Mahayana

Mahayana (Sanskrit, n., महायान mahāyāna, dt. das große Fahrzeug) ist eine der zwei bzw. drei Hauptrichtungen des Buddhismus (neben Theravada und – je nach Systematik – Vajrayana).
Entstehung
Der Name bedeutet Großer (bzw. Alter) Weg und steht für das Ziel, alle fühlenden Wesen aus Samsara zu befreien. Die Lehren des zweiten Drehens des Dharma-Rades durch Buddha Shakyamuni wurden von Nagarjuna enthüllt und etwa ab dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, also etwa 500 Jahre nach Buddhas Tod ausgiebig gelehrt. Anhänger des Mahayana nehmen an, diese Belehrungen seien bis dahin nur im Geheimen weitergegeben worden, da die Zeit für ihre Verbreitung noch nicht gekommen sei. Aus den Lehren des zweiten Drehens entwickelte sich die Mahayana-Tradition und der Bodhisattva-Pfad. Die Lehren des ersten Drehens des Dharma-Rades, aus denen sich die Hinayana-Tradition (Kleiner Weg) entwickelte, sind nach Ansicht des Mahayana für Menschen gedacht, die am Anfang des Dharma-Weges stehen, noch stark nach relativen Phänomenen greifen und deren primäres Interesse darin besteht, schnellstmöglich vom Leid befreit zu werden.
Motivation
Mahayana und Hinayana unterscheiden sich insbesondere in der Motivation. Während der Hinayana-Anhänger Erleuchtung anstrebt, um für sich selbst die leidvolle Existenz im Kreislauf des Leidens (Samsara) zu überwinden, strebt der Mahayana-Anhänger danach, nicht nur sich selbst aus diesem Kreislauf zu befreien, sondern allen fühlenden Wesen zu helfen, Samsara zu überwinden. Er stellt dabei im Ideal den 'eigenen' Wunsch nach Erleuchtung zurück, damit alle fühlenden Wesen (von denen er/sie 'selbst' ja eines ist) Zugang zur Erleuchtung erlangen. Diese Einstellung wird im Mahayana-Buddhismus auch als Bodhisattvageist, als das kostbare wunscherfüllende Juwel umschrieben oder als bodhicitta = Erleuchtungsgeist bezeichnet.
"Die Grundlage des Mahayana-Weges ist der Erleuchtungsgeist; Dieser erhabene Gedanke ist der eine Pfad, der von allen Buddhas begangen wurde. Niemals diesen edlen Pfad des Erleuchtungsgedankens verlassend und von Mitgefühl für alle Lebewesen erfüllt, rezitiere das Sechs Silben Mantra (OM MANE PADME HUM)"
"Der "Erleuchtungsgeist",oder Erleuchtungsgedanke, Bodhicitta in Sanskrit, ist der Wunsch, Erleuchtung um des Wohls aller Wesen willen zu erlangen. Bodhicitta hat zwei Aspekte, den relativen und den absoluten. Absolutes Bodhicitta ist das Erkennen der allen Lebewesen innewohnenden Buddha-Natur und gelingt nur denen, die die Leerheit aller Phänomene erkennen. Da dies nicht leicht zu verstehen ist, beginnt man üblicherweise mit der weniger schwierigen Praxis des relativen Bodhicitta.
Relatives Bodhicitta ist ebenfalls zweigeteilt, in ein Bodhicitta des Bestrebens und ein Bodhicitta des Anwendens. Ersteres ist der Wunsch, zum Wohle aller Wesen Erleuchtung zu erlangen und letzteres das Umsetzen dieses Wunsches in die Tat durch das Üben der sechs Paramitas. In anderen Worten: Bodhicitta des Bestreben ist, was das Ziel anpeilt, und Bodhicitta des Anwendens sind die Mittel, mit deren Hilfe das Ziel erreicht wird. Der Kernpunkt des Mahayana ist, dass beides Bestreben und Anwenden, nicht auf uns zielt, sondern auf alle Lebewesen, solange Samsara existiert.
Wie fängt man es an, das Bodhicitta des Bestrebens zu entwickeln - das Gefühl des Mitleids mit allen Wesen, das den Wunsch in uns erweckt, um ihretwillen Erleuchtung zu erlangen? Als erstes nehmen Sie Chenrezig zum Zeugen Ihrer Entschlossenheit, Verwirklichung zu erlangen, um anderen dienen zu können.
Als nächstes versuchen Sie dann, die Einstellungen zu überwinden, nur denen helfen zu wollen, die Ihnen nahestehen, und gegenüber den Bedürfnissen von anderen, die Ihnen unsympathisch sind, abweisend zu sein.
Jedes einzelne dieser Wesen, auch das allerkleinste Insekt möchte glücklich sein und nicht leiden, nur weiß keins von ihnen, das Leiden durch negatives Verhalten hervorgerufen wird und Glück aus einem heilsamen Geist entsteht. Wenn Sie daran denken, wie die Wesen, Blinden in einer riesigen Wüste ähnelnd, hoffnungslos im Leid versinken, bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, als ein tiefes Mitgefühl zu empfinden. (...)
Mitgefühl zu empfinden ist der Ausgangspunkt. Anschließend müssen Sie ihren Wunsch, Ihr Bestreben in Handeln umsetzen. Doch wie Atisha sagt: "Was zählt, ist die Absicht." Wenn Ihr Geist immer von der Absicht, das Wohl anderer zu bewirken, erfüllt ist, entwickelt sich das Bodhicitta des Anwendens von allein - ganz gleich, wie Ihr Verhalten nach außen wirkt. Wenn es Ihnen gelingt, diese Bodhicitta-Gesinnung zu bewahren, werden Sie nicht nur niemals vom Weg abkommen, sondern auch mit Sicherheit Fortschritte auf ihm machen. Wenn Körper, Rede und Geist ganz von dem Wunsch, allen Wesen zu helfen, durchdrungen sind, wenn Ihr Ziel vollendete Buddhaschaft für sich und die anderen ist, dann wird auch die kleinste Tat, eine einzige Rezitation des MANI oder eine einzige Niederwerfung diesen Wunsch ohne Zweifel rasch in Erfüllung gehen lassen.
Die sechs Silben des Mantra, die Essenz von Chenrezigs Sein, sind die sechs Paramitas in Form eines Mantra. Wenn Sie das Mantra rezitieren, erwachen spontan die sechs Paramitas und das Bodhicitta des Anwendens wird ausgeführt.
Es heißt, das die, die im Gefängnis von Samsara leiden, in dem Augenblick, da sie den Erleuchtungsgedanken in sich entfachen, von den Buddhas als Söhne und Töchter angenommen werden und das sie von Menschen und Göttern gerühmt werden. Ihre ganze Existenz bekommt nun einen neuen Sinn - und all dies dank der unermeßlichen Wirkkraft des edelsteingleichen Bodhicitta.
Bodhicitta ist die Essenz der vierundachtzigtausend Unterteilungen von Buddhas Lehre, gleichzeitig aber ist es einfach, auch für AnfängerInnen leicht zu verstehen und zu praktizieren."
- aus Dilgo Khyentse: Das Herzjuwel der Erleuchteten, Theseus Verlag, Berlin
Bodhisattva
Der Mahayana-Anhänger kann auf seinem Weg Hilfe durch Bodhisattvas erhoffen: Bodhisattvas sind Wesen, die unmittelbar vor dem Eingang ins Nirvana stehen und allen anderen fühlenden Wesen beim Erreichen dieses Ziels helfen. Verehrt wird besonders der Bodhisattva Avalokiteshvara (Sanskrit: der Herr, der den Schrei der Welt hört), der oft in tausendarmiger Gestalt dargestellt wird. Diese tausend Arme symbolisieren seine/ihre Fähigkeit, in unglaublicher Fülle mitfühlend zu handeln. Aber auch andere Bodhisattvas wie Manjushri, Vajrapani oder Maitreya sind bedeutend.
Die 18 Haupt- und 46 Nebengelübde der Bodhisattvas
Die 18 Hauptgelübde des Bodhisattva
Folgende Handlungen sind aufzugeben:
- Dich selbst loben und andere herabsetzen, weil du daran anhaftest, Gaben zu empfangen, als Lehrer geehrt und geachtet zu werden und im allgemeinen auf Gewinn aus bist.
- Denen, die leiden und ohne Beschützer sind, keine materielle Hilfe zukommen lassen und ihnen nicht den Dharma lehren, weil du geizig bist und Wissen nur für dich allein anhäufen willst.
- Nicht zuhören, wenn jemand, der dich früher beleidigt hat, seinen Fehler zugibt und um Verzeihung bittet und gegen diesen einen Groll hegen.
- Die Belehrungen des Buddha verurteilen und falsche Anschauungen haben.
- Sich Gaben an die Drei Juwelen der Zuflucht durch Hinterlist, Raub oder üble Machenschaften aneignen.
- Die drei Lehrkörbe (Skt. Tripitaka) verachten und behaupten, dass diese Texte nicht Lehren des Buddha seien.
- Mönche aus dem Kloster oder der Mönchsgemeinschaft (Skt. Sangha) ausschließen, auch wenn sie ihre Gelübde gebrochen haben, weil man ihnen nicht vergibt.
- Eines der fünf abscheulichen Verbrechen begehen: die Mutter, den Vater oder einen Arhat töten, mutwillig das Blut eines Buddhas vergießen, Zwietracht in der Mönchsgemeinschaft (Skt. Sangha) säen, indem man abweichende, falsche Ansichten unterstützt und verbreitet.
- Anschauungen hegen, die mit den Belehrungen des Buddhas im Widerspruch stehen, wie Sektierertum, Unglaube in bezug auf die Drei Juwelen der Zuflucht, das Gesetz von Ursache und Resultat usw.
- Einen Ort vollständig durch Feuer, Bomben, Verunreinigung oder schwarze Magie zerstören.
- Die Leerheit (Skt. Sunyata) denen lehren, die noch nicht bereit sind, sie zu verstehen.
- Menschen davon abhalten, nach der vollständigen Erleuchtung der Buddhaschaft zu streben und sie ermutigen, nur ihre eigene Befreiung vom Leiden anzustreben.
- Menschen ermutigen, die Gelübde der moralischen Disziplin, die sie abgelegt haben, aufzugeben.
- Andere dazu bringen, deine eignen falschen Ansichten über das Hinayana, die du vielleicht hast, zu teilen sowie die Belehrungen des Hinayana herabzusetzen und sagen, dass seine Praxis nicht zum Nirvana führt.
- Den Dharma ausüben, unterstützen oder lehren mit dem Ziel, finanziellen Profit und Ruhm zu gewinnen, währenddem man von den eigenen Motiven sagt, sie seien rein, und behauptet, dass einzig andere den Dharma aus solch niedriger Gesinnung heraus praktizieren.
- Obwohl du vielleicht wenig oder kein Verständnis der Leerheit hast, anderen sagen, dass sie genau so groß und innerlich realisiert würden wie du, wenn sie ein ebenso tiefes Verständnis wie du erlangen.
- Von anderen Geschenke annehmen und andere ermutigen, dir Dinge zu geben, die ursprünglich als Gaben für die Drei Juwelen der Zuflucht gedacht waren.
- Etwas von den Mönchen wegnehmen, die sich in Meditation üben, und es denen geben, die bloß Texte rezitieren.
Die 46 Nebengelübde des Aufgebens folgender Handlungen:
- Es unterlassen, täglich den Drei Juwelen der Zuflucht mit Körper, Rede und Geist Opfergaben anzubieten, indem man die Niederwerfungen ausübt, Lobpreisungen darbringt und ihre guten Eigenschaften betrachtet, um Glaube und Vertrauen in sie zu entwickeln.
- Dem Wunsch nachgeben, aus Unzufriedenheit heraus Dinge besitzen und festhalten zu wollen.
- Ältere Mönchen gegenüber, die vielleicht Bodhisattvas sind, keinen Respekt entgegenbringen.
- Fragen, die du beantworten kannst, nicht beantworten.
- Aus folgenden Gründen Einladungen nicht annehmen:
- Aus Wut, mit der Absicht, den anderen zu verletzen;
- Aus Stolz, indem du denkst, du seist zu hochstehend, um mit geringeren Leuten zusammenzukommen;
- Aus Eifersucht, wobei du denkst, höher stehende Leute werden auf dich herabschauen, wenn du mit geringeren Leuten gesehen wirst.
- Aus Wut, Stolz oder Eifersucht Geldgeschenke usw. von anderen nicht annehmen.
- Denen den Dharma nicht lehren, die den Wunsch haben, ihn zu lernen.
- Diejenigen, die die Disziplin der moralischen Selbstkontrolle gebrochen haben, abweisen, ihnen nicht vergeben und nicht beistehen.
- jemanden eine bestimmte Dharmalehre nicht lehren, die er/sie zu lernen wünscht und die du fähig bist zu lehren, die aber nicht zu deiner persönlichen Praxis und zu deinem persönlichen Interessensbereich gehört.
- Nicht eine der sieben schlechten Handlungen von Körper und Rede mit einer Bodhicitta-Motivation ausüben, wenn es von den Umständen her als notwendig erscheint, indem man sagt, dass ein solches Handeln gegen die versprochenen Regeln des moralischen Verhaltens verstoßen würde.
- Nicht eine der schlechten Handlungen von Körper und Rede mit einer Bodhicitta-Motivation ausüben, wenn es von den Umständen her als notwendig erscheint, weil man zu wenig Mitgefühl hat.
- Von anderen etwas annehmen, das sie sich durch eine der fünf verkehrten Formen des Lebenserwerbes angeeignet haben, nämlich durch Schmeicheln, Erpressung, Hinterlist, Bestechung oder Betrug.
- Vornehmlich an unbedeutenden Handlungen interessiert sein wie Unterhaltung, Sportveranstaltungen, Trinken, Blödeleien usw., Tätigkeiten, die deinen Geist zerstreuen und zu grenzenloser Zeitverschwendung führen, währenddem du diese Zeit aufbauend für Dharma-Praxis verwenden könntest.
- Die Einstellung haben, nur für dich alleine aus dem Kreislauf der Existenzen (Samsara) entrinnen zu wollen.
- Diese Bodhicitta‑Gelübde nicht einhalten, weil du befürchtest, dadurch unpopulär zu werden.
- Wenn du auf Grund von geistiger Unreinheit eines der Gelübde gebrochen hast, die positiven Gegenmittel, die dir angeben wurden, nicht ausüben. Immer noch bei der Ausübung von heilsamen Handlungen wütend werden und zurückgeben, wenn du geschlagen, gescholten, mit Schimpfnamen gerufen und zum Gegenstand der Wut gemacht wirst.
- Es vernachlässigen, denen zu helfen, die wütend auf dich sind.
- Die Entschuldigungen von jemanden nicht annehmen, der zugibt, dir Unrecht getan zu haben.
- Gefühlen der Wut nachgeben und danach handeln.
- Einen Kreis von Schülern und Nachfolgern um dich sammeln, mit dem Ziel Gewinn, Lob, Liebe und Sicherheit von ihnen zu erhalten.
- Die Hindernisse der Trägheit, des Aufschiebens, der Vorstellung, unfähig zu sein, und der Verschwendung von Zeit und Energie auf triviale weltliche (samsarische) Dinge nicht zu überwinden. Sich leichtsinniger Rede und Klatsch über Sex, alkoholische Getränke, Drogen, Sektierertum usw. hingeben, weil du von diesen Dingen und dem Verlangen danach nicht loskommst.
- Sich nicht anstrengen, die Methoden zu studieren, die zur Verwirklichung von einsgerichteter Konzentration führen.
- Die Ablenkungen, die deine Meditation stören, nicht beseitigen.
- Die freudvollen, guten Gefühle und andere Gewinne, die du aus der Meditation ziehst, als Selbstzweck ansehen und daran anhaften.
- Es vernachlässigen, die Hinayana-Belehrungen zu studieren.
- Sich einer anderen Methode der Praxis zuwenden, wenn du bereits eine wirksame Methode ausübst. Dies entspräche dem Auswechseln des Lehrers und Fahrzeugs auf halbem Wege, wenn du schon eine stabile und gewisse Richtung zur Erleuchtung eingeschlagen hast.
- Alle Zeit und Energie darauf verwenden, nicht-buddhistische Lehren zu studieren, was zwar erlaubt und sogar nützlich dafür ist, andere zu verstehen und ihnen zu helfen, aber nicht soweit verfolgt werden soll, dass dadurch das Studium des Dharma vernachlässigt würde.
- Beim bloßen Lesen von nicht-buddhistischen Lehren diese vorziehen und sich an diese anhaften.
- Die Mahayana-Belehrungen verwerfen.
- Allgemein dich selber loben und andere herabsetzen aus Hochmut und Wut.
- Nicht an religiösen Unterweisungen, Treffen, Andachten (Skt. Puja), Zeremonien usw. teilnehmen.
- Deinen Guru verachten und seine Worte nicht befolgen.
- Denen, die Hilfe brauchen, nicht helfen.
- Dich nicht um kranke Personen kümmern.
- Dich nicht dafür einsetzen, körperliches Leiden von anderen zu lindern.
- Die Dharmalehren denen nicht geben, die sie nicht kennen und nur für innerweltliche Ziele arbeiten.
- Die Güte, die andere dir erwiesen haben, nicht zurückzahlen.
- Dich nicht dafür einsetzen, psychisches Leiden anderer zu lindern.
- Armen und Bedürftigen keine materielle Hilfe zukommen lassen.
- Dich nicht um die Schüler, Verwandten, Helfer und Freunde kümmern, indem du ihnen Belehrungen und materielle Hilfe gibst.
- Die Dharmapraxis und heilsamen Handlungen von anderen nicht ermutigen und unterstützen.
- Solche, die Lob verdienen, nicht loben und ermutigen.
- Diejenigen, die im allgemeinen schädliche Handlungen ausüben und insbesondere diejenigen, die eine Bedrohung für den Dharma sind, nicht mit den Umständen entsprechenden Mitteln von ihren Handlungen abhalten.
- Falls du übersinnliche Kräfte hast, diese, wenn sie benötigt werden, nicht anwenden.
Es gibt vier Einstellungen, die vorhanden sein müssen, damit ein Gelübde vollständig gebrochen wird. Die erste Einstellung beinhaltet, dass du das, was du getan hast, nicht als Fehler ansiehst. Die zweite Einstellung äußert sich darin, dass du den Gedanken, diese Handlung zu wiederholen, nicht aufgibst. Auf Grund der dritten Einstellung freust du dich und bist glücklich über das, was du getan hast. Die vierte Einstellung beinhaltet, dass du schamlos und rücksichtslos bist und dich nicht um die Folgen deiner Handlung für dich selber und andere kümmerst. Wenn du eines dieser Bodhicitta-Gelübde brichst, musst du die vier Gegenkräfte anwenden, wobei du deine früheren unheilsamen Handlungen offen zugibst, um zu verhindern, dass du die schwarzen karmischen Folgen dieser Handlungen erleiden musst. Dann wird es notwendig sein, die Bodhicitta-Gelübde im Rahmen einer geeigneten Zeremonie zu erneuern.
Mantra des Mitgefühls (Vajrayana)
- Om Mani Peme Hung (Oh, Du Juwel im Lotus):
Nach der Überlieferung hat das Mantra Avalokiteshvaras die Kraft, das Leid in allen Bereichen Samsaras aufzuheben und allumfassendes Mitgefühl und Liebe des Praktizierenden für alle Wesen zu entwickeln. - Om Mani Padme Hum:
Om ist zusammengesetzt aus A, U und M und repräsentiert Körper, Rede und Geist des Buddha, die damit angerufen werden.
Der gesamte buddhistische Pfad beinhaltet den Pfad der Methode und den Pfad der Weisheit, die man zusammen entwickeln muss.
Mani symbolisiert den Pfad der Methode. Mani heißt soviel wie Diamant, man kann es sich wie eine Art wunscherfüllender Juwel vorstellen. Es repräsentiert den sogenannten weißen Pfad, der Tugenden wie Mitgefühl und den Erleuchtungsgeist beinhaltet. Dieser Pfad ist eine Art wunscherfüllender Juwel für die Lebewesen.
Padme heißt Lotus und steht für den Weisheitsaspekt des Pfades. Dieser besteht hauptsächlich in der Erkenntnis der endgültigen Realität, der Leerheit.
Hum bedeutet, dass etwas ungetrennt ist und weist auf die Vereinigung von Mani und Padme – Weisheit und Methode – hin, denn diese beiden sollten niemals getrennt voneinander praktiziert werden.
Lehrer-Schüler-System
Eine Konsequenz der Mahâyâna-Ausrichtung auf äußere Hilfe ist eine Orientierung von Schülern auf ihren Lehrer oder Meister (Vajrayana und Zen) bzw. die vertrauensvolle Orientierung auf Buddha Amida im Reinen Land Buddhismus. Es ist dabei aber wichtig zu erkennen, dass der Lehrer im Mahayana seine Schüler auf ihrem Weg zur Erleuchtung begleitet, ohne sie in Abhängigkeit zu führen. Der Weg zur Erleuchtung muß letztlich aus eigener Kraft und Motivation begangen werden. Der Lehrer im Mahayana verkörpert in aller Regel die Bodhisattva-Aktivität. Er ist es, der seinen Schülern dazu verhilft Erleuchtung zu erlangen, indem er sie in den Lehren Buddhas unterweist und Anleitung zur Praxis gibt.
Schriften
Wichtiger als der Pali-Kanon sind für die verschiedenen Mahayana-Schulen die in Sanskrit übertragenen Schriften. Neben dem Tripitaka enthalten diese insbesondere verschiedene Mahayana-Sutren. Von Anhängern des Mahayana werden diese auf Buddha-Shakyamuni selbst zurückgeführt. Theravada-Anhänger sehen sie als später entstanden an und akzeptieren als Grundlage der Lehre nur die Schriften des Pali-Kanon.
Verbreitung
Heute sind Richtungen des Mahayana besonders in Japan, Tibet, Bhutan, der Volksrepublik China und Korea verbreitet, teilweise auch in Vietnam, der Mongolei und dem asiatischen Osten Russlands.
Heute noch wirksame Schulen des Mahayana in Japan sind:
- Amitabha-Buddhismus, Reines Land
- Nichiren
- Nipponzan-Myohoji
- Reiyukai
- Rissho Koseikai
- Soka Gakkai
- Tendai
- Shingon
- Zen
Zen und Tendai haben sich historisch aus dem chinesischen Chan-Buddhismus und dem Tiantai-Zong entwickelt.
Eine Weiterentwicklung des Mahayana findet sich im Vajrayana (vgl. Tibetischer Buddhismus), der den Bodhisattva-Pfad des Mahayana mit tantrischen Methoden ergänzt. In Tibet haben sich vier heute noch bestehende Schulen entwickelt:
- Nyingma (auch in Nepal, Bhutan und Sikkim)
- Kagyü (auch in Bhutan, Sikkim und Burjatien)
- Sakya (auch in Nepal)
- Gelug (auch in der Mongolei und Burjatien)
In China ist diese Form des Buddhismus in der Schule Mizong oder Zhenyan zu finden. In Japan wird er als Shingon übertragen.
Wechselseitiger Einfluß mit europäischen Kulturen
Eine gegenseitige Beeinflussung des asiatischen Mahayana und der Gnosis sowie des Neuplatonismus, die etwa zur gleichen Zeit im griechisch-römischen Kulturraum aufblühten und das Christentum merklich beeinflussten, ist denkbar. Ein möglicher Verbindungsweg ist hierbei die Seidenstraße; viele heute islamische Länder dieser Region waren einst griechisch und/oder buddhistisch geprägt. Allerdings gibt es in diesem Bereich nur wenig gesicherte Erkenntnisse; die Tendenz zu fiktiver Geschichtsdarstellung im Mahâyâna erschwert solche Forschung. Siehe auch Graeco-Buddhismus.
Siehe auch
Literatur
- Dalai Lama: Einführung in den Buddhismus. Die Harvard Vorlesungen. Herder Spektrum, Freiburg 2000, ISBN 3-451-04946-5
- Dilgo Khyentse: Das Herzjuwel der Erleuchteten. Theseus Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-89620-10-6
- Geshe Rabten: Essenz der Weisheit. Ein Kommentar zum Herzsutra. Dharma edition, Hamburg 1990 ISBN 3-927862-06-1
- Hans W. Schumann: Mahayana-Buddhismus: Die zweite Drehung des Dharma-Rades. Diederichs, München 1990