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Heinz-Christian Strache

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Heinz-Christian Strache (2008)

Heinz-Christian Strache (* 12. Juni 1969 in Wien) ist ein österreichischer Politiker der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Er ist Bundesparteiobmann und Klubobmann seiner Partei im Nationalrat sowie Landesparteiobmann der FPÖ Wien. Er nennt sich selbst HC Strache.

Familie, Ehe, Kinder

Die Familie von Straches Vater stammte aus Reichenberg im böhmischen Sudetenland (heute Tschechien) und wurde nach seinen Angaben von dort vertrieben.[1] Sein Großvater mütterlicherseits war deutscher Wehrmachtssoldat, der beim Anschluss Österreichs 1938 nach Neunkirchen (Niederösterreich) kam und dort seine spätere Frau fand. Deren Tochter, Straches Mutter Marion Strache, eine Drogistin, zog ihn in der Keinergasse in Erdberg (Wien) allein auf.[2] Sein Vater Heinz-Roland Strache, ein reisender Künstler, soll sich kaum um seinen Sohn gekümmert haben.[3]

Von 1989 bis 1996 war Strache mit der Tochter von Norbert Burger, dem Gründer und Leiter der rechtsextremen NDP, verlobt. 1999 heiratete er jedoch Daniela Plachutta, die Tochter des Wiener Gastronomen Ewald Plachutta.[4] Diese brachte zwei Kinder aus einer vorigen Verbindung in die Ehe mit. Gemeinsam mit Strache bekam sie zwei weitere Kinder. Das Paar trennte sich Ende 2005 und ließ sich 2006 scheiden. Die beiden gemeinsamen Kinder leben mit der Mutter.[5]

Ausbildung

Strache besuchte die Volksschule Neulandschule 1975 bis 1979, die Hauptschule Strebersdorf 1979 bis 1983 und ein Jahr lang die Handelsschule Weiss in Wien. Danach absolvierte er eine vierjährige Lehrausbildung zum Zahntechniker. 1990 legte er die Studienberechtigungsprüfung ab und begann ein Studium der Geschichtswissenschaft an der Universität Wien, das er jedoch im selben Jahr abbrach.[6] Er machte sich dann selbstständig und gründete 1993 ein zahntechnisches Unternehmen, das bis 2000 bestand.

Kontakte mit Rechtsextremisten (ca. 1985-1990)

Strache wurde im Alter von 15 Jahren Mitglied der schlagenden Schülerverbindung Wiener pennale Burschenschaft Vandalia.[6] Dort kam er in Kontakt mit Rechtsextremisten wie Gottfried Küssel, dem Leiter der später verbotenen VAPO, und Franz Radl. Er nahm um 1985/1986 an von Burschenschaftern organisierten „nationalen“ Zeltlagern in Kärnten teil. Durch Norbert Burger, den er nach dem Verbot der NDP 1988 häufig besuchte und später als „Vaterersatz“ bezeichnete, lernte er weitere Rechtsextremisten kennen.[7]

Er nahm 1989 oder 1990 in Zweikirchen bei Sankt Veit an der Glan mit einigen österreichischen Neonazis in militärischer Kleidung an Übungen mit Gummiknüppeln, Schlagstöcken, Pumpguns und vermuteten Maschinengewehren teil. Am 31. Dezember 1989 wurde er bei einem jährlichen Treffen der 1994 verbotenen Wiking-Jugend nahe Fulda vom Bundesgrenzschutz festgenommen. Ebenfalls bei diesem Treffen anwesend waren Andreas Thierry, Jürgen Hatzenbichler (Neue Front), Marcus Ullmann (VAPO) und Andreas Reichhardt (später FPÖ). Diese Kontakte und Aktivitäten wurden im August 2007 in einem von Strache angestrengten Gerichtsverfahren durch sieben Fotografien und zwei Zeugenaussagen, eine davon von Ewald Stadler, erwiesen.[8]

Strache hatte sie bis dahin vollständig bestritten, räumte nun aber ein, er habe Silvester 1989 zusammen mit Vertretern der Wiking-Jugend an einer Aktion an der deutsch-deutschen Grenze teilgenommen. Diese erklärte er als Lebensmittelhilfe für DDR-Bürger. Er sei aber nie Mitglied der Wiking-Jugend gewesen und habe danach keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Seine Festnahme sei nur zur Feststellung seiner Identität erfolgt.[9]

Fünf der Fotos hatte Strache zuvor selbst dem ORF vorgelegt, sie aber als harmloses Paintball-Spiel zum Aggressionsabbau mit damals „unbescholtenen“ Teilnehmern erklärt.[10] Die übrigen zwei Fotos der Serie zeigten die Teilnehmer mit für Paintball unüblichen Waffenarten; sie wurden 2008 veröffentlicht.[11] Die Fotoserie wird als Beleg für Straches Teilnahme an neonazistischen Wehrsportübungen gedeutet, etwa von Wolfgang Neugebauer und dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).[12] Straches Erklärungen dazu werden in deutschen und österreichischen Berichten als unglaubwürdig eingestuft[13]; dass er zeitweise Teil der rechtsextremen Szene Österreichs war, gilt seit 2007 als erwiesen.[14]

1990 besuchte Strache als FPÖ-Bezirksrat eine Wahlkampfveranstaltung der Gruppe „Nein zur Ausländerflut“, nach der die Polizei ihn kontrollierte. Spitzenkandidat der Gruppe war der Rechtsextremist Horst Rosenkranz, auf ihrer Wahlliste kandidierten auch der Holocaustleugner Gerd Honsik und Straches Bekannter Franz Radl. Die Gruppe wurde dann wegen NS-Wiederbetätigung nicht zur Wahl zugelassen.[15]

Ebenfalls 1990 nahm Strache an einer Veranstaltung der DVU in Passau teil. Dabei nahm die deutsche Polizei ihm einen Schreckschussrevolver ab. Er habe diesen zum Selbstschutz vor „Glatzköpfen“ bei sich getragen und dafür eine Geldbuße zahlen müssen, erklärte Strache 2007 nach Bekanntwerden des Vorgangs.[16]

2009 gab Strache laut Angaben in einer unautorisierten Biografie seine Teilnahme an einer Wehrsportübung mit Gottfried Küssel und weitere Kontakte mit Rechtsextremisten zu.[17]

Wiener Stadtpolitiker (1991–2005)

Durch seine Bekanntschaft mit dem Zahnarzt Helmut Günther, FPÖ-Bezirksobmann in Wien-Landstraße, kam Strache mit der FPÖ in Kontakt und wurde ihr Mitglied.[18] Er wurde 1991 Bezirksrat und blieb bis 1996 in diesem Amt. Zwei Jahre später löste er Günther im Amt des FPÖ-Bezirksobmanns ab. Er war außerdem Obmann des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) in Wien, der Jugendorganisation der FPÖ.

2001 wurde Strache stellvertretender Klubobmann der FPÖ im Wiener Landtag. Kurz darauf lehnte er das Vorhaben der „Stadtbürgerschaft“ und das Ausländerwahlrecht strikt ab.[19] Die FPÖ brachte dabei gemeinsam mit der ÖVP durch eine Klage beim Verfassungsgerichtshof das Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger zu Fall, welches zuvor von der SPÖ und den Grünen verfassungswidrig im Wiener Landtag beschlossen wurde. [20]

2004 löste er Hilmar Kabas als Parteiobmann der Wiener FPÖ ab. Dabei forderte er einen Antrag der FPÖ im Hauptausschuss des österreichischen Nationalrats gegen den EU-Beitritt der Türkei. Danach wollte er eine Volksabstimmung darüber durchsetzen, da eine Bevölkerungsmehrheit den Türkei-Beitritt ablehne.[21] Die Türkei sei weder historisch, kulturell noch geographisch ein Teil Europas.

Strache vertrat als Wiener Parteiobmann ähnliche Positionen wie Jörg Haider in den 1990er Jahren. Anfang 2005, kurz vor der Spaltung der FPÖ, begann er sich von Haider zu lösen und kritisierte offen dessen Befürwortung des EU-Beitritts der Türkei.

Bundesvorsitzender der FPÖ (seit 2005)

Heinz-Christian Strache, 2006

Nach Wahlverlusten der FPÖ in mehreren Bundesländern wurde eine Kampfkandidatur Straches um den Posten des Bundesparteiobmanns gegen Jörg Haiders Schwester Ursula Haubner erwartet. Zu einem offenen Machtkampf zwischen Haider und Strache kam es jedoch nicht, da Haider und alle FPÖ-Regierungsmitglieder im April 2005 die FPÖ verließen und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gründeten.

Beim FPÖ-Parteitag am 23. April 2005 wurde Strache daraufhin zum Bundesparteiobmann gewählt. Im selben Monat ließ er in Anknüpfung an einen kritisierten FPÖ-Slogan von 1996 („Wien darf nicht Chicago werden!“[22]) den Wahlslogan „Wien darf nicht Istanbul werden!“ plakatieren. Dabei bezog er sich auf eine Ausstellung in der Kunsthalle Wien, bei der das Museum an der Frontseite mit türkischen Fahnen behängt worden war.[23]

Bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2005 wurde die FPÖ unter Strache mit 14,8 % der Stimmen drittstärkste Partei und erhielt 13 Gemeinderatssitze. Strache wurde Klubobmann der FPÖ im Landtag.

„Daham statt Islam”-Plakat im Nationalrats-Wahlkampf 2006

Ab September 2005 schaltete die FPÖ im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2006 eine Kampagne (Anzeigen und Plakate), unter anderem mit Aussagen wie „Deutsch statt nix versteh’n'“, „Daham statt Islam“, „Herr im eigenen Haus bleiben“ und „Pummerin statt Muezzin“.[24] In seiner Rede zum Wahlkampfauftakt wandte er sich auch gegen Homosexuelle („Die Ärmsten der Armen werden im Stich gelassen. […] Man macht lieber Politik für die Wärmsten der Warmen.“).[25] Als Hauptverantwortlicher für die als fremdenfeindlich, rassistisch und homophob kritisierte Kampagne gilt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Parallel dazu wurden in Tageszeitungen Inserate mit dem Titel„Soldaten raus aus Afghanistan!“ geschaltet, in denen sich die FPÖ auch gegen den Ankauf der Eurofighter aussprach. Von mehreren Organisationen wurden wegen der als rassistisch und verhetzend angesehenen Slogans und wegen Aussagen wie „Dank Schüssel und Co ist Österreich ein Magnet für Asylanten. Viel zu viele davon sind kriminell“ Anzeigen wegen Verhetzung gegen Strache erstattet.[26] Diese Anzeigen wurden nach der Nationalratswahl am 16. Oktober 2006 zurückgelegt.[27]

Neben Ausländern überhaupt griff Strache zunehmend Muslime, auch solche mit österreichischer Staatsbürgerschaft, an: Ein „Kampf der Kulturen“ zwischen „dem Islam“ und den als traditionell christlich eingestuften westlichen Ländern, somit auch Österreich, habe längst begonnen. Der Islam sei nicht nur eine Religion, sondern ein totalitäres Rechts- und Gesellschaftssystem und der Islamismus der „Faschismus des 21. Jahrhunderts“. Es gebe unter Moslems Rassismus gegen Christen und die europäische Kultur. Der Islam habe die Aufklärung nicht mitgemacht und sei Politik, Gesetz und Religion. Strache forderte wie Haider ein Bauverbot für Minarette und Deutsch als Pflichtsprache für Predigten in Moscheen.[28]

Bei der Nationalratswahl 2006 erreichte die FPÖ 11,0 % und wurde damit viertstärkste Partei knapp hinter den Grünen. Wie diese erhielt sie 21 Mandate. Nachdem Strache sein Mandat im Wiener Landtag niedergelegt hatte, übernahm er auch im Nationalrat die Aufgabe des Klubobmanns.

Zur Zeit der Regierungsbildung schloss Strache mehrmals die Unterstützung einer Minderheitsregierung der SPÖ sowie die Bildung einer Konzentrationsregierung nach Schweizer Modell nicht aus.[29][30]

2007 gründete Strache mit seinem Parteikollegen Andreas Mölzer die EU-Parlamentsfraktion Identität, Tradition, Souveränität, die Ende desselben Jahres wieder aufgelöst wurde. Trotzdem hielt er an der Neugründung einer derartigen Partei fest und unterstrich öfter die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten ausländischen Parteien.[31]

2007 startete Strache die Kampagne „Freiheit für Südtirol”, um die Autonomierechte Südtirols zu erweitern. Er steht damit auch den Südtiroler Freiheitlichen nahe. Beim 28. ordentlichen Parteitag der FPÖ in Innsbruck am 2. Juni 2007 wurde er mit 94,85 % der Delegiertenstimmen zum Obmann wiedergewählt.[32]

Nach der Gründung des Kosovo 2008 sprach sich Strache in einer serbischen Zeitung gegen ein von Serbien unabhängiges Kosovo aus und bezeichnete sich als „Freund der Serben“.[33]

Beim Parteitag der Wiener FPÖ am 18. Mai 2008 wurde Strache mit 99,38 % der Stimmen als Landesparteichef wiedergewählt. Im selben Jahr trat er als Spitzenkandidat der FPÖ bei der Nationalratswahl 2008 an. Seine Partei erhielt unter seiner Spitzenkandidatur 17,5 % der Stimmen (6,5 % mehr als 2006) und damit 34 von 183 Sitzen im österreichischen Parlament. Sie wurde damit drittstärkste Partei vor dem BZÖ und den Grünen.

Von Oktober 2009 bis Anfang 2010 sponserte Strache den Wiener Profiboxer Gogi Knežević, der daraufhin den Schriftzug „hcstrache.at“ auf seinen Shorts im Ring trug.[34]

Am Landesparteitag der FPÖ Wien 2010 wurde Strache am 20. Juni mit 99,12 % als Wiener Landesparteiobmann der FPÖ bestätigt und als Spitzenkandidat und somit auch Bürgermeisterkandidat zur bevorstehenden Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl nominiert. Bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2010 erreichte die FPÖ mit Spitzenkandidat Strache 26,2 % der Stimmen (27 Mandate) und wurde somit zweitstärkste Partei in Wien.

Kontroversen

Mensur

Im November 2004 forderte Strache einen Salzburger Arzt wegen dessen Kritik an einer seiner Reden, durch die er sich beleidigt fühlte, zu einer Mensur auf.[35] Diese fand am 28. November 2004 statt[36] und wurde in manchen Medien als Zeichen für die Nähe von FPÖ und rechten Burschenschaften, zum Teil auch in der Wiener FPÖ kritisiert.[37]

Interview mit Armin Wolf 2005

In einem ORF-Interview 2005 sprach Moderator Armin Wolf Strache auf einen Text auf dessen Webseite über das Buch Der Waldgang von Ernst Jünger an: Er habe bewundert, „dass Sie so gut schreiben können.“ Nachdem Strache Schreiben als sein Hobby bezeichnete und sich damit indirekt als Autor des Textes ausgab, konfrontierte Wolf ihn damit, dass er diesen 1998 erstmals auf der Webseite des österreichischen Journalisten und ehemaligen Neonazis Jürgen Hatzenbichler gefunden habe. Strache erklärte daraufhin, nicht er selbst, sondern Mitarbeiter hätten die Texte seiner Homepage verfasst; der betreffende Buch-Kommentar habe keinen rechtsextremen Inhalt.[38]

Vermuteter Kühnengruß

Ende Jänner 2007 veröffentlichte die Tageszeitung Österreich ein Foto von Strache, das ihn sitzend in Tracht mit drei erhobenen, gestreckten und gespreizten Fingern der rechten Hand zeigt, wobei er eine vor ihm stehende Person anschaut. Das Foto soll um 1989 bei einem Treffen des Wiener Korporationsringes, des Dachverbands der schlagenden Burschenschaften, entstanden sein. Es wurde als „Kühnengruß“, eine von dem deutschen Neonazi Michael Kühnen erfundene Variante des verbotenen Hitlergrußes, gedeutet, der in Österreich nicht verboten ist und den österreichische Neonazis als Erkennungszeichen verwenden. Das Foto sollte belegen, dass Strache sich dieser Szene damals zugehörig gefühlt und gezeigt habe.[39]

Strache bestritt diese Deutung noch vor der Publikation und erklärte danach in einem Interview, es handle sich dabei um einen alten „Gruß der Südtiroler Freiheitskämpfer“.[40] Nachdem Südtirolaktivisten erklärten, ihnen sei ein solcher Gruß unbekannt[41], erklärte Strache, er habe nicht gegrüßt, sondern „drei Krügerl Bier“ bestellt. Das Merkmal des Kühnengrußes bestehe im Strecken des rechten Armes, sein Arm sei auf dem Foto jedoch rechtwinklig gebeugt.

Szene-Beobachter bestreiten dieses Merkmal jedoch. Ein ehemaliger Neonazi aus der Gruppe um Gottfried Küssel, den Kühnen vor seinem Tod 1991 zu seinem Nachfolger ernannt hatte, erklärte den Gruß als Neonazi-Code im Rahmen von ideologischer Schulung. Diese habe Wehrsportübungen begleitet, die dem Abbau von Hemmungen, auf politische Gegner zu schießen, gedient hätten und zu denen damals auch Paintball gehört habe.[42]

Am 29. Jänner 2007 distanzierte sich Strache in einer eigens anberaumten Pressekonferenz vom Nationalsozialismus und verglich Medienberichte über rechtsextreme Kontakte und Symbolhandlungen seiner Person mit dem Stil des nationalsozialistischen Hetzblatts Der Stürmer.[43]

Vermutete Beteiligung an illegaler Sölderausbildung

Strache war von März 2002 bis Ende 2004 erst Teilhaber, dann Gesellschafter einer „Werbeberatungs-GmbH“, die sich anfangs mit fremdfinanziertem Zahnersatz befasste. Die Firma wandelte sich 2004 in eine „Security Services GmbH“ um, die nach Erkenntnissen des österreichischen Heeresabwehramtes im Burgenland Österreicher als Söldner anwarb, ausbildete und illegal in den Irakkrieg entsandte. Die Firma warb ab 2003 unter dem Deckmantel von Personenschutz ehemalige Soldaten und Unteroffiziere für ihre Söldnerausbildung an, etwa mit Anzeigen in einer Zeitschrift des Verteidigungsministeriums, das damals von einem Vertreter der FPÖ geleitet wurde, sowie in der Zeitschrift „Zur Zeit“ von Straches Parteifreund Andreas Mölzer.

Deshalb vermuteten Staatsschützer, dass Strache vor der Umwandlung der Firma von diesen illegalen Tätigkeiten wusste und daran beteiligt war. Dies bestritt FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: Strache habe die Firma vor Beginn ihrer Söldneranwerbung verlassen.[44]

Wehrmachtsdeserteure

Im Rahmen der Diskussion zur lückenlosen Rehabilitierung von Deserteuren der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg wiederholte Strache im September 2009 die Äußerungen Siegfried Kampls, dass „Deserteure Menschen waren, die eigene Kameraden und Soldaten vielleicht teilweise auch erschossen und umgebracht haben und deshalb ist das eine sehr negativ und kritisch zu bewertende Situation“.[45] Der Politologe Walter Manoschek bezeichnete Straches Aussage, dass mindestens 15 Prozent der Deserteure Mörder gewesen seien, als „völlig abstrus“.[46]

Streit mit dem ORF

Im Rahmen einer Dokumentation über einen österreichischen Neonazi in der Sendereihe Am Schauplatz veranlasste der ORF-Reporter Eduard Moschitz den Protagonisten, gemeinsam mit einem Freund eine FPÖ-Veranstaltung aufzusuchen, wobei sie ein Kamerateam begleitete. Einer der Jugendlichen war bereits im Vorjahr bei einer FPÖ-Veranstaltung auffällig geworden.[47] Beim Zusammentreffen mit Strache warf dieser dem Reporter vor laufender Kamera vor, die beiden Jugendlichen aufgefordert zu haben, „Sieg Heil“ zu rufen, um ihn damit durch die Anwesenheit von „Nazi-Statisten“ öffentlich zu diskreditieren. Moschitz bestritt dies. Nachdem auf dem veröffentlichten Video eine solche Aufforderung nicht zu hören war, warf Strache dem ORF Manipulation der Aufzeichnungen vor.[48][49] Der ORF weigerte sich unter Hinweis auf das Redaktionsgeheimnis, der Staatsanwaltschaft das Drehmaterial zur Verfügung zu stellen. Die Jugendlichen erklärten später in Zeitungsinterviews, von der Polizei genötigt worden zu sein, Straches Angaben zu bestätigen.[50] Die österreichischen Grünen erstatteten daraufhin Strafanzeige gegen die Ermittlungsbeamten. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch bekannt, dass die zwei gefilmten Neonazis pro Drehtag ein Entgelt von 100 Euro in bar für die Abtretung ihrer Persönlichkeitsrechte erhalten haben sollen.[51] Laut ORF gehe aus ihrem Buchhaltungssystem jedoch klar hervor, dass nur einmalig 100 Euro gezahlt worden seien.[52]

Der ORF kündigte an, Strache wegen Rufschädigung zu verklagen und Anzeige gegen die Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauch und Anstiftung zum Amtsmissbrauch einzubringen.[53] Strache kündigte an, seine Aussage durch einen Lügendetektor bestätigen zu wollen, unterzog sich diesem Test jedoch nicht.[54]

Ein Gerichtsgutachten stellte im September 2010 nach „grober Untersuchung“ fest, die Aufnahme von der ORF-Sendung, insbesondere das Tonband, sei nicht manipuliert worden.[55]

Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie untersuchte die Aufnahmen der Sendung auf Bitte eines von der FPÖ beauftragten Wiener Tontechnikers[56] mit dem Ergebnis, dass „es sich bei dem vom ORF öffentlich zur Verfügung gestellten Rohmaterial um nachbearbeitetes Drehmaterial handelt“ und die Aussage eines durch Atmungsgeräusche überlagerten Zwischenrufs ohne weitere Prüfung nicht zweifelsfrei identifizierbar sei.[57]

Politische Einordnungen

Straches Kernthemen sind die Ausländerpolitik, wo er besonders einen vermuteten Asylmissbrauch hervorhebt, Sozialthemen und eine aus seiner Sicht bedrohte öffentliche Sicherheit. Er betont Patriotismus („Österreich zuerst“), kritisiert die EU, warnt vor „Überfremdung“ und „Islamisierung“ („Abendland in Christenhand“; „Wiener Blut...“).

Diese Themen und Forderungen werden in Österreich meist als rechtspopulistisch charakterisiert. Der Politologe Anton Pelinka hält diese Einschätzung jedoch für „eine böse Verharmlosung“ und bezeichnet Strache als Rechtsextremisten.[58]

Mehrere Nichtregierungsorganisationen und politische Gegner stuften Straches Wahlkampagne von 2005 als fremdenfeindlich ein.[59] Hans Magenschab verglich die Parolen der Wiener FPÖ unter Strache mit jenen Georg von Schönerers, einem der Gründerväter des Dritten Lagers im 19. Jahrhundert.[60]

Die Zeitschrift Profil schrieb Strache 2003 Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut zu.[61] Eine Klage Straches dagegen wurde 2004 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen.[62] Profil-Kommentatoren stuften Strache als unterschätzten „Turbo-Haider nach der Glättung im Windkanal“ ein, dessen rhetorische Kritik an „Privilegien“ und „Brüssel“ der Haiders ebenbürtig, an „Ausländern“ fast noch aggressiver sei. Er habe wie früher Haider durchaus realistische Ambitionen auf eine Kanzlerschaft.[63]

Deutsche Kommentatoren beurteilten Strache aufgrund seiner Parolen, Forderungen und Kontakte etwa als unglaubwürdigen, opportunistischen „rechtsradikalen Grüßaugust“[64] oder als fremdenfeindlichen, „strammen Nationalisten“.[65]

Veröffentlichungen

  • Keine Zukunft ohne Werte. In: Andreas Mölzer (Hrsg.): Was bleibt von der dritten Kraft? W3-Verlags-Gesellschaft, Wien 2005, ISBN 3-900052-04-2, S. 41 ff.
  • Neue Männer braucht das Land. Heinz-Christian Strache im Gespräch mit Andreas Mölzer. W3-Verlags-Gesellschaft, Wien 2006, ISBN 3-900052-09-3.

Literatur

  • Heribert Schiedel: Der rechte Rand. Extremistische Gesinnungen in unserer Gesellschaft. Edition Steinbauer, Wien 2007, ISBN 978-3-902494-25-2.
  • Nina Horaczek, Claudia Reiterer: HC Strache: Sein Aufstieg, seine Hintermänner, seine Feinde. Ueberreuter, Wien 2009, ISBN 978-3-8000-7417-4.

Einzelnachweise

  1. Strache: Bin ein perfektes Integrationsbeispiel, Die Presse am Sonntag, 22.08.10
  2. Oliver Pink (Die Presse, 16. Oktober 2010): Heinz-Christian Strache: Aufstieg eines Außenseiters
  3. Falter at. 13/25. März 2009: Geschichten aus dem Unterholz
  4. News.at, 10. November 2005: Lokalverbot bei Plachutta: Gastronom will Schwiegersohn Strache nicht mehr bewirten
  5. OTS, 11. Jänner 2006: Strache-Scheidung: Nach Rosenkrieg jetzt einvernehmliche Lösung
  6. a b Die Presse: DiePresse.com-Chat: Heinz Christian Strache im Porträt. 1. September 2008
  7. Falter.at 13/25. März 2009: Geschichten aus dem Unterholz
  8. Oe24.at, 23. August 2007: Kein Paintball: Strache eindeutig Teil der rechtsextremen Szene Österreichs
  9. Die Presse, 23. August 2007: Straches Kontakte zur Wiking-Jugend
  10. ORF, 20. Jänner 2007: Irgendwelche Neonazi-Kreise;Vienna, 19. Jänner 2007: Alte Strache- Fotos sorgen für Aufsehen
  11. News.at, 11. September 2008: „Er hat euch belogen!“ News zeigt exklusiv die geheimen Strache-Fotos!
  12. Vorarlberg Online, 19. Jänner 2007: Mölzer: Strache ist „unbestritten“
  13. Süddeutsche Zeitung, 23. August 2007: FPÖ-Chef gibt Kontakt zur Wiking-Jugend zu; ORF, 23. August 2007: Stadler: „Skurrile Erklärung“
  14. Oe24.at, 23. August 2007: Kein Paintball: Strache eindeutig Teil der rechtsextremen Szene Österreichs
  15. Falter.at 13/25. März 2009: Geschichten aus dem Unterholz
  16. Die Presse, 11. September 2007: Schreckschussrevolver und Soft-Gun
  17. Der Standard.at, 24. März 2009: Buch über FPÖ-Chef: „Strache war bei einer Art Wehrsportübung mit Küssel“
  18. Oliver Pink (Die Presse, 16. Oktober 2010): Heinz-Christian Strache: Aufstieg eines Außenseiters
  19. FPÖ-Presseaussendung: FP-Strache: FPÖ lehnt Stadtbürgerschaft und Ausländerwahlrecht dezidiert ab. 14. Dezember 2001
  20. Analyse: Wichtige Wahlen bleiben für Ausländer tabu, Die Presse, 23.07.2010
  21. wienweb.at: Strache – Volksabstimmung gegen Türkei? 17. Dezember 2004
  22. ORF ON Science: Die Chiffre „Chicago“ in Wiener und Berliner Urbanitätsdebatten.
  23. FPÖ Wien: Strache: „KanakAttack“ - Wien darf nicht Istanbul werden. 28. Februar 2005; Abbildung auf der Website des Demokratiezentrums Wien
  24. Website von Heinz-Christian Strache: Kampagne (Internet Archive)
  25. News: FPÖ-Wahlkampfauftakt in Wien, 22. September 2005; Sozialdemokratische Homosexuellenorganisation SoHo: Tolar fordert von Strache eine Entschuldigung!, 25. September 2005
  26. ORF: Anzeigen gegen Strache und Westenthaler, 14. September 2006
  27. ORF: Staatsanwaltschaft legt Anzeige zurück, 19. Oktober 2006
  28. Freiheitlicher Parlamentsklub - FPÖ: Strache: Islamismus ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts. 4. Juni 2007
  29. Wiener Zeitung: FPÖ und Grüne schließen Dreier-Koalition aus. 15. November 2006
  30. ORF: Nur Konzentrationsregierung. 15. November 2006, abgerufen am 8. September 2008.
  31. Freiheitlicher Parlamentsklub - FPÖ: Strache: Gründung einer europäischen patriotischen Partei. 25. Jänner 2008
  32. Wiener Zeitung: Kampfsportfotos gefielen anscheinend – Strache wieder FP-Obmann. 2. Juni 2007, abgerufen am 8. September 2008.
  33. Biber Magazine: Exklusiv: Warum Strache jetzt auf Tschuschen steht. 1. Februar 2008; Der Kurier: Der Freund der Serben. 2. Februar 2008, abgerufen am 8. September 2008.
  34. Kämpferisches Löwenherz, Heute.at vom 3. Jänner 2010
  35. News.at, 14. November 2004: "profil": Wiener FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache will Mensur fechten
  36. Salzburger Fenster, 1. Dezember 2004, Ausgabe 41/04: Strache focht in der Germanenbude Ried. Umstrittene Polit-Mensur sollte geheim bleiben
  37. profil 20. November 2004: FPÖ: Hieb- und stichfest; News.at, 1. Dezember 2005: Blaues who's who und Schmisse: Straches schlagende Burschenschafter sind wieder da
  38. YouTube: Ausschnitt aus der Sendung, eingestellt am 20. August 2006 (3:12 min); Raketa: Er hat euch nicht belogen! 24. August 2005 (Transkript)
  39. Österreich, 26. Jänner 2007: Erstes Foto von FPÖ-Chef Strache mit Neo-Nazi-Gruß
  40. Die Presse, 27. Jänner 2007: Interview: Strache: „Bin ein glühender Demokrat“
  41. Die Presse, 30. Jänner 2007: Gruß-Rituale: „Einen bestimmten Gruß haben die Südtiroler nicht“
  42. profil.at: FPÖ: Drei rechte Finger
  43. Salzburger Nachrichten, 30. Jänner 2007: Strache erklärt seine Welt
  44. Salzamt.org (Nachdruck aus der Zeitschrift Österreich), 1. September 2009: Bildete H.C. Strache Söldner aus?
  45. Kampl, Strache und „Kameradenmörder“. In: Salzburger Nachrichten. Innenpolitik (Artikelarchiv). Vorlage:Salzburger NachrichtenJahr= Monat= Tag= wird nicht mehr unterstützt; jetzt Datum=.
  46. Strache-Zahlen zu Wehrmachts-"abstrus", Salzburger Nachrichten, 15.09.2009
  47. Skinhead-Reportage: ORF-Quotenhit am rechten Rand, Die Presse, 26. März 2010
  48. "Am Schauplatz"-Drehmaterial zur Reportage im Neonazi-Milieu. Bereitgestellt vom ORF
  49. ORF-Causa: Strache glaubt an Manipulation. Kurier, 19. März 2010
  50. Skinhead entlastet ORF massiv, Der Standard, 27. März 2010
  51. Haider-Nachfolger zettelt Medienskandal an. Die Welt, 13. April 2010
  52. ORF: Vorwürfe gegen Moschitz brechen zusammen, Die Presse vom 27. März 2010
  53. "Drängen ihnen nichts auf", Der Standard, 1. April 2010
  54. Strache hat noch keinen Lügentest gemacht, Der Standard, 14. April 2010
  55. Gutachter findet keine Manipulation am Band, Der Standard, 19.10.10
  56. ""Sieg Heil" ist subjektive Wahrnehmung", Der Standard, 5.11.10
  57. Gutachen des Fraunhofer-Instituts
  58. Anton Pelinka: Verharmlost nicht die Extremisten. In: Falter. 41/2008, S. 6 f.
  59. Der Standard: „Wien darf nicht Istanbul werden“, schimpft Wiener FPÖ-Chef. 28. Februar 2005
  60. Von Schönerer zu Strache, Salzburger Nachrichten vom 22. Juni 2009
  61. Profil: Deutsch, treu und ohne Scheu. 17. Februar 2003
  62. Profil Redaktion GmbH: „profil“ gewinnt Prozess gegen Heinz-Christian Strache. 27. November 2004
  63. profil.at, 26. April 2008: Der unterschätzte Strache
  64. Sebastian Fischer (Der Spiegel, 4. Februar 2007): Österreich: Rechtsradikaler Grüßaugust
  65. Sonja Hasewend (Tagesspiegel, 11. Oktober 2010: FPÖ-Chef Strache: "Zu viel Fremdes tut niemandem gut"