Vertrag über den Offenen Himmel
Open Skies bezeichnet einen Vertrag zwischen verschiedenen Staaten, der es den teilnehmenden Nationen gestattet, gegenseitig ihre Territorien aus der Luft zu überwachen. Dadurch soll der Frieden gesichert und Konflikte vermieden werden.
Der Vertrag über den Offenen Himmel ist am 24. März 1992 unterzeichnet worden. Zeichnerstaaten sind die europäischen Staaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Spanien, Portugal), die USA und Kanada, Bulgarien, Georgien, Kirgisistan (noch nicht ratifiziert), Polen, Rumänien, Russland, Slowakische Republik, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Weißrussland und die Türkei. Neu beigetreten sind Schweden, Finnland, Lettland, Litauen, Georgien, Bosnien und Herzegowina. Österreich und die Schweiz haben Interesse an einem Beitritt bekundet.
Die Idee eines solchen Vertrages war bereits 1955 vom damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika Dwight D. Eisenhower während der Genfer Vier-Mächte-Konferenz der sowjetischen Führung vorgeschlagen worden; die Weiterverfolgung scheiterte jedoch aufgrund russischer Befürchtungen, dass die Beobachtungsflüge zu Spionagezwecken genutzt werden könnten.
1989 nahm der amerikanische Präsident George Bush die Idee zur Vertrauensbildung durch Beobachtungsflüge im Rahmen der KSZE wieder auf. Die Verhandlungen zwischen NATO und Warschauer Pakt begannen im Februar 1990. Meinungsverschiedenheiten und insbesondere die auf russischer Seite weiterhin bestehende Furcht vor Spionage durch den Westen führten zur Vertagung der Verhandlungen auf unbestimmte Zeit.
Erst als die NATO-Staaten im Juni 1990 im Rahmen der in Wien stattfindenden Verhandlungen über Konventionelle Streitkräfte in Europa die Idee eines Luftinspektionsregime zur Verifikation des KSE-Vertrages einbrachten, das wesentliche Elemente der westlichen OH-Vorstellungen enthielt, erhielt das Projekt einen neuen Impuls. Da aufgrund des Verhandlungszeitdruckes zum KSE-Vertrag eine detaillierte Regelung zu einem Luftinspektionsregime nicht mehr aufgenommen werden konnte, wurde eine genereller Hinweis eingearbeitet, dass grundsätzlich Inspektionen aus der Luft innerhalb des KSE-Anwendungsgebietes durchgeführt werden können. Die NATO-Staaten bemühten sich daraufhin verstärkt um die Wiederaufnahme der OH-Verhandlungen. Das Interesse seitens der NATO war umso größer als Russland zwischenzeitlich begonnen hatte, nach den KSE-Vertrag abzurüstende Waffen- und Ausrüstungsbestände aus dem bis zum Ural reichenden Anwendungsgebiet des KSE-Vertrages hinter den Ural zu verlegen. Die räumliche Geltung des Vertrages über den Offenen Himmel wurde auf das gesamte Gebiet von Vancouver bis Wladiwostok ausgedehnt.
Die ursprüngliche Idee nach dem 2. Weltkrieg war, durch auf Gegenseitigkeit beruhende Beobachtungsflüge rechtzeitig militärische Veränderungen und Aktivitäten in anderen Staaten erkennen und darauf reagieren zu können. Bei Wiederaufnahme der Idee im Jahr 1989 stand der Gedanke der Vertrauensbildung durch Offenheit und Transparenz im Vordergrund, verbunden mit dem durch den KSE-Vertrag gegebenen Anstoß der Möglichkeit der Verifikation der rüstungskontrollpolitischen Verpflichtungen aus der Luft.
Darüber hinaus ist die Ausweitung der Luftbeobachtung auf weitere Bereiche im Vertrag ausdrücklich vorgesehen. Ein "Open-Skies"-Beobachtungsflugzeug kann auch zur Gewinnung von Lagebildern in internationalen Krisensituationen, zur Konfliktverhütung, zum Krisenmanagement sowie zur Umweltbeobachtung herangezogen werden.
Seit der Unterzeichnung des Vertrages wurde er vorläufig angewandt. Durch bilaterale Testbeobachtungsmissionen konnten wichtige praktische Erfahrungen für die Implementierung gesammelt werden. Die Zusammenarbeit erfolgt in einer vertrauensvollen, freundschaftlichen Atmosphäre. Obwohl Deutschland seit dem Absturz des für den Einsatz als Beobachtungsflugzeug umgerüsteten deutschen "Open-Skies"-Flugzeuges 1997 über kein eigenes Beobachtungsflugzeug mehr verfügt, beteiligte es sich aktiv an der vorläufigen Implementierung. Das Inkrafttreten des Vertrages verzögerte sich aufgrund der fehlenden Ratifizierungen durch die Parlamente der Ukraine, Russlands und Weißrusslands.
Der Vertrag ist am 1.1.2002 in Kraft getreten. Die Beobachtungsflugzeuge der teilnehmenden Staaten wurden im Jahr 2002 erfolgreich zertifiziert und die ersten "scharfen" Flüge nach dem Vertrag haben stattgefunden. Die Beratungskommission "Offener Himmel" (Open Skies Consultative Commission, OSCC - aufgehängt bei der OSZE in Wien - verantwortlich für Implementierungsfragen des Vertrages - , hat Arbeitsgruppen zur Beschlussfassung zu wichtigen Fragen der Anwendung des Vertrages eingerichtet. Zwischenzeitlich sind Finnland, Schweden, Lettland, Litauen, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Slowenien Mitgliedstaaten geworden. Zypern hat einen Antrag auf Beitritt zum Vertrag gestellt. Deutschland verfügt über kein eigenes Beobachtungsflugzeug.