Haus Savoyen

Das Haus Savoyen ist eine Dynastie, die seit dem Hochmittelalter über das Territorien Savoyen und Piemont herrschte und von 1861 bis 1946 die Könige Italiens stellte.
Mittelalter
Herkunft
Als Gründer des Hauses gilt Humbert I. Biancamano (Humbert Weißhand), ein Feudalherr von ungesicherter Herkunft, der 1003 Graf von Salmourenc im Viennois, 1017 Graf von Nyon am Genfersee und 1024 Graf des Aostatals am östlichen Abhang der Westalpen war. 1034 erhielt er einen Teil der Maurienne als Lohn von Konrad dem Salier für die Unterstützung seines Anspruchs auf das Königreich Burgund. Er erhielt auch die Grafschaften Savoyen, Belley, Tarentaise und das Chablais.
Aufstieg der Grafen von Savoyen im Hochmittelalter
Mit diesen Territorien verfügte Humbert über drei der wichtigsten Alpenpässe, den Mont Cenis, den Großen Sankt Bernhard und den Kleinen Sankt Bernhard. Sein Sohn Otto heiratete 1046 Adelaide, die älteste Tochter Ulrich-Manfreds Markgraf von Turin aus der Familie der Arduine, der unter anderem über die Grafschaften Turin, Auriate, Asti, Bredulo und Vercelli herrschte, die zusammen etwa der modernen Region Piemont und einem Teil Liguriens entsprechen. Humbert starb im Jahre 1060. Ihm folgte sein Sohn Amadeus, nach dessen Tod das Land auf Otto überging. Auf diese Weise wurde Otto Herrscher über Territorien beidseitig der Alpen, ein Umstand, der noch 1860 wichtigen Einfluss auf die Politik des Hauses Savoyen haben sollte. Nach Ottos Tod 1060 folgte ihm seine Witwe Adelaide, aber noch vor ihrem Tod 1091 wurde sein Sohn Peter I. und nach ihm sein Bruder Amadeus II. Graf.
Unter Humbert II. (Regierungszeit 1078–1080) kam es zu ersten Auseinandersetzung gegen die Piemonteser Kommunen, aber er und seine Nachfolger Amadeus III. (der auf dem Heimweg vom Zweiten Kreuzzug starb) und Thomas I. verfolgten ihnen gegenüber ein Politik der Versöhnung. Thomas, der bis 1222 regierte, war Ghibelline und sorgte für einen erheblichen Bedeutungszuwachs Savoyens, denn er wurde zum Reichsvikar ernannt und erlangte wichtige Erweiterungen seines Territoriums namentlich in Bugey, in der Waadt und Romont (nordwestlich der Alpen) sowie Carignano, Pinerolo, Moncalieri und Vigone (südöstlich der Alpen). Im Weiteren herrschte er über Genf, Albenga, Savona und Saluzzo.
Nach seinem Tod wurden diese Territorien unter seinen Söhnen aufgeteilt: Thomas II. erhielt das Piemont, Aimone das Chablais, Peter und Philipp weitere Lehen, und Amadeus IV., der älteste, die Grafschaft Savoyen und eine allgemeine „Überherrschaft“ über die Besitztümer seiner Brüder. Weitere Brüder erhielten Bischofsämter außerhalb den Stammlanden, Bonifaz schließlich, wurde Erzbischof von Canterbury.
Peter II. reiste mehrmals nach England. Eine seiner Nichten, Eleonore de Provence, wurde Ehefrau des englischen Königs Heinrich III., eine andere, Sancha de Provence, Ehefrau von Richard von Cornwall. Heinrich machte Peter zum Earl of Richmond und stattete ihn mit einem Palast an der Themse aus, der den Namen Savoy Palace erhielt. Graf Peter erlangte auch zusätzliches Territorium im Waadtland und besiegte Rudolf von Habsburg bei Chillon.
Nachdem Thomas II. mehrere Städte und Festungen im Piemont eingenommen hatte, verlor er diese wieder und wurde vorübergehend von den Bürgern Turins inhaftiert. Von den Söhnen Thomas' I. hinterließ nur er männliche Erben. Sein Sohn Amadeus V., genannt „der Große“, herrschte von 1285–1323 und gilt als „Vereiniger“ der verstreuten Gebiete des Hauses. Als Amadeus nämlich seine Regentschaft antrat, wurden die Lehen wie folgt aufgeteilt: die Grafschaft Savoyen wurde sein eigenes Territorium, das Fürstentum Piemont ging an seinen Neffen Philipp und die Waadt wurde an seinen Bruder Ludwig vergeben. Zwar wurde diese Gliederung 1295, als Chambéry zur Hauptstadt Savoyens wurde, formal bestätigt und dennoch erlangte Amadeus die Vorherrschaft über alle Besitztümer, was auch zu einer politischen Vereinheitlichung innerhalb des Landes führte. Durch Eroberungen, Kauf und geschicktem Verhandeln gewann er Lehen, die seine Vorgänger verloren hatten, zurück. In zahlreichen Feldzügen bekämpfte er die Dauphins des Viennois, die Grafen des Genevois, die Bürger von Sion und Genf, die Markgrafen von Saluzzo und Montferrat und die Barone von Faucigny. Zudem wirkte er als Friedensstifter zwischen Frankreich und England und begleitete den Kaiser Heinrich VII. auf dessen Italienfeldzug.
Auf Amadeus V. folgten seine Söhne, Eduard der Liberale (1323–1329) und später Aimone der Friedfertige (1329–1343). Aymon gilt als einer der fähigsten Fürsten seines Geschlechts gelang es ihm doch die Verwaltung, das Justizwesen und das Finanzwesen Savoyens zu reformieren. Sein Sohn Amadeus VI. (Regierungszeit 1343–1383), genannt Il Conte Verde („der grüne Graf“), folgte ihm im Alter von nur neun Jahren nach. Amadeus machte sich sowohl einen Ruf als Kreuzritter als auch in einem Feldzug gegen die Osmanen, den er 1366 anführte. Mit seinem Entscheid die italienischen Besitzungen gegenüber jenen am Fuße der französischen Alpen und jenen in der Westschweiz vorrangig zu behandeln, leitete er eine Entwicklung ein, welche für die Savoyer-Dynastie noch von großer Bedeutung werden sollte. Er vermittelte zwischen Mailand und dem Haus Montferrat (1379), zwischen den Familien Scaliger und Visconti und zwischen den Republiken Venedig und Genua nach dem Chioggia-Krieg (alle 1381). Amadeus war einer der ersten Souveräne, der ein System kostenloser Rechtsberatung für die Armen einführte. Als er Ludwig von Anjou in seinem Anspruch auf das Königreich Neapel aktiv unterstützte, starb er während des Feldzuges in Campobasso an der Pest.
Sein Sohn Amadeus VII., genannt Il Conte Rosso, („der roter Graf“) herrschte von 1383–1391. In seiner Jugend nahm er an der Seite Karls V. von Frankreich an einem Feldzug in Flandern teil. 1388 gelang es ihm die Grafschaft Nizza für sich zu vereinnahmen, womit Savoyen einen Zugang zum Mittelmeer erhielt.
Die Herzöge von Savoyen im Spätmittelalter
Während der langen Herrschaft von Amadeus VIII. (1391–1440), Sohn von Amadeus VII., erlebte Savoyen eine Blütezeit. Der Graf konnte seine Territorien sowohl in der Genferseeregion (Annecy) wie auch in Italien (Piemont) arrondieren. 1416 besuchte ihn Kaiser Sigismund in Chambéry und erhob ihn zum Herzog. 1430 führte Amadeus gegen den Widerstand des Adels und der Städte, die ihre Privilegien in Gefahr sahen, die Statuta Sabaudiæ, ein umfassendes Gesetzbuch, das für das gesamte Herzogtum Gültigkeit hatte, ein. 1434 zog sich der Herzog in die Kartause Ripaille am Genfersee zurück, wo er im Hindergrund weiter wirkte und vermittelte, während er die Tagesgeschäfte seinem Sohn Ludwig überließ. Obwohl Amadeus nicht dem Klerus angehörte, wurde er am Konzil von Basel 1439 überraschend gegen den amtierenden Papst Eugen IV. zum „Heiligen Vater“ gewählt. Zehn Jahre amtete er als Gegenpapst unter dem Namen Felix V bis er zurücktrat und lediglich die Kardinalswürde behielt.

Amadeus' Sohn Ludwig, der als erster den Titel Prinz von Piemont trug, konnte nicht an die politischen und diplomatischen Erfolge seines Vaters anknüpfen. Er heiratete 1433 Anne de Lusignan aus dem Haus Lusignan, das damals Zypern beherrschte. Ludwig hatte in der Folge die Intrigen des zypriotischen Hofstaats seiner Ehefrau ebenso auszuhalten wie die Ambitionen seiner französischen und Mailänder Nachbarn. 1446 musste er das Valentinois an die französische Krone abtreten. Der Zugriff auf Mailand, wo das Geschlecht Visconti in männlicher Linie 1447 ausgestorben war, misslang. Als Amadeus 1448 von Jean I. das Fürstentum Monaco gegen eine jährliche Rente angeboten wurde, lehnte dieser aus Furcht vor den Feinden in Nizza und Turbia ab[1]. 1452 sagte sich Freiburg im Üechtland, welches sich im Alten Zürichkrieg stark verausgabt hatte, von Habsburg los und stellte sich unter den Schutz des Herzogs, der der Stadt alle Kriegsschulden erliess[2]. Die letzten Jahre seiner Regierungszeit waren durch Verschwörungen des Adels, in denen auch sein jüngster Sohn Philipp de Bresse verwickelt war, geprägt.
Auf Ludwig folgte 1455 sein Sohn Amadeus IX., der wegen einer epileptischen Erkrankung die Regentschaft 1469 seiner Ehefrau Yolande, eine Schwester des französischen Königs Ludwig XI., überließ. Diese Machtverschiebung löste in Savoyen einen Bürgerkrieg zwischen den französischen und den burgundischen Parteigängern aus, denn sowohl der französische König als auch der burgundische Herzog Karl der Kühne, der eine expansive Politik betrieb, versuchten Savoyen als ihren Bündnispartner zu gewinnen. Schließlich entschied sich Yolande 1475 gegen ihren Bruder und für Karl; eine folgenschwere Wahl, denn damit wurde Savoyen mitten in die Burgunderkriege hineingerissen. Der Herzog von Burgund stand nämlich im Konflikt mit den ebenfalls aufstrebenden Eidgenossen und wurde von diesen in mehren Schlachten, die auch savoyardische Territorien tangierten (→ Schlacht auf der Planta), vernichtend geschlagen. 1476 musste Yolande Teile der Waadt an Bern abtreten sowie ihre Rechte über das Wallis und Freiburg im Üechtland aufgeben. Damit begann der Niedergang der savoyardischen Macht in der heutigen Westschweiz.
Designierter Nachfolger von Amadeus IX. war Philibert I., der aber bereits mit 17 Jahren starb und von seiner Mutter Yolande vertreten wurde. Sie war es auch, die ihn als 11-jährigen mit der begüterten Mailänder Herzogstochter Bianca Maria Sforza verheiratete, die später die dritte Ehefrau des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I. werden sollte. Als Herrscher von Savoyen folgte der mit 14 Jahren ebenfalls noch unmündigen Karl I. (Amtsdauer 1482–1490). Er war der jüngere Bruder von Philibert und wurde am französischen Hof erzogen. Im Innern setzte sich Karl gegen unbotmäßige Adlige durch und 1487 gelang es ihm gegen den Widerstand Frankreichs die Markgrafschaft Saluzzo in der Region Piemont zu unterwerfen. Philibert starb jung und für den erst 21 Monate alten Nachfolger Karl II. übernahm Mutter Bianca von Montferrat (Blanche de Montferrat), welche in Turin und nicht in Chambéry residierte, die Regentschaft. Karl starb 1496 siebenjährig bei einem Sturz aus seinem Bett. Thronfolger wurde sein Großonkel, Philipp II..
Neuzeit
Italienische Kriege – Savoyen unter französischer Besatzung
Philibert II. (Savoyen) wuchs am französischen Hof auf und wurde nach zahlreichen sich raschfolgenden Todesfällen innerhalb des Hauses Savoyen jung und vor allem unerwartet Herzog (1497–1504). Nach einer kurzen Ehe mit seiner minderjährigen Cousine Yolande de Savoie, welche schon bald verstarb, heiratete er Margarete von Österreich. Sie war die Tochter des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I. aus dem Hause Habsburg und seiner ersten Ehefrau Maria von Burgund, der einzigen natürlichen Erbin des inzwischen aufgelösten und zwischen Habsburg und Frankreich aufgeteilten Herzogtums Burgund. Margarete amtierte auch als Statthalterin der habsburgischen Niederlande. Während Philiberts Regierungszeit eroberte der französische König Ludwig XII. das Herzogtum Mailand (→ Italienische Kriege), Savoyen war damit sowohl im Westen wie auch im Osten von Frankreich umklammert. Die herrschende Konstellation (Heirat einer österreichischen Prinzessin einerseits und die expansive Politik Frankreichs in Oberitalien anderseits) führte dazu, dass sich Savoyen von Frankreich abwandte und stattdessen freundschaftliche Beziehungen zu Österreich aufnahm. Philibert, der sich gerne dem Vergnügen hingab, stand stark unter dem Einfluss seiner Ehefrau. Er verstarb jung und ohne Erben in einem Jagdumfall.
1504 folgte Karl III., Halbruder von Philibert II. Er wechselte mehrmals seinen Bündnispartner: einmal war er mit seinem Neffen, dem König von Frankreich Franz I., dann wieder mit seinem Schwager dem Kaiser des römisch-deutschen Reichs und König von Spanien Karl V. liiert. Diese beiden Parteien führten gegeneinander einen erbitterten Krieg um die Vorherrschaft in Oberitalien. Auch beanspruchte Franz I. die savoyardischen Territorien Bresse und Faucigny als Erbe für seine Mutter Luise von Savoyen. In Genf erhoben sich die Bürger gegen den Adel. Sie hatten das Ziel ihre Stadt mit Teilen der Genevois und dem Pays de Gex zu vereinen und dieses Gebilde zur Republik zu formen. Der sogenannten Löffelbund, eine Verbindung von herzogstreuen Adligen, deren Anliegen es war, die Macht Savoyens in Bresse, Faucigny und Genf zu erhalten, waren im entscheidenden Moment auf sich allein gestellt und erhielten keine Unterstützung vom Herzog[3]. So überrannten französische Truppen 1536 die Westgrenze von Savoyen und die beiden Hauptorte des Herzogtums Chambéry und Turin wurden eingenommen. Fast gleichzeitig vertrieben bernische Söldner mit Hilfe ihrer freiburgischen und walliser Verbündeten die Anhänger des Löffelbundes aus Genf und der Waadt. Letztlich blieb Karl nur noch die Flucht ins piemontesische Vercelli. Dort verharrte er – quasi im Exil – bis zu seinem Tode im Jahre 1553. Zwischen 1536 und 1559 waren große Teile des Herzogtums von Frankreich besetzt und Teile im Genferseegebiet, einschließlich der Stadt Genf, faktisch an die Eidgenossen verloren.
Sohn und Nachfolger Emanuel Philibert (Regierungszeit 1553–1580) bemühte sich zielstrebig das Herzogtum zurückzugewinnen, was ihm schließlich auch gelang. Bereits als Erbprinz diente er Karl V. im Schmalkaldischen Krieg (1547) und 1556 ernannte ihn der Kaiser zum Statthalter der habsburgischen Niederlande. Als der italiensiche Krieg unter dem spanischen König Philipp II. auf die Grenzregion zwischen Frankreich und der Flandern übergriff, wurden die Franzosen 1557 von den von Emanuel Philibert angeführten Spaniern vernichtet geschlagen. Dank diesem Triumph sicherte sich der Herzog bei den Friedensverhandlungen einen Platz am Konferenztisch. Im Vertrag von Cateau-Cambrésis (1559) konnte er die Unabhängigkeit Savoyens durchsetzen und er gelangte wieder in den Besitz der meisten seiner angestammten Territorien. Zur Beilegung des Konflikts zwischen Frankreich und Savoyen trug auch die gleichzeitig arrangierte Ehe zwischen dem Herzog und Margarethe von Frankreich, Tochter des verstorbenen Königs Franz I. und Schwester des amtierenden französischen Monarchen Heinrich II., bei. 1561 unterzeichnete Emanuel Philibert das Edikt von Rivoli, welches das Latein als Amtssprache zugunsten der französischen (nordwestlich der Alpen) beziehungsweise der italienischen Sprache (südöstlich der Alpen) ablöste. 1563 verlegte Emanuel Philibert die Hauptstadt seines Herzogtums von Chambéry nach Turin. 1565 sah sich das politisch isolierte Bern gezwungen, das Pay de Gex und das Chablais an Savoyen zurückzugeben[4], Genf dagegen blieb für das Herzogtum verloren. Der Versuch 1580 die Nachfolge seines verstorbenen Onkels Heinrich I. von Portugal anzutreten erwies sich rasch als hoffnungsloses Unterfangen; letztlich ging die portugiesische Krone an Philipp II.
Das Haus Savoyen verlagert sein Gravitationszentrum ins Piemont
Auf Emanuel Philibert folgte der achtzehnjährige Karl Emanuel I. (Regierungszeit 1580–1630), auch der Große genannt, der zu einem ambitiösen und selbstbewussten Regent heranwuchs. Auch er maß seinen italienischen Besitztümern mehr Gewicht, als jenen nordwestlich der Alpen bei. 1585 heiratete er Catalina von Spanien, die zweite Tochter des spanischen Königs Philipp II.. Karl Emanuel nutzte die Schwächung Frankreichs während dieses im Innern mit den Hugenottenkriegen beschäftigt war aus und eroberte 1588 die Markgrafschaft Saluzzo im Piemont. 1601 anerkannte Frankreich im Vertrag von Lyon die savoyardische Herrschaft über Saluzzo erhielt dafür aber im Abtausch die Gebiete Valromey, Bugey, Bresse und das Pays de Gex. 1602 schickte der Herzog in der sogenannten Escalade de Genève seine Söldner nach Genf, die Einnahme der Stadt missglückte jedoch gründlich. Der 1610 mit dem französische König Heinrich IV. abgeschlossene Vertrag von Bruzolo, welcher eine französisch-savoyardische Allianz gegen die habsburgisch-spanische Vorherrschaft in Oberitalien zum Thema hatte, trat vorerst nicht in Kraft, da der König kurz darauf ermordet wurde. Als jedoch sein Nachfolger Ludwig XIII. die Volljährigkeit erreichte, erhielt der Herzog 1617 französische Unterstützung bei der Rückeroberung von Alba im Piemont und sein Sohn Viktor Amadeus wurde 1619 mit Ludwigs Schwester Christina vermählt. Inzwischen war der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen indem der Erbstreit um das Herzogtum Mantua (1628–1631) ein Nebenkriegsschauplatz darstellte. In dieser Auseinandersetzung manifestierte sich Karl Emanuel als unverlässlicher Partner: zuerst verbündete er sich mit Habsburg, bald darauf aber mit Frankreich und nochmals etwas später erklärte er sich neutral. 1630 setzte Kardinal Richelieu dem Taktieren des Herzogs ein Ende und ließ Savoyen-Piemont von einer französischen Armee überrennen. Karl Emanuel verstarb im selben Jahr unerwartet an akutem Fieber.
Sein Sohn Viktor Amadeus I. (Regierungszeit 1630–1637), der die meiste Zeit seiner Jugend am spanischen Hof in Madrid verbracht hatte, beerbte ihn in wenig mehr als dem Herzogstitel. Die Politik seines Vaters hatte dazu geführt, dass sowohl die Beziehungen zu Frankreich wie auch jene zu Habsburg zerrüttet waren. 1631 musste der Herzog als Besiegter den Vertrag von Cherasco unterzeichnen, der den mantuanischen Erbfolgekrieg beendete und unter der Direktive von Kardinal Richelieu kam 1635 der Vertrag von Rivoli zustande, indem Viktor Amadeus verpflichtet wurde eine anti-habsburgische Koalition in Oberitalien auf die Beine zu stellen. Dort gelangen ihm zwei Siege: 1536 in der Schlacht von Tornavento und in der Schlacht von Mombaldone. Im selben Jahr verstarb Viktor Amadeus in Turin.
Nach dem Tod Viktor Amadeus I. übernahm seine Frau Christina von Frankreich (faktische Regierungszeit 1637–1663), Schwester des französischen Königs Ludwig XIII., die Vormundschaft über die beiden Söhne Franz Hyazinth (* 1632; † 1638) und Karl Emanuel II. (* 1634; † 1675) und damit die Regentschaft über Savoyen-Piemont. Die beiden jüngeren Brüder des Vorgängers Viktor Amadeus I. und seiner Ehefrau Katharina Michaela von Spanien Moritz von Savoyen und Thomas von Savoyen verwickelten die Witwe darauf in einen vierjährigen Erbfolgekrieg. Sie befürchteten, dass die französische Krone die Dominanz über Savoyen-Piemont behalten und ausbauen könnte. 1638 ersuchte Thomas in Madrid um Hilfe für seine Ambitionen und die seines Bruders, doch die Spanier reagierten zögerlich und schließlich wurde der Komplott von französischer Seite aufgedeckt. Kardinal Richelieu erließ 1639 einen Haftbefehl gegen Thomas, jedoch kehrte dieser nicht wie vermutet als Privatperson in das Piemont zurück, sondern mit einer von Spanien unterstützten Söldnertruppe. Dies war der Auslöser für den Piemontesischen Bürgerkrieg. Letztlich behielt Christina mit französischer Hilfe die Oberhand. Im Friedenschluss von 1642 zwang sie ihren fünfzigjährigen Schwager Moritz seine Kardinalswürde abzulegen und ihre erst vierzehnjährige Tochter Ludovica Cristina von Savoyen zu heiraten. In der Folge zeigte sich, dass Christiana sehr wohl darauf bedacht war, den Einfluss Frankreichs auf Savoyen-Piemont einzudämmen. Karl Emanuel II. (faktische Regierungszeit 1663–1675) übernahm die Regentschaft erst als neunundzwanzigjähriger nach dem Tod seiner Mutter. Als Erbprinz verfolgte und vertrieb er die piemontesischen Waldenser rigoros, was 1665 in einem Massaker an den Andersgläubigen mündete. Sein brutales Vorgehen in dieser Sache rief den englischen Regenten Oliver Cromwell auf den Plan, der seinen Unterhändler Samuel Morland nach Oberitalien schickte, um den Waldensern beizustehen. 1672/1673 führte der Herzog einen Krieg gegen Genua, doch verfehlte er sein Ziel, in Ligurien einen Zugang zum Mittelmeer zu erkämpfen. Im Allgemeinen gelang es ihm jedoch den Handel zu beleben und den Reichtum des Herzogtums zu mehren. Er baute den Hafen von Nizza aus und ließ einen Alpenübergang in Richtung Frankreich konstruieren, den sogenannte Chemin des Grottes des Échelles[5]. Er hob das Söldnerwesen auf und ersetzte es durch ein stehendes Heer ausgestattet mit Kavallerie, Infanterie und einheitlichen Uniformen. Seine Mutter Christiana gab 1645 den Aftrag für die Errichtung des Palazzo Reale. Karl Emanuel II starb 1675 in Turin.
Savoyen-Piemont trotzt der Hegemonie Frankreichs
Ihm folgte sein einziger Sohn Viktor Amadeus II. (effektive Regierungszeit 1684–1730). Dessen Minderjährigkeit wurde mit der Regentschaft seiner fähigen aber herrischen Mutter Maria Johanna von Savoyen, Madame Royale genannt, (effektive Regierungszeit 1675–1684) überbrückt. Auf ihr Betreiben und jenes vom französischen König Ludwig XIV. heiratete Viktor Amadeus 1684 Anne Marie d'Orléans. Im selben Jahr drängt der achtzehnjährige Herzog seine Mutter zum Rücktritt, um die Geschicke von Savoyen-Piemont selbst in die Hand zu nehmen. Ludwig XIV., der Viktor Amadeus fast wie ein Vasallen behandelt (dies obwohl das Herzogtum eigentlich Bestandteil des Heiligen Römischen Reichs war), verpflichtete den Herzog, seine waldensischen Untertanen zu verfolgen. Zu Beginn des Pfälzischen Erbfolgekriegs trat Viktor Amadeus 1690 der Augsburger Liga (ein Defensivbündnis Österreichs, Spaniens und der Republik Venedig gegen die Hegemonie Frankreichs), bei. Im selben Jahr wurde der Herzog in der blutigen Schlacht bei Staffarda vom General Nicolas de Catinat geschlagen. In der Folge überrannte die französische Armee große Teile von Savoyen-Piemont; allerdings bleibt die Hauptstadt Turin unter der Kontrolle des Herzogs. 1692 drang Viktor Amadeus in einer Vergeltungsaktion in die Dauphiné ein und verwüstete dort das Land. 1693 wurde der Herzog in der Schlacht bei Marsaglia von den Franzosen erneut geschlagen und darauf gezwungen aus der Augsburger Liga auszutreten. 1696 musste er sich in den Verträgen von Turin und Vigevano mit Frankreich verständigen. Der Pfälzische Erbfolgekrieg endete 1697 mit dem Frieden von Rijswijk; es folgte 1701 der Spanische Erbfolgekrieg, indem der Herzog zuerst auf der Seite von Frankreich und Spanien stand. Doch das Haus Savoyen war der französischen Bevormundung schon seit langer Zeit überdrüssig und hätte im Falle eines Sieges von Frankreich und Spanien nichts erwarten können. Dies bewog Viktor Amadeus sich 1703 Österreich anzuschließen, womit er sich jedoch einem Zweifrontenkrieg aussetzte, der sowohl aus Frankreich, wie auch aus dem spanischen Herzogtum Mailand vorangetrieben wurde. 1706 begann die Belagerung von Turin doch bei der für das Haus Savoyen fraglos schicksalhaften Schlacht von Turin obsiegte Viktor Amadeus auch dank der militärischen Unterstützung seines Cousins Eugen von Savoyen, der im Dienste Österreichs stand. Die Franzosen erlitten dabei hohe Verluste und wurden aus dem Land verjagt. 1708 eroberte Viktor die Marktgrafschaft Montferrat und erhielt damit den langersehnten Meereszugang in Ligurien. Ab 1709 erklärte sich der Herzog neutral. Beim Frieden von Utrecht, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete, war Savoyen-Piemont einer der Nutznießer der europäischen Umwälzungen. Das Herzogtum erhielt die von Frankreich besetzten Gebiete zurück und es sollte sich zeigen, dass die beständige Bedrohung der Existenz durch Frankreich abschließend beseitigt war.
Könige von Sardinien-Piemont
Mit dem Vertrag von Utrecht musste das Herzogtum Mailand Sizilien an Savoyen-Piemont abtreten und da diese Insel außerhalb des Machtbereichs des Heiligen Römischen Reichs lag, stand der Rangerhöhung von Viktor Amadeus vom Herzog zum König nichts mehr im Wege. Wie es dem damaligen Zeitgeist entsprach, regierte der in Palermo gekrönte Monarch absolutistisch über sein Reich. Im Vertrag von Den Haag von 1720 kamen Karl VI. von Habsburg und Viktor Amadeus überrein die Inseln Sizilien und Sardinien zu tauschen, womit letzterer Herr über das Königreich Sardinien-Piemont wurde. Die Herrscher des Hauses Savoyens trugen von da an bis zur Gründung des italienischen Königreichs den Titel "König von Sardinien". Viktor Amadeus trat 1730 zugunsten seines Sohnes Karl Emanuel III. ab und zog sich auf das Château de Saint-Alban nach Chambéry zurück. Er versuchte, nochmals die Krone wiederzugewinnen, aber sein Sohn ließ ihn fest nehmen. 1732 starb er als Gefangener im Kloster San Giuseppe di Carignano. Während seiner Amtszeit entstanden unter anderem das Schloss von Stupinigi und die Basilika Superga.
Karl Emanuel III. (Regierungszeit 1730–1773) nahm auf der Seite Frankreichs am Polnischen Erbfolgekrieg gegen Österreich teil. Für seinen Sieg bei Guastalla (1734) wurde er mit dem Herzogtum Mailand belohnt, das er aber 1736 anlässlich des Präliminarfrieden von Wien wieder abgeben musste, wobei er die Städte Novara und Tortona behalten durfte[6]. Im Österreichischen Erbfolgekrieg nahm er 1742 Partei für Maria Theresia. Nachdem Frankreich vorübergehend Savoyen und die Grafschaft Nizza erobert hatten gelang es ihm 1747 die Franzosen in der Schlacht von Assietta entscheidend zu schlagen. Mit dem Frieden von Aachen 1748, der der Niederlage Frankreichs folgte, gewann er einen Gebietszuwachs in der Po-Ebene, unter anderem die Stadt Vigevano.
Die Regierungszeit von Karls Sohn Viktor Amadeus III. (1773–1796) war eine Zeit der Dekadenz. Der König war unfähig und verschwenderisch und ernannte ebenso unfähige Minister. Beim Ausbruch der Französischen Revolution ergriff er für die Royalisten Partei und kam schließlich in Konflikt mit der französischen Republik. Da die Armee demoralisiert und die Schatzkammer leer war, wurde das Königreich eine leichte Beute für die republikanischen Truppen. Das französische Savoyen wurde französische Provinz, und obwohl die piemontesischen Truppen trotz wiederholten Niederlagen vier Jahre lang tapfer schlugen, gab Viktor den Kampf schließlich als hoffnungslos auf, unterzeichnete den Waffenstillstand von Cherasco und starb bald darauf (1796).
Ihm folgten nacheinander seine drei Söhne Karl Emanuel IV., Viktor Emanuel I. und Karl Felix. Karl Emanuel (1796–1802) glaubte an Napoleons Versprechungen und ließ sich auf eine Konföderation mit Frankreich ein. Dazu gab er den Franzosen die Zitadella von Turin, was ein Ende der Unabhängigkeit seines Landes bedeutete. Als er seine Torheit erkannte, trat er am 6. Dezember 1796 zurück und zog sich nach Sardinien zurück, während die Franzosen das gesamte Piemont besetzten.
Nach der Niederlage der Franzosen gegen die österreichisch-russischen Armeen während Napoleons Ägyptenfeldzug landete Karl Emanuel in Livorno in der Hoffnung, sein Königreich wiederzugewinnen. Aber Napoleon kehrte zurück und behauptete mit einem brillanten Sieg bei Marengo seine Stellung in Italien. Der König zog sich nach Neapel zurück, dankte abermals ab (1802) und trat den Jesuiten bei. Er starb 1819 in Rom. Viktor Emanuel I. blieb in Sardinien, bis er durch die Schlussakte des Wiener Kongresses (9. Juni 1815) wieder in sein Reich eingesetzt wurde, das noch um Genua ergänzt wurde.

Viktor Emanuel trat 1821 zugunsten seines Bruders Karl Felix (1821–1831) ab. Da letzterer keinen Sohn hatte, ging die Nachfolge auf Karl Albert aus der Nebenlinie Savoyen-Carignan über, die aus Thomas, dem jüngsten Sohn Karl Emanuels I. hervorgegangen war. Karl Albert wiederum dankte nach der Niederlage bei Novara (20. April 1849) zugunsten seines Sohns Viktor Emanuel II. (1849–1878) ab, der am 18. Februar 1861 zum König von Italien proklamiert wurde.
Könige von Italien
Viktor Emanuel heiratete 1842 Maria Adelheid, eine Tochter Erzherzog Rainers von Österreich. Sie gebar ihm mehrere Kinder, darunter Maria Pia (* 1847), die Ludwig I. von Portugal heiratete, und Amadeus, Herzog von Aosta (* 1845), der 1870 die Krone Spaniens annahm, aber 1873 freiwillig zurücktrat, um keinen Bürgerkrieg zu riskieren.
Nach Viktor Emanuels Tod wurde 1878 sein Sohn Umberto I., der 1868 seine Cousine Margarete von Savoyen geheiratet hatte, Thronfolger in Italien. Im Juli 1900 wurde er von einem Anarchisten in Monza ermordet. Ihm folgte sein einziger Sohn Viktor Emanuel III. (* 1869), der zu Lebzeiten seines Vaters den Titel Prinz von Neapel getragen hatte. Zu seinen Kindern zählen Giovanna (1907–2000), die den bulgarischen Zaren Boris III. heiratete, Mafalda (1902–1944), die im Konzentrationslager Buchenwald starb, sowie Umberto II. (1904–1983), der letzte König Italiens.
Umberto II. und seine Familie mussten nach einem am 2. Juni 1946 abgehaltenen Referendum über den Fortbestand der Monarchie das Land verlassen und lebten im Genfer Exil.
Heute
Vittorio Emanuele lebt mit seiner Frau Marina in Vesenaz bei Genf. Sein Sohn Emanuele Filiberto und dessen Frau Prinzessin Clotilde von Savoyen haben zwei Töchter; Vittoria und Luisa.
Er wurde vom „Rat der Senatoren des Reiches“, einem noch von König Umberto II. 1955 gegründeten Kollegialorgan als Oberhaupt des Hauses Savoyen am 7. Juli 2006 abgesetzt. Seine Position als Oberhaupt des Hauses Savoyen nimmt nun Amadeus von Savoyen ein.
Literatur
- Theodor Bohner, „Haus Savoyen“ Berlin : Frundsberg-Verl. (1941), 283S
- Leo Just, Das Haus Savoyen und der Aufstieg Italiens, Bonn 1940 Bonner Uni)
Einzelnachweise
- ↑ Bettina Grosse de Cosnac: Die Grimaldis – Geschichte und Gegenwart der Fürstenfamilie von Monaco. Bastei Verlag, Köln, 2007.
- ↑ Freiburg (Kanton). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Löffelbund. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Chablais. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- ↑ Cornelia Jöchner: Politische Räume – Stadt und Land in der Frühneuzeit. Akademie Verlag, Berlin, 2003
- ↑ Friedrich Wilhelm Hermann Wagener (Hrsg): Staats- und Gesellschafts-Lexikon, Bd. 10, S. 272. Berlin, 1862.