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Deutsch-Neuguinea

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Deutsch-Neuguinea
Mikronesien und Melanesien

Lage Deutsch-Neuguinea
Flaggen_in_den_Kolonien_des_Deutschen_Kaiserreichs#Flaggen_ab_1891
Bundeswappen Deutschlands#Deutsches Kaiserreich
(Details) (Details)
Hauptstadt: Berlin, Deutsches Reich
Verwaltungssitz: 1885–1891: Finschhafen
1891–1899: Friedrich-Wilhelm-Hafen
1899–1910: Herbertshöhe
ab 1910: Rabaul
Verwaltungsorganisation:
Oberhaupt der Kolonie: 1884–1888: Kaiser Wilhelm I.
1888: Kaiser Friedrich III.
1888–1899: Kaiser Wilhelm II.
Gouverneur der Kolonie: siehe hier
Einwohner: zirka 480.000 Einwohner (1912)
Währung: 1885–1911: Neuguinea-Mark,
ab 1911: Reichsmark
Besitzergreifung: 18841899
Heutige Gebiete: Papua-Neuguinea (Nordteil)
Mikronesien
Nördliche Marianen
Palau
Nauru
Marshallinseln
Salomonen (Nordteil)

Unter dem Namen Deutsch-Neuguinea übernahm das Deutsche Reich 1899 die Kolonialgebiete der deutschen Handelsgesellschaft Neuguinea-Kompagnie. Deutsch-Neuguinea umfasste, abgesehen von Deutsch-Samoa, die Gesamtheit aller im Südpazifik gelegenen deutschen Kolonien.

Zu Deutsch-Neuguinea gehörten:

Geschichte zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches

Die Neuguinea-Kompagnie - Bildung einer deutschen Kolonie in der Südsee

Als Großbritannien im August 1884 den Ostteil Neuguineas für die Krone vereinnahmte, beanspruchte der Agent des privaten Handels- und Aktienunternehmens Neuguinea-Konsortium, Otto Finsch im Dezember desselben Jahr die Nordküste Neuguineas und den Bismarck-Archipel.[1] Am 3. November 1884 wurde auf der dem Bismarck-Archipel zugehörigen Insel Matupi durch die Kommandanten der Kriegsschiffe SMS Elisabeth und SMS Hyäne die deutsche Flagge gehisst. Die Expedition war am 11. September 1884 mit Otto Finsch an Bord, von Sydney aus aufgebrochen, um die Inbesitznahme des Gebietes durch Großbritannien, was insbesondere durch die britische Kolonialverwaltung in Queensland (Australien) gefordert worden war, zu verhindern.[2] Großbritannien regierte ab 1884 den Süd- und Ostteil Neuguineas (→ Britisch-Neuguinea) und ab 1889 wurde der Westteil zur Kolonie der Niederlande. (→ Niederländisch-Neuguinea).

Der Bankier Adolph von Hansemann hatte bereits 1882 die Südseekolonialgesellschaft, Neuguinea-Konsortium (ab 1885 Neuguinea-Kompagnie), gegründet und im August 1884 von Bismarck die Erlaubnis zur Kolonialisierung erhalten: „[...]auf den außerhalb der berechtigten Interessensphäre der Niederlande und Englands liegenden Teile der Nordostküste von Neuguinea, überall, wo deutsche Niederlassungen bereits beständen oder in Ausführung begriffen seien, alsbald die deutsche Flagge hissen.“[3] Am 27. November wurde der später so genannte Finschhafen durch erneute Flaggenhissung in Besitz genommen.

Nach einem Anschluss der Hamburger Firma Robertson & Hernsheim an die Kompagnie, bekam diese am 17. Mai 1885 mit dem kaiserlichen „Schutzbrief“ die Hoheitsrechte für den Nordosten Neuguineas (genannt Kaiser-Wilhelms-Land) und den Bismarck-Archipel übertragen.[4]

Am 13. Dezember 1886 kamen die Nord-Salomonen (Bougainville, Choiseul, Isabella u. a.) dazu. Die Salomonen fielen jedoch (außer Bougainville und Buka) 1899 nach dem Samoa-Vertrag im Anschluss an die Samoa-Krise wieder an Großbritannien.

Die Überschreibung der landeshoheitlichen Rechte bedeutete, dass die Neuguinea-Kompagnie autonome Selbstverwaltungrechte innehatte und das sie das vom Deutschen Reich zuerkannte Land in Besitz nehmen sowie eigenständig mit den Einheimischen Verträge über Land abschließen konnte. Das Recht, Beziehungen mit fremden Mächten zu regeln, blieb allerdings der kaiserlichen Regierung vorbehalten. Höchste Verwaltungsinstanz für die Gebiete hatte der Landeshauptmann inne.

Wegen drohender Insolvenz der Kompagnie war das Deutsche Reich gezwungen, am 7. Oktober 1898 die Hoheitsrechte für die Kolonie Kaiser-Wilhelms-Land zurück zukaufen. Ab dem Jahr 1899 verwaltete das Kaiserreich die Kolonien als Teil von Deutsch-Neuguinea. An die Stelle des früheren Landeshauptmanns trat der kaiserliche Gouverneur, der dann seinen Sitz in Herbertshöhe (Kokopo) im Bismarck-Archipel hatte, wodurch Friedrich-Wilhelmshafen (Madang) seine Stellung als Verwaltungshauptstadt verlor.

Im Frühjahr 1888 versank bei einem Vulkanausbruch die vorgelagerte Ritter-Insel. Durch einen darauf folgenden Tsunami fanden über 5.000 Menschen den Tod. Unter den Opfern befanden sich auch die deutschen Forscher von Below und Carl Hunstein, die geeignete Orte für Kaffeeplantagen suchten[5].

Eingeborene bei der Ausbildung

Die nächste Katastrophe folgte im Jahre 1891, als Neu-Guineas Hauptstadt Finschhafen aufgrund einer Malariaepidemie aufgegeben werden musste. 1901 wurde Finschhafen allerdings wieder neu begründet.[6]

1899 wurden die gängigen deutschen Postwertzeichen mit dem Aufdruck Deutsch-Guinea versehen, womit die Kolonie ihre ersten eigenen Briefmarken erhielt.

1905 wurden auf Veranlassung der Deutschen Kolonialgesellschaft eine Volkszählung und -einordnung unternommen, deren Ergebnis im Deutschen Kolonial-Atlanten 1906 veröffentlicht wurde. In Anbetracht einiger fehlender Angaben und Unsicherheiten kann die damalige Bevölkerung Deutsch-Neuguineas vorsichtig auf etwa 200.000 Einheimische und 1100 Europäer, darunter etwa 700 Deutsche, geschätzt werden, wobei die Gruppe der gemischten Bevölkerung außer Acht gelassen wird.[7]

1910 fand die Kolonialregierung Deutsch-Neuguineas ihren festen Platz in Rabaul.

Die Gesamtfläche Deutsch-Neuguineas betrug ca. 240.000 km2 Quadratkilometer.[8] Bei der einzigen kompletten Volkszählung 1912 wurden 478.843 Indigene und 772 deutsche Einwohner gezählt.

Der Erste Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges besetzten australische Truppen im August 1914 das Kaiser-Wilhelms-Land, Bismarck-Archipel, Salomonen-Inseln und Nauru, während die Marianen, Karolinen, Palau und Marshall-Inseln fast kampflos den japanischen Einheiten übergeben wurden. Die Invasion endete mit der Einnahme Simpsonhafens durch über 3.000 australische Soldaten.

Die Ausweisung der deutschen Siedler erfolgte in Stufen:

  1. Etwa 110 Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes wurden zwischen 22. September und 11. Mai 1915 in die Heimat zurückgesandt, nachdem sie einige Zeit im Gefängnis Darlinghurst und Konzentrationslager Liverpool verbracht hatten. Die Rückreise der ersten erfolgte über Amerika mit den Schiffen Sonoma (16. Januar 1915) und Ventura (13. Februar 1915).
  2. Ca. 95 deutsche Zivilisten wurden 1914/15 in die German Concentration Camps in Liverpool (Sydney), Trial Bay oder Berrima (NSW) auf dem australischen Festland gebracht und bis 1919/20 interniert.
  3. Die verbleibenden etwa 180 deutschen Siedler wurden zwischen 1920 und 1922 vertrieben. Einige wenige blieben meist als Goldsucher.

Sämtliche Deutsche wurden nach dem Krieg durch die Expropriation ordinances ab 1921 formal enteignet, auch bereits verstorbene oder deportierte. Nicht mit Samoanerinnen verheiratete Deutsche, die noch bleiben durften, verarmten. Erst ab 1926 durften sie wieder Besuche empfangen, der Schriftverkehr mit der Heimat war unterbunden. Einige wenige Kolonisten kehrten ab 1928 wieder zurück. Eine Entschädigung für erlittenes Unrecht wurde australischerseits nie gewährt.[9]

Geplante Symbole für Deutsch-Neuguinea

Hauptartikel: Flaggen in den Kolonien des Deutschen Kaiserreichs

Im Jahr 1914 wurde ein Wappen sowie eine Flagge für Deutsch-Neuguinea geplant, jedoch aufgrund des Kriegsbeginns nicht mehr eingeführt.

Geschichte zwischen 1920 und heute

1920 teilte der Völkerbund das Gebiet auf und stellte es als Territorium Neuguinea unter australische und als Japanisches Südseemandat unter japanische Mandatsverwaltung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die japanischen Völkerbundmandate unter US-amerikanische Herrschaft. Ab 1945 wurden auf den Marshallinseln Bikini und Eniwetok Atombombentests durchgeführt. Mit der Zeit wurden die Inseln in die Unabhängigkeit entlassen:

Die Marianen sind seit 1945 bis heute Teil der USA, besitzen jedoch seit 1986 eine gewisse Autonomie.

Siehe auch

Literatur

  • Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel (Hrsg.): Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871–1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-36733-3.
  • Johanna Diehl: Die Tagebücher der Johanna Diehl. Jehova se nami nami. Missionarin in Deutsch-Neuguinea 1907–1913. Herausgegeben von Dieter Klein. Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05078-0 (Quellen und Forschungen zur Südsee. Reihe A: Quellen Bd. 1).
  • Johanna Fellmann: Von Schwaben in den Bismarckarchipel. Tagebücher der Missionarsfrau Johanna Fellmann aus Deutsch-Neuguinea 1896–1903. Herausgegeben von Ulrich Fellmann. Harrassowitz, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-447-05693-9 (Quellen und Forschungen zur Südsee. Reihe A: Quellen Bd. 3).
  • Gisela Graichen, Horst Gründer, Holger Diedrich: Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-550-07637-1.
  • Dieter Klein: Neuguinea als deutsches Utopia. August Engelhardt und sein Sonnenorden.. In: Hermann Joseph Hiery (Hrsg.): Die Deutsche Südsee 1884–1914. Ein Handbuch.. Schöningh, Paderborn u. a. 2001, ISBN 3-506-73912-3, S. 450–458.
  • Cathrin Meyer zu Hoberge: Strafkolonien - „eine Sache der Volkswohlfahrt“? Die Diskussion um die Einführung der Deportation im Deutschen Kaiserreich. LIT-Verlag, Münster u. a. 1999, ISBN 3-8258-4512-5 (Geschichte 26).
  • Richard Neuhauss: Deutsch Neu-Guinea. 3 Bände. Reimer, Berlin 1911.
  • Anja Voeste :„Die Neger heben“? Die Sprachenfrage in Deutsch-Neuguinea (1884–1914). In: Elisabeth Berner, Manuela Böhm, Anja Voeste (Hrsg.): Ein gross und narhafft haffen. Festschrift für Joachim Gessinger. Universitätsverlag Potsdam, Potsdam 2005, ISBN 3-937786-35-X (Volltext).

Einzelnachweise

  1. Gründer: Geschichte, S. 92
  2. Gründer: ein junges Deutschland, S. 96
  3. Kurt Herrfurth: Fürst Bismarck und die Kolonialpolitik. Trewendt 1909, S. 136
  4. S.G. Frith: The New Guinea Company, 1885-1899: a case of unprofitable imperialism. in: Historical Studies 15, S. 316
  5. H. Klee (Hrsg.): Vulkanischer Ausbruch im Schutzgebiete von Neu-Guinea. Neueste Mittheilungen, 7. Jahrgang, Nr. 49, Berlin 1888.
  6. Deutscher Kolonial-Atlas, Historischer Atlas herausgegeben von Heinrich Schnee, Quelle & Meyer, Leipzig 1920, Band I, S. 626
  7. Deutscher Kolonial-Atlas, Historischer Atlas herausgegeben von Heinrich Schnee, Quelle & Meyer, Leipzig 1920, Band I, S. 315 ff.
  8. Horst Gründer: Geschichte der Deutschen Kolonien. 5. Auflage, UTB, Paderborn 2004, S. 170
  9. Karl Baumann: Biographisches Handbuch Deutsch-Neuguinea Fassberg 32009 (keine ISBN), S 4-5, S 613-620: Liste der internierten Deutschen aus Deutsch-Neuguinea