Salsa (Musik)
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Salsa, span. "Sauce", ist eine Form der lateinamerikanischen Musik.
siehe auch: Liste der Salsa-Interpreten
Vorgeschichte
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Kuba unangefochten das Zentrum lateinamerikanischer Musik und wichtigster musikalischer Impulsgeber für alle die an die Karibik angrenzenden Länder, inbesondere für Mexiko und die USA. Kuba war das bevorzugte Urlaubs- und Freizeitparadies für US-Amerikaner – es gab einen regen musikalischen Austausch und musikalische Neuerungen fanden schnell Eingang in den US-amerikanischen Musikmarkt. Anfang des Jahrhunderts gelangte der Danzón von Kuba nach Mexiko und etablierte sich dort ab den 20er-Jahren zunehmend in Mexiko-Stadt und Veracruz. In den 30er-Jahren unternahm die Rumba ihren Siegeszug von Florida hoch nach New York, angefangen mit El Manisero von Dan Azapiazu y su Havana Casino Orquesta, dem ersten Rumba-Hit in den USA. Ab den 40er-Jahren mischten sich lateinamerikanische Rhythmen zunehmend mit dem Louisiana-Jazz - unter dem Einfluss von Bebop und Big Band Jazz formierten sich in den USA die sog. “Latin Big Bands”. Insbesondere New York wurde zur Hochburg des Latin-Jazz (José Curbelo, Tito Rodríguez, Tito Puente). Einen anderen Weg nahm Ende der 40er der Mambo: Der Kubaner Dámaso Pérez Prado spielte in Mexiko bereits einige Jahre Mambo-Rhythmen, bis 1949 mit seinem Hit Que rico es el Mambo der Durchbruch kam. Von Mexiko begann er daraufhin seine Tour die amerikanische Westküste entlang hoch nach Kalifornien, wo lateinamerikanische Musik traditionell weniger verbreitet war. 1955 feierte eine langsamere Variante des Mambo in New York einen Übernachterfolg: der Cha Cha Cha. Es war die Zeit der großen Tanzorchester und Charangas, die in den Tanzpalästen aufspielten (Beny Moré, Ex-Sänger von Pérez Prado und Celia Cruz mit dem Tito Puente Orchestra). Zwei puerto-ricanische Musiker, Ismael Rivera und Rafael Cortijo, fanden sich 1948 zusammen: sie mixten die afro-karibischen Rhythmen Bomba und Plena mit der Latin-Big-Band-Musik, was für die damalige Zeit neuartig war. Mit ihrer Gruppe El Combo de Cortijo erlangten sie in den USA und Puerto Rico große Popularität (El bombón de Elena, Quítate de la vía Perico, Oriza, El negro bombón, Maquinolandera, u.a.).
Mit der kubanischen Revolution 1959 und der darauf folgenden amerikanischen Blokadepolitik kam die fruchtbare musikalische Verbindung mit Kuba zu einem jähen Ende. Viele Kubaner flohen in die USA, kubanische Musik in den USA erlebte Anfang der 60er Jahre eine letzte Hoch-Zeit. Die USA versuchten ab 1962 den kulturellen Einfluss Kubas zurückzudrängen, der legendäre Tanzpalast Palladium in New York musste schließen. Rhythmen aus Brasilien, wie der Bossa Nova und die Samba sollten die entstandende Lücke schließen. 1964 kam eine Gruppe nach New York, die die Musikwelt international revolutionierte: Die Beatles. Der Einfluss der Rockmusik war nicht mehr aufzuhalten. Die großen lateinamerikanischen Tanzorchester waren unmodern und unökonomisch geworden und lösten sich 1963/64 auf. Die lateianmerikanische Musik schien dem nichts entgegensetzen zu können. Dann entstand eine neue Fusion von lateinamerikanischen Rhythmen und Rockmusik unter dem Vorbild des Twists: der Boogaloo. Er hatte seine kurze Blütezeit von 1967 bis 69 und war musikgeschichtlich der direkte Vorläufer der Salsa. Der andere gewichtige musikalische Strang hin zur Salsa stammt aus dem Latin-Jazz (Israel "Cachao" López).
Ursprung des Begriffs
Izzy Sanabria, Journalist und Promoter des berühmten Fania Schallplatten-Labels, hat im Jahre 1974 den Begriff “Salsa” als Bezeichnung der neuen Musikrichtung eingeführt. In seiner Zeitschrift “Sanabria”, dem “Latin NY Magazin” and als Gastgeber der Salsa TV Show '73” hat er den Begriff verstärkt zur Kategorisierung und Beschreibung des neuen Stils eingesetzt. Im Fania-Film “Salsa” 1975 wurde der Begriff dann endgültig im Titel etabliert. Dies bewirkte einen enormen Bekanntheitsschub, wodurch die Anfänge der Salsa vielfach auf die Mitte der 70er-Jahre angesetzt werden.
Man hat danach aus dem Rückblick versucht, den Ursprung des Begriffs “Salsa” als Bezeichnung für die Musik zurückzuverfolgen: 1933 schrieb der kubanische Komponist Ignacio Piñerio den Son Échale Salsita. Der Begriff verselbstständigte sich im Laufe der Zeit zum Anfeuerungsruf für die Tänzer (ähnlich wie “azúcar”). Benny Moré eröffnete in den 50er-Jahren seine Shows oft mit der Begrüßung “Hola, Salsa!”. 1962 gab es erste Lieder, die den Begriff “Salsa” auch im Titel trugen: Salsa y Bembé in Joe Cuba Sextet's LP Steppin' Out und Pupi Legarreta's Debut-LP Salsa Nova. Und nicht zu vergessen: Salsa y Dulzura von Ray Baretto (auf dem Album: El "Ray Criollo"): ein Son Montuno, jedoch mit einem erweiterten Posaunen- und Trompetensatz (=“charanga moderna”). 1963 brachte der Pianist Charlie Palmieri mit seinem Orchester ein ganzes Album unter dem Titel Salsa Na' Ma' heraus. Man darf dies jedoch nicht verwechseln. Salsa Na' Ma' war eine typische Charanga-LP mit traditionellen kubanischen Rhythmen – das gleichnamige Stück Salsa Na' Ma' war ein Son-Montuno mit der klassischen Violinen- und Flötenbesetzung. Dies alles hatte mit “Salsa” im heutigen Sinne nicht viel gemein.
Dennoch entstand der von Fania propagierte Begriff “Salsa” als Bezeichnung für die neue Musikrichtung nicht aus dem luftleeren Raum heraus: 1967 publizierten Ricardo Ray und Bobby Cruz ihr Lied “Salsa y Control”. Dies war eine Mischform, oft als “Salsa-Boogaloo” bezeichnet. 1970 entstand eine Cover-Version der Lebron-Brothers unter dem Fania-Label, die dann in die Salsa-Geschichte einging: plötzlich entstanden in den 70er-Jahren in den USA eine Vielzahl von Clubs und Tanzschulen, die sich “Salsa y Control” nannten. Zudem hatten lateinamerikanische Musikgruppen traditionell eine enge Bindung zu Venezuela. Venezuela ist das Land mit den größten Karnevals-Feierlichkeiten im karibischen Raum. Jährliche Tourneen nach Caracas gehörten daher zum festen Programm für lateinamerkanische Musiker. 1966 veröffentlichte Frederico y su Combo in Venezuela den Titel Llegó la Salsa. 1967 strahlte der venezolanische Radiomoderator Phidias Danilo Escalona sein Radioprogramm “La hora del sabor, la salsa y el bembé” aus. Gruppen wie die von Ricardo Ray stellten 1967 den Boogaloo in Venezuela vor und diskutierten mit Escalona über die neue Musik in Interviews, so dass nicht mehr genau auszumachen ist, ob der Begriff “Salsa” nun in New York oder Caracas geprägt worden ist (siehe dazu auch: Bobby Cruz). Auch Johnny Pacheco, Musikdirektor von Fania, und die Musiker der frühen Salsa-Ära sind 1973 zum Karneval nach Venezuela gereist und sollen von dort die Bezeichnung “Salsa” mit zurück nach New York genommen haben.
Mit nachhaltiger Begeisterung aufgenommen wurde der Boogaloo auch in Kolumbien, wo er gegenüber der Cumbia vor allem durch seinen schnellen Rhythmus bestach. Bis in die Gegenwart wird der Boogaloo in Kolumbien noch geschätzt (Sonora Carruseles). Auf diese Weise erklärt sich, wie die Salsa ungefähr zeitgleich Ende der 60er-Jahre in den verschiedenen Zentren der USA, Puerto Ricos, Kolumbiens und Venezuelas entstehen konnte.
Bedeutung
Ursprünglich war Salsa Ausdruck kultureller Identität und ein Mittel zur Bewältigung des Alltags im Barrio (span. "Stadtviertel"), den New Yorker Ghettos der lateinamerikanischen Einwanderer. In den 1980er Jahren wandten sich die Nachkommen der ersten Einwanderergeneration mehr und mehr von diesem Erbe ab und anderen Musikrichtungen wie dem Hip Hop zu. Um auch andere Hörer anzusprechen ersetzten daher einige Musiker dieser Zeit wie Frankie Ruiz oder Eddie Santiago die sozialkritischen Texte durch Liebesthematiken und gestalteten die Musik selbst einfacher und eingängiger. Diese "sanfte" Variante der Salsa wird allgemein als Salsa Romántica bezeichnet, als heute international bekanntester Vertreter darf wohl Marc Anthony gelten.
Musikalische Gestaltung
Instrumentierung
In mehr als 35 Jahren Salsa-Geschichte lassen sich Salsa-Bands in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen finden. Im Salsa-Boom wuchsen die Gruppen auf die stattliche Größe von Tanzorchestern an, und je nach den verschiedenen regionalen Einflüssen wurden auch die entsprechenden Instrumente mit aufgenommen (Querflöte, Violinen, Akkordeon, Tres, etc.). Ausgehend von den Anfängen der Salsa um Fania in den 70er-Jahren lassen sich aber folgende Beobachtungen machen:
Salsa-Bands wurden gegenüber den Charanga-Orchestern drastisch reduziert, meistens auf eine Besetzung von maximal acht/neun Musikern. Neben dem Bass, dem Piano und dem Sänger wurde inbesondere ein Blechbläsersatz von zwei Posaunen oder zwei Trompeten aufgenommen. Manchmal findet man auch eine Mischung aus Posaunen und Trompeten, jedoch fast nie Saxophone, die mit ihrem weichen Klang später in größeren Bands höchstens zur Verstärkung der Blechbläser herangezogen werden. Posaunen bilden seitdem einen Eckpfeiler der Salsa-Musik – und das war bis dahin ungewöhnlich. Komplettiert wird die Instrumentalisierung durch eine Rhythmus-Sektion von drei Musikern: Tumbao (=Congas), Bongos und Timbales. Dieses Trio wird manchmal durch Güiro, Maracas und Clave ergänzt. Letztere gehören aber zu den Rhythmus-Instrumenten, die nur gelegentlich eingesetzt werden – der Sänger nimmt etwa den Güiro zur Hand, während er singt.
Alle Rhythmus-Instrumente unterlegen die Musik gleichzeitig mit verschiedenen Schichten und spielen so in einer Polyrhythmik zusammen (den sog. "Patterns"). Der klassische Salsa-Sound entsteht dabei aus dem untrennbaren Zusammenspiel “tumba-bongó”. Beide Rhythmus-Instrumente betonen in der afrikanischen Tradition die 4.Zähleinheit im 4/4-Takt bei leichter Nebenbetonung des 2.Schlages. Der Gesang und alle Musikinstrumente betonen dagegen nach der europäischen Tradition die erste Zähleinheit, bei leichterer Nachbetonung des 3.Schlages. Auf diese Weise entsteht in der Salsa-Musik eine andauernde leichte rhythmische Disharmonie zwischen Melodie und Musikbegleitung auf der einen Seite und den Rhythmus-Instrumenten auf der anderen Seite, was aber das besondere “Salsa-Feeling” ausmacht.
Liebhaber der kubanischen Musik betonen des Weiteren die Bedeutung der Clave. Sie markiert eine Rhythmus-Einheit über zwei Takte nach dem Schema des kubanischen Son (siehe Bild).


Phrase: 1 . 2 . 3 . 4 . | 5 . 6 . 7 . 8 . ------------------+------------------ "3-2"-Clave: X X X | X X "2-3"-Clave: X X | X X X
Geschwindigkeit
Salsa umfasst mit ihren 40 bis 60 TPM (entspricht 160 - 240 bpm) einen ungewöhnlich breiten Geschwindigkeitsbereich und bewegt sich damit stufenlos auf einer Skala zwischen ruhigen Balladen und treibenden Stücken, die zu schnell sind um noch tanzbar zu sein. Gerade diese Variabilität steigert jedoch die Beliebtheit der Musik, da sie sich verschiedenen Stimmungen anpasst.
Regionale Verbreitung
In den USA findet sich Salsa seit Anbeginn vor allem in New York; hier findet auch jährlich das "Salsa-Festival" im Madison Square Garden statt. Die Stadt Miami ist seit den 1980ern eine Hochburg, da ihr Einzugsgebiet Heimat vieler kubanischer Immigranten und Exilkubaner ist, die einen Gutteil dazu beitragen, das Stadtleben zu prägen. Hier wird jährlich das Straßenfest in der "Calle 8" bestritten, das inzwischen die New Yorker Gegenveranstaltung an Bedeutung fast überflügelt hat.
Auf Kuba tragen die überall anzutreffenden Straßenmusiker maßgeblich zur Förderung der Salsa bei. Die große Popularität des kubanischen Tanzstils und die Einrichtung eines jährlichen Kongresses der Welttanzelite führen aber dazu, dass die Begriffe "Salsa" und "Kuba" immer enger miteinander verschweißt werden.
Nicht zu vergessen sind Venezuela und Kolumbien mit den Hochburgen Barranquilla, Cartagena und Cali, in denen jährliche Tanz-und Musikwettbewerbe stattfinden.
Und last but not least soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine große Anzahl peruanischer Emigranten auch in Japan zur Bildung einiger bedeutender Salsa-Enklaven geführt hat.
Musiker und Gruppen
Besonders beigetragen zur Entstehung und Weiterentwicklung des Salsa haben folgende Musiker und Gruppen:
- Dámaso Pérez Prado gilt als Erfinder des Mambo und verhalf ihm Mitte der 1950er Jahre mit seinem Titel "Rio Mambo" zu internationaler Bekanntheit.
- Celia Cruz, auch bekannt als "Queen of Salsa", war an der Grundsteinlegung des Salsa beteiligt, als sie in den 1970er Jahren begann Jazzelemente in den Mambo zu integrieren. Ihr bekanntester Hit ist "La Vida Es Un Carnaval".
- Tito Puente, auch bekannt als "King of Timbales", machte in den 1950er Jahren den Mambo populär, konvertierte aber später zur Salsa. Bekannt ist v.a. "Ran Kan Kan", das zwar nicht von ihm, wohl aber ihm zu Ehren geschrieben wurde.
- Frankie Ruiz, Eddie Santiago u.v.m. trugen in den 1980er Jahren mit Einführung der Salsa romántica zur Kommerzialiserung der Salsa bei.
- Der Soundtrack des Films "Dirty Dancing" hatte zwar praktisch nichts mit Salsa und auch mit Mambo nur am Rande zu tun, aber Superhits wie "(I've Had) The Time Of My Life" führten Mitte der 1980er zur zweiten großen Mambo- bzw. der ersten internationalen Salsawelle.
Literatur
- Arne Birkenstock und Eduardo Blumenstock: Salsa, Samba, Santeria. Lateinamerikanische Musik. Mit Audio-CD., dtv 2002. ISBN 3423243414 (Ausführlicher Überblick über die geschichtliche Entwicklung der lateinamerikanischen Musik).
Weblinks
- http://www.musica-latina.de Online-Händler für lateinamerikanische Musik und (Tanz)Videos
- Salsa Repräsentative Musiker, CDs, Salsa Musik-Clips zum Anhören. (englisch)
- http://www.justsalsa.com (englisch)