Ernst Leitz II
Ernst Leitz II (* 1. März 1871 in Wetzlar; † 15. Juni 1956 in Gießen) war ein deutscher Industrieller.
Leben
Leitz war der zweite Sohn des Industriellen Ernst Leitz senior. Er trat 1906 als Teilhaber in das optische Unternehmen ein und wurde nach dem Tod seines Vaters 1920 Alleingesellschafter. Er widmete sich zunächst der Entwicklung neuer Mikroskope, insbesondere des ersten auch für hohe Vergrößerungen einsetzbaren Binokularmikroskops der Welt, das 1913 auf den Markt kam. Auch das große Forschungsmikroskop Ortholux mit eingebauter Beleuchtung (1935) wurde ein großer Erfolg. Die von seinem Mitarbeiter Oskar Barnack entwickelte Kleinbildkamera LEICA mit den Wechselobjektiven von Professor Max Berek fand seit 1925 weltweite Verbreitung. Die kleine, leichte Leica mit einem Filmformat von 24x36 mm und der Möglichkeit, 36 Aufnahmen in Folge machen zu können, löste die oft schweren und klobigen Plattenkameras für statische Einzelaufnahmen ab. Sie begründete als erste die dynamische live Fotografie und veränderte die Welt der Fotografie, insbesondere die der Print-Medien. Das Leica Format wurde zur weltweiten Norm und ermöglichte der fototechnischen und fotochemischen Industrie weltweit einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Um 1920 beschäftigten die Leitz-Werke rund 1400 und 1956 rund 6000 Mitarbeiter. Die betriebliche Sozialpolitik führte Leitz im Sinne seines Vaters fort.
Leitz war Mitglied der linksliberalen DDP (später Deutsche Staatspartei) und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, eine Organisation zur Verteidigung der Weimarer Republik. Zu verschiedenen Reichstagswahlen kandidierte er für die DDP. Er trat erst 1942 in die NSDAP ein, um die drohende Übernahme der Werke durch die Nationalsozialisten abzuwenden.
Leitz war mit Theodor Heuss befreundet und seit 1945 Mitglied der FDP. Die Organisation Anti-Defamation League (ADL), die sich gegen Antisemitismus einsetzt, würdigte 2007 seine humanitären Verdienste mit der Auszeichnung "Courage to Care". [1]
Nationalsozialismus
Unter erheblicher Gefahr für sich selbst und unter Einsatz des Prestiges seines Unternehmens hat Ernst Leitz zwischen 1933 und 1945 87 Personen wertvolle Hilfe geleistet oder das Leben gerettet.[2] Die meisten waren Juden. Bewusst stellte er gleich nach der Machtergreifung Hitlers gefährdete Wetzlarer Juden in seinem Unternehmen ein und verschaffte vielen von ihnen Geld und Empfehlungsschreiben zur Ausreise in die USA. Dort wurden die Verfolgten in der New Yorker Firmenniederlassung angestellt, bis sie andere Arbeitsplätze finden konnten.[3] Erzählt hatte Ernst Leitz auch seinem Enkel Knut Kühn-Leitz nie etwas aus der Zeit des Nationalsozialismus und schon gar nicht von seiner Hilfe für die Bedrängten. Für ihn war es kein Unterschied, ob jemand Jude war oder Sozialdemokrat. Es waren Menschen, denen er geholfen hat. [4]
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam ans Tageslicht, dass das Nazi-Regime ständig beabsichtigte, den unbeugsamen - nach nationalsozialistischer Beschreibung „widerlichen Demokraten“ - auszuschalten.
Auszeichnungen
- 1941: Eiserne Senckenberg-Ehrenmünze
- 1952: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- Dr. med. h.c. der Universität Gießen
- Dr. phil. h.c. der Universität Marburg
- Ehrensenator der Universitäten Marburg und Köln sowie der Technischen Hochschulen Karlsruhe und Darmstadt
„Mit Ernst Leitz steht ein Mensch unter uns, der das Wort Bürger, der auch Bürge ist für die anderen, höchst lebendig als Beispiel verkörpert.“
Literatur
- "Ernst Leitz – Wegbereiter der Leica" - Knut Kühn-Leitz (Hrsg.), Königswinter 2006, ISBN 978-3-89880-551-3.
- "Ernst Leitz – Ein Unternehmer mit Zivilcourage in der Zeit des Nationalsozialismus" - Knut Kühn-Leitz (Hrsg.), 2. erweiterte Auflage. CoCon-Verlag, Hanau 2008, ISBN 978-3-937774-50-3.
Quellen
- ↑ Anti-Defamation League
- ↑ Ernst Leitz – Ein Unternehmer mit Zivilcourage in der Zeit des Nationalsozialismus, Knut Kühn-Leitz (Hrsg.), Hanau 2008
- ↑ Thomas Kielinger: Der gute Mensch von Wetzlar. Die Welt vom 9. Februar 2007
- ↑ Rabbi Frank Smith, zitiert von stern.de, 19. Februar 2007. [1]
- Volker Trunk: Vater Courage. Frankfurter Rundschau vom 8. Oktober 2008
- Mark Honigsbaum: New life through a lens. Financial Times vom 3. Februar 2007
- Jean-Pierre Langellier: Au bout de l'objectif, la liberté. Le Monde vom 17. Februar 2007
- Simone Durchholz: Leica - Fabrikant rettete dutzende Juden. Rheinische Post vom 2. März 2007
- Wolfgang Wiedl: Ernst Leitz zeigt Zivilcourage. Wetzlarer Neue Zeitung vom 20 Januar 2008
Personendaten | |
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NAME | Leitz, Ernst junior |
ALTERNATIVNAMEN | Leitz, Ernst II |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Industrieller |
GEBURTSDATUM | 1. März 1871 |
GEBURTSORT | Wetzlar |
STERBEDATUM | 15. Juni 1956 |
STERBEORT | Wetzlar |