Gleis
Als Gleis wird der Fahrweg für Schienenfahrzeuge bezeichnet. Dieser Fahrweg besteht in der Regel aus hintereinanderliegenden Schwellen, auf denen zwei parallelliegend angeordnete stählerne Schienen befestigt sind.
Aufbau
Die Schwellen aus Holz, Stahl oder Beton halten die Schienen im vorgesehenen Abstand, der sogenannten Spurweite zueinander. Die Schwellen liegen in einem Gleisbett, das meist aus Schotter besteht. Es gibt auch Beton-Fahrbahnen (Feste Fahrbahn), auf denen die Schienen ohne Schwellen mit Schrauben oder Klammerfedern befestigt werden. Diese Art des Oberbaus wird bei Neubaustrecken verwendet. Die Gesamtheit von Schienensträngen, Schwellen und dem Gleisbett nennt man Gleiskörper.
Die Schienen sind Stahlprofile, die fortlaufend an den Enden miteinander verschweißt sind. Früher hat man die Schienen verschraubt. Für Eisenbahnen werden heute Vignolschienen verwendet, für Straßenbahnen auch Rillenschienen. Auf den Schienen laufen die Räder der Eisenbahnfahrzeuge. Ein Abrutschen vom Gleis wird beim Fahren durch den Sinuslauf der Radsätze verhindert. Die Spurkränze gewährleisten an Weichen und Kreuzungen die Führung der Räder. Bei älteren Gleisen sind die Schienen mit Laschen verschraubt und haben an Stößen einen Zwischenraum, um Wärmedehnungen ausgleichen zu können (Stoßlückengleis). Moderne Gleise sind lückenlos verschweißt. In Deutschland sind solche Gleise bei einer Temperatur von 23 °C spannungsfrei. In Regionen mit großen Temperaturunterschieden (Tag - Nacht), (Sommer - Winter), und in Bergsenkungsgebieten sind gegebenenfalls die Zug- und Druckspannungen in lückenlosen Gleisen nicht beherrschbar, und bedingen ein Stoßlückengleis.
Gleis und Gleisbett werden mit dem Begriff Oberbau zusammengefasst.
Dämme, An- und Einschnitte sowie Brücken gehören zum Unterbau von Gleisen, mit dem Unebenheiten des Geländes ausgeglichen werden.
Das Gleis mit der Gesamtheit seiner Bauteile nimmt die Kräfte auf, die durch das Gewicht, die Beschleunigung bzw. Verzögerung und die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrzeuge entstehen.
Vom Ober- wie vom Unterbau hängen unter anderem die Höchstgeschwindigkeit einer Strecke und die mögliche Achslast der Fahrzeuge ab.
In der 1. Hälfte den 19. Jh. unterschied man noch 4. Gleistypen nach dem verwendeten Material:
- Englische Schienen: heutige Eisenschienen, teuer, aber dauerhaft, auf Steinblöcken oder Holzschwellen verlegt. Ersetzte bei Eisenbahnen bald die amerikanische Bauweise.
- Amerikanische Schienen: Holzschienen mit Metallbeschlag, billig beim Bau aber aufwändig im Unterhalt, wurden auf Holzschwellen verlegt. Wurden auch bei Perdebahnen (z. B. Budweis-Linz) verwendet.
- Holzschienen: Aus Baumstämmen geschnitzte Schienen. Schon seit dem Mittelalter vor allen in Bergwerken in Gebrauch.
- Steinschienen: Steinschienen auf gesetzter Steinunterlage, wurden überwiegend nur auf Versuchsstrecken in Frankreich eingesetzt.
Gleiskonstruktionen
Abzweigungen von Gleisen werden mit Eisenbahnweichen realisiert. Ein weiteres wichtiges Konstruktionselement ist die Kreuzung.
Bei Brücken sind wegen der unterschiedlichen Wärmeausdehnung spezielle Gleiskonstruktionen eingebaut. Zur Führung von Schienenfahrzeugen nach dem Entgleisen sind an vielen Stellen - insbesondere an Brückenpfeilern - neben dem Gleis Führungsschienen vorgesehen.
Ein Gleislagefehler ist ein Fehler der Lage eines Eisenbahngleises in horizontaler oder vertikaler Richtung oder ein Fehler in der gegenseitigen Höhenlage beider Schienen.
Mehrschienengleise

Eine spezielle Variante des Gleises ist das Dreischienengleis. Es hat drei nebeneinander verlegte Schienen, um es Zügen unterschiedlicher Spurweite zu ermöglichen, einen Streckenabschnitt zu befahren, wobei eine der äußeren Schienen von den Fahrzeugen beider Spurweiten genutzt wird. Dreischienengleise findet man insbesondere in Bahnhöfen, in denen Bahnen mit zwei verschiedenen Spurweiten aufeinandertreffen, aber auch auf Werksgeländen von Fahrzeugherstellern oder während der Umstellungsphase einer Eisenbahn auf eine andere Spurweite. Längere Dreischienenstrecken existieren vor allem in Australien.

Wegen der gemeinsam genutzten Schiene sind zum Ein- und Ausfädeln spezielle Weichen erforderlich. Eine Sonderform einer Weiche ist auch die sog. Gleisspurverziehung, bei dem die schmalere Spurweite sozusagen die Seiten wechselt, was vor Weichen oder von beiden Spurweiten gemeinsam genutzten Bahnsteigen notwendig werden kann.
Sind beide Spurweiten zu ähnlich, z.B. Meterspur und Kapspur, so ist ein Dreischienengleis nicht mehr möglich, weil die Differenz zwischen beiden Spuren geringer ist als die Breite einer Schiene einschließlich der Befestigungselemente. Deswegen werden in diesem Fall vier Schienen benötigt (Vierschienengleis). Mit vier Schienen lassen sich sogar drei Spurweiten auf einem Gleis unterbringen, z.B. Normalspur, Kapspur und Meterspur, was in einigen Teilen Afrikas in Zukunft notwendig werden könnte.
Ein weiterer Vorteil des Vierschienen- gegenüber dem Dreischienengleis ist, daß hier keine Weichen zum Zusammenführen der Spurweiten benötigt werden (potentielle Unfallquellen!); es genügt eine sog. Gleisverschlingung. Eine solche kann auch bei nur einer Spurweite sinnvoll sein, z.B. vor schmalen Brücken oder Engstellen in einem Straßenbahnnetz.
Zahnradgleise

Für Zahnradbahnen ist in Gleismitte ein besondere Strang, die sogenannte Zahnstange angebracht, in den das Zahnrad der Lokomotive eingreift. Es gibt verschiedene Bauarten von Zahnstangen mit den Zähnen an der Oberseite (Systeme Abt und Strub), an den Seiten (System Locher) sowie mit einer Leiterzahnstange (System Riggenbach).
Gleisbau
Die Projektierung und Verlegung von Gleisen einschließlich Oberbau und Unterbau sowie auch deren Unterhaltung und Pflege werden als Gleisbau bezeichnet.
Begrifflichkeit der Deutschen und der österreichischen Bahn
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wird zwischen dem Hauptgleis und dem Nebengleis unterschieden. Das Hauptgleis ist das von Zügen planmäßig befahrene Gleis. Die Gleise der freien Strecke und ihre Fortsetzung im Bahnhof werden als durchgehende Hauptgleise bezeichnet. Alle anderen Gleise werden als Nebengleise bezeichnet.
In der Schweiz bezieht sich das Hauptgeleis auf dem eine Gleis in dem eine signalmässige (nicht mit Rangiersignalen), gesicherte Zugfahrstrasse eingestellt werden kann.
Als Mehrzahlwort werden Gleise auch als Geleise bezeichnet.
Literatur
- Ensinger, Erich: Der Gleisbau (=Leitfaden für Eisenbahner), Frankfurt a.M.: GdED-Verl.-Ges., 3. Aufl. 1962 – 219 S.
- Haarmann, August: Das Eisenbahn-Geleise. Geschichtlicher Teil, Leipzig, Engelmann 1891 - XL, 852 S. m. zahlr. Abb. - Das Standardwerk zum Thema.
- Hanker, Robert: Eisenbahnoberbau. Die Grundlagen des Gleisbaues, Wien: Springer. 1952 – VIII, 256 S. Mit 258 Textabb. 8°
- Knothe, Klaus: Gleisdynamik (=Bauingenieur-Praxis), Berlin: Ernst. 2001 (3-433-01760-3) – VIII, 221 S. Ill., graph. Darst. 24 cm – Literaturverz. S. 187 - 214
- Lichtberger, Bernhard: Handbuch Gleis. Unterbau, Oberbau, Instandhaltung, Wirtschaftlichkeit, Hamburg: Tetzlaff, 2. Aufl. 2004 (ISBN 3-87814-804-6)
- Schiemann, Wolfgang: Schienenverkehrstechnik: Grundlagen der Gleistrassierung, Stuttgart; Leipzig; Wiesbaden: Teubner, 1. Aufl. 2002 (ISBN 3-519-00363-5) – 334 S. graph. Darst. 25 cm