Zum Inhalt springen

Medinawurm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Dezember 2010 um 10:32 Uhr durch Erik.Inc (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dracunculus medinensis

Dracunculus medinensis Der Wurm ist als weißes fadenähnliches Gebilde zu erkennen. Abgebildet ist die Entfernung mittels Holzstäbchen.

Systematik
Unterklasse: Chromadorea (Chromadorea)
Ordnung: Spirurida
Unterordnung: Camallanina
Überfamilie: Dracunculoidea
Gattung: Dracunculus
Art: Dracunculus medinensis
Wissenschaftlicher Name
Dracunculus medinensis
Linnaeus, 1758

Der Medinawurm (Dracunculus medinensis) oder Guineawurm ist ein parasitisch vorkommender Wurm. Er ist der Erreger der Dracontiasis. Der Wurm selbst hat eine Krebsart als Zwischenwirt (meist der Gattung Cyclops der Ruderfußkrebse / Copepoda) und kommt beim Menschen und anderen Säugetieren vor. Neben dem infizierten Menschen wird nur dem Hund eine begrenzte epidemiologische Bedeutung beigemessen (Dönges 1988).


Verbreitung

Der Medinawurm war in den feuchten Gebieten von Afrika, Ägypten bis Pakistan verbreitet. Heute ist er auf Äthiopien, Ghana, Mali und Sudan zurückgedrängt.

Datei:Länge eines Weibchens.jpg

Zu sehen ist die Länge eines Weibchens.

Systematik


Merkmale

Es herrscht ein starker Geschlechtsdimorphismus vor, da das Weibchen bei 1,5 mm Dicke bis zu 120 cm lang wird, das Männchen hingegen nur 3 cm.

Lebenszyklus

Lebenszyklus von Dracunculus medinensis

Der Mensch nimmt von Wurmlarven befallene, winzige Krebse mit dem Trinkwasser auf, die Larven werden dann im Magen freigesetzt. Von dort aus gelangen sie in den Dünndarm und durchdringen die Schleimhaut. Im Retroperitonealraum vollenden sie ihre Entwicklung und paaren sich. Das Männchen stirbt anschließend und wird eingekapselt. Das befruchtete Weibchen wächst weiter, wird bis zu einem Meter lang und wandert durch das Gewebe zu den Extremitäten, meist zu den Unterschenkeln oder Füßen. Dort siedelt es sich im Bindegewebe der Unterhaut an.

Das Kopfende des Wurmes verursacht durch Abscheidungen ein taubeneigroßes Geschwür. Kommt dieses mit Wasser in Berührung, platzt die dünne Haut im Zentrum auf. Gleichzeitig reißt die Haut des dicht darunterliegenden Wurms und dessen Uterus, der Tausende von Larven ins Wasser entlässt. Anschließend zieht sich der Uterus wieder ins Geschwür zurück und bei erneuter Wasserbenetzung wiederholt sich der Vorgang. Nach zwei bis drei Wochen stirbt der weibliche Wurm.

Die Larven werden im Wasser von Krebsen der Gattung Cyclops gefressen und bohren sich durch deren Darmwand in die Leibeshöhle, um sich dort weiter zu entwickeln. Damit schließt sich der Lebenszyklus.

Medinawurm und Mensch

Als Parasit des Menschen ist der Medinawurm seit dem Altertum bekannt. Die traditionelle Art der Entfernung des weiblichen Wurms geschah und geschieht in den Endemiegebieten auch heute noch mit einem Holzstäbchen. Damit wickelt man das Vorderende, das aus dem Geschwür herausbricht, jeden Tag ein Stück heraus, maximal 10cm pro Tag, um ein Durchreißen des Wurms zu verhindern. Diese Art der Entfernung dauert einige Tage, manchmal aber auch viele Wochen. Misslingt diese klassische Entfernungsmethode, weil der Wurm durchreißt, so muss der in der Wunde verbliebene Teil des Endoparasiten operativ entfernt werden, um eventuelle Nachfolgeinfektionen zu verhindern. Eine bekannte Hypothese deutet das klassische medizinische Symbol des Äskulapstabes als einen auf ein Holz aufgewickelten Medinawurm.

Nach Bekämpfungsmaßnahmen, insbesondere eine Präventionskampagne des Carter Centers in Atlanta, Georgia, konnte innerhalb der letzten 20 Jahre die Anzahl der Neuinfektionen von jährlich 3,5 Millionen Fällen auf 25.217 Infizierte im Jahr 2006 reduziert und die Ausbreitung auf wenige Gebiete Afrikas, hauptsächlich Sudan und Ghana, beschränkt werden [1]. Ende 2009 hat die WHO nur noch in Äthiopien, Ghana, Mali und Sudan neue Infektionen festgestellt. Der Befall mit dem Medinawurm könnte nach den Pocken die zweite Krankheit werden, die vollständig ausgerottet worden ist [2].

Kurioses

Karl May beschrieb in seinem Roman Die Sklavenkarawane einen Krankheitsfall, bei dem ein "Abaka-Neger" das Medinawurm-Geschwür im Gesicht hatte. Auch die Entfernung mit einem Hölzchen wurde dort beschrieben.

Einzelnachweise

  1. Michele Barry: The Tail End of Guinea Worm — Global Eradication without a Drug or a Vaccine. In: The New England Journal of Medicine. Vol.356, Nr. 25, 2007, ISSN 1533-4406, S. 2561-2564 (Artikel auf nejm.org).
  2. WHO certifies seven more countries as free of guinea-worm disease. The World Health Organization, abgerufen am 28. März 2010.