Zum Inhalt springen

Heiliges Römisches Reich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. August 2005 um 08:51 Uhr durch 80.143.194.131 (Diskussion) (Entstehung des Reiches). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Heiliges Römisches Reich, später Heiliges Römisches Reich deutscher Nation war die offizielle Bezeichnung für das Reich, das sich 962 mit der Regentschaft von Otto I. aus dem karolingischen Ostfrankenreich herausbildete und bis 1806 bestand.

Datei:Wappen röm.kaiser-enhanced 1-920x780.jpg
Kaiserwappen des HRR (Habsburg) (Siebmacher 1605)

Die Formel Imperium Romanum (Römisches Reich) gehörte bereits zum Kaisertitel Karls des Großen. Erst in der Zeit Kaiser Friedrichs I. tauchte 1157 der Zusatz Sacrum (Heilig) in der Kaisertitulatur auf. In deutschsprachigen Urkunden trat die Wendung Sacrum Imperium Romanum (Heiliges Römisches Reich) ab Kaiser Karl IV. auf (erstmals belegt 1254). Ab 1438 findet sich erstmals der Zusatz Nationis Germanicae (in der Bedeutung Deutscher Nation). 1486 wird diese Titulatur erstmals in einem Gesetz verwendet. Seit 1512 ist die offizielle Titulatur des Reiches Sacrum Romanum Imperium Nationis Germanicae (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation). Mit der Niederlegung der Reichskrone durch Kaiser Franz II. am 6. August 1806 erlosch das mittelalterliche Reich Deutscher Nation.

Charakter des Reiches

Der Name drückt den Anspruch aus, einerseits der Nachfolger des (antiken) Römischen Reiches und damit gleichsam der Herrscher der Welt zu sein und andererseits wird dieser Anspruch ins Heilige erhöht, aus dem die irdische Herrschaft abgeleitet und legitimiert wird.

Das so genannte Heilige Römische Reich war aus dem ostfränkischen Reich, das auch Regnum Teutonicorum (Königreich der Deutschen) genannt wurde, entstanden. Dieses Reich war ein Gebilde aus Gebieten mit adligen Herrschern, das bis zum westfälischen Frieden zwar den gesamten deutschen Sprachraum (Deutschland ) einschloß, sich aber dennoch niemals zu einem Nationalstaat wie etwa Frankreich oder Großbritannien entwickelte und aus ideengeschichtlichen Gründen auch nie als solcher verstanden werden wollte.

Die Könige und Kaiser stammten zumeist aus deutschen Fürstenhäusern. Das mittelalterliche Reich bestand aber vielmehr aus quasi selbständigen Fürsten- und Herzogtümern, die den Kaiser als Oberhaupt des Reiches anerkannten. Der Kaiser wurde von einer Gruppe geistlicher und weltlicher Fürsten bestimmt (ab dem Interregnum von einem sich herausbildenen Kollegium der Kurfürsten, die später alle übrigen Reichsfürsten von der Wahl ausschlossen). Das Reich umschloss auch Bevölkerungsgruppen anderer Sprachen und Kulturen. Daher gehörte beispielsweise auch der König von Böhmen zum Kreis der wahlberechtigten Fürsten, auch wenn dieses Wahlrecht teils angezweifelt wurde (wie im Sachsenspiegel; ab dem Ende des 13. Jahrhunderts wurde er jedoch dazu gezählt). Erst durch den kurfürstlichen Entscheid und die Krönung durch den Papst wurde der mittelalterliche (römisch-)deutsche König auch zum Kaiser.

Zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung umfasste das Reich den überwiegenden Teil der heutigen Bundesrepublik Deutschland, Österreichs, Sloweniens, der Schweiz, Liechtensteins, Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs, der Tschechischen Republik, den östlichen Teil Frankreichs, des nördlichen Italiens und des heutigen westlichen Polens sowie Istrien. Im Reich lebten daher nicht nur Deutsche mit ihren verschiedenartigen nieder-, mittel- und oberdeutschen Dialekten, sondern es wurde auch bevölkert von Menschen mit slawischen Sprachen und die Sprachen, aus denen sich das moderne Französisch und Italienisch entwickelte. Latein war die Sprache der Gelehrten und des Klerus.

Struktur und Institutionen

Es gab einige zentrale Institutionen, wie den Reichstag, das Reichskammergericht, den Reichshofrat und die im Kriegsfall zusammengestellte Reichsarmee, aber keine Reichsregierung und auch keine Hauptstadt im eigentlichen Sinne. Die Hauptstadt war ansonsten die Residenzstadt des Kaisers (dies war über Jahrhunderte die Stadt Wien). Zur Einhaltung des Landfriedens und für militärische Zwecke war das Reich in Reichskreise geteilt.

Der Versuch eines Reichsregiments wurde 1502 und wiederholt von 1520 bis 1522 gemacht, scheiterte jedoch immer aus finanziellen Gründen. Vor allem nach dem Westfälischen Frieden 1648 war das Reich nurmehr ein lockerer Verband deutscher Territorien mit der gleichen Rechtsprechung; oder wie Voltaire spottete: weder heilig, noch römisch, noch ein Reich. Eine engere Zusammenarbeit scheiterte meist am Partikularismus der größeren Fürsten und zuletzt am Dualismus Preußen-Österreich.

Entstehung des Namens

Mit der Krönung des Frankenkönigs Karl des Großen zum Kaiser durch Papst Leo III. im Jahr 800 erhob dieser den Anspruch auf die Nachfolge des (antiken) römischen Imperiums, der so genannten Translatio Imperii, obwohl geschichtlich und dem Selbstverständnis nach das christlich-orthodoxe byzantinische Reich aus dem alten römischen Reich entstanden war; nach Ansicht der Byzantiner war das neue westliche „Römische Reich“ ein selbsternanntes und somit illegitimes. Die Herausforderung zeigte sich sogar auf den Wappen der beiden Reiche, die beide einen doppelköpfigen Adler zeigten (im ostfränkischen Heiligen Römischen Reich allerdings erst sehr viel später).

Die Bestrebung Karls des Großen, sein Frankenreich als Großmacht neben Byzanz und dem Kalifat zu behaupten, hatte zu seinen Lebzeiten Bestand. Aber mit seinem Tod entstand ein Gegensatz zwischen der germanischen Tradition, das Reich zwischen den Söhnen aufteilen zu müssen und den machtpolitischen und kirchlichen Interessen, die Einheit des Reichs zu wahren. Die Tradition setzte sich zuletzt durch und das Frankenreich zerfiel in ein Westfrankenreich (Frankreich) und in ein Ostfrankenreich (Reich der Deutschen) (siehe Straßburger Eide).

Datei:Reichskrone delsenbach.jpg
Die Reichskrone auf einem Stich von Johann Adam Delsenbach

Die Kaiserwürde verblieb beim Ostfrankenreich, als Otto I. der Große sich 962 im Zuge italienischer Eroberungen in Rom zum Kaiser krönen ließ. Interessanterweise trug das Reich zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Prädikat heilig. Dies war nicht notwendig, da die Machtverhältnisse zu dieser Zeit so waren, dass der Kaiser sich vom Machtanspruch des Papstes emanzipiert hatte. Außerdem wurde der Kaiser als Stellvertreter Gottes auf Erden angesehen. Es bestand also keine Notwendigkeit, dies besonders hervorzuheben. Das Reich war geheiligt.

Erst nachdem die sakrale Sphäre des Kaisertums durch den Investiturstreit von 1075 bis 1122 weitgehend aufgehoben worden war, versuchten die Kaiser diesen Anspruch nunmehr verbal für sich zu reklamieren. So entstandt in der Zeit Friedrichs I., genannt Barbarossa, in dessen Kanzlei der Begriff des sacrum imperium. Ab dieser Zeit stützten sich die Kaiser auf das römische Recht, um ihre Machtanspruch zu begründen.

Im so genannten Interregnum von 1250 (bzw. nach anderer Zählung 1254) bis 1273, als es keinem der drei gewählten Könige gelang, die Königsmacht zur Geltung zu bringen, verband sich der Anspruch, der Nachfolger des Römischen Reiches zu sein, mit dem Prädikat heilig zur Bezeichnung Sacrum Romanum Imperium (Heiliges Römisches Reich). Also wurde ausgerechnet während der kaiserlosen Zeit dieser Machtanspruch um so tönender angemeldet - wenn sich freilich auch in der nachfolgenden Zeit daran wenig änderte.

Der Zusatz Nationis Germanicae („Germanischer Nation“, aber in der Bedeutung „Deutscher (Teutonicae) Nation” ) erschien erst im Spätmittelalter um 1450, wohl auch weil sich die Macht der Kaiser im wesentlichen auf das Gebiet der heutigen Länder mit einer deutschsprachigen Bevölkerung bezog.

Bis 1806 war Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation die offizielle Bezeichnung des Reiches (oft abgekürzt als SRI für Sacrum Romanum Imperium auf lateinisch oder als HRR auf deutsch).

Geschichte

Entstehung des Reiches

Nach der Kaiserkrönung Ottos I. wurde es üblich, dass die ostfränkischen Könige zu Kaisern gekrönt wurden. Daher wurde im Laufe der Zeit das Ostfränkische Reich als westlicher Nachfolger des Römischen Reichs akzeptiert. Da das ostfränkische römisch-deutsche Reich im Gegensatz zum Antiken christlich geprägt war, wurde es bald als Heiliges Römisches Reich bezeichnet. Die Zusatzbezeichnung Deutscher Nation wurde zum Ausklang des Mittelalters verwendet.

Mittelalter

Siehe auch: Deutschland im Mittelalter

Im hohen Mittelalter ergab sich eine Umstrukturierung in der Struktur des Reiches. Schon im Ostfränkischen Reich hatten sich aus den ursprünglich nur als Verwaltungseinheiten gedachten Grafschaften größere Einheiten zusammengeschlossen, die weitgehend den alten Stämmen entsprachen. Diese territorialen Einheiten wurden nun Herzogtümer genannt. Die Herzogtümer waren relativ abgeschlossene Einheiten. Während in unteren „Verwaltungsebenen“ einzelne Rechte und persönliche Bindungen die Machtverhältnisse ausmachten, existierten die Herzogtümer in einer territorialstaatsähnlichen Form. Im Kampf der Herzogtümer gegen die Königsmacht wurden einige der alten Stammesherzogtümer zerschlagen, andere verloren durch die Verleihung der Reichsunmittelbarkeit weite Gebiete. Diese Entwicklung konzentriert sich vor allem im 12. Jahrhundert. Im Laufe der Jahrhunderte kam es durch Bündelung und Neuverteilung von Einzelrechten wieder zu territorialen Herrschaften, die aber deutlich kleiner als die Herzogtümer waren. Dieser Prozess war etwa um 1500 abgeschlossen.

Lage des Heiligen Römischen Reiches in Europa im Spätmittelalter 1328. Die Gebietsverluste an Genua, die Republik Venedig und eines Teiles der Gebiete rechts der Rhône zeigen, dass das Reich den Höhepunkt seiner Macht schon überschritten hatte.

Das hochmittelalterliche Reich, also etwa um die Mitte des 11. Jahrhunderts, umfasste etwa 800.000 bis 900.000 km² und wurde von ungefähr 8 bis 10 Millionen Menschen bewohnt (über das gesamte Hochmittelalter wuchs die Bevölkerung auf schließlich geschätzte 12-14 Millionen Ende des 13. Jahrhunderts an). Es bestand seit 1032 aus dem Regnum Francorum (Ostfrankenreich) später auch Regnum Teutonicorum genannt, dem Regnum Langobardorum oder Regnum Italicum im heutigen Nord- und Mittelitalien und dem Königreich Burgund.

Neuzeit

Eine der Möglichkeiten, den Beginn der Neuzeit zu markieren, ist die Einführung des Allgemeinen Landfriedens im Jahre 1495. Bald darauf wurde die Struktur des Reiches verändert. 1500 und 1512 wurde das Reich in Reichskreise eingeteilt.

Reformation

Im Zuge der Reformation zerbrach die Macht des Königs/Kaisers langsam. Es bildeten sich konfessionsgebundene Bündnisse zwischen Reichsständen, die mehrmals gegeneinander Krieg führten. In der Mitte des Jahrhunderts wurde den Reichsständen das Recht zugestanden, die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen ("cuius regio, eius religio"). Dadurch wurden die Reichsstände konfessional einheitlich. Ausnahmen zu dieser Regel waren nur viele der Reichsstädte und das Hochstift Osnabrück. Mit der konfessionellen Einheitlichkeit eines Territoriums war der Prozess der Territorialstaatsbildung endgültig abgeschlossen. Der Höhepunkt der durch die Reformation eingeleiteten Veränderungen war der Dreißigjährige Krieg. In seinem Verlauf versuchte der Kaiser ein letztes Mal, seine alte Machtstellung zurückzugewinnen und die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Dieser Versuch scheiterte. Es entstand ein Reich, in dem es kaum noch zu Verschiebungen der Grenzen der Territorien kam, und in dem der Kaiser fast nur noch repräsentativen Charakter hatte. Er wurde weitgehend auf seine gleichzeitige Funktion als Reichsstand, seit dem 15. Jh. also meist als Erzherzog von Österreich, zurückgeworfen. Verschiebung von Grenzen sollte in Zukunft vornehmlich durch faktische Einverleibung von Territorien in größere Reichsstände geschehen.

Das Ende des Reiches

Das Reich begann während der Napoleonischen Kriege zu zerbrechen. So hatten bereits der Frieden zwischen Preußen und Frankreich 1795 und der Friede von Lunéville zwischen Österreich und Frankreich von 1801 die Grundfeste des Reiches erschüttert. Die Säkularisationen durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 sorgten außerdem dafür, das prekäre politisch-konfessionelle Gleichgewicht des Reiches zu zerstören, das mit dem Westfälischen Frieden konstituiert worden war.

Zudem hatte sich am 2. Februar 1804 Napoleon zum Kaiser der Franzosen krönen lassen. Mit dieser Erhöhung wollte er einerseits seine Macht festigen, andererseits seine Größe noch deutlicher sichtbar machen. Vor allem wollte er das Erbe Karls des Großen antreten und somit seinem erblichen Kaisertum eine in der Tradition des Mittelalters stehende Legitimation verschaffen. Zu diesem Zweck reiste Napoleon im September 1804 nach Aachen und besuchte den Dom und das Grab Karls des Großen.

Napoleons Tun wurde in Wien, der Residenz des Kaisers des Reiches, genau registriert. In den darauffolgenden diplomatischen Gesprächen zwischen Frankreich und Österreich forderte am 7. August 1804 Napoleon in einer geheimen Note die Anerkennung seines Kaisertums, im Gegenzug werde Franz II. als Empereur héréditaire d'Autriche, als Erbkaiser Österreichs anerkannt. Wenige Tage später wurde aus der Forderung faktisch ein Ultimatum. Dies bedeutete entweder Krieg oder Anerkennung des französischen Kaisertums. Franz lenkte ein und nahm als Konsequenz dieses Schrittes zusätzlich zu seinem Titel als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches „für Uns und Unsere Nachfolger [...] den Titel und die Würde eines erblichen Kaisers von Österreich“ an. Dies geschah offensichtlich, um die Ranggleichheit mit Napoleon zu wahren. Hierzu schien der Titel des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches alleine nicht mehr geeignet, da dieses Reich in seinen letzten Zügen lag, auch wenn dies wohl ein Bruch des Reichsrechts war.

Dieser Schritt war auch vom Rechtsbruch abgesehen umstritten und wurde auch als übereilt angesehen, wie ein Brief von Friedrich von Gentz, einem bekannten österreichischen Publizisten, an seinen Freund Fürst von Metternich deutlich macht:

Bleibt die deutsche Kaiserkrone im österreichischen Hause – und welche Unmaßen von Unpolitik schon jetzt, wo noch keine dringende Gefahr vorhanden, öffentlich zu erkennen zu geben, daß man das Gegenteil befürchtet! – so ist jene Kaiserwürde ganz unnütz

Napoleon ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten. Seine Armee, die durch bayerische, württembergische und badische Truppen verstärkt wurde, marschierte auf Wien, und am 2. Dezember 1805 siegten die napoleonischen Truppen in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz über Russen und Österreicher. Der darauffolgende Frieden von Preßburg, der Franz II. und dem russischen Zaren Alexander I. von Napoleon diktiert wurde, dürfte das Ende des Reiches endgültig besiegelt haben, da Napoleon durchsetzte, dass Bayern, Württemberg und Baden mit voller Souveränität ausgestattet wurden und somit Preußen und Österreich gleichgestellt wurden. Der Einfluss Franz' als Kaiser des Reiches auf diese Gebiete war damit zunichte gemacht, da sich die Länder nun faktisch ausserhalb der Reichsverfassung befanden.

Dies unterstreicht eine Äußerung Napoleons gegenüber seinem Außenminister Talleyrand:

Es wird keinen Reichstag mehr geben; denn Regensburg soll Bayern gehören; es wird auch kein Deutsches Reich mehr geben.

Auslöser für das Ende des Reiches war letztlich jedoch, dass der Kurfürst von Mainz, Karl Theodor von Dalberg, den Großalmosenier des französischen Kaiserreiches, Joseph Kardinal Fesch, zu seinem Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge ernannte. Brisant war dabei, dass Dalberg außerdem Erzkanzler des Reiches und damit Haupt der Reichskanzlei, Aufseher des Reichsgerichtes und Hüter des Reichsarchives war. Der zu seinem Nachfolger ernannte Kardinal war zudem nicht nur Franzose und sprach kein Wort deutsch – er war auch der Onkel Napoleons. Sollte also der Kurfürst sterben oder sonst irgendwie seine Ämter abgeben, so wäre der Onkel des französischen Kaisers Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches geworden. Am 28. Mai 1806 wurde der Reichstag davon in Kenntnis gesetzt.

Der österreichische Außenminister Friedrich Graf von Stadion erkannte die möglichen Folgen: entweder die Auflösung des Reiches oder eine Umgestaltung des Reiches unter französischer Herrschaft. Daraufhin entschloss sich Franz am 18. Juni zu einem Protest, der wirkungslos blieb, zumal sich die Ereignisse überschlugen.

Denn am 12. Juli 1806 gründeten Kurmainz, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau, Kleve-Berg und weitere Fürstentümer mit Unterzeichnung der Rheinbundakte in Paris den Rheinbund, als dessen Protektor Napoleon fungierte, und erklärten am 1. August den Austritt aus dem Reich.

Bereits im Januar hatte der schwedische König die Teilnahme der vorpommerschen Gesandten an den Reichstagssitzungen suspendiert und erklärte als Reaktion auf die Unterzeichnung der Rheinbundakte am 28. Juni:

daß die dermalige Staatsverfassung in Unsern Deutschen Staaten von diesem Tage an aufgehoben, die Landstände nebst den Landräthen aufgelöset, und alle dazu gehörigen Einrichtungen und Verfassungen durchaus abgeschafft werden.

Er führte stattdessen die schwedische Verfassung in Schwedisch-Pommern ein. Damit beendete er auch in diesem Teil des Reiches das Reichsregime. Das Reich hatte faktisch aufgehört zu existieren, denn von ihm blieb nur noch ein Torso übrig.

Die Entscheidung, ob der Kaiser die Reichskrone niederlegen sollte, wurde durch ein Ultimatum an den österreichischen Gesandten in Paris, General Vincent, praktisch vorweggenommen. Sollte Kaiser Franz bis zum 10. August nicht abdanken, dann würden französische Truppen Österreich angreifen, so wurde diesem am 22. Juli mitgeteilt.

In Wien waren jedoch schon seit mehreren Wochen Aloys Freiherr von Hügel, der einige Jahre zuvor die Reichskleinodien aus Nürnberg in Sicherheit gebracht hatte, und Graf von Stadion mit der Erstellung von Gutachten über die Bewahrung der Kaiserwürde des Reiches befasst. Ihre nüchterne und rationale Analyse kam zum Schluss, dass Frankreich versuchen werde, die Reichsverfassung aufzulösen und das Reich in einen von Frankreich beeinflussten föderativen Staat umzuwandeln. Sie kamen zu dem Schluss:

Das Opfer der Reichsoberhauptlichen Würde und der Verzicht auf die Reichskrone kann – wenn man den noch übriggebliebenen Nutzen betrachtet – keinen Bedenken unterworfen seyn. Die Reichskrone bringt vielmehr auf der anderen Seite in der dermaligen Situation manche Verlegenheit und wird zu Collisionen mit Frankreich unvermeidlich Anlaß geben.

Für die Berater des Kaisers stand außer Frage, dass Franz die Krone niederlegen sollte. Der genaue Zeitpunkt diese Schrittes sollte nach den politischen Umständen bestimmt werden, um möglichst vorteilhaft für Österreich zu sein. Am 17. Juni 1806 wurde dem Kaiser das Gutachten vorgelegt. Den Ausschlag für eine Entscheidung des Kaisers gab wohl jedoch das erwähnte Ultimatum Napoleons. Am 30. Juli entschied sich Franz, auf die Krone zu verzichten; am 1. August erschien der französische Gesandte La Rochefoucauld in der österreichischen Staatskanzlei. Erst nachdem der französische Gesandte nach heftigen Auseinandersetzungen mit Graf von Stadion bestätigte, dass sich Napoleon niemals die Reichskrone aufsetzen werde und die Unabhängigkeit Österreichs respektiere, willigte der österreichische Außenminister in die Abdankung ein, die am 6. August verkündet wurde.

In der Abdankung heißt es:

Bei der hierdurch vollendeten Ueberzeugung, von der gänzlichen Unmöglichkeit, die Pflichten Unseres kaiserlichen Amtes länger zu erfüllen, sind Wir es Unsern Grundsätzen und Unserer Würde schuldig, auf eine Krone zu verzichten, welche nur so lange Werth in Unsern Augen haben konnte, als Wir dem von Churfürsten, Fürsten und Ständen und übrigen Angehörigen des deutschen Reichs Uns bezeigten Zutrauen zu entsprechen und den übernommenen Obliegenheiten ein Genüge zu leisten im Stande waren.
Wir erklären demnach durch Gegenwärtiges, daß Wir das Band, welches Uns bis jetzt an den Staatskörper des deutschen Reichs gebunden hat, als gelöst ansehen, daß Wir das reichsoberhauptliche Amt und Würde durch die Vereinigung der conföderirten rheinischen Stände als erloschen und Uns dadurch von allen übernommenen Pflichten gegen das deutsche Reich losgezählt betrachten, und die von wegen desselben bis jetzt getragene Kaiserkrone und geführte kaiserliche Regierung, wie hiermit geschieht, niederlegen.

Was später heftig diskutiert werden sollte, war, ob Franz neben der Niederlegung der Krone berechtigt war, das Reich als Ganzes aufzulösen, denn er verkündete auch:

Wir entbinden zugleich Churfürsten, Fürsten und Stände und alle Reichsangehörigen, insonderheit auch die Mitglieder der höchsten Reichsgerichte und die übrige Reichsdienerschaft, von ihren Pflichten, womit sie an Uns, als das gesetzliche Oberhaupt des Reichs, durch die Constitution gebunden waren.

Er löste auch die zu seinem eigenen Herrschaftsbereich gehörenden Länder des Reiches aus diesem heraus und unterstellte sie alleine dem österreichischen Kaisertum:

Unsere sämmtlichen deutschen Provinzen und Reichsländer zählen Wir dagegen wechselseitig von allen Verpflichtungen, die sie bis jetzt, unter was immer für einem Titel, gegen das deutsche Reich getragen haben, los [...]

Nach Ende des Reiches

Nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 schlossen sich die deutschen Einzelstaaten zum Deutschen Bund zusammen. Zuvor, im November 1814, richteten jedoch 29 Souveräne kleiner und mittlerer Staaten folgenden Wunsch an den Kongress:

die Wiedereinführung der Kaiserwürde in Deutschland bei dem Komitee, welches sich mit der Entwerfung des Planes zu einem Bundesstaat beschäftigt, in Vorschlag zu bringen

Grundlage dieser Petition war kaum patriotischer Eifer. Eher kann davon ausgegangen werden, dass diese die Dominanz der durch Napoleon zu voller Souveränität und Königstiteln gelangten Fürsten, z.B. die Könige von Württemberg, Bayern und Sachsen, fürchteten.

Aber auch darüber hinaus wurde die Frage, ob ein neuer Kaiser gekürt werden soll, diskutiert. So existierte u. a. der Vorschlag, dass die Kaiserwürde zwischen den mächtigsten Fürsten im südlichen Deutschland und dem mächtigsten Fürsten in Norddeutschland alternieren solle. Im allgemeinen wurde jedoch von den Befürwortern des Kaisertums eine erneute Übernahme der Kaiserwürde durch Österreich, also durch Franz I., favorisiert.

Da aber auf Grund der geringen Macht der Befürworter der Wiederherstellung, der kleinen und mittleren deutschen Fürsten, nicht zu erwarten war, dass der Kaiser in Zukunft die Rechte erhielte, die diesen zu einem tatsächlichen Reichsoberhaupt machen würde, lehnte Franz die angebotene Kaiserwürde ab. Dementsprechend betrachteten Franz I. und sein Kanzler Metternich diese in der bisherigen Ausgestaltung nur als eine Bürde. Auf der anderen Seite wollte Österreich aber den Kaisertitel für Preußen oder einen anderen starken Fürsten nicht zulassen.

Der Wiener Kongress ging auseinander, ohne das Kaisertum erneuert zu haben. Daraufhin wurde am 8. Juni 1815 der Deutsche Bund als lockere Verbindung der deutschen Staaten gegründet. In diesem führte Österreich bis 1848 den Vorsitz.

Literatur

Quellen

Sekundärliteratur

  • Gotthard, Axel: Das Alte Reich. Darmstadt 2003, ISBN 3534151186
  • Prietzel, Malte: Das Heilige Römische Reich im Spätmittelalter. Darmstadt 2004, ISBN 3534151313
  • Schmidt, Georg: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806. München 1999, ISBN 340645335X
  • Schulze, Hans K.: Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, Bd. 3, Stuttgart u.a. 1998, ISBN 3170130536 Gutes Überblickswerk

Vorlage:Commons2