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Patriotismus

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Patriotismus (von lat. patria, Vaterland) ist eine Haltung die durch eine tief empfundene und verinnerlichte Verbundenheit mit dem eigenen Vaterland oder einer Wahlheimat geprägt ist und durch gemeinsame Abstammung, ethnische, politische und/oder kulturelle Zugehörigkeit motiviert sein kann. Patriotismus unterscheidet sich in seiner Wortbedeutung von Nationalismus und Chauvinismus, in dem der Begriff allein die Liebe zum eigenen Vaterland beschreibt und keine Abwertung für andere Völker und Nationen impliziert. Jedoch ist der Begriff aufgrund häufigen politischen Missbrauchs in der Geschichte besonders in Deutschland oft negativ konnotiert, da er mit (kaschiertem) Nationalismus gleichgesetzt wird.

Geschichte

Die Bedeutung und Verwendung des Begriff änderte sich im Wandel der Jahrhunderte. In der moralischen Wochenschrift "Der Patriot" erklärte 1724 der vielseitige Schriftsteller Michael Richey: ein Patriot sei ein Mensch, dem es um das Beste seines Vaterlandes ein rechter Ernst ist, einer, der dem gemeinen Wesen redlich zu dienen geflissen ist. Im Jahre 1742 übersetzte Richey Patriot mit Stadtfreund, und Johann Moritz Gericke gab 1782 diese Definition von Patriotismus: derjenige starke innere Trieb, der das Beste des Staates zum Augenmerk hat, und seine Wohlfahrt auf alle mögliche Art zu befördern sucht.

Politisch in der Masse der Bevölkerung verankert wurde der Patriotismus und positiv verstandene Nationalismus vor allem durch die französische Revolution von 1789 bis 1799. Spätestens in den napoleonischen Kriegen wurde die Idee des Patriotismus auch in den bürgerlichen Schichten anderer europäischer Länder verbreitet. Diese Idee ging zunächst einher mit den liberalen und demokratischen Idealen der französischen Revolution "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach dem Sieg über Napoleon von den meisten reaktionären europäischen Fürstentümern in der Zeit der metternichschen Restauration nach dem Wiener Kongress 1814/15 unterdrückt.

Seit der Mitte des 19. Jahrhundert wurde der Begriff des Patriotismus zunehmend verbunden mit Nationalismus und Chauvinismus, d.h. dem Glauben an die Überlegenheit der eigenen Nation und der damit einhergehenden Abwertung anderer Nationen. War der Patriotismus in Deutschland bis zur Märzrevolution noch getragen von dem Wunsch nach nationaler Einheit und der Überwindung alles Trennenden auf dem Gebiet des Deutschen Bundes (Hoffmann von Fallerslebens "Deutschland, Deutschland über alles" ist durchdrungen von diesem Wunsch), so wandelte sich der Patriotismus im zweiten Kaiserreich von 1871 - auch in der Folge der letztlich gescheiterten patriotischen, liberalen Nationalbewegung in Deutschland seit den Befreiungskriegen gegen Napoleon Bonaparte bis zur Märzrevolution 1848/49 - hin zu nationaler Überheblichkeit ("Am deutschen Wesen soll die Welt genesen"), was mit ein Grund für den 1. Weltkrieg war. Auch Hitler hat in Vorbereitung auf seinen Vernichtungsfeldzug gegen slawische und andere Völker erfolgreich an das Gefühl der Deutschen appelliert, das "auserwählte Volk" zu sein.

Formen

Daher ist es heute wichtig, zwischen Patriotismus und Nationalismus bzw. Chauvinismus zu unterscheiden. Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau hat den grundlegenden Unterschied auf eine griffige Formel gebracht: "Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt. Ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet."

Einerseits wird eine patriotische Einstellung von Kritikern oft mit Nationalismus gleichgesetzt, andererseits werden oft nationalistischen Ansichten als Patriotismus getarnt.

Konservative Patrioten, die einem etablierten Regime wohlgesonnen sind (und zu den Unterstützern einer herrschenden Regierung gehören) können meinen, Patriotismus bedeute die Unterstützung der eigenen Regierung und ihrer Politik. Für andere (kritische und progressive Patrioten) jedoch können die Bestrebungen zum Verbessern der Bedingungen des Vaterlands eine Antriebskraft ihres Patriotismus sein.

Zitate

  • Der Patriotismus verdirbt die Geschichte. (Johann Wolfgang von Goethe)
  • Achte jedes Mannes Vaterland, doch das deinige liebe! (Theodor Storm)
  • Mir ist nicht bange, daß Deutschland nicht eins werde; unsere guten Chausseen und künftigen Eisenbahnen werden schon das ihrige tun. Vor allem aber sei es eins in Liebe untereinander! und immer sei es eins gegen den auswärtigen Feind. Es sei eins, daß der deutsche Taler und Groschen im ganzen Reich gleichen Wert habe; eins, daß mein Reisekoffer durch alle 36 Staaten ungeöffnet passieren könne. Es sei eins, daß der städtische Reisepaß eines weimarischen Bürgers von den Grenzbeamten eines großen Nachbarstaates nicht für unzulänglich gehalten werde, als der Paß eines Ausländers. Es sei von Inland und Ausland unter deutschen Staaten überall keine Rede mehr. Deutschland sei ferner eins in Maß und Gewicht, in Handel und Wandel und hundert ähnlichen Dingen, die ich nicht alle nennen kann und mag.(Johann Wolfgang von Goethe)
  • Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Hass auf die anderen. (Richard von Weizsäcker (*1920), dt. Politiker (CDU), Bundespräsident v. 1984-94)
  • Ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau (Gustav Heinemann (SPD), Bundespräsident 1969 - 1975, auf die Frage, ob er Deutschland liebe)
  • Patriotismus, der: Entflammbarer Müll, der für die Fackel des Ehrgeizlings bereit liegt, welcher seinen Namen ins rechte Licht gerückt sehen will. (Ambrose Bierce, Aus dem Wörterbuch des Teufels )
  • Patriotismus und Weltoffenheit sind keine Gegensätze - sie bedingen einander! (Horst Köhler (CDU), Bundespräsident, Rede vom 23. Mai 2004)

Siehe auch

Literatur

  • Birtsch, Günter (Hrsg.): Patriotismus. Hamburg: Meiner, 1998. - ISBN 3-78730-978-0
  • Ruge, Arnold/Wende, Peter: Der Patriotismus. Frankfurt a.M.: Insel Verlag, 1968.
  • Theorie-Wegweiser (Teil 1). Nation: Begriffsklärung und Darstellung verschiedener Analyseansätze. In: arranca! Nr. 15 [1]