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Wolfgang Neuss

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Wolfgang Neuss (* als Hans Otto Wolfgang Neuss 3. Dezember 1923 in Breslau, † 5. Mai 1989 in Berlin), war ein Kabarettist und Schauspieler.

Biografie

Nach der Volksschule beginnt Wolfgang Neuss eine Lehre als Schlachter, geht dann aber mit 15 Jahren nach Berlin, um Clown zu werden. Dort wird er zunächst in eine Jugendanstalt für Verwahrloste gesteckt.

Während des Krieges ist er zunächst als Straßenbauer im Arbeitsdienst, dann, ab 1940, Soldat an der Ostfront. Er erleidet mehrere Verwundungen, verweigert den Dienst als MG-Schütze, indem er sich einen Finger abschießt und flieht, kurz vor dem Ende, nach Dänemark. Die letzte Zeit erlebt er im Internierungslager in Flensburg.

Bereits während seiner Lazarettzeiten und im Lager organisiert er bunte Abende, erzählt Witze und tritt als Komiker auf. Aus diesem Talent macht er einen Beruf und ist fortan in Deutschland als Kabarettist unterwegs. Erste Engagements folgen. 1949 lernt er Wolfgang Müller kennen, mit dem er sich auf Anhieb versteht. Fortan sind die beiden als Duo ("Die zwei Wolfgangs") unterwegs.

1950 gehen sie nach Berlin und werden am Kabarett Die Bonbonniere engagiert. Im selben Jahr erhält Neuss seine erste Filmrolle. Zwei Jahre später landen sie bei den Stachelschweinen. Neuss schreibt Stücke, spielt Theater, führt Regie im Kabarett. Das Duo Neuss/Müller fällt 1955 nach einer Theateraufführung von Kiss me Kate auf und erhält fortan ein Filmangebot nach dem anderen. Auch als Sänger werden sie bekannt (unter anderem Schlag nach bei Shakespeare oder Ach, das könnte so schön sein...).

Ein Schicksalschlag zerstört die Idylle: Wolfgang Müller stirbt 1960 bei den Dreharbeiten zu Das Spukschloss im Spessart bei einem Flugzeugabsturz. Wolfgang Neuss wird mit den Worten "Jetzt brauchen wir Sie auch nicht mehr" von den Dreharbeiten zu diesem Film entlassen. Neuss macht allein weiter und geht mit Soloprogrammen auf Tournee. 1962 löst er einen Eklat aus, als er in einer Reklameanzeige für seinen neuen Film dem Publikum den Mörder im Durbridge-Krimi Das Halstuch verrät, der im Fernsehen gesendet werden soll, um so mehr Menschen ins Kino zu locken. Dies bringt ihm sogar Morddrohungen ein. Die Bild-Zeitung bezeichnet Neuss gar als "Vaterlandsverräter".

Trotz des Verlustes seines Kabarettpartners schafft Neuss es an die Spitze der deutschen Kabarettisten. Er bringt den Ostdeutschen Wolf Biermann nach Berlin und veranstaltet mit diesem ein gemeinsames Programm. Doch sein Erfolg verblasst langsam. Seine Auftritte sind zwar noch ausverkauft, werden aber von der Kritik verrissen. Als er durch Drogenkonsum auffällt, sich erst für die SPD, dann für die APO stark macht, an Demonstrationen, Sit-Ins und anderen politischen Aktionen teilnimmt (mal auf der einen, mal auf der anderen Seite), bleiben langsam auch die Zuschauer fern.

1969 verabschiedet er sich von der Bühne und vom Fernsehen, geht eine Zeitlang nach Chile, kehrt zurück und wird bei der erneuten Einreise als Volksaufwiegler verhaftet und abgeschoben. Abgesehen von seinem letzten Kinofilm Chapeau claque (1974), sieht und hört man während der 1970er Jahre nichts mehr von Neuss. 1979 kommt er in die Schlagzeilen, als er wegen Besitzes von Haschisch und LSD zu acht Monaten Gefängnis (wenn auch mit Bewährung) verurteilt wird.

Anfang der 1980er Jahre feiert er sein Comeback auf der Bühne und im Fernsehen, schreibt für Zeitungen und nimmt Platten auf. Eine Talk-Show mit Richard von Weizsäcker ist, laut Stern, wo er in den 80er Jahren wöchentlich eine Kolumne hat, die Show des Jahres. Für sein Kabarett-Programm Neuss vom Tage im WDR erhält er den deutschen Kleinkunstpreis.

1987 wird er erneut wegen Drogenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Als zahnloser Späthippie (Indianerfrau) wird er zur lebenden Legende in Berlin. Im Jahr darauf, an seinem 65. Geburtstag, verabschiedet er sich endgültig von seinem Publikum.

Am 5. Mai 1989 stirbt Wolfgang Neuss, nachdem noch bis wenige Tage vor seinem Tod ein Dokumentarfilm über ihn gedreht wurde. Auf seinen Wunsch hin wird er neben seinem Partner Wolfgang Müller beerdigt. Er hinterlässt eine Tochter und zwei Ehefrauen. Franz Josef Degenhardt, einer von Neuss' Partnern beim "67er Quartett", widmet ihm mit "Der Trommler" ein "Requiem".

Neuss war ein Vieldreher. Er drehte mehrere Filme in einem Jahr, 1955 allein Zehn. Insgesamt drehte er 53 Filme zwischen 1950 und 1967 und seinen 54. und letzten 1974. Auch im Fernsehen trat er oft auf.

Seine Biografie schrieb Gaston Salvatore unter dem Titel "Der Mann mit der Pauke".

"Auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen" ist eins seiner berühmtesten Zitate.

Wolfgang hat leider die deutsche Wiedervereinigung nicht mehr erlebt.

Filmografie (in Auszügen)

Kabarett Programme

  • Lachkalorien, Ende der 40er Jahre
  • Der Mann mit der Pauke, 1951
  • Das jüngste Gerücht, 1963
  • Neuss Testament, 1966
  • Asyl im Domizil, 1967
  • Neuss vom Tage, Mitte der 80er Jahre im WDR

Werke

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