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Parlamentswahl im Kosovo 2010/2011

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Wahlsieger Hashim Thaçi

Die Parlamentswahlen im Kosovo 2010 waren die ersten Parlamentswahlen im unabhängigen Kosovo und fanden am 12. Dezember statt. Der amtierende Präsident der Republik Kosovo, Jakup Krasniqi, löste das kosovarische Parlament am 2. November 2010 aufgrund eines Misstrauensvotums auf. [1] Bei den neuangesetzten Wahlen wurden 100 Sitze im kosovarischen Parlament frei gewählt. Weitere zwanzig Sitze sind den im Kosovo lebenden Minderheiten per Verfassung zugesichert, zehn davon der serbischen Minderheit.

Die serbische Minderheit blieb, trotz eines nur indirekt ausgerufenen Wahlboykotts durch die Serbische Regierung, wie bei den Wahlen zuvor, der Abstimmung weitgehend fern.[2] Trotzdem konnte ein Anstieg der Wahlbeteiligung unter der serbischen Minderheit verzeichnet werden, der weitgehend auf eine Beteiligung der serbischen Minderheit im Süden des Kosovo zurückzuführen ist. Im Süden des Kosovo lebt sie in Exklaven, im Gegensatz zum fast ausschließlich von Serben bewohnten Norden des Landes und ist daher nicht mehr unter allen Umständen bereit sich der Mitarbeit in den politischen Institutionen des Kosovo zu entziehen.

Hintergrund

Nach der Verurteilung des damaligen Präsidenten des Kosovo Fatmir Sejdiu Ende September 2010 durch das kosovarische Verfassungsgericht gab dieser seinen Rücktritt bekannt. Sejdiu wurde verurteilt, da er gleichzeitig sowohl als Präsident des Kosovo, als auch als Vorsitzender der LDK aktiv gewesen sein sollte. Darauf zog sich die LDK aus dem Regierungsbündnis zurück, und die Regierung Hashim Thaçis wurde durch ein Misstrauensvotum aufgelöst. Die ursprünglich für den Februar 2011 geplanten Wahlen wurden deswegen auf den 12. Dezember 2010 vorgezogen. [3]

Parteien

Zur Wahl traten insgesamt 29 Parteien an, davon waren 8 serbisch.[4]

Sitzverteilung

Von 120 Sitzen im kosovarischen Parlament werden durch eine sogenannte "positive Diskriminierung" 20 Sitze schon vor der Wahl für die Minderheiten gesichert. Das heißt, 10 Sitze werden der serbischen Minderheit im Kosovo sichergestellt, weitere 10 Sitze den anderen Minderheiten. Stimmberechtigt sind ca. 1,6 Millionen Einwohner.[5]

Wahlkampf

  • Hashim Thaçi versprach eine Lohnerhöhung für Lehrer und eine Lockerung der Visa-Bestimmungen der EU.[6]
  • Die Bürgerrechtsbewegung Lëvizja Vetëvendosje! trat als einzige Partei für eine vollständige Vereinigung mit Albanien ein, wenn das kosovarische Volk so etwas wünsche (Referendum)[3] Vetëvendosje fordert außerdem eine durch Polizeikräfte erzwungene Eingliederung des Nordkosovos um die Stadt Kosovska Mitrovica, eine Abschaffung der Ahtsaari-Verfassung im Sinne eines unabhängigen Staates und einen Abzug aller fremder Truppen. Außerdem verspricht ihr Parteiführer Albin Kurti einen Kampf gegen die Korruption und für Lohnerhöhungen.[7]
  • Ein wichtiges Wahlkampfthema war die Korruption. Gegen Verkehrsminister und Vize-Parteichef Fatmir Limaj (PDK) wird eine Anklage der Staatsanwaltschaft vorbereitet und einem anderen Parteifunktionär werden Mordaufträge vorgeworfen.[8]
  • Behgjet Pacolli, Millionär und Parteichef der AKR, versprach seinen Wählern einen Beitritt des Kosovo zur UNO bis September 2011.[8]

Ergebnisse

Am 13. Dezember meldete die staatliche Wahlkommission in Priština, dass Hashim Thaçi mit seiner PDK 36 Prozent der Stimmen errungen und die Wahl damit klar gewonnen habe. Auf 24 Prozent kam die LDK, gefolgt von der ehemaligen Studentenbewegung Vetëvendosje (12 Prozent), der AAK (11 Prozent) und AKR (sieben Prozent). Den übrigen Parteien gelang es nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überqueren.[9]

Etwa 48 Prozent der 1,6 Mio. Wähler beteiligten sich. Internationale Beobachter sprachen von einer fairen Wahl, während die EU dem Kosovo zu einer „ruhig und ordnungsgemäß verlaufen(d)en“ Parlamentswahl gratulierte.[9] Als Erfolg kann die höhere Teilnahme der serbischen Minderheit an der Wahl angesehen werden. Obwohl die Wahlen allgemein als fair bezeichnet wurden, beschrieb man die Wahlen im Drenica-Tal als manipuliert und verfälscht. Vor allem in den zwei Hochburg-Gemeinden der PDK von Premier Hashim Thaçi.

Folgen

Bereits vor den Wahlen hatten alle grösseren Parteien eine Koalition mit der PDK ausgeschlossen. Auch dem Aufruf Thaçis zur Bildung einer Großen Koalition folgten sie nicht[10]. Nun ersucht die PDK ein Bündnis mit den kleineren Minderheitenparteien zu bilden um den Regierungsauftrag wahrzunehmen.

Am 16. Dezember beschloss die Zentrale Wahlkommission (alb. Komisioni qendror i zgjedhjeve, kurz KQZ), dass am 9. Januar 2011 in allen Wahllokalen von Drenas (Gemeinden im Drenica-Tal, Skënderaj und Deçan, sowie in je einer Gemeinde in Lipjan und Malisheva (Hochburgen der PDK) neue Wahlen gehalten werden, da dort teilweise die Wahlbeteiligung bei bis zu 149 Prozent lag und massive Fälschungen durchgeführt wurden.[11]

Einzelnachweise

  1. www.tagesschau.de - Parlament im Kosovo aufgelöst
  2. www.de.reuters.com Parlamentswahl im Kosovo - Boykott von Serbien
  3. a b www.derstandart.at Wahlkampf im Kosovo - Korruption, Kriminalität und EU
  4. www.kqz-ks.org Lista e Kandidatëve/Kandidatenliste
  5. www.dw-world.de Erste Parlamentswahlen im unabhängigen Kosovo
  6. Andreas Ernst: Ein Staat in der Schwebe. In: Neue Zürcher Zeitung. 5. Dezember 2010, abgerufen am 7. Dezember 2010.
  7. Michael Martens: Die Stunde der Tabubrecher. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12. Dezember 2010, abgerufen am 13. Dezember 2010.
  8. a b Norbert Mappes-Niediek: Käufliche Kandidaten. In: Frankfurter Rundschau. 11. Dezember 2010, abgerufen am 13. Dezember 2010.
  9. a b vgl. Kosovo: Regierungschef Thaci gewinnt Parlamentswahlen bei Spiegel Online, 13. Dezember 2010 (aufgerufen am 13. Dezember 2010)
  10. Seinem Aufruf an alle Parteien, in einer grossen Koalition zusammenzuarbeiten, sei bisher niemand gefolgt.
  11. Rivotim në pesë komuna