuer als Mandat? Eine Anfrage an Staat und Kirche, in: Stimmen der Zeit 97 (1972), S. 398-400 (Begriffsbestimmung).
Weblinks
- Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein von Markus Walser