Bernhard von Clairvaux

Der Heilige Bernhard von Clairvaux (* um 1090 auf Burg Fontaine-lès-Dijon bei Dijon; † 20. August 1153 in Clairvaux bei Troyes) war ein mittelalterlicher Abt, Kreuzzugsprediger und Mystiker. Er war einer der bedeutendsten Mönche des Zisterzienserordens, für dessen Ausbreitung über ganz Europa er verantwortlich zeichnet.
Leben und Wirken
Bernhard war der dritte Sohn des Ritters Tescelin le Roux (der Rotblonde) und seiner Frau Aleth von Montbard. Seine Geschwister waren Guido, Gerhard, Andreas, Bartholomäus, Nivard und Humbelina. Seine Schulbildung erhielt er in Châtillon-sur-Seine.


1113 trat Bernhard mit ca. 30 Verwandten und Freunden, darunter sein Vater und ein Bruder, in das 1098 gegründete Kloster Cîteaux südlich von Dijon ein, von dem sich der Name der Zisterzienser ableitet: das lateinische Cistercium ist auf französisch Cîteaux, deutsch Zisterze. Bereits zwei Jahre nach seinem Eintritt wurde er ausgesandt, um in der westlichen Champagne das Kloster Clairvaux zu gründen (1115), dessen erster Abt er wurde. Von dieser Primarabtei des Zisterzienserordens ging eine Erneuerung des klösterlichen Gemeinschaftslebens aus, das sich auch in der klösterlichen Baukunst ausdrückte. Der Zisterzienserorden grenzte sich vom Leben der Mönche im benediktinischen Kloster Cluny ab. In den Klöstern der Zisterzienser wurde die Regula Benedicti des hl. Benedikt von Nursia wörtlich und asketisch ausgelegt. Bernhard ist zwar nicht Gründer der Zisterzienser, jedoch war er entscheidend für die rasche Ausbreitung des Ordens, daher wird er neben den drei Gründeräbten des Ordens – (Robert von Molesme, Alberich von Cîteaux und Stephan Harding) – als größter Ordensheiliger verehrt.
Rolle in kirchlicher und weltlicher Diplomatie
Bernhard beschäftigte sich eingehend mit dem päpstlichen Schisma zwischen Innozenz II. und Anaklet II., wobei er sich für den in Reformerkreisen allgemein anerkannten Innocenz II. einsetzte. Bernhard soll auch - so berichtet seine Vita - König Heinrich I. von England für Innocenz II. gewonnen haben. Eine wichtige Rolle bei dieser Verhandlung hat für Bernhard die von ihm geplante Gründung eines Tochterklosters in England gespielt, die 1132 in Rievaulx erfolgte. Kurz zuvor, Ende 1130, war Bernhard in Châlons-sur-Marne zum Bischof gewählt worden, hat dieses Amt aber abgelehnt, wie er auch den Bischofssitz von Langres abgelehnt hat.
Bernhard empfing Innocenz II. im Jahr 1131 in Clairvaux, wobei der Papst und seine Begleiter die Armut und Demut der Brüder bewunderten. Der Abt reiste in der Folgezeit nach Aquitanien, um Herzog Wilhelm X. für Innocenz II. zu gewinnen. Im Februar 1132 erhielten zuerst Stephan Harding und eine Woche später Bernhard besonders begehrte Exemtionsprivilegien für den Orden.
Bernhard hat sich auf Reisen intensiv darum bemüht, weitere Mönche für das klösterliche Leben zu gewinnen. So hat er von einer Reise in Nordfrankreich 1131 wieder (wie damals im Jahr 1113) 30 gebildete Männer vornehmer Herkunft nach Clairvaux mitgebracht! Bernhard hatte durch seine persönliche Wirkung für seinen damals auf 200 Mönche und 500 Konversen geschätzten Konvent eine Reihe enger Mitarbeiter gewonnen.
Er begleitete 1133 Papst Innocenz II. auf dessen Zug nach Italien. Dabei wurde er im Auftrag des Papstes in den Gesprächsverhandlungen zwischen Genua und Pisa tätig, die bisher zum Gegenpapst Anaklet II. hielten. Bernhard wirkte als Diplomat so segensreich, dass ihm der Bischofsstuhl von Genua angeboten wurde; er lehnte die Bischofswürde wieder ab. Auf seiner Rückreise nach Frankreich gab ihm Papst Innocenz II. den Auftrag, die strittige Erzbischofswahl in Tours zu entscheiden.
Kreuzzüge
Mit seinen Predigten entfachte er in ganz Europa einen Sturm der Begeisterung für die Kreuzzüge. Er warb für sie im nördlichen Frankreich, in Flandern und am Rhein. Im Auftrag von Papst Eugen III., dem ersten Zisterzienserpapst, wirkte Bernhard erfolgreich am Zustandekommen des zweiten Kreuzzuges (1147 bis 1149). Zu Weihnachten 1146 erreichte Bernhard in Speyer, dass sich der deutsche König Konrad III. sowie dessen welfischer Gegenspieler Welf VI. zur Teilnahme am Kreuzzug bereit erklärten. In seiner Lobrede auf die Tempelritter prangerte er das weltliche Rittertum als verderblich an und plädierte für ein geistliches Rittertum, das er bei den Templern verwirklicht sehen wollte.
Er sah das ritterliche Ideal der Kreuzzüge, das Sterben für den Herrn, als höchsten Verdienst. Entschieden trat er für die in der Kirche umstrittenen „bewaffneten Mönche“ ein, die Tempelritter. In seinem Brief an diesen Ritterorden (dessen Mitglieder nicht Mönche waren) gibt er eine theologische Rechtfertigung religiös motivierter Waffenhandlungen und warnt sie gleichzeitig vor Ausschweifungen und Lastern im Kriegsdienst. [1]
Der Streit mit Abaelard
Bernhards Streit mit Petrus Abaelard gilt als eine der heftigsten theologischen Auseinandersetzungen des 12. Jahrhunderts. Es hätte im Mai 1141 eine öffentlichen Disputation zwischen Bernhard und Abaelard vor Bischöfen und Theologen geben sollen, um eine Entscheidung zu finden. Bernhard erreichte am Vorabend dieser Disputation durch die anwesenden Bischöfe eine Verurteilung der Lehrsätze Abaelards. Es war nicht Bernhards feinste Stunde. Otto von Freising hat später als Ordensbruder Bernhards und Schüler Abaelards das Vorgehen Bernhards kritisiert, weil Bernhard erbarmungslos gegen Abaelard vorging. Beide Theologen versöhnten sich vor dem Tod.
Verehrung
Bernhard von Clairvaux wurde im Jahre 1174 heiliggesprochen; sein Gedenktag ist der 20. August. Er ist unter anderem der Patron der Imker und der Barkeeper. Im Jahr 1830 wurde er zum Kirchenlehrer ernannt. Er erscheint in Dantes Göttlicher Komödie und Goethes Faust. Größte Wertschätzung erfuhr Bernhard von Clairvaux sogar von Martin Luther, der von ihm sagte: „Ist jemals ein gottesfürchtiger und frommer Mönch gewesen, so war's St. Bernhard, den ich allein viel höher halte als alle Mönche und Pfaffen auf dem ganzen Erdboden.“ Papst Pius XII. widmete dem Heiligen am 24. Mai 1953, zu dessen 800. Todestag, die Enzyklika Doctor mellifluus. Seit Jahrhunderten nennt man Bernhard den "Letzten Kirchenvater", weil seine Schriften im Stil der großen Kirchenväter verfasst, auf die ganze christliche Existenz ausgerichtet, und aus einem liturgischen Zusammenhang heraus entstanden sind.
Theologische Bedeutung
Bernhards vielleicht berühmteste Schrift ist sein Brief an seinen ehemaligen Schüler, der unter dem Namen Eugen III. zum Papst avancierte. Bernhard war dem Papst gegenüber väterlich aber auch kritisch. Er ermahnt ihn, sich nicht an die Schmeichelei und den materiellen Wohlstand des Papsthofes anzupassen. Der als De consideratione weiten Kreisen bekannte Brief wird heute häufig nachgedruckt und zitiert.
Bernhard gilt als der Begründer und Bahnbrecher der mittelalterlichen Christusmystik, der Christusdevotion. Im Mittelpunkt seiner Mystik steht Jesus als der Gekreuzigte, als Leidensmann. Bernhards Werk hat die Frömmigkeit der nächsten Jahrhunderte, auch die evangelische, nachhaltig beeinflusst. Man hat ihm bis in die neueste Zeit den lyrischen Text zugeschrieben, zu dem Salve caput cruentatum gehört, dem Paul Gerhardt O Haupt voll Blut und Wunden nachgedichtet hat. Der Verfasser war jedoch ein anderer Zisterzienser (Arnulf von Löwen), der aus der bernhardinischen Tradition hervorgegangen war. Die Herz-Jesu-Verehrung wurzelt in der bernardinischen Lehre und wurde von den Zisterzienserinnen von Kloster Helfta vertieft.
Darüber hinaus gilt Bernhards als Doctor marianus, einer der großen Mariologen des Mittelalters. In dieser Funktion erscheint er auch in der Schlussszene von Goethes Faust. Als ritterlich geprägter junger Mann mit dichterischem Talent, wollte er der Jungfrau Maria geistlich huldigen. Seine Marienpredigten werden heute als Meisterwerke der Marienverehrung geschätzt. Der letzte Vers von der Antiphon Salve Regina soll aus Bernhards Feder stammen.
Nicht zuletzt wird Bernhards Verständnis der Ästhetik gerühmt. Er setzte sich für Stilreinheit in der Musik und Architektur ein, wodurch die abendländische Baugeschichte wesentlich beeinflusst wurde. Die ergreifende Schlichtheit der Zisterzienserbauten wird als Baustein des gesamten Reformprogramms gesehen; die Kirchen der ersten Jahrhunderte sind vor allem wegen der Lichtdramatik berühmt.
Heraldik
Abbildungen Bernhards oder seiner Attribute befinden sich auch in einigen Wappen:
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Hargesheim Würdenstab des Hl. Bernhard
Literatur
Werke
- Sämtliche Werke, 10 Bde., hrsg. v. Gerhard B. Winkler; Tyrolia: Innsbruck 1990, ISBN 3-7022-17320
- Bernardin Schellenberger (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Rückkehr zu Gott. Die mystischen Schriften, Düsseldorf 2006.
Sekundärliteratur
- Günther Binding: Art. Bernhard von Clairvaux, in: LexMa 1 (1980), Sp.1992-1997
- Adriaan H. Bredero: Bernhard von Clairvaux: zwischen Kult und Historie; über seine Vita und ihre historische Auswertung, aus dem Niederländischen von Ad Pistorius. Mit einem Geleitwort von Ulrich Köpf, Stuttgart: Steiner 1996, 270 S., ISBN 3-515-06898-8
- Peter Dinzelbacher: Bernhard von Clairvaux; Leben und Werk das berühmten Zisterziensers, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-027-1
- Jean Leclercq: Art. Bernhard von Clairvaux. In: TRE 5 (1980), S. 644-651
- Jean Leclercq: Bernhard von Clairvaux; Mystiker und Mann der Tat, Neue Stadt, München 2009, ISBN 978-3-87996-782-7
- Bernhard Vošicky: Bernhard über Bernhard. Geistliche Lehren des heiligen Bernhard von Clairvaux. Heiligenkreuz im Wienerwald: Be&Be Verlag 2008, ISBN 978-3-9519898-4-6.
Weblinks
Werke
- Opera omnia Sancti Bernardi Claraevallensis, Werke nach Patrologia Latina 182-185
- Werke bei archive.org, darunter:
- Saint Bernard On consideration, engl. Übers. von George Lewis, Oxford: Clarendon 1908.
Sekundärliteratur
- Bernhard von Clairvaux. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). (3. Februar 2006)
- Bernhard von Clairvaux. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 2, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 778–779.
- Eintrag in der Catholic Encyclopedia, Robert Appleton Company, New York 1913.
- Eintrag im Heiligenlexikon
- Werner Robl: Bernhard und Abaelard
Einzelnachweise
- ↑ Archivio della latinità italiana del medioevo: Liber ad milites Templi de laude novae militiae, in Latein, abgerufen am 17. Januar 2007. Deutsche Übersetzung: Buch an die Tempelritter - Lobrede auf das neue Rittertum, abgerufen am 17. Januar.
Personendaten | |
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NAME | Bernhard von Clairvaux |
ALTERNATIVNAMEN | Bernard de Clairvaux (französisch) |
KURZBESCHREIBUNG | mittelalterlicher Abt, Kreuzzugsprediger und Mystiker |
GEBURTSDATUM | um 1090 |
GEBURTSORT | Burg Fontaine-lès-Dijon bei Dijon |
STERBEDATUM | 20. August 1153 |
STERBEORT | Clairvaux bei Troyes |