Spiel
Spiel (von althochdeutsch spil Tanzbewegung) ist eine Tätigkeit, die zwanglos und zweckfrei nur aus Freude an ihrer Ausübung, ihrem Inhalt oder ihrem Ergebnis ausgeführt wird. Ihrem Wesen nach sind solche Tätigkeiten nicht der Arbeit, sondern der Freizeit zugeordnet und dienen i.d.R. dem lustbetonten Zeitvertreib des Spielers oder einer Spielgesellschaft. Die angeborene Neugier und Lust zum Spiel wird entwicklungspsychologisch als die Haupttriebkraft der frühkindlichen Selbstfindung und späteren Sozialisation des Menschen angesehen. Danach reflektiert, erforscht und erkennt der Mensch die Welt zuerst im Kinderspiel. Die Rolle des Spielens in der Gesellschaft erforscht die Ludologie.
Begriffsbestimmungen
Die Tätigkeit eines Menschen oder eines Tieres ist kein Spiel, wenn sie erzwungen und zweckgebunden ist, das heißt unmittelbar der Pflichterfüllung, Notdurft bzw. Suchtbefriedigung, Schadensabwendung oder Schmerzvermeidung geschuldet ist. Es gibt jedoch keine genauen Abgrenzungen, so wie beim Lernspiel, das dem Zweck des Lernens dient, aber dennoch spielerisch sein soll. Es kommt auf die jeweilige Rolle bzw. Funktion des Beteiligten im betreffenden Spiel oder Nicht-Spiel und auf die Sichtweise des Beobachters an. Alle Spiele sind Rollenspiele, die generell zwei unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen sind:
- Frei assoziierte Rollenspiele, die die Spielteilnehmer während des Spielens mit Fantasie offen gestalten. Ein solches Spiel kann mit oder ohne Spielzeug gespielt werden und unterliegt offenen Vereinbarungen bzw. Szenarien.
- Reglementierte Rollenspiele, in denen die Spieler festen Spielregeln, Spielplänen oder Drehbüchern folgen und sich bestimmter Spielmittel bedienen. Dazu gehören im weitesten Sinne alle Spiele, die wiederholt nach festen Regeln gespielt werden.
Nachfolgend bezieht sich der Spielbegriff sowohl auf das Spielen, als auch auf völlig andere Tätigkeiten und Sachverhalte. Der Begriff Spiel bezeichnet auch:
- Die unterschiedlichen Spielarten und -formen in und mit denen gespielt wird, z. B. Gesellschaftsspiele, Geschicklichkeitsspiele, Glücksspiele, Strategiespiele, Sammelspiele, Brettspiele, Würfelspiele, Kartenspiele, Computerspiele u. v. a. m.. (Siehe unter: Spieltypen.)
- Rollen- und Planspiele, die eigentlich der Arbeit zuzuordnenden sind. Sie dienen der Erforschung menschlicher Verhaltensmuster und der Entwicklung entsprechender Strategien in der Psychologie, Soziologie, Ökonomie und nicht zuletzt im militärischen Bereich (Sandkastenspiele). Besonders bekannt sind z.B. das von dem Politologen Robert Axelrod untersuchte Gefangenendilemma und das Ultimatumspiel.
- In der Spieltheorie ein mathematisches Modell, das die konstanten und variablen Einflussfaktoren systemimmanenter Prozesse abbildet und zur Ermittlung wahrscheinlicher, das heißt hinreichend sicherer System-Ereignisse dient.
- In der Technik ein fertigungs-, montage- bzw. anwendungsbedingter Bewegungsspielraum der in gemeinsamer Funktion stehenden Einzelteile in einer mechanischen Baugruppe. Ein definiert großes Spiel ist durch eine geeignete Tolerierung der Einzelteile erreichbar.
- Sportliche Wettkämpfe ganz allgemein, z.B. Olympische Spiele, oder in einer speziellen Mannschaftssportart, z.B. Fussball-, Volleyball-, Eishockey-Spiele etc.. Diese Spiele werden auf Sportplätzen oder in Arenen vor teilhabendem Publikum ausgetragen.
- Darbietungen bzw. Interpretationen auf dem Gebiet der Musik oder der Darstellenden Kunst. Besondere Ereignisse mit künstlerischen Höhepunkten sind in diesem Zusammenhang Musik-, Theater- und Filmfestspiele.
- In der Jägersprache den Schwanz des Birkhahns, Fasans und Auerhahns.
- Unbedachtes, verantwortungsloses Handeln. Sprichwörtlich sind z.B. Spiele mit dem Feuer, den Gefühlen oder gar Menschenleben, in denen die Beteiligten die Folgen ihrer Handlungen außer Acht lassen und nicht in der Lage sind, die Verantwortung dafür zu tragen.
Literatur
- Manfred Eigen, Ruthild Winkler: Das Spiel. Piper Verlag. ISBN 3-492-20410-4
- Linda Walz und Gerhard Seidl (Hrsg.): Lust am Spielen: Lesebuch einer Leidenschaft. Serie Piper Bd.3493. 2002 ISBN 3-492-23493-3
- Franz Müller-Spahn, Jürgen Margraf: Wenn Spielen pathologisch wird. 2003. ISBN 3-8055-7517-3
- Johan Huizinga: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Rowohlts Enzyklopädie Nr.55435. ISBN 3-499-55435-6