Zum Inhalt springen

Notfall- und Katastrophenpharmazie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. Dezember 2010 um 20:42 Uhr durch KatPharm (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Definition

Die Notfall- und KatastrophenPharmazie (KatPharm) dient der Sicherstellung der pharmazeutischen Versorgung der Bevölkerung bei Großschadensereignissen und Katastrophen sowie in sonstigen Ausnahmesituationen. Dazu entwickelt sie Konzeptionen für das pharmazeutische Notfallmanagement der Öffentlichen Apotheken und der Krankenhausapotheken.

Die Notfall- und KatastrophenPharmazie wirkt an der notfall- und katastrophenmedizinischen Versorgung beim Massenanfall von Verletzten / Erkrankten / Infizierten / Exponierten mit, insbesondere mit Konzeptionen und Qualitätsstandards für die Sanitätsmaterialversorgung

  • der Rettungsdienste und Hilfsorganisationen,
  • des Bevölkerungsschutzes,
  • bei Massenveranstaltungen,
  • bei Einsätzen in der Internationalen Hilfe,
  • für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedarf es einer zusätzlichen Qualifikation der Apothekern für das pharmazeutische Notfallmanagement.[1]

Ziele

Die Notfall- und KatastrophenPharmazie verfolgt das Ziel, den Apotheker als wichtiges Bindeglied in den Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz zu integrieren, um die pharmazeutische Versorgung auch in außergewöhnlichen Situationen möglichst optimal aufrecht zu erhalten.

Krisen – Katastrophen – Seuchen – Kritische Infrastrukturen Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie des Katastrophenschutzes muss auch bei Krisen, Katastrophen und Seuchen – der jeweiligen Situation entsprechen – so gut wie möglich sicher gestellt werden. Bei massiven Schadensereignissen kann dann auch die pharmazeutische Versorgung erheblich beeinträchtigt sein. Die Öffentlichen Apotheken und die Krankenhausapotheken werden in unterschiedlicher Weise von einem Massenanfall von Patienten tangiert sein; wichtig ist, dass ihr Notfallmanagement dann darauf vorbereit und ausgerichtet ist; das gilt ebenso für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Grundlage

Den Auftrag für die Entwicklung der Notfall- und KatastrophenPharmazie gibt der §1 im Gesetz über das Apothekenwesen: "Dem Apotheker obliegt die ordnungsgemäße Sicherstellung der Bevölkerung mit Arzneimitteln."[2]

Entwicklung der Notfall- und KatastrophenPharmazie in Deutschland

Mit fachlicher notfall- und katastrophenmedizinischer Beratung durch die DGKM e.V. konnte erstmals 1996 von Apothekern für Klinische Pharmazie ein Handbuch zum „Management der Krankenhausapotheke bei Großschadensereignissen und Katastrophen“ erstellt werden. Bereits bei den Vorbereitungen des Zivilschutz-Neuordnungsgesetzes von 1997 und der Abschaffung der Sanitätsmaterialbevorratung des Bundes für den Bevölkerungsschutz haben die Apotheker der DGKM e.V. nicht nur auf das bundesweite Defizit in der medizinischen-pharmazeutischen Notfallbevorratung hingewiesen; sie arbeiten seitdem auch aktiv an Konzeptionen zur „Kooperativen Notfallbevorratung von Sanitätsmaterial im Bevölkerungsschutz“ für den Rettungsdienst, den Katastrophenschutz und für die Krankenhäuser unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen von Arzneimitteln und Medizinprodukten. (Quelle: Fachbuch „Notfall- und KatastrophenPharmazie“, 2006)

Das Projekt „Notfall- und KatastrophenPharmazie“ wurde 2006 als gemeinsame Aufgabe des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und der Deutschen Gesellschaft für KatastrophenMedizin e.V. gestartet, mit dem Ziel einen Leitfaden für die Notfall- und Katastrophenpharmazie, ein Curriculum zur Aus und Fortbildung und ein Pilotseminar zur Fortbildung von Apothekerinnen und Apothekern zu entwickeln. Das Projekt wurde von der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern getragen und begleitet durch einen wissenschaftlichen Beirat.[3] In Zusammenarbeit mit ca. 50 Experten als Autoren, Lektoren und Berater entstand aus dem angedachten Leitfaden dann ein zweibändiges Fachbuch Notfall- und KatastrophenPharmazie, da der zu vermittelnde Stoff weit über einen Leitfaden hinausging. Das Projekt wurde von den zentralen Standesorganisationen der Apotheker (Bundesapothekerkammer / ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) begleitet.

Mit dem Fachbuch Notfall- und KatastrophenPharmazie wurde erstmals ein Standardwerk für das pharmazeutische Notfallmanagement geschaffen. Das Buch bietet die Grundlagen für die Aus- und Fortbildung der Apotheker im Bereich der Notfall- und KatstrophenPharmazie (KatPharm) dar. Band 1 vermittelt Grundkenntnisse über die Strukturen der Notfallvorsorge in Deutschland sowie zu Grundlagen für die medizinische und pharmazeutische Notfallversorgung. Band 2 stellt die Aufgaben im Pharmazeutischen Notfallmanagement und daraus resultierende Handlungsempfehlungen dar. Die Begleit-DVD zur Notfall- und KatastrophenPharmazie enthält Informationen und Dateien, die für eine Veröffentlichung im Buch zu umfangreich sind und jederzeit eine Veränderung erfahren können. Die DVD ist gegliedert in die Bereiche Literatur und Informationen und Pharmazie und Arbeitshilfen und enthält einen Fortbildungsfilm zum Thema Reanimation. Die aktuelle Version aller Texte des Buches sowie die Inhalte der Begleit-DVD stehen im Internet zum Download als pdf-Datei zur Verfügung. Das Fachbuch Notfall- und KatastrophenPharmazie kann beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unter Nennung des beabsichtigten Verwendungszweckes kostenfrei angefordert werden. Bestellung per eMail: bestellservice@bbk.bund.de Bestellschein im Internet: http://www.katpharm.de/de/Buch_KatPharm_1217.html

Das Ursprungsprojekt wurde im Dezember 2010 beendet; dabei wurde erheblicher Handlungs- und Forschungsbedarf für die weitere Entwicklung und Implementierung festgestellt und mit Empfehlungen für entsprechende Folgeprojekten verbunden.

Bevölkerungsschutz

Im Jahr 2007 wurde eine länderübergreifenden Krisenmanagementübungen (Exercise) „LÜKEX“ zum Thema Influenza-Pandemie durchgeführt. Involviert war ein war auch ein Projektteam „LÜKEX 2007 Pharmazeutisches Notfallmanagement“, welches im Vorfeld und Übungsszenarien entwickelte und diese während der Übung in das Übungsgeschehen einspielte und beobachtete. Für die Fortentwicklung des Projektes „Notfall- und KatastrophenPharmazie“ konnten wertvolle Hinweise durch die Auswertung der Gesamtübung gewonnen werden. Bei LÜKEX 200/10 konnten Übungseinlagen zur Versorgung mit Sanitätsmaterial beim Massenanfall von Verletzten sowie für die Antidota-Behandlung von radiaktiv kontaminierten Patienten konzipiert und eingespielt werden.[4]

Im Jahr 2008 hat die Schutzkommision beim Bundesministerium des Innern eine Stellungnahme zum Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz in Deutschland abgegeben. Dieser dient der Entwicklung und Optimierung von länder- und ressortübergreifenden Rahmenkonzepten zur Gefahrenabwehr sowie zum medizinischen und seuchen-hygienischen Management im Bereich des Bevölkerungsschutzes.[5]

Unter Punkt 5 Realisierungsvoraussetzungen sind vielfältige Schnittstellenprobleme angeführt, die eine umfassende Beteiligung von Apothekern in der Notfallvorsorge erfordern.

Internationale Entwicklung

Im internationalen Rahmen hat die International Pharmaceutical Federation (FIP) in Brasilien im August 2006 eine Erklärung zu Berufsstandards verabschiedet, die die Rolle der Apotheker beim Krisenmanagement, einschließlich bei von Menschen ausgelösten oder Natur-Katastrophen und [[Pandemie|Pandemien festlegt. Anhand dieser internationalen Standards erfolgt auch in Deutschland der Aufbau und die Implementierung des Pharmazeutischen Notfallmanagements.[6]

Ausbildung

Die Notfall- und KatastrophenPharmazie ist bisher nicht in den Ausbildungsrichtlinien für Apotheker verankert.[7]

Seit 2009 werden an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) mehrtägige Seminare zur Multiplikatorenschulung angeboten. Ziel der Seminare ist es, Apotheker zu Multiplikatoren für den Bereich Notfall- und KatastrophenPharmazie auszubilden, um im Rahmen von bestehenden Fortbildungsangeboten (Qualitätszirkel, Apothekerversammlungen, Fortbildungsveranstaltungen etc.) die Apotheker für diesen kritischen Bereich zu sensibilisieren und für das pharmazeutische Notfallmanagement auszubilden.

Literatur

Notfall- und Katastrophenpharmazie, 2 Bände, Herausgeber: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und Deutsche Gesellschaft für KatastrophenMedizin e.V., 1. Auflage 2009, Bonn, Band 1 ISBN 3-939347-18-3, Band 2 ISBN 3-939347-19-1

Einzelnachweise

  1. Definition Notfall- und Katastrophenpharmazie Offizielle Definition der KatPharm. Deutsche Gesellschaft für KatastrophenMedizin e.V.
  2. FIP-Erklärung zu Berufsstandards: Die Rolle des Apothekers beim Krisenmanagement, einschließlich bei von Menschen ausgelösten oder Naturkatastrophen und Pandemien
  3. [ http://www.dgkm.org/de/Informationen_zum_Projekt_Leitfaden_Katastrophenpharmazie_304.htmlProjekt Notfall- und Katastrophenpharmazie]
  4. 2007Lükex 2007, Zusammenfassung KatPharm Wolfgang Wagner
  5. Gesundheitlicher Bevölkerungsschutz in Deutschland
  6. Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz - ApoG)
  7. Approbationsordnung für Apotheker (AAppO)