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Kernkraftwerk Biblis

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Kernkraftwerk Biblis
Biblis, Block B aus südwestlicher Richtung mit den beiden Kühltürmen
Biblis, Block B aus südwestlicher Richtung mit den beiden Kühltürmen
Lage
Kernkraftwerk Biblis (Hessen)
Kernkraftwerk Biblis (Hessen)
Koordinaten 49° 42′ 36″ N, 8° 24′ 55″ OKoordinaten: 49° 42′ 36″ N, 8° 24′ 55″ O
Land Deutschland Deutschland
Daten
Eigentümer RWE
Betreiber RWE
Projektbeginn 1969
Kommerzieller Betrieb 26. Feb. 1975

Aktive Reaktoren (Brutto)

2  (2525 MW)

Planung eingestellt (Brutto)

2  (2690 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2009 2'524,3 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 461'971,262 GWh
Website Seite bei RWE
Stand 31. Dezember 2009
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Das Kernkraftwerk Biblis (KWB) befindet sich in der südhessischen Gemeinde Biblis nahe der Einmündung der Weschnitz in den Rhein. Das Kraftwerk wird von der RWEPower AG betrieben.

Das Kernkraftwerk Biblis besteht aus zwei nahezu baugleichen Druckwasserreaktoren: Block A mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1225 Megawatt und Block B mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1300 Megawatt. Zwei weitere zunächst geplante Blöcke, Biblis C und Biblis D, wurden nicht gebaut.

Grunddaten

Block A

Die Wandstärke des Reaktorgebäudes Biblis A beträgt 60 cm, der Abluftkamin hat eine Höhe von 100 m. Das Reaktordruckgefäß wiegt 425 Tonnen.[1] Biblis A verfügt über zwei 80 m hohe zangsbelüftete Ventilatorkühltürme. Der Basisdurchmesser eines Kühlturms beträgt 68 m. Block A ist der erste weltweit kommerziell genutzte Druckwasserreaktor der 1300 MW-Klasse.

Block B

Die Wandstärke des Reaktorgebäudes Biblis B beträgt 80 cm, der Abluftkamin hat eine Höhe von 100 m. Biblis B verfügt über zwei 80 m hohe zwangsbelüftete Ventilatorkühltürme. Der Basisdurchmesser eines Kühlturms beträgt 69 m. In der Regel wird Block allerdings ohne Kühltürme betrieben. Lediglich bei hohen Rheinwassertemperaturen oder Niedrigwasser ist Kühlturmbetrieb notwendig um vorgegebene Temperaturgrenzwerte nicht zu überschreiten.

Blöcke C und D

Für den einst geplanten Block C und für Block D waren je ein Naturzug-Nasskühlturm mit einer Höhe von 160 Metern vorgesehen. Ein Schnitt- und Funktionsmodell des Blocks C, steht im Informationszentrum. Biblis C war als Konvoi-Anlage geplant. Es wurden bereits die ersten Großkomponenten wie Reaktordruckbehälter und Dampferzeuger gefertigt. Das Reaktordruckgefäß wurde später für Materialversuche verwendet. Der Reaktordeckel dient heute noch Revisionsmannschaften als Übungsobjekt.

Geschichte

Die Lage des KKW Biblis am Rhein
KKW Biblis (links: Block B, rechts: Block A)
Objektschutz an der Südseite des Kernkraftwerkes
Das Rücklaufbauwerk von Block B (im Hintergrund der Block B) in den Rhein
Das Kernkraftwerk Biblis liegt am Rhein. Rechts die beiden Kühltürme vom Block A
Die beiden Kühltürme von Block B, mit Sicherungsanlagen
Die beiden Kühltürme von Block A, rechts hinten einer von Block B

Bau und Planungen

Die Baukosten für Biblis A betrugen etwa 800 Mio. DM, für Biblis B etwa 1 Mrd. DM. In den Siebzigern waren zwei weitere Blöcke, Block C und D, geplant.[2] Während Biblis D schnell verworfen wurde (Planungsbeginn 1975, Planungsende 1979), endeten die Planungen für Biblis C erst 1995.[3]

In der Planungsphase des Kraftwerks wurden verschiedene Standorte erwogen, darunter auch das vom heutigen Standort etwa 35 Kilometer entfernte Trebur, jedoch entschied man sich auf Grund der sehr guten Netzanbindung für Biblis. Sowohl eine 220KV la sauch eine 400 KV Leitung sind hier verfügbar. Die Blöcke sind sowohl an die Umspannanlage in Pfungstadt als auch an die große Umspannanlage in Bürstadt angeschlossen.

Inbetriebnahme

Am 16. Juli 1974 wurde in Block A die erste Kettenreaktion eingeleitet. Block A lieferte am 25. August 1974 erstmals Strom ins öffentliche Verbundnetz. Die nukleare Inbetriebnahme (Kritikalität) erfolgte in Block B am 25. März 1976.

2006 wurde ein Standortzwischenlager für abgebrannte Kernbrennelemente mit einem Schwermetallgewicht von 1.400 Tonnen in Betrieb genommen. Es hat 135 Lagerplätze für Castoren. Aktuell sind ca. 80 Plätze belegt.[4]

Laufzeiten der Kraftwerksblöcke

Im sogenannten Atomkonsens haben Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen unter anderem festgelegt, dass alle deutschen Kernkraftwerke noch eine begrenzte Reststrommenge erzeugen dürfen, die einer Regellaufzeit von durchschnittlich 32 Jahren entspricht. Für Biblis A war demnach die endgültige Abschaltung für Ende 2009, die Abschaltung von Biblis B war für 2010 vorgesehen. Wegen der flexiblen Regelung über Reststrommengen lässt sich der Abschalttermin nicht genau vorhersagen, weil jeder Stillstand (siehe auch Vorkommnisse vom 16. Okt. 2006) den Termin verschiebt. Die seit 2009 amtierende Bundesregierung hat eine Rücknahme der Laufzeitbeschränkung für deutsche Kernkraftwerke beschlossen.

Biblis A

Der Atomkonsens erlaubt eine zustimmungsfreie Übertragung von Strommengen älterer Anlagen auf jüngere Anlagen; eine Übertragung von jüngeren auf ältere ANlagen bedarf einer Zustimmung von Wirtschaftsministerium, Umweltministerium sowie dem Kanzleramt. Der RWE wurde bei den Verhandlungen über den Atomausstieg für das stillgelegte Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich eine übertragbare Reststrommenge von 107 TWh zugesprochen. Von dieser Strommenge können 30 TWh zustimmungsfrei auf Block B übertragen werden. RWE AG stellte im September 2006 einen Antrag auf Strommengenübertragung von 30 TWh vom (jüngeren) Kraftwerk Mülheim-Kärlich auf das (ältere) Kraftwerk Biblis A. Im Falle Zustimmung zu diesem Antrags hätte RWE das Kraftwerk Biblis A bis zur zweiten Jahreshälfte 2011[5] betreiben und dann - so die weitere Überlegung von RWE - gemeinsam mit Biblis B abschalten können. Unter Berücksichtigung des Stillstands wegen des Austauschs von Hinterschnittankern hätte sich der genannte Abschalttermin in das Jahr 2013 verschoben.

Dieser von RWE eingebrachte Hauptantrag für Block A wurde vom Bundesumweltministerium im März 2007 vorläufig und im Mai 2007 endgültig abgelehnt. Das Umweltministerium vertrat hier die Rechtsauffassung, dass eine Strommengenübertragung vom Kraftwerk Mülheim-Kärlich auf Biblis A nach Atomgesetz nicht möglich sei. Den ebenfalls gestellten Hilfsantrag zur Übertragung von Strommengen vom Kernkraftwerk Emsland auf Biblis A lehnte das Umweltministerium am 7. April 2008 ab. Als Hauptgrund wurde genannt, dass Biblis A über weniger Sicherheitsreserven als das modernere Kernkraftwerk Emsland verfüge.[6]

Gegen die Ablehnung des Hauptantrags und auch des Nebenantrags reichte RWE Power im April 2007 Klage beim Verwaltungsgericht Kassel ein, die abgewiesen wurde.[7] Auch die Revisionsklage von RWE vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde mit Entscheid vom 26. März 2009 abgelehnt[8]; die Ablehnung längerer Laufzeiten gilt auch für das Kernkraftwerk Brunsbüttel. In seinem Urteil bestätigte das Gericht die Entscheidung der Vorinstanzen und wies damit die Klagen der AKW-Betreiber RWE und Vattenfall ab.

Am 21. Januar 2010 fanden erstmals nach dem Regierungswechsel 2009 Gespräche zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgern statt. Um vorerst einen Weiterbetrieb bis zur Entscheidung der Bundesregierung sicherzustellen hat RWE im Mai 2010 ein Stromkontingent von 4,8 TWh vom bereits stillgelegten Kernkraftwerk Stade des Betreibers E.ON gekauft.[9] Je nach Betriebsweise kann das Stromkontingent für Biblis A damit bis in das Jahr 2012 reichen.

Eine endgültige Entscheidung über den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke wurde im Herbst 2010 getroffen.

Biblis B

Am 9. September 2005 hat die IPPNW (Ärzte zur Verhütung des Nuklearkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung) bei der hessischen Atomaufsicht einen Antrag zur Stilllegung des Kernkraftwerks Biblis B eingereicht.[10] Da diesem Antrag nicht stattgegeben wurde, hat die IPPNW am 12. Dezember 2008 beim hessischen Verwaltungsgerichtshof Klage eingereicht. Der Kraftwerksblock Biblis B weise mindestens 210 grundlegende und schwerwiegende Sicherheitsmängel auf.[11]

Auf Biblis B darf RWE laut Atomkonsens ohne Genehmigung eine Reststrommenge bis zu 21,45 TWh von Mülheim-Kärlich übertragen; dadurch würde sich die Laufzeit von Biblis B bis 2013 verlängern (Abschätzung vom Juni 2007). Im August 2010 machte RWE von dieser Möglichkeit Gebrauch und ließ 8,1 TWh auf Biblis B übertragen[12].

Sicherheit

Die Sicherheitseinrichtungen der beiden vor mehr als 30 Jahren errichteten Kraftwerke werden nach Angaben des Betreibers[13] ständig überwacht und verbessert. Dass dadurch ein, wie im Atomgesetz gefordert, dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechendem Schutz vor Schäden erreicht wird, kontrollieren Aufsichtsbehörden und deren Gutachter regelmäßig. Was die Materialermüdung anbelangt, habe man durch regelmäßige Prüfungen festgestellt, dass beide Blöcke 60 Jahre lang problemlos betrieben werden könnten. Die IAEO führt die Anlagen Biblis A und B als Referenz für gelungene sicherheitstechnische Nachrüstungen älterer Kernkraftwerke auf.

Dieser Darstellung widerspricht eine Studie von Greenpeace deutlich[14]. Der Block A des Kraftwerks wurde zu einer Zeit konzipiert und errichtet, zu lediglich Schutzmaßnahmen gegen den Absturz eines Militärflugzeugs erfolgten.[15]

Kritisiert wird weiterhin, dass eine separate Notstandswarte außerhalb des Reaktorgebäudes, von der aus ein Reaktor auch im Falle von schweren Störungen im Reaktorgebäude gesteuert werden kann, nicht vorhanden ist. Da die Blöcke fast baugleich sind und zudem unterirdisch miteinander verbunden sind, ist es im Notstandfall möglich, durch eine im jeweiligen Nachbarblock angesiedelte Notstandswarte den Nachbarblock zu betreiben und im Notstandsfall geregelt abzufahren und die Nachwärmeabfuhr sicherzustellen. Seitens der Kritiker wird jedoch bezweifelt, dass dies bei einem Störfall noch möglich sei.[16]

Bei einem „Notstand“ handelt es sich allerdings nicht um einen Störfall im Sinne eines Primärlecks, vielmehr ist der gesamte Primärkreislauf einschließlich der Dampferzeuger bis zu den Abblaseregelventilen (und zugehörigen Sicherheitsventilen) vollkommen funktionsfähig. Der Bereich des so genannten Hilfsanlagengebäudes (hier werden beispielsweise Abwässer aufbereitet, Lüftungssysteme sind dort angesiedelt usw.), das Maschinenhaus, Schaltanlagengebäude Warte und Versorgungstrakt sind dagegen nicht mehr verfügbar. Es ist daher in einem solchen Falle notwendig, die Bespeisung der Dampferzeuger mit Wasser und somit das Abkühlen und Aufborieren des Primärkreises von einer alternativen Warte aus zu regeln. Hier kann – und das ist in Biblis einzigartig – auf die große Artverwandtschaft der Blöcke zurückgegriffen werden. Bei allen anderen Standorten in Deutschland gibt es keine zwei gleichen Blöcke (mit Ausnahme von Gundremmingen, wo es sich allerdings um Siedewasseranlagen handelt), so dass man bei der Errichtung der dortigen Anlagen auf eine eigene Notstandwarte angewiesen war.

Am 15. Juli 2009 wurde bekannt, dass Bundesumweltminister Sigmar Gabriel nach Bekanntgabe des Jahresberichts des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) und des Zwischenfalls im Kernkraftwerk Krümmel von dem Betreiber RWE vor dem Wiederanfahren nach der seit Januar 2009 stattfindenden Revision eine Nachrüstung von engmaschigeren Sumpfsieben, sowie einer Sumpfsiebrückspülung forderte. Im Kühlmittelverluststörfall wird unterstellt, dass Isolierstoffe sich im Gebäudesumpf ansammeln und diese könnten dann die SUmpfsiebe über die die Nachkühlung sichergestellt wird verstopfen. Dasnk der Sumpfsiebrückspülung kann dies vermieden werden und ein sicherer Nachkühlbetrieb ist somit gewährleistet

Immer wieder wird von diversen kernkraftkirtischen Organisationen bemängelt, dass an mind. 200 sicherhietsrelevanten Rohrleitungen sogenannte Stempelfelder nicht vorhanden wären. Der Betreiber, sowie der TÜV haben dies jedoch widerlegt und in diversen Gutachten wurde bestätigt, dass zu allen sicherheitstechnisch signifikanten Rohrleitungen die vollständige Dokumentationen nach den ANforderungen des Atomgesetzes vorliegen.

Meldepflichtige Vorkommnisse

Insgesamt gab es seit Inbetriebnahme 419 (Biblis A) plus 415 (Biblis B) meldepflichtige Ereignisse (Stand: 31. Mai 2010).[17]

  • 17. Dezember 1987: Mitarbeiter hatten ein nicht geschlossenes Absperrventil übersehen. Um die Armatur zu schließen, wurde ein Prüfventil im Tippbetrieb geöffnet. Dadurch trat für kurze Zeit radioaktives Primärkühlmittel in den Ringraum aus. Da der Austritt des Reaktorkühlwassers außerhalb des Sicherheitsbehälters erfolgte und somit eine Rückführung vom Sumpf aus über die Sicherheitseinspeisepumpen bzw. Nachkühlpumpen nicht mehr möglich gewesen wäre, wurde heftig über die Gefahr eines möglichen GAUs diskutiert. Der Störfall kam erst nach einem Jahr, durch einen Artikel in einer amerikanischen Fachzeitschrift (Nucleonics Week), an die Öffentlichkeit.[18][19] Er wurde jedoch vom Betreiber fristgerecht an die Behörde gemeldet, diese veröffentlichte keine Pressemitteilung. Nach Bekanntwerden des Störfalls rügte der Bundesumweltminister die Informationspolitik des Betreibers RWE [20], und Tausende demonstrierten für eine Stilllegung des Kraftwerks.[21] Der Störfall wurde im Nachhinein mit Einführung der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) auf Stufe 1 gesetzt, was eine „Störung“ bedeutet, die zweitniedrigste Stufe. Seit diesem Ereignis veröffentlicht das KKW Biblis über einen Pressesprecher und später im Internet jedes Vorkommnis auf der Anlage.
  • 23. August 1999: meldepflichtiges Ereignis der Kategorie N: Aktivitätshaltiges Kühlmittel tritt wegen einer Leckage im Kühlmittelreinigungssystem in den Heißdampfkreislauf über.[22]
  • 8. Februar 2004: Ereignis der Kategorie Eilt (Ereignis-Nr. 04/016, INES-Stufe 0: "Keine oder nur sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung"): Während des ungestörten Volllastbetriebes kam es auf Grund eines witterungsbedingten Kurzschlusses außerhalb des Kraftwerkes im 220-kV-Hochspannungsnetz um 12:48 Uhr zur Trennung des Kraftwerkes in kurzer Folge erst von diesem Netz und dann durch fehlerhafte Steuerungsmechanismen auch vom 380-kV-Netz. Durch den plötzlichen Lastabfall konnte sich die Anlage nicht mehr im Eigenbedarf stabilisieren. In Folge dieser Ereignisse wurde der Reaktor aus Sicherheitsgründen automatisch heruntergefahren und alle vier Notstromdiesel erfolgreich gestartet, von denen mindestens einer zur Aufrechterhaltung der Reaktorsicherheit notwendig war. Um 13:18 Uhr wurde das 380-kV-Hauptnetz wieder durchgeschaltet und bis 14:23 Uhr die Notstromdiesel abgeschaltet. Die Anlage verhielt sich dabei auslegungsgemäß, eine erhöhte Gefährdung der Bevölkerung war zu keinem Zeitpunkt gegeben. [23]
  • 16. Oktober 2006: Außerplanmäßige Abschaltung der Blöcke A und B auf Grund von nicht spezifikationsgerechten Dübelverbindungen an Rohrleitungshalterungen - Die Spezialdübel waren nachgerüstet worden, um die Anlagen erdbebensicherer zu machen. Die festgestellten Mängel stammen wahrscheinlich aus der Erstmontage und waren längere Zeit nicht bemerkt worden. Stichproben zeigten, dass etwa die Hälfte der Dübel betroffen war. Im Januar 2007 wurde berichtet, dass die fehlmontierten Spezialdübel durch längere Dübel ersetzt werden sollen; im Juni wurde bekannt, dass alle 15000 Spezialdübel ersetzt würden. Nachdem die zuständigen Behörden den Abschluss aller Dübelsanierungsarbeiten und der parallel durchgeführten Revisionsmaßnahmen bestätigt hatten, hat der Block B des Kraftwerks Biblis am 1. Dezember 2007 den Leistungsbetrieb wieder aufgenommen. [24] Laut einer Pressemitteilung von RWE Power vom 9. Februar 2008 hat das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Freigabe zum Wiederanfahren von Block A erteilt. Voraussetzung für diesen Schritt war der erfolgreiche Abschluss der Dübelsanierung sowie aller Revisionsmaßnahmen. In Block A wurde daraufhin das mehrtägige Mess- und Inbetriebsetzungsprogramm aufgenommen.

Sonstige Vorkommnisse

Da die folgenden Vorkommnisse alle aus einer Quelle stammen und diese nicht umfassend berichtet hat, können die folgenden Vorkommnisse nicht eindeutig einem Block zugewiesen werden, was die Bewertung und die Relevanz in Frage stellt.

  • 3. Oktober 1989: Teile der Notstromschienen sind 14 Stunden lang abgekoppelt. Das hessische Umweltministerium gibt dies als meldepflichtiges Ereignis der Kategorie E ('Eilt') bekannt.[25]
  • März 1994: brannte in Biblis A innerhalb des Containments der Motor einer Hauptkühlmittelpumpe, weil es aufgrund eines bei Wartungsarbeiten in der Pumpe vergessenen Meißels zu einem Kurzschluss gekommen war[26]. In der Folge kam es zu einem Streit zwischen dem hessischen Umweltminister und dem Bundesumweltminister über die Stilllegung des Reaktors[27].
  • 3. Juli 1998: An einem leeren Transportbehälter für abgebrannte Brennelemente werden strahlende Flecken ("Hot spots") entdeckt. Die Strahlung beträgt das 7.500fache des zulässigen Werts.[28]
  • 11. Juli 1998: Zwei Lecks wurden in Block B am Sekundärkreislauf entdeckt.[29]
  • 6. Januar 1999: Ein Sekundärkühlsystem im abgeschalteten Block B wird durch ein defektes Heizungsrohr radioaktiv belastet. Die Atomaufsicht besteht darauf, dass der Biblis-Betreiber zunächst den "Schadensmechanismus" klären muss, bevor Block B wieder angefahren werden kann.[30]
  • 28. August 2002: Fehler in der Stromversorgung des Notstandssystems. Es kam zu einer "Fehlanregung" eines Relais und dann zum Stromausfall in einer von insgesamt vier Stromversorgungsleitungen des Notstandssystems. Der hessische Umweltminister bestellt den Vorstand der Betreibergesellschaft ein.[31]
  • 28. April 2003: Der hessische Umweltminister teilt mit, dass seit Inbetriebnahme von Biblis A das Notkühlsystem unzureichend ist und nicht der Betriebsgenehmigung entspricht. Es bestand latent die Gefahr der Überhitzung des Reaktor bei einem Störfall. Der Reaktor wurde deswegen vorübergehend stillgelegt.[32]
  • 12. Juli 2004: Über zwei Stunden funktionierte nur das halbe Notkühlsystem.[33]
  • In der Nacht zum 5. Juli 2005 lief ein mit 1500 t Kies beladener 85 m langer Frachter mit voller Fahrt in einen Fangrechen des Kernkraftwerkes. Dabei wurde das Schiff schwer beschädigt und drohte zu sinken. Etwa 30 Feuerwehrleute der Wehren Worms, Rheindürkheim und Ibersheim kamen dem Havaristen zu Hilfe. Das Kraftwerk konnte nach dem Schaden am Kühlwassereinlauf uneingeschränkt weiter betrieben werden.
  • 15. September 2006: Während Block A zur Revision abgefahren wurde, kam es zu einer fehlerhaften Abschaltung des 380-kV-Netzes mit einem Lastabwurf auf Eigenbedarf. Damit an der Turbine kein Schaden entstehen konnte, wurde eine TUSA (Turbinenschnellabschaltung) durchgeführt die wiederum zu einer RESA (Reaktorschnellabschaltung) führte.[34]
  • 16. September 2006: Aufgrund eines erhöhten Kondensatdrucks kam es zu einer TUSA während einer Prüfung der Turbinenprüfautomatik.[35]
  • 23. September 2010: Wegen eines defekten Schalters an einer Notstandsschaltanlage funktionierte die automatische Umstellung auf die Spannungsversorgung aus dem Nachbarblock B nicht. Das Vorkommnis wurde vom Betreiber RWE in die Kategorie N eingestuft. (INES-Stufe 0: keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung)[36]

Sonstiges

Das Kernkraftwerk Biblis unterhält mit den Kernkraftwerken Balakowo (Russland), Saporischschja und Riwne (beide Ukraine) Partnerschaften zum Erfahrungsaustausch.[37]

Bis Mitte der 1990er Jahre wurde für das Kernkraftwerk Biblis kein offizielles Kürzel verwendet, wie es bei den meisten anderen Kernkraftwerken üblich ist. Das Kürzel KKB war bereits für Kernkraftwerk Brunsbüttel vergeben und KWB für das geplante Kernkraftwerk im hessischen Borken reserviert. Erst nach der endgültigen Aufgabe des Projekts in Borken im Jahre 1995 wurde das Kürzel für das Kernkraftwerk Biblis verwendet.

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk hat zwei in Betrieb befindliche und zwei verworfene Blöcke:

Reaktorblock[38] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
erzeugte Energie-
seit IBN
Abschal-
tung
Reststrom-
menge
Biblis-A Druckwasserreaktor 1167 MW 1225 MW 01.01.1970 25.08.1974 26.02.1975 244TWh
Biblis-B Druckwasserreaktor 1240 MW 1300 MW 01.02.1972 25.04.1976 31.01.1977 260TWh
Biblis-C[39] Druckwasserreaktor 1238 MW 1315 MW - - - - Planungen gestoppt -


Biblis-D[40] Druckwasserreaktor 1300 MW - MW - - - - Planungen 1979 eingestellt -

Einzelnachweise

  1. Martin Volkmer: Kernenergie Basiswissen. Informationskreis KernEnergie, Berlin Juni 2007, ISBN 3-926956-44-5. Seite 57
  2. Der Spiegel, 17. August 1982, Seite 37: Dregger ist Reagan auf Hessisch'
  3. Das Kernkraftwerk Biblis C auf der PRIS der IAEO
  4. Deutsches Atomforum e. V.: Kernenergie - Aktuell 2007, Kapitel Zwischenlager/Transporte. Berlin, September 2007.
  5. Pressemitteilung RWE zur Strommengenübertragung
  6. Pressemitteilung BMU zur Strommengenübertragung vom Kraftwerk Emsland
  7. n-tv: Die Uhr für Biblis A tickt RWE scheitert vor Gericht.
  8. Die Welt:Bundesgericht lehnt längere AKW-Laufzeiten ab
  9. Atomkraftwerk Biblis A geht in Verlängerung
  10. Biblis B stilllegen - IPPNW beschreitet Rechtsweg; 13. September 2005
  11. http://www.ippnw.de/presse/presse_2008/index.html?expand=2430&cHash=fbe88370d8
  12. Atomkraftwerk Biblis darf länger laufen
  13. RWE Power Modernisierung und Nachrüstung des KWB
  14. Greenpeace Risiko Restlaufzeit - Probleme und Schwachstellen der vier ältesten deutschen Atomkraftwerke
  15. Drucksache 16/394: Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen, Seite 3
  16. http://www.taz.de/digitaz/2006/01/16/a0120.archiv/textdruck
  17. http://www.bfs.de/de/kerntechnik/ereignisse/standorte/karte_kw.html/printversion
  18. Jahresbericht 1987 zu besonderen Vorkommnissen in Kernkraftwerken, S. 14
  19. http://www.taz.de/digitaz/1988/12/05/a0020.archiv/textdruck
  20. http://www.taz.de/digitaz/1989/03/11/a0031.archiv/textdruck
  21. http://www.taz.de/digitaz/1988/12/19/a0018.archiv/textdruck
  22. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1999/11/11/a0049
  23. http://www.taz.de/digitaz/2004/02/11/a0149.archiv/textdruck
  24. RWE Power Pressemitteilung vom 2. Dezember 2007
  25. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1989/11/30/a0012
  26. BMU-Bericht über Brände in deutschen Kernkraftwerken, Seite 31
  27. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1994/03/07/a0050
  28. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1998/07/03/a0108
  29. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1998/07/11/a0035
  30. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=1999/01/23/a0113
  31. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2002/09/06/a0118
  32. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2003/04/28/a0106
  33. http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/07/15/a0133
  34. Kernenergie in Deutschland; Jahresbericht 2006 - Herausgeber: Deutsches Atomforum e.V. Seite 24/25 Kernkraftwerk Biblis A; Informationskreis KernEnergie; Druck: UbiaDruckKöln; ISSN:1611-9592
  35. Kernenergie in Deutschland; Jahresbericht 2006 - Herausgeber: Deutsches Atomforum e.V. Seite 26/27 Kernkraftwerk Biblis B; Informationskreis KernEnergie; Druck: UbiaDruckKöln; ISSN:1611-9592
  36. http://www.op-online.de/nachrichten/frankfurt-rhein-main/stoerung-biblis-20100929-939118.html
  37. Kernkraftwerke in Deutschland: Betriebsergebnisse 2008
  38. Power Reactor Information System der IAEO: „Germany, Federal Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  39. Kernkraftwerk Biblis C im PRIS der IAEO (englisch)
  40. Kernkraftwerk Biblis D im PRIS der IAEO (englisch)

Siehe auch

Commons: Biblis Nuclear Power Plant – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien