Rechtsstaatsbegriff
Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem die öffentliche Gewalt an das Recht gebunden ist. In einem Rechtsstaat ist die Macht des Staates begrenzt, um die Bürger vor staatlicher Willkür zu schützen. Ein Rechtsstaat moderner Prägung ist auf die Herstellung und Erhaltung eines materiell gerechten Zustands gerichtet.
Man unterscheidet zwischen dem formellen (auch formalen) und dem materiellen (materialen) Rechtsstaat. Im formellen Rechtsstaat beruht der Staat auf Gesetzen, die wie in der Verfassung vorgesehen zustande gekommen sind. Ein materieller Rechtsstaat ist ein erweiterter formeller Rechtsstaat. In ihm gilt zuerst überpositives Recht, also unveränderliches Recht. Während in der Zeit des Nationalsozialismus die Nürnberger Gesetze gültig waren, würden sie heute wegen der im Grundgesetz festgeschriebenen unantastbaren Würde des Menschen nicht gelten.
Der Begriff »Rechtsstaat« tauchte erstmals bei Robert von Mohl in seinem Buch Die deutsche Polizeiwissenschaft nach den Grundsätzen des Rechtsstaates (1832-1834) auf und wurde dort als Gegensatzbegriff zum aristokratischen Polizeistaat verwendet.
Rechtstaatsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland
Das Rechtsstaatsprinzip ergibt sich aus Artikel 20 Abs. 3 GG. Es ist ein Staatsformmerkmal der Bundesrepublik Deutschland und gehört zu ihren elementaren Verfassungsgrundsätzen. Inhaltlich umfasst der Rechtsstaat die Gebiete der Freiheitssicherung, der Rechtsgleichheit, der Rechtssicherheit und der Gewaltenteilung.
Freiheitssicherung
Unter dem Begriff der Freiheitssicherung versteht man die Sicherung der Grund- und Menschenrechte wie Glaubens-- und Meinungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Eigentumsfreiheit etc. Mit ihnen soll das Individuum vor staatlicher Willkür geschützt werden, aber auch gegen Übergriffe Dritter.
Im Grundgesetz bestimmen Artikel 1, Abs. 1, 2 und 3 (Unantastbarkeit der Menschenwürde, Bekenntnis zu Menschenrechten und Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit der Grundrechte), Artikel 2 (freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit), Artikel 4 (Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit), Artikel 5 (Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit und Freiheit der Kunst und der Wissenschaft), Artikel 8 (Versammlungsfreiheit), Artikel 9 (Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit), Artikel 11 (Freizügigkeit im Bundesgebiet), Artikel 12 (Berufsfreiheit) und andere das rechtsstaatliche Element der Freiheitssicherung.
Rechtsgleichheit
Das Prinzip der Rechtsgleichheit beinhaltet den Abbau der Klassengesellschaft, in denen bestimmte Klassen Rechtsvorteile erhielten (z. B. Beschränkung des Wahlrechts, Steuerfreiheit für den Adel). Der Kernpunkt der Rechtsgleichheit ist die Gleichheit aller vor dem Gesetz und die allgemeine und nicht nur auf bestimmte Gruppen bestimmte Geltung staatlicher Gesetze.
Im Grundgesetz findet sich das Prinzip der Rechtsgleichheit vor allem in den Artikeln 101 und 103 wieder. Ein Anspruch auf den gesetzlichen Richter wird in Artikel 101 festgemacht, ebenso wie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall. Artikel 103, Abs. 1 gibt jedem Bürger Anspruch auf rechtliches Gehör.
Rechtssicherheit meint die Kalkulierbarkeit der Handlungen sowie die Bindung der staatlichen (Verwaltungs-)Organe, ebenso der Judikative, an das Gesetz, die Tatsache, dass staatliche Eingriffe in die Privatsphäre des Bürgers nur auf Grund eines Gesetzes erfolgen kann, der Schutz vor willkürlicher Verhaftung, das Verbot rückwirkender Gesetze ebenso die Rechtsgrundsätze in privaten Beziehungen. Siehe auch: Rechtssicherheit.
Die Rechtssicherheit wird im Grundgesetz durch die die Artikel 19, Abs. 4 (Justizgewähranspruch, Einklagbarkeit des Rechts), Artikel 20 (Verfassungsmäßigkeit staatlichen Handels, Vorbehalt des Gesetzes, Grundsatz der Gesetzmäßigkeit allen staatlichen Handelns), Artikel 101 (Bestimmtheit von Rechtsvorschriften, Schutz des Vertrauens auf den Bestand von Gesetzen und Verwaltungsentscheidungen und die Rechtssicherheit im übrigen), Artikel 103 (strafrechtliche Rechtsgrundsätze des Schuldprinzips, der Unschuldsvermutung, der nulla poena sine lege (keine Strafe ohne Gesetz) und des ne bis in idem), Artikel 104 (Verbot willkürlicher Verhaftung (habeas corpus))
Mit der Gewaltenteilung soll die Kontrolle von staatlicher Gewalt gewährleistet werden, um Missbrauch und Willkürherrschaft zu verhindern. Während die Montesquiesche Gewaltenteilung die ausführende Gewalt, die Exekutive, und die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, strikt trennt, ist es in modernen parlamentarischen Demokratien, wie auch in der Bundesrepublik, so, dass eine Gewaltenverschränkung vorherrscht: Die Regierung und die Mehrheit des Parlamentes stimmen parteipolitisch überein und die Kontrolle erfolgt durch die Opposition. Die richterliche Gewalt, die Judikative ist aber wie bei Montesquieu unabhängig. Die Gewaltenteilung ist in Artikel 20 festgelegt.
Siehe auch: