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Karl Rawer

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Karl Maria Alois Rawer (* 19. April 1913 in Neunkirchen, Saarland) ist ein deutscher Physiker und Forscher im Bereich Hochatmosphäre und Ionosphäre.[1] Er hat 1940 ein Verfahren für die Vorhersage der Ausbreitung der Kurzwellen entwickelt, mit dessen Hilfe die deutschen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg ihre Nachrichtenverbindungen auf Kurzwelle zufriedenstellend einrichten konnten.

Leben

Seit 1925 Mitglied im katholischen Bund Neudeutschland, übte er in den Jahren 1931 bis 1937 Funktionen in dessen „Älterenbund“ aus und war von 1937 bis 1939 Koordinator der noch bestehenden Studenten-Gruppen des Bundes. Nach Studium Mathematik in Freiburg bei Gustav Doetsch, dann Physik in München bei Arnold Sommerfeld und Doktorvater Jonathan Zenneck behandelt er in seiner Dissertation die partielle Reflexion an einer ionisierten Schicht mithilfe der komplexen Gammafunktion.

Johannes Plendl, Erfinder wichtiger Navigationsverfahren der Luftwaffe, beauftragte ihn 1940, einen Beratungsdienst für deren Funkverbindungen auf Kurzwelle einzurichten. Das von ihm entwickelte analytische Verfahren berücksichtigt detailliert die Eigenheiten der Ausbreitung auf mehreren Zick-zack-Wegen zwischen Erde und Ionosphäre und bestimmt, abhängig von der Tageszeit, für jeden dieser Wege den brauchbaren Frequenzbereich sowie (statistisch) dessen Variation von Tag zu Tag.[2] Die (wichtige) Veränderung der Sonnenaktivität wird aufgrund eines veröffentlichten Verfahrens des Astronomen Wolfgang Gleißberg vorhergesagt.

Im Frühjahr 1946 engagierte ihn mit einigen seiner deutschen Mitarbeiter Yves Rocard für vergleichbare Aufgaben in der französischen Marine, für die er zehn Jahre als wissenschaftlicher Direktor den ionosphärischen Prognose-Dienst verantwortlich leitete. 1954 war seine Gruppe mit einem Experiment am ersten wissenschaftlichen Aufstieg einer Veronique-Rakete der französischen Armee beteiligt. Später, wieder in deutschem Dienst, führte sie weitere Untersuchungen der Hochatmosphäre mit solchen Raketen in Hammaguir (Sahara) und Kourou (Guinea) durch, danach auch in Zusammenarbeit mit der europäischen Weltraumorganisation ESA. Er ist der Vater zweier deutsch-amerikanischer Satelliten. Mit den 1972 und 1975 gestarteten Aeros-Satelliten wurde die Aeronomie der Ionosphäre insofern untersucht, als einerseits als Ursache die Extrem ultraviolette Strahlung der Sonne, andererseits als Folge die Zustandsgrößen der neutralen und ionisierten Gase gemessen wurden. Die Ergebnisse waren für das von URSI und COSPAR gemeinsam getragene Projekt International Reference Ionosphere (IRI)[3] von Bedeutung, das Rawer während fast zwei Jahrzehnten leitete.

Rawer war aktiv an der Vorbereitung des Internationalen Geophysikalischen Jahres beteiligt (Gold button 2007) und verfasste mit William Roy Piggott die bis heute gültige Anweisung zur Auswertung von Standard-Messungen der Ionosphäre.[4] In COSPAR, der internationalen Weltraum-Forschungs-Organisation und in der URSI hatte er verschiedene Ämter inne, unter anderem Vorsitzender der Kommission Ionosphäre der URSI von 1969 bis 1972, des westdeutschen COSPAR Landes-Ausschusses 1969 bis 1983.

Rawer war seit dem 28. August 1939 verheiratet mit Hans Hiens jüngerer Schwester Waltraud (1919–2006). Aus der Ehe gingen drei Söhne und vier Töchter hervor.[5] Er ist Dr.h.c. der Universität Düsseldorf, korrespondierendes Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und der internationalen astronautischen Akademie.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Autobiographie: Karl Rawer: Meine Kinder umkreisen die Erde. Herder, Freiburg 1986
  2. Karl Rawer: Wave Propagation in the Ionosphere. Kluwer Acad. Publ., Dordrecht 1993
  3. http://ccmc.gsfc.nasa.gov/modelweb/ionos/iri.html
  4. W. R. Piggott, K. Rawer: Handbook of Ionogram Interpretation and Reduction. Elsevier Publ. Comp., Amsterdam 1961. Übersetzungen durch nationale URSI-Komitees ins chinesische, französische, japanische, russische.
  5. Rawer-Stammbaum, abgerufen am 18. Dezember 2010.