Goldautomatismus
Unter Goldautomatismus versteht man einen automatischen Ausgleichsmechanisums für die Zahlungsbilanzen im Handelsverkehr zwischen Ländern mit Goldwährung bzw. goldgedeckten Währungen (z. B. während der Geltungsdauer des sog. Goldstandards bis 1914)[1].
Der Geldmengen-Preismechanismus, eine andere Bezeichnung für Goldautomatismus, ist eine logische Argumentation von David Hume gegen die merkantilistische Vorstellung (1700-1776), dass eine Nation sich um eine positive Handelsbilanz oder Nettoexporte bemühen sollte. Das Argument betrachtet die Auswirkungen der internationalen Transaktionen in einer Goldwährung, einem System, in dem Gold das offizielle Geldmittel des internationalen Zahlungsverkehrs ist und jede Währung der Nationen, entweder in Form von Gold selbst oder in Form von Papiergeld, uneingeschränkt in Gold konvertierbar ist.[2]
Entstehung
Steigt in einem Land die Nachfrage nach dessen Währung stärker als das Angebot, z.B. weil dieses Land viel exportiert, so steigt der Wechselkurs dieser Währung bis zum sog. Goldpunkt. Ist dieser Goldpunkt erreicht, so ist es für den Importeur "billiger" statt in der Währung des jeweiligen Exportlandes direkt in Gold zu bezahlen, da der Kursanstieg dieser Währung höher ist, als die Transport- und Versicherungskosten für den Goldtransport ins Exportland. Dadurch verringert sich die Goldmenge im Importland und erhöht sich dieselbe im Exportland. Da in Ländern mit Goldwährungen Goldmenge gleich Geldmenge bedeutet, verringert sich damit auch die Geldmenge im Importland.
Hume argumentiert, dass, wenn ein Land mit einem Goldstandard eine positive Handelsbilanz aufweist, Gold in das Land fließen würde in der Höhe, in der der Export den Wert des Imports übersteigt. Umgekehrt, wenn ein solches Land eine negative Handelsbilanz vorzuweisen hat, würde Gold aus dem Land fließen in der Höhe des Wertes, in der die Importe die Ausfuhren übersteigen. Folglich wirkt sich der Mangel der Maßnahme der Neutralisation der Zentralbanken auf den Geldmengenumlauf negativ aus, da die Geldmenge in einem Land mit einer positiven Handelsbilanz steigen und in einem Land mit einer negativen Handelsbilanz sinken würde.[3]
Auswirkungen
Durch die Verringerung der Gold-/Geldmenge im Importland gehen die Preise dort tendenziell zurück (Deflation) und das Importland wird wettbewerbsfähiger. Demgegenüber erhöht sich die Gold-/Geldmenge im Exportland, was dort zu tendenziell höheren Preisen führt (Inflation) und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt vermindert. Durch diesen Mechanismus wird, zumindest theoretisch, erreicht, dass sich die Volkswirtschaften, die eine Goldwährung besitzen, sich tendenziell gleichmäßig entwickeln und die Zahlungsbilanzen der beteiligten Volkswirtschaften auf lange Sicht ausgeglichen bleiben.[4] Durch dieses System ist gewährleistet, dass sich keine Volkswirtschaft durch einseitige Abwertung der eigenen Währung auf dem Weltmarkt einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Eine einseitige Abwertung ist deshalb nicht möglich, da in Goldwährungsländern Goldmenge gleich Geldmenge ist und somit die Geldmenge durch administrative Maßnahmen einer Regierung oder Notenbank nicht beeinflusst werden kann.
Mit der sogenannten Quantitätstheorie des Geldes argumentiert Hume, dass in den Ländern, in denen sich die Geldmenge erhöht, die Inflation einsetzt und die Preise von Waren und Dienstleistungen dazu neigen würden zu steigen, während in Ländern, in denen die Geldmenge sinkt, Deflation auftreten würde, das heißt, die Preise für Waren und Dienstleistungen würden fallen.[5]
In den „Essays Of Money, of Interest, and Of the Balance of Trade“ untersucht Hume die Beziehung zwischen der Industrie und der Menge des Geldes. Er argumentiert, dass ein Staat sämtliche Kräfte auf die Förderung der Industrie konzentrieren und in Übereinstimmung mit der Dynamik des Marktes seine Währung justieren sollte. In einer knappen Abhandlung der merkantilistischen Beschäftigung mit Geld behauptet er, dass politische Maßnahmen zur Erhöhung der Geldmenge nur Unannehmlichkeiten wie höhere Löhne und Preise erzeugen und damit Erzeugnisse des Staates weniger wettbewerbsfähig auf den Märkten sind. Diese Unannehmlichkeiten entstehen sowohl aus dem Zufluss von Geld infolge einer inländischen Expansion der Industrie als auch infolge der Zunahme der Menge von Papiergeld.[6]
Die höheren Preise würden in den Ländern mit einer positiven Handelsbilanz zur Folge haben, dass sich die Exporte verringern und die Importe erhöhen und die Handelsbilanz sich nach unten in Richtung eines neutralen Gleichgewichtes verändert. Dagegen würden in den Ländern mit einer negativen Handelsbilanz die niedrigeren Preise dazu führen, dass die Exporte sich erhöhen und die Importe sich verringern und dadurch die Handelsbilanz in Richtung eines neutralen Gleichgewichtes steigt. Dieser Anpassungsprozess in der Handelsbilanz findet solange statt, bis die Handelsbilanz in allen Ländern, die in den Austausch involviert sind, gleich Null ist. Der Geldmengen-Preismechanismus kann auch angewendet werden, um einen Zustand der gesamten Zahlungsbilanz, die nicht nur für den Wert der Nettoexporte und ähnliche Transaktionen (Girokonto) steht, sondern auch für die Kapitalbilanz, die für die Kapitalströme zwischen den Ländern verantwortlich ist, und den Kapitalkonten, die für die Nicht-Märkte und andere spezielle Transaktionen stehen, herbeizuführen. Aber unter einem Goldstandard würden in der Kapitalbilanz Transaktionen in Gold oder der Währung, konvertiert in Gold, ausgeführt werden, welche ebenfalls die umlaufende Geldmenge eines jeden Landes beeinflussen würde.[7]
Voraussetzungen
Voraussetzungen für das Funktionieren des Goldautomatismus sind elastische Preise und Löhne, d.h. bei Geld-/Goldvermehrung in einer Volkswirtschaft durch Exportüberschuss müssen dort die Preise und Löhne steigen bzw. umgekehrt. Weitere Voraussetzung ist internationaler Freihandel, d.h. keine Zölle oder andere Einfuhr-/Handelsbeschränkungen und schließlich Weltfrieden und internationales Vertrauen.
In vielen Ländern Europas nahm der Goldstandard die Form einer Goldwährung an. In dieser waren die umlaufenden Banknoten durch den Goldbestand der Notenbank gedeckt. Das besondere Merkmal des Goldstandards bestand nach der klassischen erstmals von David Hume verfassten und später von David Ricardo verbreiteten Theorie in dem sogenannten Goldautomatismus. Dieser hielt die internationalen Wechselkurse stabil. Sobald der Kurs einer Währung im Vergleich zu einer anderen über die mit der Goldversendung verbundenen Kosten (Transport und Versicherung) hinaus anstieg, floss Geld aus dem Land der schwächeren Währung in das des stärkeren. Die Verringerung der Reserven führte zur Einschränkung des Notenumlaufs, zum Anstieg der Zinsen sowie zu Preissenkungen und verbesserten Exportbedingungen des einen Landes. Hingegen weitete sich der Goldzufluss in dem anderen Land aus, senkte die Zinsen, begünstigte den Preisanstieg und drosselte den Export. Sobald dieser Punkt erreicht war, drehte sich der Goldstrom um, das Gold floss in das Land mit den höheren Zinsen und der größeren Goldnachfrage, die Waren in die entgegengesetzte Richtung. Das Ungleichgewicht der Zahlungsbilanz wurde beseitigt und der Wechselkurs stabilisiert. Dabei spricht man von einem Anpassungsmechanismus, bei dem die Geldmenge nicht unter der Kontrolle der Zentralbank steht. Praktisch funktionierte der Goldautomatismus nur bedingt, denn die Zentralbanken hielten sich nicht an die Spielregeln. Sie verknappten das Geld bei einem Handelsdefizit nicht und in Zeiten des Goldabflusses weiteten sie nicht die Notenemission im umgekehrten Falle aus. Dem Goldstandard kann dennoch ein Erfolg bei der Währungs- und Wechselkursstabilität zugesprochen werden, denn die Konvertibilität des Geldes gegen Gold war nie ernsthaft gefährdet. Die internationalen Kapitalströme kamen hinzu und das Ausbleiben internationaler Goldtransporte, die den Wert der Handelsdefizite und Handelsüberschüsse ausgleichen konnten. Die Banknoten übernahmen den Prozess des Geldumlaufs, sodass sich das Gold nicht mehr aus dem Umlauf des Landes bewegte sondern von einer zur anderen Zentralbank. Die Banken wirkten gezielt auf den Zahlungsumlauf ein und begünstigten die externen Anpassungsprozesse auch ohne nennenswerte Goldströme. Eine der Aufgaben bestand darin, ihre Goldreserven in einer zu halten, die die Bindung der Währung an den Goldstandard gewährleistete. Dies stärkte auch die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Regierung, die diesem Ziel zu jenem Zeitpunkt alle anderen wirtschaftlichen Ziele unterordnete. Die absolute Priorität hatte die Konvertibilität der Währung. Generell war die Stabilität der Wechselkurse und mechanische währungspolitische Maßnahmen eher die Ausnahme. Der Goldstandard funktionierte deshalb, weil eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Zentralbanken und Regierungen funktionierte. Man half sich in Krisen und finanziellen Missständen mit Krediten und Gold.[8].
siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ http:/www.wirtschaftslexikon24.net/d/goldautomatismus/goldautomatismus.htm
- ↑ en:Price_specie_flow_mechanism
- ↑ en:Price_specie_flow_mechanism
- ↑ http://www.economia48.com/deu/d/internationaler-goldstandard/internationaler-goldstandard.htm
- ↑ en:Price_specie_flow_mechanism
- ↑ "David Hume's Monetary Theory Revisited: Was He Really a Quantity Theorist and an Inflationist?" von Carl Wennerlind im The Journal of Political Economy, Vol. 113, No. 1 (Feb., 2005),S.226
- ↑ en:Price_specie_flow_mechanism
- ↑ http://www.uni-weimar.de/medien/medman/sites/ws0001/geld/geld_content/hausarbeiten/fritzsch_kohlrusch_richter_weiszhuhn_geldgeschichte.pdf