Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki wurden am 6. August und 9. August 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs von US-amerikanischen Bombern durchgeführt. Bei den Explosionen einer Uranbombe („Little Boy“) in der Hafenstadt Hiroshima und einer Plutoniumbombe („Fat Man“) in der Industriestadt Nagasaki starben geschätzte 80.000 beziehungsweise 75.000 Menschen sofort und weitere 60.000 beziehungsweise 50.000 innerhalb weniger Wochen an den Folgen der radioaktiven Verstrahlung. Die Explosionswirkung der Bomben mit einer Sprengkraft von 13 bzw. 25 Kilotonnen TNT-Äquivalent und die Brände nach den Explosionen zerstörten weite Teile der beiden Städte. Es waren nach dem ersten Test einer Atombombe in New Mexico am 16. Juli 1945 („Trinity-Test“) die zweite und dritte atomare Explosion überhaupt und die bislang einzigen Atombombenabwürfe auf bewohntes Gebiet in einem Krieg.
Herstellung der Bomben

Seit 1942 arbeiteten US-amerikanische, britische und Forscher anderer Länder am Manhattan-Projekt unter Leitung von J. Robert Oppenheimer und Enrico Fermi an der Entwicklung einer Atombombe. Die Entscheidung der US-Regierung zur Forcierung der atomaren Waffenforschung fiel nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 und der deutschen Kriegserklärung an die USA im gleichen Monat. Ziel des Projekts war die Herstellung einer Uran- und einer Plutoniumbombe, zu dieser Zeit die einzigen als wirksam und realisierbar bekannten Bombentypen. Seit 1943 waren nach einer Regierungsvereinbarung auch britische Forscher an dem Projekt beteiligt.
Die Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit der Bomben wurde durch den erfolgreichen Trinity-Test einer Atombombe (Plutonium-Basis) in der Wüste von New Mexico in der Nähe von Alamogordo am 16. Juli 1945 bestätigt, etwas mehr als zwei Monate nach der deutschen Kapitulation und wenige Tage nach Fertigstellung der Testbombe. Die Sprengkraft der Trinity-Bombe ging über die Erwartungen der Forscher hinaus und betrug etwa 21 kt (Kilotonnen TNT-Äquivalent) Bis dahin hatten über 130.000 Mitarbeiter an Standorten, die über die ganze USA verteilt waren, an dem Projekt mitgewirkt. Die Entwicklungskosten beliefen sich auf 2 Mrd. US-Dollar.
Entscheidung zur Bombardierung

Die Entscheidung zur Stellung eines Ultimatums an Japan fiel auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli - 2. August 1945) der Siegermächte im Krieg gegen Deutschland im Juli 1945. Sie wurde durch die Höhe der bisherigen amerikanischen Kriegsverluste im Krieg gegen Japan und die zu erwartenden Verluste bei einer Invasion und Besetzung des Landes beeinflusst. Japan hatte zu diesem Zeitpunkt fast seine gesamte Flotte, den Hauptteil der Luftstreitkräfte und die meisten der eroberten Gebiete eingebüßt und konnte lediglich auf günstige Friedensbedingungen unter Beibehaltung der staatlichen Souveränität hoffen. Für eine Landung auf den japanischen Hauptinseln gaben amerikanische Militärs eine erwartete Verlustzahl von 60.000 Soldaten an. Der nach dem Tode Franklin D. Roosevelts im April 1945 amtierende neue US-Präsident Harry S. Truman gab am 26. Juli 1945 im Namen der USA, der Republik China unter Chiang Kai-Shek und des Vereinigten Königreichs die Potsdamer Erklärung ab, in der er die japanische Führung zur sofortigen und bedingungslosen Kapitulation aufforderte. Bereits zwei Tage zuvor, am 24. Juli, war der Befehl für die Vorbereitung des Angriffs auf Hiroshima für den 3. August an den zuständigen Befehlshaber, General Carl Spaatz, ergangen.
Trumans Erklärung enthielt keine Hinweise auf den geplanten Einsatz der neuartigen Waffe, sondern wies lediglich in bewusst aggressiver Form auf die überlegene Militärmacht der Alliierten und ihre Entschlossenheit zum Kampf bis zur völligen Zerstörung Japans hin. Das im Mai eingerichtete amerikanische Interim Committee zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Verwendung der im Manhattan-Projekt hergestellten Atombomben hatte am 1. Juni die Empfehlung ausgesprochen, die Waffen sofort nach ihrer Fertigstellung, gegen Ziele der japanischen Kriegsindustrie (ohne Beachtung möglicher ziviler Opfer) und ohne Vorwarnung einzusetzen. Zumindest eines der Mitglieder des Komitees, Untersekretär im Kriegsministerium Ralph Bard, machte seine Bedenken deutlich, die Waffen gänzlich ohne Vorwarnung einzusetzen.
Die japanische Führung unter Tōjō Hideki, die zuvor eine gewisse Bereitschaft zu Friedensverhandlungen signalisiert hatte, lehnte das Ultimatum am 28. Juli ab.
Auswahl der Ziele
Im Einsatzbefehl vom 24. Juli wurden vier mögliche Ziele genannt: Hiroshima, Kokura, Niigata und Nagasaki. Das Target Committe unter Führung von General Leslie Groves hatte daneben noch im Mai die Hauptstadt Kyōto, die Millionenstadt Yokohama und den Kaiserpalast selbst als mögliche Ziele vorgeschlagen. Bei der Auswahl der Zielstädte stand neben dem strategischen Ziel der Zerstörung kriegswichtiger Produktionsanlagen die Erreichung eines möglichst großen psychologischen Effekts im Vordergrund. Aus diesem Grund wurde Hiroshima als primäres Ziel ausgewählt, da hier beide Punkte erfüllt waren, insbesondere würde aufgrund der überschaubaren Größe der Stadt die Explosion das gesamte Stadtgebiet in Mitleidenschaft ziehen.
Der erste Einsatz auf eines der vier ausgewählten Ziele mit der Uranbombe „Little Boy“ war für den Zeitraum ab 3. August vorgesehen. Sollte die Kapitulation Japans nicht innerhalb von drei Tagen erfolgen, sollte die zweite Bombe, „Fat Man“, auf das nächste Ziel abgeworfen werden. Eine weitere Bombe befand sich in Reserve.
Hiroshima-Abwurf
Hauptartikel: Atombombenabwurf auf Hiroshima


In den Morgenstunden des 6. August startete der B-29-Bomber „Enola Gay“ von der Marianeninsel Tinian zu seinem Einsatz über Japan. An Bord befand sich die etwa 4 Tonnen schwere Uranbombe „Little Boy“. Gegen 8:00 Uhr erreichte das Flugzeug das Zielgebiet über Hiroshima. Um 8:15 Uhr wurde die Bombe ausgeklinkt und detonierte kurze Zeit später in etwa 600 Meter Höhe über dem Stadtzentrum. Geschätzte 80.000 der etwa 250.000 Einwohner der Stadt wurden durch die Wirkung der Explosion mit einer Sprengwirkung äquivalent zu 13 kt TNT unmittelbar getötet. In einem Umkreis von circa 4 Kilometern wurden alle bis auf wenige Gebäude zerstört, hauptsächlich durch die starke Druckwelle, der nur wenige erdbebensicher errichtete Gebäude widerstanden.
Weitere Auswirkungen des Abwurfs gehen auf die starke Strahlungs- und Hitzeentwicklung sowie den späteren Fallout und radioaktive Kontamination zurück (Brände, Verbrennungen, Strahlenkrankheit, Spätwirkungen). Die Überlebenden suchten, soweit möglich, Zuflucht in den weniger stark betroffenen Außenvierteln oder in der näheren Umgebung. Eine wirksame Versorgung der Verletzten durch Notdienste war nicht oder nur eingeschränkt möglich, da der Angriff die Stadt völlig unvorbereitet traf und die dafür nötige zivile Infrastruktur zum großen Teil zerstört hatte. Die Regierung in Tokio erfuhr erst durch die Ansprache des amerikanischen Präsidenten am 7. August vom vollen Ausmaß der Katastrophe, nachdem die Kommunikaton zusammengebrochen war. Ein Flugzeug, das den Vorfall untersuchen sollte, fand Stunden nach der Explosion nur eine kilometerhohe Rauchsäule und eine brennende Stadt vor.
Nach dem Abwurf warfen amerikanische Flugzeuge mehrere Millionen Flugblätter über japanischen Städten ab, mit denen die psychiologische Wirkung des vernichtenden Angriffs noch verstärkt werden sollte. Ebenso wurden Radiosendungen mit dem selben Inhalt in japanischer Sprache ausgesendet. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, jegliche organisierte Tätigkeit einzustellen und die Kapitulation des Landes abzuwarten. Ausserdem wurden weitere Angriffe mit Atombomben angedroht, falls die Regierung nicht auf die Bedingungen der Potsdamer Erklärung einginge.
Am 8. August erklärte die Sowjetunion die Aufkündigung des bis dahin geltenden Neutralitätsvertrags und trat mit dem Angriff auf die japanisch besetzte Mandschurei (Operation August-Sturm) in den Krieg gegen Japan ein. Damit war die Niederlage Japans besiegelt; da aber bis zum 8. August keine Kapitulationserklärung vorlag, wurde von der US-Führung auch die zweite Atombombe zum Abwurf freigegeben.
Nagasaki-Abwurf
Hauptartikel: Atombombenabwurf auf Nagasaki

Der Abwurf der Bombe „Fat Man“ wurde von dem Bomber „Bockscar“, der ebenfalls zu der auf Tinian stationierten 509th Composite Group gehörte, am 9. August durchgeführt. Als Ziel war die Stadt Kokura vorgesehen, aufgrund dichter Bewölkung wurde aber nach mehreren erfolglosen Anflügen das Ausweichziel Nagasaki angriffen. Da hier ebenfalls schlechte Sichtverhältnisse herrschten, konnte kein exakter Zielabwurf durchgeführt werden. Die Bombe wurde um 11:02 Uhr mehrere hundert Meter abseits des geplanten Abwurfpunkts auf dicht bewohntes Gebiet abgeworfen, eigentlich war ein Direktangriff auf die Mitsubishi-Rüstungsbetriebe vorgesehen. Die Explosion in etwa 470 Meter Bodenhöhe vernichtete im Umkreis von 1 Kilometer 80% der Gebäude und ließ nur wenige Überlebende zurück. Insgesamt starben etwa 75.000 Menschen an den Direktfolgen der Explosion, die mit einer Sprengkraft von 22 kt TNT über eine Entfernung von 4 Kilometern Objekte in Brand setzte und die fast nur aus Holzhäusern bestehende Stadt einebnete.
Eigentlich sollte eine Bombardierung nur bei guter Sicht durchgeführt werden, daher sollte auch der Abwurf über Nagasaki abgebrochen werden. Da aber ein Treibstofftank defekt war, blieb dem Bomber nicht genug Treibstoff für einen Rückflug mit der Bombe.
Nachwirkungen

Eine Woche nach den Angriffen, am 15. August 1945 wurde die Erklärung des Tennō über die Beendigung des Krieges ausgestrahlt, in denen er die Bedingungen der Potsdamer Erklärung anerkannte, dieser Tag wurde als V-J Day (Victory over Japan) gefeiert. Am 2. September wurden die Kapitulationsdokumente durch die japanische Militärführung unterzeichnet, die Festlandsarmee kapitulierte am 9. September. Damit war der Zweite Weltkrieg beendet und für Japan begann die amerikanische Besatzung.
Siehe: Kapitulation Japans
Für Hiroshima und Nagasaki bedeutete das Kriegsende eine gewisse Erleichterung, da nun ausländische Hilfe, etwa durch das Rote Kreuz erfolgen konnte. Die amerikanische Armee führte in den folgenden Monaten eine ausführliche Dokumentation der Bombenschäden unter Leitung des militärischen Beauftragten für das Manhattan-Projekt, General Leslie Groves durch, an der auch Wissenschaftler und Mediziner teilnahmen. Die veröffentlichten Ergebnisse waren propagandistisch geprägt, insbesondere wurde die radiologische Wirkung der Waffen verneint, die Zehntausende Opfer noch Monate nach den Explosionen forderte. Es wird geschätzt, dass in Hiroshima bis Ende 1945 weitere 60.000 zunächst Überlebende den Folgen der Verstrahlung sowie Verbrennungen und anderen schweren Verletzungen erlagen. Bis 1950 war die Zahl der Spätopfer aus den beiden Städten auf insgesamt 230.000 gestiegen, die meisten waren den Auswirkungen der Primärverstrahlung zum Opfer gefallen. Siehe: Hibakusha.
Weblinks
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- Summary of Target Committee Meetings on 10 and 11 May 1945 (englisch)
- The Decision to Drop the Bomb - Dokumentsammlung der Truman Library
- Notes of the Interim Committee Meeting, Friday, 1 June 1945 (Fotokopie der Originaldokumente, englisch)
- Bard Memorandum, 27. Juni 1945 (englisch)
- Einsatzbefehl von Stabschef General Handy an General Spaatz, Kommandeur der strategischen Luftstreitkräfte, 25. Juli 1945 (englisch)
- Tagebucheintrag Harry S. Truman, 25. Juli 1945 (Beschreibung des Einsatzbefehls, englisch)
- Potsdamer Erklärung, 26. Juli 1945 (englisch)