Zum Inhalt springen

Nathanael Köstlin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Dezember 2010 um 11:12 Uhr durch ArthurMcGill (Diskussion | Beiträge) (Literatur und Quellen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Nathanael Köstlin (* 15. Januar 1744 in Blaubeuren; † 27. Juni 1826 in Urach) war ein deutscher evangelischer Theologe und Ehrenprälat in Urach.

Leben und Wirken

Der Sohn des Heidenheimer Dekans, "Senior Ministerii" (Oberpfarrer) der Reichsstadt Esslingen am Neckar sowie Scholarcha ("Schuldezernent") und Eherichter Cosmann Friedrich Köstlin (1711–1790) und der Pfarrerstochter Maria Sophia Köpke (1714–1791) wuchs in einem vom Pietismus geprägten Umfeld auf. Er studierte evangelische Theologie zunächst in den Klöstern Denkendorf und Maulbronn und setzte das Studium von 1762 bis 1767 am Evangelischen Stift Tübingen fort, wo er zwischenzeitlich 1764 seine Magisterarbeit schrieb. Nach seinem Examen im Jahre 1767 am Herzoglichen Konsistorium in Stuttgart übernahm ihn das Tübinger Stift bis 1770 zunächst als Bibliothekar und anschließend bis 1774 als Repetent. Während dieser Zeit pflegte Köstlin eine intensive Beziehung zu dem ebenfalls dem Pietismus nahe stehenden Universitätskanzler Jeremias Friedrich Reuß, der ebenso wie Köstlins Vater, Schüler des Hauptvertreters des deutschen Pietismus, Johann Albrecht Bengel, gewesen war. Köstlin übernahm die Tätigkeit eines Privatlehrers für die Kinder des Kanzlers und assistierte Reuß auch bei der Veröffentlichung seiner Schriften.

Im Jahre 1774 wurde Köstlin zum Vikar in Stuttgart ernannt. Hier fand er Quartier bei der Familie des Hofkaplans Karl Heinrich Rieger, ebenfalls ein Bengel-Schüler und Sohn des pietistischen Theologen Georg Konrad Rieger. Er lernte dabei dessen Nichte Sibylle Friederike Cless kennen, welche als Vollwaise im Hause des Hofkaplans lebte, und ehelichte sie im Jahr 1775.

Noch im gleichen Jahr erhielt Köstlin eine Stelle als Diakon in Nürtingen und wurde zugleich von seinem Vorgesetzten auf sein zukünftiges Amt als Dekan vorbereitet. Schließlich folgte im Jahr 1793 seine Berufung zum Dekan zunächst in Pfullingen sowie 1808 in Urach. Hier wurde ihm für seine vieljährigen treuen Kirchendienste im Jahr 1823 der Titel und Rang eines Prälaten zugesprochen.

Während seiner langen Dienstzeit hielt Köstlin zahlreiche teilweise schriftlich festgehaltene Predigten, aus denen hervorgeht, dass er am ehesten dem konservativen, nicht spekulativen, innerkirchlichen Flügel der württembergischen Pietisten zuzuordnen war. Dabei konnte er geschickt seine pietistisch gefärbte Theologie im Einklang mit der lutherisch geprägten württembergischen Kirchenlehre bringen und trat dabei als überzeugter Verfechter der lutherischen Bekenntnisse auf die Kanzel.

Besonders wurde Köstlin als Privatlehrer von Friedrich Hölderlin bekannt, der als Fünfzehnjähriger in einem Dankesbrief an seinem Lehrer bekräftigte, dass er „den festen Entschluss gefasst habe, ein Christ und nicht ein wankelmütiger Schwärmer zu werden“, was zu damaliger Zeit gemäß Luthers Lehre bedeutete, dass die Autorität Gottes bzw. der Kirche und der Sakramente nicht in Frage zu stellen sei. Hölderlin äußerte große Zuneigung und Verehrung für seinen Lehrer und betrachtete diesen wie einen Vater. Erst viele Jahre später rückte Hölderlin von der pietistischen Prägung Köstlins ab und fand eine andere Sicht der theologischen Einstellung.

Auch der spätere Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, der selbst aus einem pietistisch geprägten Elternhaus stammte, war nicht nur als Sohn der Schwester von Köstlins Frau sein Neffe, sondern ebenso auch sein Schüler in der Nürtinger Lateinschule. Wie sein Schulfreund Hölderlin, war auch Schelling ein Bewunderer Köstlins und ein lebenslanger Anhänger der Nürtinger Schule.

Familie

Nathanael Köstlin war verheiratet mit Sibylle Friederike Cless (1751–1824), welche über ihre Mutter Enkelin des pietistischen Theologen Georg Conrad Rieger war, hatte mit der ihr unter anderem folgende Söhne:

Werke (Auswahl)

  • Lateinische und griechische Stilübungen im Seminar Maulbronn (dt./lat./griech.) , 113 Bl., Maulbronn,1760–1762
  • Gelegenheits- und Sonntagspredigten in Nürtingen, Pfullingen, Urach und Stuttgart, 3 Bde., Nürtingen, Pfullingen, Urach, Stuttgart, 1774–1825

Literatur und Quellen

  • Lebenslauf des Prälaten, Dekans und Stadtpfarrers Magister Nathanael Köstlin; von ihm selbst geschrieben für den Tag Petri und Paul, den 19. Juli 1825, als den Tag der Amts-Jubelfeier, Universitätsbibliothek Tübingen, Mh. 978, Abteilung 4.1, S. 1–24
  • Schwäbisches Magazin von gelehrten Sachen auf das Jahr 1777, Vierter Jahrgang, Stuttgart, 1777
  • Johann Jacob Gradmann (Hg.): Das gelehrte Schwaben oder Lexicon der jetzt lebenden schwäbischen Schriftsteller, Ravensburg 1802, S. 306–308
  • Maria Köstlin: Das Buch der Familie Köstlin, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 1931
  • Priscilla Hayden-Roy: Der Mensch prüfe sich selbst, Eine Predigt Nathanael Köstlins als Kontext für Hölderlins ersten erhaltenen Brief, in: Hölderlin-Jahrbuch, Nr. 34, S.302–329, Hölderlin-Gesellschaft Tübingen und Edition Isele, Eggingen, 2006