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Adolf von Harnack

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Adolf von Harnack (* 7. Mai 1851 in Dorpat; † 10. Juni 1930 in Heidelberg) gilt als der bedeutendste protestantische Theologe und Kirchenhistoriker des späten 19. Jahrhunderts und beginnenden 20. Jahrhunderts.

Leben

Harnack kommt aus der Welt des baltischen Luthertums, sein Vater Theodosius Harnack war ein strenggläubiger Luther-Forscher an der Universität von Dorpat. Als junger Privatdozent in Leipzig gewinnt er kritische Perspektiven auf die christliche Dogmengeschichte durch die Theologie von Albrecht Ritschl. Harnacks Verständnis des Protestantismus ist das von Reformation und Revolution: Reformation der Heilslehre und Revolution gegen die Autorität der katholischen Kirche, gegen ihren hierarchischen Apparat mit eigener kirchlicher Rechtsordnung und gegen ihre Kultusordnung.

Im Wilheminischen Kaiserreich lehrt Harnack an der Universität in Berlin, seine sechzehn Vorlesungen über "Das Wesen des Christentums", die er im Wintersemester 1899/1900 hält, werden von mehr als 600 Studenten aller Fakultäten gehört. Er wird zum politischen Berater mit vielfältigen politischen Kontakten bis hin zum Kanzler Theobald von Bethmann Hollweg. Im engen Zusammenspiel mit den Reformern der Staatsbürokratie vertritt er eine mittlere Linie, setzt auf Interessenausgleich durch Sozialreformen, Konfliktvermeidung und Konsens, wendet sich gegen kulturkämpferische Polarisierung und Verschärfung der Klassenkonflikte.

Seine Wertvorstellungen sind bürgerlich-liberal, zielen auf eine parlamentarisch-konstitutionelle Monarchie und stehen damit gegen die autoritäre politische Kultur des Kaiserreichs, dessen Reformfähigkeit er überschätzt. Seine traditionskritische Persönlichkeitsreligion enthält starke Sozialideale, die im Reich Gottes symbolisiert sind. Den innerweltlichen Beruf eines Christen deutet er als Dienstpflicht am Gemeinwesen. Harnack wird Präsident der auf seinen Vorschlag hin gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und von 1905 bis 1921 Generaldirektor der Königlichen Bibliothek/(ab 1918:) Preußischen Staatsbibliothek.

Außenpolitisch engagiert Harnack sich für eine Verständigung zwischen England und Deutschland, wendet sich gegen den alldeutschen Imperialismus und rät zu Mäßigung und Ausgleich. Im ersten Weltkrieg aber, den er anfangs unterstützt, schwankt der Unterzeichner des Manifest der 93 zwischen aggressiver Rhetorik und Untergangsstimmung. Seine kulturprotestantische Nationalgeschichte schließt nun die Bereitschaft ein, im Osten deutsche Kultur durch Vasallenstaaten zu sichern. Die Kriegsniederlage und die Revolution von 1918 deutet Harnack als Übergang zu Demokratie und Sozialismus. Gegen die Linie des Mehrheitsprotestantismus, der nun fast durchweg antirepublikanisch gesinnt ist, engagiert sich der konservative Republikaner entschieden für die soziale Demokratie. Sein Sohn Ernst von Harnack engagiert sich in der SPD, seine Lieblingstochter Agnes von Zahn-Harnack wird eine prominente Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung und tritt in die Deutsche Demokratische Partei ein. Der Widerstandskämpfer Arvid Harnack ist sein Neffe.

Als er 1930 nach kurzer Krankheit stirbt, war er Professor für Kirchengeschichte an den Universitäten Leipzig, Gießen, Marburg und Berlin gewesen. Sein dreibändiges Lehrbuch der Dogmengeschichte (1886-1890; mehrere erweiterte Neuauflagen) gilt als seine wichtigste theologische Publikation.

Zitate

  • „Man klagt darüber, dass unsere Generation keine Philosophen habe. Mit Unrecht. Sie sitzen jetzt nur in einer anderen Fakultät. Sie heißen Max Planck und Albert Einstein“.

Literatur