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Clonidin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Strukturformel
Strukturformel von Clonidin
C9H9Cl2N3
Allgemeines
Freiname Clonidin
Andere Namen
  • IUPAC: 2-[(2,6-Dichlorphenyl) imino]imidazolidin
  • Latein: Clonidinum
Summenformel C9H9Cl2N3
Kurzbeschreibung

weißes bis fast weißes, kristallines Pulver (HCl) [1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 2803
DrugBank DB00575
Wikidata Q412221
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antihypertensiva

Wirkmechanismus
Eigenschaften
Molare Masse 230,09 g·mol−1
Schmelzpunkt

130 °C [3]

pKS-Wert

8,05 (25 °C) [3]

Löslichkeit

löslich in Wasser und absolutem Ethanol (HCl) [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Clonidin ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Imidazoline. Sie wird als Arzneistoff zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck), unterstützend während Narkosen und bei der Dämpfung von Entzugserscheinungen eingesetzt. Clonidin kann außerdem bei der Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) genutzt werden.[5] Clonidin kann oral – als Tablette oder Kapsel – bzw. intravenös, intramuskulär oder subkutan verabreicht werden. Der Stoff wirkt bereits in sehr geringer Dosierung: eine Tablette enthält nur 75, 150 oder 300 µg der Substanz.

Geschichtliches

Das heutige Hauptanwendungsgebiet von Clonidin (Behandlung der arteriellen Hypertonie) wurde in den sechziger Jahren eher zufällig erschlossen: Bei Tests verschiedener Substanzen zum Abschwellen der Nasenschleimhaut fiel beim Clonidin die starke Verringerung der Herzfrequenz (Bradykardie) und die Senkung des Blutdruckes (Hypotonie) auf. Später wurden im Tierexperiment auch schmerzlindernde und beruhigende Wirkkomponenten nachgewiesen.

Pharmakologie

Wirkungen

Insgesamt resultieren folgende Wirkungen

  • Senkung des Blutdruckes
  • Verminderung der Herzfrequenz
  • Senkung des Sympathikotonus im Entzug
  • Sedierung (gering ausgeprägt)
  • Schmerzlinderung

Wirkungsmechanismus

Clonidin gehört zwar zur Gruppe der Sympathikomimetika, besitzt aber durch die Erregung der α2-Adrenozeptoren der Präsynapse einen hemmenden Einfluss auf die efferenten sympathischen Fasern. An den Barorezeptoren der A. carotis wird so bei einem Anstieg des arteriellen Blutdrucks eine Hemmung des Sympathikotonus und Stimulierung des Parasympathikus mit Folge der Blutdrucksenkung erreicht. Die Signaltransduktion erfolgt im Wesentlichen GPCR-vermittelt (vorwiegend inhibitorisches G-Protein) über präsynaptische α2-Rezeptoren. Jene α2-Rezeptoren sitzen an verschiedensten Stellen im Zentralnervensystem (Hypothalamus, Thalamus, Medulla oblongata, Formatio reticularis, Locus coeruleus, Nucleus tractus solitarii u. a.), ihre Stimulation bewirkt über eine verminderte Ausschüttung von Noradrenalin aus den Nervenendigungen (physiologischerweise ein negativer Rückkopplungsmechanismus) eine Verminderung des Sympathikotonus und damit eine sympatholytische Wirkung. Weitere Mechanismen sind die Stimulation von Imidazolin-Rezeptoren (u. a. venterolaterale Medulla oblongata) und die Stimulation von postsynaptischen α2-Adrenozeptoren des Nucleus tractus solitarii, einer Hauptumschaltstelle der Blutdruckregulation. Alle genannten Mechanismen ziehen sympatholytische Effekte nach sich. Clonidin interagiert jedoch nicht nur mit den oben genannten α2-Adrenozeptoren, sondern wegen nicht hundertprozentiger Spezifität (relative Spezifität / Selektivität) auch mit den α1-Adrenozeptoren. Aus diesem Grunde kann bei schneller intravenöser Gabe auch ein initialer Blutdruckanstieg eintreten; ein paradoxer sympathomimetischer Effekt, der am ehesten durch eine Stimulation postsynaptischer α-Adrenozeptoren an der glatten Gefäßmuskulatur bedingt ist. Clonidin bewirkt über eine Stimulation der Hypophyse die Freisetzung von Wachstumshormon.

Anwendungsgebiete

Nebenwirkungen

Wechselwirkungen

Eine Wirkungsverstärkung geschieht durch Diuretika, Vasodilatantien, Neuroleptika, Alkohol und Hypnotika, eine Wirkungsabschwächung wird durch Trizyklische Antidepressiva und teilweise auch Neuroleptika bewirkt.

Kontraindikation

Relative Kontraindikationen sind ein AV-Block 2. Grades und eine schwere arterielle Verschlusskrankheit, während ein AV-Block 3. Grades (wenn kein Schrittmacher zur Verfügung steht), ein Raynaud-Syndrom oder Depressionen absolute Kontraindikationen darstellen.

Pharmakokinetik

  • Bioverfügbarkeit: 75 %
  • Verteilungsvolumen: 2 l·kg−1
  • Plasmaproteinbindung: 30 - 40 %
  • Metabolismus: Nur geringe (20%) hepatische Metabolisierung, vor allem zu p-Hydroxy-Clonidin
  • Plasmahalbwertszeit: 5-13 h nach oraler Gabe, 7-11 h nach i.v. Gabe
  • Elimination: Überwiegend (65%) renal, höchstens 10% über den Faeces, Clearance 182 ± 0,3 ml/min/kg.

Einzelnachweise

  1. a b Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 6. AUSGABE. Band 6.0–6.2, 2008..
  2. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Ruth, Schäfer-Korting: Mutschler Arzneimittelwirkungen. 9. Auflage, 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1.
  3. a b c Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  4. Eintrag zu Clonidinhydrochlorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  5. Psychiatriegespräch.de: "Traumatisierung, Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD), Anpassungsstörung, akute Belastungsreaktion" [1]
  6. Artikel über erste Studien zur Wirksamkeit bei ADHS (Sciele Pharma/Addrenex Pharmaceuticals) [2].

Handelsnamen

Catapresan (A, D, CH), Haemiton (D), Isoglaucon (A, D), Paracefan (D)